Ehemalige Soros-Mitarbeiterin zur Friedensikone stilisiert
Ein Meinungsbeitrag von Wolfgang Effenberger.
„Das Motto von Beethovens 9. Sinfonie Alle Menschen werden Brüder, die ja die europäische Hymne ist, gilt auch für die Russen!“ (1) sagte die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot im Interview mit den NachDenkSeiten.
Laut Frau Guérot sollte am 9. Mai ein europaweites Zeichen des Friedens gesetzt werden. Dieses Zeichen ist nicht nur ein Aufruf, den man unterschreiben kann,
„sondern es ist ein Projekt der individuellen Teilhabe; und zweitens ist es europaweit und erstreckt sich über den ganzen Kontinent. Jede Bürgerin und jeder Bürger in ganz Europa soll mitmachen können, und zwar bei sich zu Hause, da, wo sie oder er ist! Im Kern geht es darum, am 9. Mai – dem Europatag und gleichzeitig Tag der Befreiung [der Tag der Befreiung wird in Deutschland am 8. Mai, der 9. Mai dagegen in Russland (und der ehemaligen Sowjetunion) als Tag des Sieges gefeiert, W.E.]– also am 9. Mai 2025 um 17 Uhr das Fenster zu öffnen und zeitgleich in allen europäischen Sprachen ein Manifest des Friedens zu verlesen.“ (2)
Ein Aufruf, der, wie schon andere zuvor, die tieferen Ursachen völlig ausblendet (3)
„Wir schämen uns für unsere Regierungen und die EU, die die Lehren des 20. Jahrhunderts nicht gelernt haben. Die EU, einst als Friedensprojekt gedacht, wurde pervertiert und hat damit den Wesenskern Europas verraten!“ Manche Akteure werden wohl daran geglaubt haben, aber wurde die EU wirklich als „Friedensprojekt“ gegründet? Paul Craig Roberts, der ehemalige Vizefinanzminister von Ronald Reagan, hat EU und NATO als „evil institutions“ bezeichnet, „created by USA“: „Ohne EU und NATO hätte Washington Europa und UK nicht in einen Konflikt mit Russland zwingen können, und Washington hätte in 15 Jahren nicht 7 muslimische Länder zerstören können. Washington wäre als verhasste Kriegsverbrecherregierung [international] isoliert worden, die Regierungsmitglieder hätten nicht ins Ausland reisen können, ohne verhaftet und vor Gericht gestellt zu werden.“ Soweit Craig Roberts. (4)
Weiter heißt es in Guérots Aufruf:
„Wir, die Bürger Europas, nehmen darum heute, am 9. Mai, unsere Geschicke und unsere Geschichte selbst in die Hand. Wir erklären die EU für gescheitert. Wir beginnen mit Bürger-Diplomatie und verweigern uns dem geplanten Krieg gegen Russland! Wir erkennen die Mitverantwortung des 'Westens', der europäischen Regierungen und der EU an diesem Konflikt an.“ (5)
Abschließend wird ein neutrales, von den USA emanzipiertes Europa gefordert, „das eine vermittelnde Rolle in einer multipolaren Welt einnimmt. Unser Europa ist post-kolonial und post-imperial … Es lebe Europa, es lebe der Friede, es lebe die Freiheit“. (6)
Für den deutschen Philosophen Karl Jaspers gibt es einen tragfähigen Frieden nur in Freiheit und Wahrheit. Davon ist dieser Aufruf weit entfernt. Er klammert die tieferen Ursachen des Konflikts weitgehend aus und setzt bei den europäischen Regierungen und der EU an, für die wir uns „schämen“ sollen.
Europa mag ja post-kolonial und post-imperial sein. Aber in der Mitte Europas haben die USA ihren Brückenkopf installiert, von dem alle Kriege seit 1991 (seit Auflösung der Sowjetunion und der Warschauer Vertragsstaaten) geführt wurden. Heute werden Vertreter der NATO-Staaten und Hilfswillige zur Befehlsausgabe nach Ramstein befohlen. Vor über 10 Jahren wurde bei Wiesbaden der Grundstein für ein neues Kriegsführungs-Center (New Battle- and Command-Center) gelegt. Seit der Fertigstellung zu Kriegsbeginn in der Ukraine melden sich dort ukrainische Generäle zum Rapport. 2026 werden die USA mit der Stationierung von Hyperschallwaffen (Dark Eagle) in Deutschland beginnen – eine weitere Drehung an der tödlichen Spirale.
Tiefere Ursachen
Ergebnis dieser Leitlinien zur Verteidigungsplanung war dann TRADOC 525-5:
Nichtkonforme Staaten sollten ins Chaos gestürzt werden, um dann subversive Strukturen aufzubauen. Mit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien (Serbien und Montenegro) ohne UN-Mandat schufen die USA ihre „regelbasierte Weltordnung“. Sie soll das bisherige Völkerrecht ersetzen. Und so wurde bei allen folgenden unprovozierten (Angriffs-)Kriegen der USA auf ein UN-Mandat verzichtet.
