Artikel

Venezuela – Die wahren Motive der US-Kriegsvorbereitungen | Von Rainer Rupp

Venezuela – Die wahren Motive der US-Kriegsvorbereitungen | Von Rainer Rupp

Ein Meinungsbeitrag von Rainer Rupp.

Die Karibik, diese Sehnsuchtsregion vieler Urlauber aus dem Norden, die sonnige Strände und heiße Rhythmen lieben, hat US-Präsident Trump in den letzten Wochen in ein brandgefährliches, geopolitisches Minenfeld verwandelt. Vor der Küste Venezuelas ankert die USS-Gerald R. Ford, der größte Flugzeugträger der US-Marine, umgeben von Zerstörern, U-Booten und Bombergeschwadern. Insgesamt haben die USA inzwischen rund 15.000 Soldaten in der Region stationiert, darunter in Puerto Rico und Trinidad und Tobago. Dort behindern temporäre Flugverbote militärische Übungen mit lokalen Kräften zivile Flugpläne.

Seit Ende August 2025 hat Washington unter dem Deckmantel der „Operation Southern Spear“ 21 Raketenschläge auf bloßen Verdacht hin gegen mutmaßliche Drogenboote geführt, die 83 Menschen das Leben gekostet haben. Das wird offiziell von Trump als legitimer Schlag gegen den Drogenhandel präsentiert, was jedoch nach Auffassung internationaler Rechtsexperten kaltblütiger Mord ist. Präsident Trump, der sich in dieser auf den Kopf gestellten Welt sogar als „Friedenspräsident“ huldigen lässt, schloss in einer Pressekonferenz am 18. November weitere militärische Optionen nicht aus:

„Ich schließe nichts aus, aber ich bin offen für Gespräche mit Maduro.“

Diese Worte klingen diplomatisch, doch sie kaschieren eine Eskalation, die Parallelen zu den Invasionen in Grenada 1983 oder Panama 1989 weckt.

Das Imperium in Washington ist inzwischen so schamlos, dass es nicht einmal mehr wie früher versucht, seinen militärischen Aufmarsch hinter humanitären Motiven zu verstecken. Vielmehr geht es auch im Fall Venezuela um einen schamlosen Raubzug für Ressourcen. Früher bemühten sich Washingtons Apologeten, Interventionen mit hohem moralischem Pathos zu rechtfertigen – Demokratie fördern, Menschenrechte schützen, Tyrannen stürzen. Heute ist das nicht mehr nötig. Das Imperium gesteht offen seine Gier nach Öl, Lithium und Seltenen Erden ein, während die vorgeschobenen Vorwände wie der „Kampf gegen den Drogenhandel“ lächerlich dünn sind.

Laut Lateinamerika-Experte Oleg Jassinski hat Trump noch ein weiteres Ziel: Venezuela als Bollwerk des Globalen Südens soll fallen, um Chinas und auch Russlands Einfluss in der Region zu brechen und die westliche Hemisphäre wieder vollkommen unter die US-amerikanischen Oberherrschaft zu bringen.

Lasst uns zunächst den Hauptvorwand zur Rechtfertigung des beängstigenden Ausmaßes des militärischen US-Aufmarschs vor der Küste Venezuela unter die Lupe nehmen: Nach Angaben westlicher NGOs wie der UNODC machen aus Venezuela kommende Drogen nur 5 Prozent des gesamten lateinamerikanischen Exports aus – und davon werden 70 Prozent von den venezolanischen Behörden selbst abgefangen. Das entspricht lächerlichen 2 bis 3 Prozent des US-Drogenmarkts, der hauptsächlich über Mexiko und Kolumbien fließt. Kokain aus Kolumbien, Fentanyl aus mexikanischen Labors – das sind die wahren Quellen, aus denen die US-Drogensucht bedient wird. Dennoch zielt Washingtons Raketenfeuer auf venezolanische Gewässer, wo Fischer nun aus Angst vor US-Drohnen nur noch nah am Ufer operieren. Der „Krieg gegen Drogen“ dient hier nur als Alibi, um die Monroe-Doktrin 2.0 durchzusetzen: Ganz Amerika für die USA – mitsamt dem Öl, Lithium und Gold. Der Drogenhandel als Trumps Rechtfertigung ist ein Witz, den nicht einmal seine Erfinder ernst nehmen.

