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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Im Rosenkrieg zwischen den USA und der EU schlägt sich die Schweiz auf die Seite Brüssels – und entfernt sich damit weiter von ihrer Neutralität.

Ein Meinungsbeitrag von Michael Straumann.

Die letzten Wochen und Monate zeigten ein großes Zerwürfnis zwischen Washington und Brüssel. Zunächst sorgte die Rede von J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz für Aufsehen, bei der er der westeuropäischen Politelite die Leviten las. Dann folgte der öffentliche Streit zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Oval Office, der mit der Absage der USA endete, sich weiter an den Militärhilfen für die Ukraine zu beteiligen. Die Reaktion der Europäischen Union war eindeutig: Die Nibelungentreue zu Kiew wurde intensiviert. Für die Waffen, die zuvor die USA beigesteuert hatten, sprang nun die EU ein.

Politische Beobachter verfolgten gespannt, wie sich die Schweiz in diesem Rosenkrieg der transatlantischen Achse positionieren würde – vor allem vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat sich positiv über die Trump-Regierung und deren Bemühungen in der Ukraine-Frage geäußert hatte. Deutete dies auf eine Rückkehr zur strikten Neutralitätspolitik hin, die die Schweiz in den vergangenen Jahren weitgehend aufgegeben hatte? Das Zwischenfazit lautet klar: nein.

EU-Anschluss mit der «flexiblen» Neutralität

Statt das Zerwürfnis zwischen Washington und Brüssel klug für sich zu nutzen, warf sich Bern – und das nicht einmal notgedrungen – Brüssel an den Hals, wie eine kürzliche Abstimmung im Schweizer Nationalrat gezeigt hat. Die Parlamentarier der Großen Kammer stimmten am 6. März mit 115 zu 66 Stimmen für eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der EU. In seiner Erklärung empfiehlt der Nationalrat dem Bundesrat, weitere Möglichkeiten zur sicherheitspolitischen Kooperation mit der Europäischen Union zu prüfen, etwa im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur «Hub for European Defence Innovation» (HEDI). Zudem wird die Landesregierung dazu aufgefordert, konkrete Schritte zur sicherheitspolitischen Kooperation mit Brüssel vorzulegen. Die Rolle der Schweiz als Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur müsse gestärkt werden.

Letzten Sommer unterzeichnete die mittlerweile zurückgetretene Vorsteherin des Verteidigungsdepartements, Viola Amherd, die «European Sky Shield Initiative» (ESSI), die ein gemeinsames europäisches Luft- und Raketenabwehrsystem in Europa vorsieht. Zweifel sind angebracht, ob es unter Amherds Nachfolger Martin Pfister, der am 12. März von der Bundesversammlung zum neuen Bundesrat gewählt wurde, in der Schweizer Armee besser laufen wird. Bereits in seiner ersten Pressekonferenz kündigte Pfister an, die Neutralität «flexibel auszugestalten» – was nichts anderes als ein Euphemismus für «aushöhlen» ist.

Sanktionen und Zensur

Was die Sanktionsorgie gegen Russland betrifft, macht die Schweiz munter weiter mit. So übernahm sie am 4. März das 16. Sanktionspaket der Europäischen Union – als ob die ersten 15 Pakete irgendeine ernstzunehmende Wirkung gezeigt hätten. Während der Bundesrat seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine bisher von einer Zensur russischer Medien absah, hat sich dies nun geändert: Die russischen Nachrichtenportale South Front und News Front wurden blockiert. Dies zeigt deutlich, wie die Aufweichung der Neutralität letztlich auch die Pressefreiheit in der Schweiz gefährdet. Zugespitzt formuliert: Die Neutralität ist ein Schutzschild für Grundrechte. Wie eine noninterventionistische, friedensorientierte Außenpolitik die Bürger vor Grundrechtseinschränkungen im eigenen Land schützt, habe ich einst in meinem Text «Von Krieg und Knechtschaft» dargelegt.

Anstatt sich auf das bewährte Erfolgsmodell der Neutralität zurückzubesinnen, schafft Bern weiterhin unumkehrbare Tatsachen – bis eine Rückkehr zur neutralen Außenpolitik schlicht unmöglich sein wird. Daran wird anscheinend auch der gegenwärtige Streit zwischen Washington und Brüssel nicht viel ändern. Ändern kann das nur der Schweizer Souverän, wenn er die Neutralitätsabschaffer in der nächsten Legislaturperiode abwählt und bei der anstehenden Volksabstimmung über die «Neutralitätsinitiative» dem Bundesrat mit einem Ja auf dem Stimmzettel die rote Karte zeigt.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 18. März 2025 auf straumedia.ch sowie auf freie-medienakademie.de.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: iunewind / shutterstock


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