Nach dem vom Westen erfolgten orchestrierten und ebenfalls völkerrechtswidrigen Staatsstreich in der Ukraine wurde im September 2014 ein neues Langzeitstrategie-Dokument aus der Taufe gehoben: "Win in a Complex World 2020-2040". Ziel ist eine unipolare Welt.
TRADOC 525-3-1 ist ein zentrales US Army-Dokument („The U.S. Army in Multi-Domain Operations 2028“), das die zukünftige Kriegsführung der US Army beschreibt. Es legt dar, wie die USA in einem Konflikt mit gleichwertigen Gegnern (vor allem Russland und China) in mehreren Domänen (Land, Luft, See, Cyber, Weltraum) gleichzeitig operieren müssen. Es betont die Notwendigkeit, flexibel und schnell auf Bedrohungen in verschiedenen Regionen zu reagieren und dabei die Zusammenarbeit mit Verbündeten zu stärken. Wobei hier unter Bedrohungen nicht etwa irgendwelche konkreten Angriffsabsichten oder gar Kriegsvorbereitungen verstanden werden, sondern allein, dass ein Land zu einer Großmacht aufsteigen könnte, die in der Lage wäre, die USA herauszufordern. Laut US-Doktrin reichen diese Konjunktive also, um als „Gegner“ auserkoren und – auch militärisch – bekämpft zu werden. In diesem Zusammenhang ist nicht mehr die Rede von Präventivkrieg (preventive war), sondern von „Präemptivkrieg“ (preemptive war).
Am 18. Oktober 2024 wurde "Win in a Complex World" um das Papier „Strategic Sequencing, Revisited“ von A. Wess Mitchell ergänzt. Es analysiert die Gefahr eines Mehrfrontenkrieges der USA gegen Russland, China und Iran und empfiehlt eine Sequencing-Strategie: Erst Russland in der Ukraine schwächen, dann den Fokus auf China/Taiwan legen, um eine Überdehnung der US-Kräfte zu vermeiden.
Beide Dokumente beschäftigen sich mit der Herausforderung, dass die USA künftig gegen mehrere große „Gegner“ (Russland, China, Iran) gleichzeitig bestehen müssen. Dabei geht es um die Gefahr einer Überdehnung ihrer militärischen, industriellen und politischen Ressourcen. Beide Papiere stehen also in engem Zusammenhang und thematisieren das Risiko eines Mehrfrontenkrieges. Sie unterscheiden sich aber in der strategischen Antwort: Während TRADOC 525-3-1 die Fähigkeit zum gleichzeitigen Kampf in mehreren Domänen fordert, empfiehlt das Marathon-Papier eine bewusste zeitliche Staffelung der Konflikte, um die US-Ressourcen optimal einzusetzen.
Anfang 2023 gaben sich die westlichen Kriegsbefürworter noch sehr siegessicher. Dazu gibt es ein aufschlussreiches Kongress-Dokument vom 28. Februar 2023 über eine Senatsanhörung zum Ukraine-Krieg. Senator Rick Scott fragte den 3-Sterne-General Keith Kellogg: „Aber warum hat Deutschland nicht seinen Teil zur tödlichen Hilfe beigetragen?“ „Ich glaube“, so der General, „Deutschland spielt in Europa im Moment keine Rolle mehr“. Anschließend schwärmte der General dem Senator vor:
„Wenn man einen strategischen Gegner besiegen kann und dabei keine US-Truppen einsetzt, ist man auf dem Gipfel der Professionalität, denn wenn man die Ukrainer siegen lässt, ist ein strategischer Gegner vom Tisch und wir können uns auf das konzentrieren, was wir gegen unseren Hauptgegner tun sollten, und das ist im Moment China…. und wenn wir dabei scheitern, müssen wir vielleicht einen weiteren europäischen Krieg führen, das wäre dann das dritte Mal.“ (7)
Mittlerweile dürfte auch den meisten US-Strategen klar sein, dass „die Ukrainer“ zwar verheizt werden, aber keine Chance haben zu „siegen“. US-Truppen sollen in der Ukraine trotzdem nicht eingesetzt werden. Der Haupt-„Gegner“ ist und bleibt China und den besagten Keith Kellogg hat Donald Trump zu seinem Sondergesandten für die Ukraine und Russland ernannt. Derweil wirft der neue US-Präsident Nebelkerzen: einerseits seine großmäuligen Ankündigungen zu einem Friedensschluss innerhalb von 24 Stunden, Aufnahme von Verhandlungen, Einstellung und Wiederaufnahme von Waffenlieferungen, Behauptungen, man wolle sich aus der Ukraine, oder sogar aus Europa zurückziehen (natürlich ohne dass man den „dark eagle“-Plan für 2026 auch nur ansatzweise in Frage stellt), andererseits die Ansage, die „Europäer“ müssten sich jetzt alleine um die Ukraine kümmern, d.h. sie sollten den „preemptive war“ der USA gegen Russland weiterführen – auch wenn es auf „einen weiteren europäischen Krieg“ hinausläuft, einen dritten Weltkrieg, den Leute vom Schlage Kelloggs offenbar achselzuckend in Kauf nehmen.
