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Von Friedens- zu den Protestnoten

Von Friedens- zu den Protestnoten


Musiker Jens Fischer Rodrian will mit neuem Projekt weitere Brücken bauen

Ein Meinungsbeitrag von Eugen Zentner.

Friedenslieder wie «Another Brick in the Wall», «Die Waffen nieder» oder «We shall overcome» haben die Musikgeschichte geprägt. Ihre Bedeutung ist zeitlos. In Phasen kriegerischer Auseinandersetzung wächst sie aber mit jeder Eskalationsstufe. Friedensliedern wohnt eine Kraft inne. Sie schärfen die Sinne, lenken die Aufmerksamkeit auf unendliches Leid und senden einen emotionalen Appell an die Nationen, ihre Konflikte endlich gewaltlos zu lösen. Als der Ukraine-Krieg vor knapp zwei Jahren ausbrach, wollte der Musiker und Lyriker Jens Fischer Rodrian zusammen mit dem Journalisten Marcus Klöckner diese unbändige Kraft so wirkungsvoll entfesseln, dass sie bis zu den Ohren der unbeugsamsten Hardliner durchdrang. Er startete das Projekt «Friedensnoten». Publizisten, Journalisten und Künstler konnten dabei im wöchentlichen Rhythmus einen Friedenssong ihrer Wahl vorstellen. Die Texte erschienen über ein Jahr lang in den alternativen Medien Manova und Radio München, bis das Projekt auslief. Mit dem neuentfachten Gaza-Krieg wird es nun fortgesetzt.

Laut Rodrian war es ohnehin geplant, das Projekt wiederzubeleben. „Ich hatte da an die Zeit zwischen Frühling und Sommer gedacht“, sagt der Künstler. „Mit den Ereignissen im Nahen Osten wuchs aber die Dringlichkeit, früher anzufangen.“ Obwohl es sich um eine Fortsetzung handelt, gibt es gegenüber dem Vorgängerprojekt doch einen inhaltlichen Unterschied. Wurden zuvor die pazifistischen Lieder anderer Künstler vorgestellt, so sind nun die Künstler aufgefordert, über ihre eigenen Friedenssongs zu schreiben. Mehrere Musiker stehen dafür schon bereit. Neben den Singer-Songwriterinnen Morgaine und Alexa Rodrian konnte der Initiator den Songpoeten Tino Eisbrenner, den Chansonsänger Karsten Troyke sowie den Rapper Bustek gewinnen. Er selber wird ebenfalls zur Feder greifen.

Material hat Rodrian genug. In den letzten Jahren schrieb er gleich mehrere Friedenslieder, die dazu anregen sollten, die gesellschaftliche Spaltung entlang der Corona- und Ukraine-Krise zu überwinden. Mit dem Gaza-Krieg hat sich diese intensiviert, weshalb Rodrian einen Friedenssong auch zu diesem Thema produzieren wollte. Vor wenigen Tagen ist er schließlich erschienen, mit einem Musik-Video, in dem palästinensische Kinder auf Trümmern spielen. Diese Bilder bringen das zum Ausdruck, was der Titel des Songs auf Arabisch vermittelt - «A’isch», „Ich lebe“. In Palästina gilt dieser Ausspruch als eine Formel, um den Nachbarn nach einem Angriff mitzuteilen, dass man unversehrt geblieben ist. „Sie laufen dann auf die Straße und schreiben ‚a’isch‘“, erklärt Rodrian, der diesen Song seinem palästinensischen Freund Nadim Helow widmet. Dieser habe ihm geholfen, sich mit dem Israel-Palästina-Konflikt auseinanderzusetzen und die historischen Gründe zu verstehen.

Die Arbeit an dem Song zeitigte einen ähnlichen Effekt. „Ich konnte dabei meine Gedanken ordnen, weil mir anfangs die Worte fehlten“, so der Musiker. Deswegen ist es ein reines Instrumentalstück geworden, eine Solo-Gitarren-Etüde, die sehr viel Melancholie, aber auch Hoffnung verbreitet. Rockig kommt hingegen der Friedenssong «Sie leben» daher. Auch er bezieht sich explizit auf den Gaza-Krieg, enthält aber einen Gesangstext aus lyrischen Fragmenten. Rodrian will ihn genauso wie «A’isch» im Rahmen der «Friedensnoten» vorstellen, integriert ihn aber zugleich in ein gemeinsames Gaza-Trilogie-Projekt mit seiner Ehefrau, der Sängerin und Komponistin Alexa Rodrian. Sie selber steuert den Song «Eye for an Eye» bei, ein ebenfalls rockiges Stück, der das Schicksal der Menschen im Nahen Osten thematisiert. Wie können wir Mütter ertragen, wenn Kinder anderer Mütter getötet werden, lautet die Frage. Der Song sendet deshalb den Appell an alle Frauen weltweit, auf die Straße zu gehen und darauf aufmerksam zu machen, dass dieses grausame Töten ein Ende findet.

Dieses sehr emotionale Stück wird Alexa Rodrian auch für die Friedensnoten besprechen. Brücken bauen, lautet die Devise. Deswegen sollen im Rahmen dieses Projekts auch Künstler angesprochen werden, die sich bislang der außerparlamentarischen Oppositionsbewegung nicht angeschlossen haben, aber in ihren Songs durchaus eine pazifistische Botschaft senden. Ein Beispiel ist die deutsche Hip-Hop-Formation K.I.Z., die kürzlich den Track «Frieden» veröffentlicht hat. „Ich bin immer noch verwundert darüber, wer alles zu den Themen der letzten Jahre geschwiegen hat. Umso mehr freue ich mich, jetzt immer wieder Songs zu hören, die die allgegenwärtige Kriegsrhetorik infrage stellen.“ Rodrians Ziel ist es, an mehrere solcher Künstler heranzutreten und sie zu einer Kooperation zu bewegen. Sollten sie absagen, wird dies in den Friedensnoten dokumentiert. Das jeweilige Friedenslied erhält trotzdem eine Wertschätzung, indem es ein anderer Künstler vorstellt.

Rodrian verbindet dieses Projekt nicht nur mit der Gaza-Trilogie, sondern auch mit seinen Protestnoten. Entstanden sind diese als Reaktion auf die Corona-Politik vor knapp drei Jahren. Damals bündelte der Berliner Musiker mehrere Songs kritischer Künstler auf einem Album, das als CD erschien. Auf die erste Ausgabe folgte ein zweiter Teil der Protestnoten. Im Mittelpunkt stand dieses Mal nicht die Corona-Politik, sondern das Schicksal des inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange. Das dritte Protestnoten-Album soll sich nun um das Thema Frieden drehen. „Erscheinen wird es voraussichtlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres“, kündigt Rodrian an. Einige Künstler aus dem Friedensnoten-Projekt werden wohl auch auf den Protestnoten vertreten sein – so wie beispielsweise der Rapper Bustek, der vor wenigen Wochen den Song «Free Palestine» veröffentlicht hat. „Wer noch so hinzukommt, entscheidet sich in den nächsten Wochen und Monaten“, betont der Initiator. Die Projekt-Reihe hat erst begonnen. Mit «A’isch» fiel der Startschuss, nach dem in regelmäßigen Abständen neue Songs und Texte die Aufmerksamkeit auf den Frieden lenken werden.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Jens Fischer Rodrian


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