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Was man so Zivilisation nennt | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Das gegenseitige Abschlachten in der Ukraine geht weiter, die ethnische Säuberung Gazas wird offiziell von einer israelisch zionistischen Denkfabrik, deren Vorsitzender ein wichtiger Politiker der Regierungspartei ist, vorgeschlagen (4), und Tausende Kinder sterben unter den Bomben Israels, während deutsche Politiker sich gegen einen Waffenstillstand wenden, und noch ein paar Tausend tote Kinder für akzeptabel erachten. Ich mag die Nachrichten im Moment nicht verfolgen. Es ist schwer für mich, überhaupt etwas über aktuelle Ereignisse zu sagen. Zu groß sind die menschlichen Abgründe, die sich besonders auch in deutschen Kommentaren auftun. Ich bin erfüllt von Abscheu und Ekel gegenüber einem Teil der deutschen Gesellschaft, welche ganz offensichtlich die medialen Manipulationen nicht durchschaut und die Menschlichkeit vor dem Altar der geschickten Formulierungen der Tagesschau abgelegt hat. Ich will hier nicht auf die Details der Morde und Schrecklichkeiten des Krieges in der Ukraine oder in Gaza eingehen, wer was warum „schuld“ ist, sondern versuchen zu beschreiben, wie sich Teile der Welt, insbesondere zu Gaza, verhalten.

Es gibt nur Interessen, keine Menschlichkeit

Auch in Ländern, die eher einer multipolaren Ordnung zuneigen, überwiegt die Abwägung von Interessen, von geschäftlichen Verbindungen und Profiten gegenüber dem Willen, die Ermordung von Zivilisten in Gaza zu beenden, oder in der Ukraine beide Seiten zu einem Waffenstillstand zu zwingen. Menschen und ihre Schicksale werden immer und überall nur instrumentalisiert, um eigene Ziele zu verfolgen, nicht um den Menschen zu helfen.

Ich hatte zusammen mit Tim Anderson schon ein ganzes Buch darüber geschrieben (2) wie die westlichen Mächte eine „Menschenrechtsindustrie“ benutzen, um ihre Ziele durchzusetzen, aber es fällt mir immer noch schwer, diese Tatsache zu akzeptieren, wenn wieder einmal Tausende, wenn nicht Zehntausende oder sogar mehr Menschen diesen Zielen geopfert werden. Während nichtsahnende Medienkonsumenten meinen, es wäre für „Menschenrechte“ oder „zur Bekämpfung des Terrorismus“. Obwohl das Gegenteil der Fall ist.

Oft genug wurde also erklärt, dass Staaten nur Interessen haben, keine Freunde, und Menschlichkeit hinter diesen Interessen zurückstehen müssen. Trotzdem konnten die Grünen mit ihrer Lüge über ein Konzentrationslager, und die damalige Bundesregierung mit dem angeblichen Hufeisenplan zur Vernichtung von Menschen, Deutschland dazu bringen, dem ersten Angriffskrieg des Landes seit dem 2. Weltkrieg zuzustimmen. Angeblich aus Menschlichkeit. Und die Entwicklung ging immer weiter, bis wir heute eine nackte Politik der Gewalt und Interessenvertretung sehen, welche sogar Ex-Diplomaten zum Nachdenken bringen, könnte man meinen. So schreibt M.K. Bhadrakumar auf seinem Blog am 29. Oktober:

„Wie auch immer man die Erklärung zur Abstimmung über die Resolution der UN-Generalversammlung am Donnerstag zu Gaza betrachtet, Indiens Stimmenthaltung war ein Fehler. Einfach ausgedrückt: Unsere Diplomatie hat sich in unserer Solidarität mit Israel verfangen. 

Für Indien hätte bei der Debatte in der Generalversammlung der Vereinten Nationen an erster Stelle stehen müssen, dass der Entwurf von den arabischen und OIC-Ländern eingebracht wurde, zu denen Indien brüderliche Beziehungen unterhält, und zweitens, dass darin eine ‚sofortige, dauerhafte und anhaltende humanitäre Waffenruhe‘ im Gazastreifen gefordert wird, was eine dringende Notwendigkeit darstellt.“(1)

Was so hoffnungsvoll klingt, entpuppt sich dann aber als Kritik der Diplomatie im Sinne einer Interessenvertretung Indiens. Denn Bhadrakumar schreibt dann, dass Frankreich die indische Diplomatie „übertraf“. Frankreich hätte die Hamas zuerst kritisiert, dann aber für die arabische Resolution gestimmt, über die in Deutschland nicht (10) oder nur „interpretierend“ berichtet wurde.

