Standpunkte

Warum immer mehr Menschen der Politik misstrauen | Von Peter Hahne

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Ein Standpunkt von Peter Hahne.

Dieser Beitrag ist ein Originalbeitrag für die Sonderausgabe #DW150 der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand (DW).

Wäre ich Politiker, ich könnte keine Nacht mehr ruhig schlafen. Wäre ich noch in aktiver Medienverantwortung oder in der Kirche, bräuchte ich Baldrian. Denn ich müsste jetzt rund um die Uhr für die Reputation meiner Arbeit kämpfen. Noch nie waren die tragenden Säulen unseres Staates so in der Kritik wie heute. Ganz gleich, welches Meinungsforschungsinstitut: Alle (!) sagen unisono das Gleiche, und das schon in den letzten Jahren. Rund drei Viertel der Bevölkerung hat demnach kein Vertrauen mehr in Politik, Medien, Kirchen, Gewerkschaften — und was fast noch schlimmer ist: auch nicht in Polizei und Gerichtsbarkeit.

Laut jüngster Insa-Umfrage haben 69 Prozent der Deutschen sogar Angst um die Zukunft unseres Landes. Mehr als zwei Drittel! Angst! Für 73 Prozent ist die Massenzuwanderung wahlentscheidendes Thema. Der AfD trauen 33 Prozent zu, den Zustrom zu stoppen. Der CDU oder der SPD ganze neun Prozent. Eine Bankrotterklärung ohne Beispiel. Laut Forsa (regierungsnah!) sehen nur noch acht Prozent Deutschland auf einem guten Weg. Ein Desaster für alle in Regierungsverantwortung seit 2015. Noch nie bewerteten junge Menschen ihre Zukunftsaussichten so pessimistisch. Diese Zahlen beweisen, dass sich Regierungen und Regierte in Lichtgeschwindigkeit voneinander entfernen. Staatstheoretisch ist das ein Untergangsszenario. Motto: Wer zu spät kommt, den bestraft der Wähler.

Die Gründe lassen sich für jeden vorurteilsfreien Beobachter kurz zusammenfassen: Die Bürger haben kein Vertrauen mehr, weil sie sich gegängelt fühlen, bevormundet, übergangen, nicht ernstgenommen. Und sie glauben den Institutionen einfach nicht mehr. Wahrheit ist die Grundvoraussetzung für Vertrauen. Statt Fakten liefern sie »Haltung«, statt Information Ideologie, statt Kompetenz Idiotie. Wolfgang Schäuble sagte vor Jahren in meiner Sendung: »Als Politiker muss ich bei allen Entscheidungen fragen: Wieviel Toleranz verträgt ein Volk?« Und diese »Toleranz« wird jetzt gnadenlos überzogen und überfordert. Kein Wunder also, dass die Umfragen so sind, wie sie sind.

Die Heizung wird diktiert, das Geschlecht ist frei wählbar

Warum kein Vertrauen? Weil niemand mehr Verantwortung übernimmt! Wo sind denn ehrliche Untersuchungen, Schuldeingeständnisse und die Wiedergutmachung in Sachen Corona-Maßnahmen, »Impf«- Hauptwirkungen, Fehlentscheidungen in der Migrations- oder Energiepolitik? Wo wird denn Volkes Stimme gehört bei Gender, Gewalt oder dem Angriff auf unsere Kinder, die mit Ideologie zwangsbeglückt und um Bildung betrogen werden. Was für ein Land, in dem einem diktiert wird, wie man heizen soll, aber Kinder entscheiden dürfen, welches Geschlecht ihnen gerade das liebste ist. Irre!

Wo werden verteufelte und verachtete, um Beruf und Ansehen gebrachte, Kritiker endlich entschädigt und rehabilitiert? Das bewegt die Menschen. Und nicht, welche Armbinde Fußballmannschaften tragen sollen, wieviel Sternchen in Texten stehen oder welcher Vegan-Wahn gerade regierungsamtlich angesagt ist. Nebenbei: Als Rudi Völler, Kritiker dieses Armbinden-Wahnsinns, das Ruder bei »unserer Nationalmannschaft«, wie er sie richtig nennt, übernahm, konnte man plötzlich wieder siegen …

Deutlichste Botschaft aus allen Umfragen: Das Volk fühlt sich verachtet. Und zwar zu Recht. Paradebeispiel: die »Warnhinweise « bei TV-Sendungen von Otto Waalkes, Harald Schmidt oder Heino. Oder dass alte Märchen oder gar die Bibel nun umgeschrieben werden. Nebenbei: An den Koran wagt sich keiner. Über 90 Prozent wollen diesen Irrsinn nicht. Politik, Medien und natürlich Kirche (wie so oft auf Seiten der Herrschenden) impfen uns dieses geistige Gift in Überdosis und scheren sich einen Dreck um Meinungsfreiheit oder das Grundgesetz. Selbst Kritiker aus der linken Ecke werden gnadenlos zum Schweigen gebracht.

Unlängst sprach mich jemand mit diesen Worten im Zug an: »Herr Hahne, erfinden Sie bitte in Ihrem neuen Buch neue Verschwörungstheorien. Die alten haben sich ja inzwischen bewahrheitet.« Die Bürger ertragen diese von Nicht-Fachleuten (griechisch: Idioten) feilgebotenen Fake-News nicht mehr. Diese elenden Schwurbeleien aus Regierungen, Parlamenten und den Redaktionen des Mainstreams sind doch längst durchschaut.

