Kein Platz für „diese Art des Kabaretts“
Ein Meinungsbeitrag von Eugen Zentner.
Der Kabarettist Uli Masuth steht schon seit mehreren Jahrzehnten auf der Bühne. Bis zur Corona-Krise verlief das überwiegend reibungsfrei, ohne dass es zu überraschenden Absagen seitens der Veranstalter kam. Doch die häufen sich mittlerweile, offenbar wegen Masuths Gesinnung – die den offiziellen Narrativen und der herrschenden Meinung entgegensteht.
„Für dieser Art des Kabaretts ist Ettlingen keine Adresse“,
lautete lapidar die jüngste Begründung von Christoph Bader, der das Ettlinger Kulturamt leitet. Dort sollte Masuth am 24. Februar im Rahmen der neuen „Kultur live“-Reihe auftreten. Doch daraus wird nichts mehr. „In Absprache mit dem Oberbürgermeister haben wir entschieden, den Termin mit Masuth zu canceln“, so Bader, den das Regionalblatt „Badische Neueste Nachrichten“ (BNN) zitiert.
Als „Problem“ des Kabarettisten führt die Zeitung dessen „aktive“ Teilnahme in der „Querdenkerszene in Thüringen“ an. Das klingt so pauschal wie verleumderisch. Masuth hielt von Beginn an die Corona-Maßnahmen für überzogen und sprach das öffentlich aus. Er ging auch auf die Straße, um gegen diese Art der Politik zu demonstrieren. In einer Demokratie sollte das eine Selbstverständlichkeit sein. Und lebten wir wirklich in einer pluralistischen Gesellschaft, würde man Menschen wie Masuth „Regierungskritiker“ nennen. Im Jahr 2023 herrscht jedoch wieder Meinungskonformismus, weshalb Kampf- und anderweitige Framing-Begriffe als Instrumente gebraucht werden, um Andersdenkende zu diskreditieren.
Derlei Etikettierungen schaffen es bisweilen sogar in Gerichtsurteile. Uli Masuth hat es selber erlebt. Nachdem er wegen einer wiederholten Auftrittsabsage gegen den Veranstalter geklagt hatte, entschied der Richter in erster Instanz gegen den Kabarettisten – und begründete das so:
„Der Kläger hat die Nichtdurchführung der Veranstaltung indes deshalb zu verantworten, weil er dadurch, dass er für die Partei ‚Die Basis‘ als Kandidat für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag 2021 aufgetreten ist, gegen § 241 Abs. 2 BGB verstoßen hat.“
Die Basis, entstanden während der Corona-Krise, um der Maßnahmen-Politik entgegenzuwirken, bezeichnete der Richter im Urteil als „extremistische Splitterpartei“. Masuth hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
In der Sprache über Regierungskritiker lässt sich ein Muster erkennen. Der Einschnitt in Masuths Künstlerkarriere verläuft parallel zu dem in der ganzen Gesellschaft. Der Meinungskonformismus durchdringt alle Institutionen, nicht nur die Justiz, sondern auch und vor allem die Leitmedien. Das verdeutlicht die jüngste Absage ein weiteres Mal. Sie erfolgte nämlich erst, nachdem „Badische Neueste Nachrichten“ interveniert hatte: „Masuth ist seit Corona aktiv in der Querdenkerszene in Thüringen unterwegs. Auch Veranstalter andernorts haben sich von ihm schon distanziert. Unsere Redaktion hatte Kulturamtsleiter Christoph Bader wenige Tage nach Erscheinen der 'Kultur live'-Termine darauf aufmerksam gemacht", schreibt die Redaktionsleiterin höchstpersönlich, offenbar stolz darauf, den „Gesinnungstäter“ denunziert zu haben. Masuth sieht in diesem Vorfall einen weiteren Beweis dafür, wie verkommen und ideologisiert der Journalismus mittlerweile ist. „Die Aufgabe der Presse besteht darin, die Politik kritisch zu begleiten“, sagt er.