Es sei offensichtlich, meint Bhadrakumar, dass der kanadische Änderungsantrag, der seiner Meinung nach auf Geheiß Israels und mit Unterstützung von Washington eingebracht wurde, ein ungeschickter Versuch war, die Stimmen zu spalten. Dieser Änderungsvorschlag hatte dazu aufgerufen „die Terroranschläge der Hamas unmissverständlich zurückzuweisen und zu verurteilen".

Der pakistanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Munir Akram, wies in einer bemerkenswerten Rede, die großen Beifall fand, auf den Widerspruch hin. Wenn Kanada in seinem Änderungsantrag fair sei, so Akram, dann sollte es auch Israel und die Hamas beim Namen nennen. "Wir alle wissen, wer damit angefangen hat. Es sind 50 Jahre israelische Besatzung und ungestraftes Töten von Palästinensern", argumentierte Akram, daher sei es am besten, keine der beiden Seiten zu benennen.

Es geht also auch Bhadrakumar nicht um die Menschen in vorderster Linie, sondern um den diplomatischen Erfolg Indiens. Ich kann diesen Pragmatismus in vielen Fällen nachvollziehen, aber wenn es um das Zuschauen einer aktiven ethnischen Säuberung und der Tötung von Tausenden, demnächst über 10.000 Zivilisten geht, muss ich doch noch schlucken.

Der Autor schreibt, Indien hätte berücksichtigen müssen, dass die Emotionen in der westasiatischen Region hochkochen, und dass die US-israelische Propaganda, die arabische Welt leiste der palästinensischen Sache nur Lippenbekenntnisse, nicht zutreffe. Die Wut und der Ärger unter den Staaten der Region seien unübersehbar, und es habe sich eine breite Öffentlichkeit gebildet, die eine Lösung der Palästina-Frage als unabdingbare Voraussetzung für die regionale Stabilität fordere.

Grundsätzlich hätten sich die tektonischen Platten in der regionalen Politik nach der saudi-iranischen Annäherung unter Vermittlung Chinas verschoben, was wiederum ein neues Denken in Westasien ausgelöst habe. Ebenso würden es die Staaten der Region vorziehen, ihre Probleme zunehmend aus eigener Kraft und ohne Einmischung von außen zu lösen. China und Russland haben das seiner Meinung nach verstanden, aber die USA weigerten sich, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Daher werde es sich als schädlich für indische Interessen erweisen. Die indisch-israelische Verschmelzung im letzten Jahrzehnt sei in den muslimischen Ländern nicht unbemerkt geblieben. Sie nähmen es übel, aber es werde vielleicht nicht ins Auge springen, weil die Araber ein gastfreundliches Volk seien. Dennoch könnte ihr Unmut aufkommen, wenn es hart auf hart komme und ihre Kerninteressen betroffen sind.

„Der Versuch der USA und Israels, die wachsende strategische Autonomie der Region zu unterbinden, ist ein solches Kernproblem. Es ist keineswegs so, dass die Staaten der Region - ob Katar, Iran, Ägypten, Syrien oder sogar die Türkei - nicht verstehen, dass die großspurige Idee der Biden-Administration, einen Wirtschaftskorridor Indien-Naher Osten-Europa zu schaffen, in Wirklichkeit ein Keil ist, der die aufkeimenden Einigkeitstendenzen zwischen den Staaten der Region stören soll, um Israel in die regionalen Prozesse einzuschleusen und die Flamme der sektiererischen Spaltung und der geopolitischen Gräben neu zu entfachen, die die USA in der Vergangenheit immer ausgenutzt haben, um ihre Hegemonie in Westasien durchzusetzen.“(1)

Deshalb werde das Spionage-Dreieck Katar-Indien-Israel, das niemals hätte passieren dürfen, zu einem Lackmustest für die gegenseitigen Absichten in der Geopolitik der Region. Katar und Israel hätten seit Mitte der neunziger Jahre zusammengearbeitet, um die Hamas als islamistisches Gegenmittel zur säkular orientierten PLO unter Jassir Arafat zu unterstützen.