Die Herrschenden können sich nur noch durch Verbote und Gesinnungsschnüffelei an der Macht halten. Kennen wir das nicht von irgendwo?! »Dafür bin ich nicht 1989 unter Lebensgefahr auf die Straße gegangen «, bekennen immer mehr Mitteldeutsche. Kein Vertrauen auch deshalb, weil Heuchelei und Doppelmoral an der Tagesordnung sind. Ein Staatsoberhaupt, das sich ohne Maske im Zug ablichten lässt, während die Oma, die dasselbe tut, abgeführt wird. Oder die Jünger der Klimareligion, die wie Europas Unglück von der Leyen (CDU) siebenundfünfzigmal mit dem Privatjet ertappt wird.

Man kann etwas bewegen, wenn man nur will

Wie kann es sein, dass es einem freiheitlichen Staat gelingt, ein System von Denunzianten zu etablieren?! Erst Corona, jetzt Klima: »Sie müssen Ihrem Nachbarn helfen, sich richtig zu verhalten …« Der Meinungsblockwart und die Sprachpolizei als Fünfte Gewalt. Das haben die Bürger satt. Der Fall Aiwanger hat gezeigt, dass das »Bierzelt« doch mächtiger ist als die Parallelgesellschaft in Parteizentralen und Medien. Das war ein richtiger Schock für Berlin, genauso wie die Montagsdemos oder der Massenprotest gegen falsche Standorte für Flüchtlingsheime. Fehlt nur noch der Altparteienkonsens: »Wir lieben Euch doch alle!«

Demokratischer Widerstand ist mächtiger als betreutes Denken und ideologischer Mainstream. Das gilt auch für die gleichnamige Zeitung! (1) Mein Wort vom Jahresbeginn 2023 war nicht utopisch und realitätsfern, im Gegenteil: Wir werden mehr, nicht weniger. Die Opposition in ihrem Lauf … können auch Ochs und Esel in manchen Institutionen nicht aufhalten.

Zum sinkenden Vertrauen der Bürger in die Medien heißt es in der linksliberalen (!) Berliner Morgenpost überraschend klarsichtig — woran man merkt, dass die Frage der allgemeinen Unzufriedenheit keine (partei-)politische ist und mit Beschimpfung überhaupt nichts zu tun hat: »Vielleicht sind es nicht nur Diktatoren, die die Medien drangsalieren. Womöglich sorgen wir Medienschaffende selbst für den Eindruck des Ferngesteuertseins.« Und es trifft genauso auch auf die Politik zu: »Viele Themen sind zu komplex für einfache Antworten. Polarisierung führt zu mehr Drama, mehr Aggression und permanentem Haltungszwang.« Dazu käme der Katastrophismus des »Google-Sozialismus« (!) durch sein Monopol der Suchmaschinen. Von dort ließen sich viele Journalisten (und Politiker!) »die Themen diktieren«.

Und die Hauptstadtzeitung macht den Vertrauensverlust auch am »Elitismus« fest. Es stimmt: Der Mainstream sitzt in den Metropolen, Dreiviertel der Deutschen leben aber (Gott sei Dank) in der Provinz. Diese pseudoelitäre Parallelgesellschaft von Politikern und Redakteuren, die ihre Kinder auf Privatschulen schickt und fern der Realität von Inklusions- und Integrationsideologie lebt, negiert die wahren Probleme. Das bringt die Leute auf die Palme! Der ländliche Raum hat keine Lobby mehr. Die ideologische Denke ist eine großstädtische. Bei manchen Klimadebatten hat man das Gefühl, die Regierung sei der Meinung, im Bayerischen Wald gibt es U-Bahnen und in Ostfriesland einen ÖNP im Minutentakt.

»Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner?«, wurde der Publizist gefragt. Er erhielt 1942 übrigens Schreibverbot. Wehret also den Anfängen! Seine Antwort in einem Gedicht: »Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.« Meine Hoffnung ist das »Gegenwort« von Gustav Heinemann: »Eure Herren gehen, unser Herr kommt.« Der Teufel ist an einer (leider langen) Kette, er behält nicht den Sieg. Wo Ideologen enden, das zeigt der 9. November 1989.

Demokratischer Widerstand zahlt sich aus. Man kann etwas bewegen, wenn man nur will. Die Herrschenden sollten dankbar sein, wie friedlich das alles läuft. Frankreich lässt grüßen. Deshalb zeugt es von absolutem Bildungsnotstand und völliger Geschichtsvergessenheit, diesen (harmlosen) Widerstand auch noch zu diffamieren und zu diskreditieren. Und damit zu provozieren. Wie armselig! Nein, wir brauchen Hoffnungsträger, keine Bedenkenträger. Mutmacher, keine Panikmacher. (1)

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Zur Person

Dieser Beitrag ist ein Originalbeitrag für die genannte Wochenzeitung Demokratischer Widerstand. Der Publizist Peter Hahne zählt zu den bekanntesten und beliebtesten Hauptstadtjournalisten. Der gläubige Christ (»Mein Glaube ist anhängig allein von Gott und der Bibel«), der 1952 im ostwestfälischen Minden geboren wurde, studierte evangelische Theologie, Philosophie und Germanistik und war 18 Jahre lang Ratsmitglied der evangelischen Kirche (EKD). Nach drei Jahrzehnten »Berlin direkt«, »heute«, »heute Journal« und dem Bambi-Publikumspreis (1999) moderierte er von 2010 bis Ende 2017 im ZDF seine eigene nach ihm benannte Sendung. Die Bücher des heute 70-Jährigen erreichten bis dato eine Gesamtauflage von mehr als acht Millionen Exemplaren. Sein aktuelles Werk: »Das Maß ist voll«. Sein nächstes Buch erscheint im März 2024.

Quellen

(1) Wochenzeitung Demokratischer Widerstand #DW150 vom 7. Oktober 2023, Seite 3; DemokratischerWiderstand.de

»Es zeugt von Geschichtsvergessenheit, den Widerstand zu diffamieren«

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Juergen Nowak / shutterstock


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