Noch absurder ist der Mythos der „Demokratieförderung“. Früher pries man Regimewechsel als Befreiungsschlag, heute signalisiert man ihn mit Zynismus. Die Vergabe des „Friedensnobelpreises“ an Oppositionsführerin María Corina Machado Ende Oktober 2025 war kein Zufall, sondern ein klarer Kriegsgruß. Die norwegische Kommission, traditionell ein Sprachrohr westlich-imperialistischer Interessen, ehrt sie als „Kämpferin für Demokratie“ – genau in dem Moment, als Trump und Außenminister Marco Rubio einen „unvermeidlichen Militärschlag“ gegen ihr Land andeuteten.

Am 31. Oktober erklärte die neue „Friedensnobelpreisträgerin“ Machado in einem Interview mit Bloomberg (1) sogar, dass sie eine kriegerische Intervention seitens der USA im eigenen Land begrüßen würde. Für die US-Marionette, die „Oppositionspolitikerin“ spielt, sei „die Eskalation" der einzige Weg, um Präsidenten Maduro zum Rücktritt zu zwingen, so Machado.

Trump, der vorgab, Machado nicht zu kennen („Sie muss ein guter Mensch sein“), nutzt den Hype um ihren Nobelpreis als Deckmantel für seinen Hardliner-Außenminister Rubio, der seit Jahren einen Putsch propagiert. Der Preis widerlegt zudem die Fassade eines „inneren Konflikts“ zwischen Trumps „Konservativen“ und den „globalistischen Liberalen“ in der EU – beide Lager sind sich einig: Venezuela muss fallen, um den Globalen Süden zu brechen. 

Die wahren US-Motive der US-Kriegsvorbereitungen

Die wahre Agenda ist geostrategisch und ressourcengetrieben, wie Generalin Laura J. Richardson, Kommandantin des US Southern Command, bereits 2023 auf einem CSIS-Panel zugab. Sie sprach unverblümt von „feindseligen Fußspuren“ Russlands, Chinas und Irans in der Region – und nannte Venezuela, Bolivien, Chile und Argentinien „nationale Sicherheitsfragen“. Warum? Weil hier die größten Ölreserven der Welt schlummern: Über 300 Milliarden Barrel in Venezuela allein, genug, um die USA für Jahrhunderte unabhängig zu machen. Hinzu kommen Gold, Kupfer und der Zugang zum Lithium-Dreieck (Argentinien, Bolivien, Chile), das 60 Prozent der globalen Vorkommen birgt – essenziell für Batterien, Elektroautos und High-Tech-Waffen. Und vergessen wir nicht die 31 Prozent des weltweiten Süßwassers in der Region, ein Faktor in Zeiten globaler Knappheit.

Dieser Raubzug ist Teil eines größeren Plans: Die Vorbereitung auf einen Konflikt mit China, der nicht nur Peking, sondern den gesamten Globalen Süden treffen wird. Washington will mit Gewaltanwendung seinen hegemonialen Einfluss in der Karibik und entlang der pazifische Südamerikaküste wiederherstellen, um Chinas „Belt and Road Initiative (BRI)“ zu blockieren. Chinesisch finanzierte Investitionen in Häfen, Straßen und Transit in Venezuela? Das geht aus Washingtons Sicht überhaupt nicht. Trumps Forderung nach Rückgabe des Panamakanals, die Installation faschistischer Regime in El Salvador und Ecuador (inklusive möglicher Basen auf den Galapagosinseln) und wachsende Drohungen gegen Kolumbien sind Puzzleteile desselben Bildes. Zugleich bleiben Kuba und Nicaragua weiterhin Zielscheiben, denn zusammen mit Venezuela bilden sie eine anti-imperialistische Achse, die das Imperium zerstören will.

Das Schamloseste an dieser Offensive: Das US-Establishment gesteht seine Motive offen ein. Generalin Richardson nannte Ressourcen explizit „Assets, die in Krisen den Unterschied zwischen Machtverlust und Dominanz machen“. Kein Geschwätz mehr von Menschenrechten – nur kalte Kalkulation. Der militärisch-industrielle Komplex jubelt: Neue Einsätze rechtfertigen Milliardenbudgets, Rüstungsgeschäfte und politische Dividenden. Satellitenbilder zeigen Präzisionswaffen und Drohnen, bereit für Angriffe – nicht gegen Drogen, sondern gegen Souveränität lateinamerikanischer Staaten.