In einem Interview mit der Deutschen Welle hat der frühere israelische Premierminister Ehud Olmert kürzlich unter anderem erklärt:

"Wir wissen, dass die Hamas mit Hilfe Israels finanziert wurde - jahrelang - mit Hunderten von Millionen Dollar, die aus Katar kamen, mit Hilfe des Staates Israel, mit vollem Wissen und Unterstützung der israelischen Regierung unter Netanjahu."

Diese Annäherung - oder besser gesagt, der faustische-Deal - endete 2009 nach dem dreiwöchigen Gaza-Massaker durch Israel, woraufhin sich Doha Teheran angenähert habe. Nichtsdestotrotz seien die pragmatischen Beziehungen fortgesetzt worden, und 2015 habe die katarische Regierung Gespräche zwischen Israel und der Hamas in Doha vermittelt, um einen möglichen fünfjährigen Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien zu erreichen.

Bhadrakumar kommt dann auch auf die Frage zurück, ob die Hamas als Terrororganisation in Indien gelistet werden sollte. Auch wenn es der indischen Regierung heute schwer fallen mag, offen mit der Hamas umzugehen, sollte sie trotzdem ein angemessenes Verständnis des Islamismus aufweisen. Wenn es jemals zu einer Einigung in Palästina komme, werde die Hamas als Quelle des Widerstands eine Rolle darin spielen. Die politische Elite Indiens müsse sich dieser Realität bewusst sein.

Es sei nicht mehr möglich, die Hamas aus der politischen Landschaft zu verdrängen, da sie in der palästinensischen Bevölkerung massive Unterstützung genieße, was die aufeinanderfolgenden Wahlen im Gazastreifen und im Westjordanland bewiesen hätten. Wobei ich hier dem Autor widerspreche. Die Hamas hat nur diese Unterstützung auf Grund der Tatsache, dass es die einzige Bewegung ist, welche in der Lage war, Israel die Stirn zu bieten. Derweil die Palästinensische Autonomiebehörde bei vielen Palästinensern den Ruf hat, korrupt und Vollzieher israelischer Vorgaben zu sein. Sobald aber der Druck durch die israelische Aparteidspolitik wegfällt, wird sich die politische Landschaft gründlich verändern.

Wie kann Heuchelei noch gesteigert werden?

Ich bin immer wieder schockiert darüber, wie Heuchelei des Westens noch einmal getoppt werden kann, und wie viele Menschen das nicht bemerken, sondern immer wieder auf eine Empörungs- und Dämonisierungsmasche der Herrschenden hereinfallen. In einem früheren PodCast (3) hatte ich schon einmal darüber berichtet, wie unterschiedlich die Behandlung der Unabhängigkeit des Kosovo einerseits und der Unabhängigkeit der ukrainischen Provinzen andererseits dem deutschen Publikum verschwiegen oder falsch erklärt wird.

Ich will nicht auf die Haltung deutscher Politiker eingehen. Weil mich das zu sehr emotional bewegt, und ich nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten möchte, und will deshalb lieber über andere Länder berichten.

Die Ukraine wollte die einheimische russische Bevölkerung des Donbass ethnisch säubern und hatte offen mit Massenmorden gedroht, wenn sie diese Region zurückerobert hätte, was Israel offenbar auch mit dem Gazastreifen vorhat, bzw. gerade realisiert. Während Israel um einen kleinen Gebietsstreifen kämpft, um „Siedlungsraum“ zu gewinnen, ein Gasfeld ausbeuten zu können, und geopolitische Interessen des Westens zu verfolgen, wird die Ukraine vom Westen für weitreichendere imperialistische Interessen genutzt.

Mein gerne zitierter Autor Andrew Korybko weist denn auch darauf hin, dass der jüngste Krieg zwischen Israel und Hamas die westliche Heuchelei in mehrfacher Hinsicht offenbare. Schon früher sei festgestellt worden, dass "die Doppelmoral des Westens gegenüber Israel und der Ukraine ihn im globalen Süden diskreditiert hat". Die ganze Welt habe gesehen, wie die "humanitäre" Dimension der Rhetorik der "regelbasierten Ordnung" dieses Blocks in seiner Bewertung des besagten Konflikts fehlte, obwohl Israel innerhalb eines Monats für viel mehr zivile Opfer verantwortlich war als Russland für zwanzig Monate.