„Stattdessen macht sie sich bei ihr lieb Kind. Hanns Joachim Friedrichs hat einmal formuliert, woran man einen guten Journalisten erkennt, nämlich 'daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.' Das hat man in der Redaktion der BNN nicht verstanden.“
Medienorgane wie „Badische Neueste Nachrichten“ hätten wohl ein Problem mit Wahrheiten, zumindest mit solchen, die ihnen nicht passen. „Gleichzeitig rufen sie ständig: Demokratie, Diversity und Meinungsfreiheit“, so der Kabarettist. „Doppelstandards, wohin man schaut.“ Querdenken, einst ein Qualitätsmerkmal, werde als Totschlag-Argument gebraucht, um selbst Kunst zu domestizieren. Wahre Kunst, so Masuth, zeichne sich jedoch dadurch aus, dass sie „sperrig ist, dass sie hinterfragt, andere Perspektiven bietet, Fragen stellt, aufrüttelt und – wie in meinem Fall – sogar Lachen macht“. Was bleibe, sei „Amüsement und Firlefanz“. Die Presse trage dazu bei, indem sie gegen die Kunstfreiheit Sturm laufe.
„Und Veranstalter, die sich diesem Druck beugen, verstehen gar nicht, wie sie das Grundgesetz mit Füßen treten und obendrein auch noch dazu beitragen, die Gesellschaft zu spalten.“
Die Absage des Ettlinger Kulturamts legt davon ein Zeugnis ab. Als Masuth den Leiter Christoph Bader damit konfrontierte, sagte dieser, dass er einen Aufruhr habe vermeiden wollen. Es war eher die Sorge vor schlechten Schlagzeilen, die die „Kultur live“-Reihe überschatten könnten. „Mein aktuelles Programm ‚Lügen und andere Wahrheiten‘ kennt er gar nicht“, sagt der Kabarettist. „Deswegen kann er die offizielle Absage auch nicht unterfüttern.“ Deswegen klingt „Kabarett dieser Art“ auch so hohl. Eher eine entlarvende Nicht-Begründung als ein stichhaltiges Argument.
„Mit solchen Aussagen zieht man den 5. Grundgesetzartikel ins Lächerliche“, so Masuth. „Überall ist zu hören, dass Zensur nicht stattfindet. Gleichzeitig cancelt man Künstler, wenn Journalisten sich an ihnen stören.“
Der Artikel der „Badischen Neuen Nachrichten“ schlägt mittlerweile hohe Wellen und sorgt in der Veranstaltungsbranche für Nervosität. Einige Einrichtungen werden mit den darin ausgebreiteten Vorwürfen konfrontiert, sodass sie negative Presse befürchten, wenn sie Masuth weiterhin eine Bühne bieten. Aus dieser Sorge heraus hat vor wenigen Tagen schließlich auch der Kulturkreis Lahr e.V. einen geplanten Auftritt am 15. September im Stiftsschaffneikeller storniert.
Glücklicherweise lassen sich nicht alle von solchen ideologisierten Presseorganen einschüchtern. Vor wenigen Monaten stellte sich der Bürgermeister von Dettingen an der Erms hinter den Kabarettisten, nachdem es im Vorfeld ebenfalls Versuche gegeben hatte, dessen Auftritt zu vereiteln. Anders als der Oberbürgermeister von Ettlingen scheint dieser verstanden zu haben, worin das Wesen der Kunst liegt.
„Politisches Kabarett muss kritische Themen auch mal aus ungewohnter Perspektive differenziert beleuchten dürfen“, schrieb er in Masuths Gästebuch. „Du hast die Schweigespirale durchbrochen, welche die notwendigen, kritischen Stimmen bei manchen emotional und ideologisch verkauften Themen unserer Zeit unterdrückt. Dein Programm war echtes politisches Kabarett, nicht weichgespült. Sehr empfehlenswert! Das hat mir und sicher auch anderen einiges zu denken gegeben.“
Ähnliche Solidaritätsbekundungen erfuhr der Kabarettist nach der jüngsten Absage. Ihn hätten ausschließlich wohlwollende E-Mails erreicht, unter anderem von einem CDU-Politiker und einem Dirigenten, die beide durchblicken ließen, dass sie gewisse Parallelen zu einer Zeit sehen, als unbequeme Kunst ebenfalls gecancelt wurde – wenn auch ideologisch anders begründet. Masuth fühlt sich durch solche Zuschriften ermutigt und will auch in Zukunft auf Missstände hinweisen, selbst wenn gewisse Instanzen es als unangenehm empfinden. Um einer wachsenden Ausgrenzung und Zensur entgegenzuwirken, hat er zusammen mit kritischen Kollegen erstmals „Das FESTIVAL – Musik & Wort in Weimar“ organisiert. Es findet vom 1. bis zum 3. September 2023 statt. In dem laufenden Jahr ist Masuth gut gebucht. Noch gibt es Veranstalter, die sich dem Meinungskonformismus nicht beugen. Hoffentlich bleibt das so.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Uli Masuth
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