Während das Imperium seine Gier entblößt, schweigen oder applaudieren die selbsternannten „Progressiven“ – jene jungen, Soros-finanzierten Aktivisten, die sich als „links“ bezeichnen. Sie, die sich 2024 über angeblichen „Wahlbetrug“ in Venezuela aufregten, zucken nicht mit der Wimper, wenn ein US-Flugzeugträger Caracas bedroht. Stattdessen feiern sie Machados Nobelpreis als „Sieg der Demokratie“ und ignorieren die tödlichen Schikanen gegen karibische Fischer. Diese, in neo-liberalen „Reagenzgläsern“ gezüchteten „Linken“ demonstrieren nicht gegen Kriegspläne, sondern gegen angebliche „Autokraten“, wenn die nicht US-freundlich sind. Ihr komplizenhaftes Schweigen angesichts imperialer US-Verbrechen ist.

Riskiert Trump in Venezuela ein neues Vietnam?

Sollte Washington angreifen, wären die Folgen verheerend; und berechenbar. Erstens: Die USA hatten schon in der Vergangenheit immer Schwierigkeiten gehabt, Venezuela zu kontrollieren, dass sich im Fall eines Angriffs wahrscheinlich erbittert wehren wird. Mit einer 4,5 Millionen starken Miliz, von denen niemand die Yankees liebt, mit 95.000 bis 150.000 regulären Truppen und russischen S-400-Flugabwehrsystemen, sowie Drohnen wird Caracas asymmetrische Guerilla-Kriege führen und die US-Soldaten in Dschungel und in den Bergen bluten lassen. Experten wie Ex-CIA-Analyst Fulton Armstrong warnen:

„Es wird wie ein Schwarm angreifender Bienen sein, sobald sie [die US-Soldaten] ihre gesicherten Zonen verlassen.“

Für eine reguläre Invasion und zum Halten von Territorium bräuchten die USA 50.000 bis 150.000 US-Truppen – mehr als die aktuell in der Karibik verfügbaren 15.000. Trump würde für Tausende Tote zur Rechenschaft gezogen. Zugleich zeigen Umfragen, dass 65 Prozent der Amerikaner eine Intervention ablehnen.

Zweitens: Lateinamerika würde explodieren. Die stärksten Anti-US-Stimmungen seit Jahrzehnten würden Angriffe auf Botschaften, Sabotage und Attentate auslösen – aber vor allem eine Welle von neu erstarktem Nationalbewusstsein. Nachbarn wie Kolumbien und Guyana wüssten: Sie sind die Nächsten. Es geht nicht mehr um Marionettenregime, sondern um die Zerstörung jeglicher Souveränität vom Rio Grande bis Patagonien. China hat bereits Stellung genommen und erklärt: „Wir lehnen jede US-Einmischung ab“, hieß es am 20. November aus Peking. Russland verstärkt Venezuelas Verteidigungsfähigkeiten mit neuen Lieferungen, Iran schickt Drohnen – der Globale Süden rüstet sich.

Drittens: Für den Globalen Süden würden die USA als Terrorstaat dastehen. Während Trump mit Venezuela dem Globalen Süden eine terroristische Lektion erteilen will, dass sich nämlich niemand allein dem Monster in Washington widersetzen kann, könnte genau das Gegenteil passieren: Eine kontinentale Einheit gegen das Imperium könnte entstehen, gestärkt durch BRICS und BRI. Der Ölmarkt würde taumeln – venezolanische Flows, die bereits prekär sind, könnten kollabieren und Preise explodieren lassen.

Dennoch könnte auch Trumps „Escalation to Negotiate“, eine Taktik aus seinem Buch „The Art of the Deal“ – drohen, um zu reden – funktionieren. Wie bei Nordkorea oder Syrien. Doch ein Fehltritt würde das Pulverfass Karibik zünden: Eskalation, Destabilisierung, Migration und Kriminalität, die Trump selbst anprangert. Der „Friedenspräsident“ riskiert einen Sumpf, der zudem seine zunehmend skeptische MAGA-Basis zerreißt.

Quellen und Anmerkungen 

(1) https://www.bloomberg.com/features/2025-maria-corina-machado-weekend-interview/

+++

Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

+++

Bild: US-amerikanischer Flugzeugträger
Bildquelle: Rawpixel.com / shutterstock


+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit der:

Spenden-Kryptowährung „Nackte Mark“: https://apolut.net/unterstuetzen/#nacktemark

oder mit

Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoin

Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/

+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.

+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/

+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut

Donald Trump USS-Gerald R. Ford Flugzeugträger Operation Southern Spear Südamerika Laura J. Richardson