Weit davon entfernt, den selbsternannten jüdischen Staat so zu verurteilen wie Russland, bejubeln sie dessen Blockade und Bombardierung des Gazastreifens mit über zwei Millionen Einwohnern, schreibt Korybko, und der Westen spiele den Tod von Zivilisten herunter. Nachdem Israel seine Bodenoperationen im Gazastreifen trotz des viel größeren Risikos von noch mehr zivilen Opfern ausgeweitet hatte, habe der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, erklärt: "Wir ziehen keine roten Linien für Israel. Wir werden sie weiterhin unterstützen." Ein Freibrief für einen Völkermord oder mindestens eine ethnische Säuberung. Es ist im Prinzip das gleiche Verhalten, möchte man hinzufügen, wie gegenüber der 8-jährigen Bombardierung der Ostukraine durch Kiew.

„Das sich abzeichnende zivilisatorische Paradigma der internationalen Beziehungen wurde von diesen politischen Entscheidungsträgern ausgenutzt, um den selbst empfundenen "Exzeptionalismus" des Westens zu rechtfertigen und einen "Kampf der Kulturen" zu provozieren, um Eurasien zu ihrem hegemonialen Vorteil aufzuteilen und zu beherrschen. Um dieses Ziel zu erreichen, verstärken ihre politischen Eliten das irreführende Narrativ, dass der jüngste Krieg zwischen Israel und Hamas ein Zusammenstoß zwischen den westlich orientierten und teilweise europäisch geprägten Israelis und den islamisch orientierten und ausschließlich arabischen Palästinensern sei.“(5)

Um es klar zu sagen, meint der Autor, es handele sich um eine oberflächliche und falsche Optik, aber sie ziele darauf ab, das anvisierte westliche Publikum zu manipulieren, damit es sich unter dem Vorwand falscher "zivilisatorischer" und damit verbundener "Werte" um Israel schart, um die Unterstützung ihrer Eliten für Israel aus rein geopolitischen Gründen zu rechtfertigen. Der selbsternannte jüdische Staat gelte als der "unsinkbare Flugzeugträger" ihres Blocks in Westasien, weshalb er von ihnen immer unterstützt werde, selbst wenn er für viele zivile Opfer verantwortlich ist.

Im Gegensatz dazu haben sowohl die westliche politische Klasse als auch die transatlantischen akademischen, aktivistischen und medialen Unterklassen dieser Ideologie in den acht Jahren, in denen Kiew den Donbass bombardiert hat, relativ still gehalten. Ukrainer und Russen werden als "westlich-angepasste" "Weiße" betrachtet, deren historisch orthodox geprägte und mehrheitlich slawische Zivilisation nach ihrer "Balkanisierung" unter die westliche Zivilisation subsumiert werden kann.

Der Westen habe nie erwartet, dass Israel die gesamte historisch muslimisch-arabische Zivilisation Westasiens ethnisch säubern, völkermorden und/oder "balkanisieren" würde, aber er habe sehr wohl erwartet, dass die Ukraine diese Ziele und insbesondere das letztgenannte Ziel der Teilung und Beherrschung Russlands erleichtern würde. Dementsprechend verteidige die Förderung des Narratives vom "Kampf der Kulturen" im jüngsten Krieg zwischen Israel und der Hamas die begrenzten geopolitischen Ziele des Westens auf einer falschen "Werte"-Basis, während das gleiche Vorgehen im Donbass die Gefahr berge, sie in diesem Kontext zu diskreditieren.

Korybko weist darauf hin, was ich an anderer Stelle schon einmal als versuchte „Entkolonialisierung“ erklärte, nämlich dass Russland "balkanisiert" werden sollte, um dann von der neuen liberal-globalistischen Zivilisation des Westens unterworfen zu werden. Dies wäre jedoch nicht möglich gewesen, wenn man die vergleichsweise zivilisatorisch ähnlicheren Menschen im Ukraine/Russland-Konflikt in demselben Maße "anders" gemacht hätte wie die scheinbar unähnlicheren Menschen in Palästina. Die Ziele des Westens in der Ukraine bestünden darin, die Reichweite seiner "außergewöhnlichen" Zivilisation direkt zu erweitern, während seine Ziele im zweiten Konflikt darauf beschränkt sind, Israels geopolitische Rolle als "unsinkbarer Flugzeugträger" aufrechtzuerhalten.

Am Ende erklärt Korybko, dass es schwierig für Menschen sei, diese Zusammenhänge zu erkennen, und die darin enthaltene bigotte Doppelmoral des Westens bei der Bombardierung von Russen einerseits und Palästinensern andererseits.

Ich will es deshalb noch einmal in leichterer Sprache erklären: Im Fall von Russland behauptet der Westen, dass Russland der Aggressor sei, die Ukraine belagere und die Ukraine sich gegen diese Besatzung nur wehrt. Ob das so stimmt sei mal dahingestellt (3).

Im Fall von Israel aber, ist es andersherum. Hier besetzt Israel Palästina, und Palästina verteidigt sich nur, aber der Westen behauptet, dass Israel „das Recht habe sich zu verteidigen“, obwohl Israel der Besatzer ist. Auf den Ukraine-Konflikt angewandt hieße es, dass Russland das Recht hätte, sich gegen die Ukraine zu verteidigen.

Die Manipulationsmacht

Aber es ist ja nicht nur Deutschland, das unter der Manipulation leidet, wie z.B. Anweisungen im ÖRR, wie über den Gaza-Konflikt zu berichten ist (10), damit die Menschen nicht auf falsche Ideen kommen. Längst ist die mediale Kriegsführung aus den offiziellen Massenmedien in das Internet übergegangen. Unbeschränkte Geldmittel und staatliche Förderung machen es möglich. So haben z.B. Telegram-Kanäle des ukrainischen Geheimdienstes und der CIA behauptet, dass israelische Flüchtlinge nach Dagestan fliegen würden.

Nun muss man wissen, dass Dagestan ein Teil Russlands ist, in der noch unter eine sehr „altmodischen“ Art des Islam die wichtigste Religion ist. Und natürlich ist die absolute Mehrheit der Menschen in Dagestan eindeutig auf der Seite der Palästinenser. Und so war es leicht, die Menschen aufzuwiegeln und gegen die Regierung Dagestans und Moskau aufzuwiegeln. So dass es zu Unruhen kam. Man darf erraten, in welchem Rahmen solche Unruhen nun in den westlichen Medien berichtet werden.

Dieses Zweifeln an der Demokratie, wie sie in Deutschland in Form der Parteien zelebriert wird, ist gefährlich. Er basiert auf der Erkenntnis, dass diese Politiker keine Verantwortung für ihr Taten akzeptieren. Entweder ist es eine supranationale Organisation wie NATO oder WHO, welche doch vorschreibt, etwas zu tun oder zu lassen, oder es ist der Wähler, der ja angeblich die Wahl habe, und es so wolle. Die Versuchung ist groß, sich dann einen autoritären Diktator vorzustellen, welcher die Verantwortung übernimmt. Und wenn er Fehler macht, wird er von der Mehrheit der Bevölkerung davon gejagt. Oder wie es vor der Übernahme der Macht durch die Rama-Dynastie in Thailand üblich gewesen sein soll, wurde er in einen Seidensack gesteckt und so lange mit Sandelstöcken darauf geschlagen, bis sich nichts mehr bewegte. Hat Demokratie eigentlich noch eine Chance?

Fazit

Es ist nicht nur die Abscheu gegenüber vielen deutschen Politikern, der in den letzten Jahren, und insbesondere in Anbetracht ihrer Äußerungen zur Gaza-Bombardierung zugenommen hat, welche ich mit Besorgnis feststelle. Sondern es ist auch mein schwindender Glauben an die sogenannte Demokratie. Wenn Menschen nicht in der Lage sind, so einfache Dinge wie mediale und politische Dämonisierung zu durchschauen, wie sollen sie dann noch komplexere Zusammenhänge erkennen. Und es steht zu befürchten, dass die derzeit Herrschenden nicht zulassen werden, dass sich die medialen Verhältnisse dahingehend ändern, dass den Menschen Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln so dargelegt werden, dass sie verstehen, wo ihre Interessen liegen. Denn das könnte ihre Macht beeinträchtigen. Dann könnte tatsächlich der Wähler das Primat der Politik beanspruchen, und würde es nicht mehr den politischen Parteien, bzw. dem Konsens der staatstragenden politischen Parteien überlassen, wie von Merkel 2010 erklärt (6), die im Prinzip die politische Elite als den Souverän ansieht, der durch Akklamation bei Wahlen bestätigt wird.

Es erscheint immer wahrscheinlicher, dass Demokratie, ähnlich wie Sozialismus oder Kommunismus, oder auch der „rheinische Kapitalismus“ nur Ideen sind, deren Umsetzung in reale Politik, leider an der Machtgier von immer wieder sich durchsetzenden Kreisen scheitert. Aber sorgt die Verbreitung dieser Befürchtung dafür, dass mehr Menschen sich für eine echte Demokratie einsetzen? Eine, die darauf basieren, dass die Menschen alle Informationen erhalten, welche wichtig sind, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Statt Informationen, die dazu dienen, ihnen zu zeigen, was sie zu denken haben?

Und so erklärt NoDrama84, mit stolzer Israel-Flagge im Profil angesichts der Zahl von zivilen Toten, die bald 10.000 erreichen werden, und des inzwischen bekannt gewordenen Plans der lange geplanten (7) ethnischen Säuberung Gazas: „Jetzt zahlt die #Hamas endlich den ultimativen Preis. An all die pro-palästinensischen Terror Beklatscher: Schaut ganz genau hin!(8) Feige den Namen hinter einem Pseudonym versteckend, aber im Profil stolz erklärend „Keine Geduld für Faschisten, Terroristen und ihre Apologeten“. Wenn solche Menschen die deutsche Demokratie repräsentieren, war sie vielleicht immer schon ein Trugbild?

Wenn die Hisbollah nun vom Norden her beginnen sollte, Israel mit Raketen zu beschießen, wäre das vergleichbar mit der Bombardierung Serbiens durch die NATO im Kosovo-Krieg. Es gibt aber einen Unterschied: Die Begründung, wie „es gibt ein Konzentrationslager zur Menschenvernichtung“ oder „der Hufeisenplan“ zur angeblichen Vernichtung von Menschen existierten nicht. Es waren Lügen, wie später sogar der ÖRR noch den Mut hatte, zu berichten (9). Genau wie angebliche mehrere Dutzend Opfer eines beginnenden Genozids, die getötete Kämpfer waren, denen man die Waffe weggenommen hatte. Während heute die Bomben und die Tötungen von Palästinensern durch Israel quasi Life im Fernsehen übertragen werden, und daher keine Kriegslügen sein können.

Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt, denn dann droht der ganze Nahe und vielleicht sogar Mittlere Osten in Flammen aufzugehen. Da Deutschland sich durch die Selbst-Amputation von Energielieferungen über Pipelines aus Russland von Schiffslieferungen abhängig gemacht hat, würde dies bis nach Deutschland durchschlagen. Aber ob Menschen wie NoDrama84 dann begreifen was passiert, darf bezweifelt werden.

Quellen und Anmerkungen:

Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka Diese Stellungnahme Michael Lüders beschreibt den Zustand sehr gut. Es beruhigt mich, dass ich anscheinend nicht der Einzige bin, der emotional bewegt werde, durch die Entwicklungen in Gaza. Denn selbst Lüders, der nüchterne Wissenschaftler und Analyst lässt in dem Video durchblicken, wie bewegt er ist. https://twitter.com/i/status/1719067475659141126

(1) https://www.indianpunchline.com/indias-solidarity-with-israel-is-untenable/

(2) https://www.amazon.de/Die-Menschenrechtsindustrie-humanit%C3%A4ren-Angriffskrieg-Menschenrechtler/dp/3864455863

(3) https://staging.apolut.net/regeln-oder-voelkerrecht-und-menschenrechte-von-jochen-mitschka/

(4) https://www.freidenker.org/?p=17359

(5) https://korybko.substack.com/p/the-west-employs-ethno-bigoted-double

(6) https://staging.apolut.net/standpunkte-%E2%80%A2-das-primat-der-politischen-parteien/

(7) https://twitter.com/Tarek_Bae/status/1719091480860532925

(8) https://twitter.com/No_Drama84/status/1718199648253288534

(9) https://www.youtube.com/watch?v=9jZecyCuz3E

(10) https://www.anti-spiegel.ru/2023/von-welcher-uno-resolution-deutsche-moeglichst-nichts-erfahren-sollen/

(11) https://www.nachdenkseiten.de/?p=105894

+++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: Fedor Selivanov / Shutterstock.com


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