Zugleich gibt es medienwirksames Säbelrasseln zwischen dem neuen Trump-Team und den Vasallen in der EU, allen voran in Deutschland. Vance liest den Europäern auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Leviten in Sachen Demokratie und geißelt Zensur, Verbotsverfahren und Schikanen gegen „populistische“ Parteien und ihr Personal, während sich der neue Bundeskanzler Merz die Einmischung in innere Angelegenheiten durch Washington verbittet...
D.h. der ehemalige Vorsitzende von Blackrock Deutschland verbittet sich die Einmischung in Sachen AfD-Verbot; Ramstein, Dark Eagle und Co. erwähnt er mit keinem Wort. Das hat mit Einmischung nichts zu tun. Offenbar soll alle Welt an die große Entzweiung zwischen den USA unter Trump und der EU glauben. Aber wer sich das Spektakel mit nüchternem Blick anschaut, wird nicht umhinkommen festzustellen, dass es in den entscheidenden Fragen überhaupt keinen Gegensatz zwischen der US-Administration und den europäischen Vasallen gibt. Vielmehr spielt die politische Klasse Europas die Rolle, die ihr schon lange über die einschlägigen transatlantischen Organisationen zugewiesen wurde: Sie arbeitet daran, „Russland zu ruinieren“, wie es die scheidende deutsche Außenministerin mit gewohnter diplomatischer Finesse ausdrückte. Oder wie es ihr charismatischer Nachfolger dem vermeintlichen Berater Selenskyjs verriet:
„Russland wird immer unser Feind sein.“
Ja, selbstverständlich kann man sich für die europäischen Regierungen „schämen“. An deren Schamlosigkeit wird das aber kaum etwas ändern. Bürgerdiplomatie ist eine gute Idee, doch wie soll sie aussehen?
So groß und wichtig der Einfluss US-amerikanischer Geopolitiker und Militärstrategen ist: es wäre unzulässig, den Einfluss der transatlantischen Netzwerke und einflussreichen internationalen NGOs und global operierenden Stiftungen zu ignorieren. Hier konzentriere ich mich auf die beiden Institutionen, in denen U. Guérot in der Vergangenheit in führender Position gewirkt hat und die sie in ihrem mit Hauke Ritz gemeinsam verfassten Buch zum Ukraine-Krieg „Endspiel Europa“ nicht einmal erwähnt.
Sowohl der European Council on Foreign Relations (ECFR), als auch die Open Society Foundations von Soros haben bei der Vorbereitung und propagandistischen Begleitung des Ukraine-Kriegs nicht erst seit 2014 eine entscheidende Rolle gespielt. U. Guérot hat in beiden eine wichtige Rolle gespielt.
Der hinterfragenswerte Organisation European Council on Foreign Relations (ECFR) (Europäischer Rat für Auswärtige Beziehungen)
Dieser transatlantisch eingebundene Rat wurde im Oktober 2007 von ca. 50 Politikern aus den USA und der EU gegründet, darunter der Spekulationsmilliardär George Soros, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Cem Özdemir (Grüne) und Joschka Fischer (Grüne).
Joschka Fischer hatte im Februar 1999 vor dem Kabinett behauptet, dass der jugoslawische Staatschef den Vertrag von Rambouillet nicht unterschreiben würde. Milošević hatte sich aber nur geweigert, den schnell an den Vertrag gehängten Anhang B – die bedingungslose Unterordnung seines Landes unter die NATO – zu unterzeichnen. Der damalige Finanzminister Oskar Lafontaine erfuhr davon erst später aus der Presse, (8) ebenso wie die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, die dann später äußerte:
„Hätte ich das gewusst, hätte ich dem Kriegseinsatz nicht zugestimmt.“
Zu Recht urteilte der damalige Journalist Rudolf Augstein: „Die USA hatten in Rambouillet militärische Bedingungen gestellt, die kein Serbe mit Schulbildung hätte unterschreiben können.“ (9) Den völkerrechtswidrigen Krieg – ohne UN-Mandat – begründete Fischer mit "Nie wieder Auschwitz".
Der einflussreichste Mitbegründer des ECFR George Soros hat nicht nur erfolgreich gegen das britische Pfund spekuliert, sondern auch im Zuge der Privatisierung der französischen Großbank Société Générale Aktien im Wert von etwa 50 Millionen Dollar gekauft und später mit einem Gewinn von rund 2,2 Milliarden Dollar wiederverkauft. Deshalb wurde er 1988 in Frankreich wegen Insiderhandel verurteilt. (10)
Das deutsche Büro des ECFR mit Sitz Unter den Linden in Berlin wurde im Oktober 2007 gegründet und bis Ende September 2013 von Ulrike Guérot vertreten.
Gegründet wurde der ECFR ein paar Monate, nachdem Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz einen gemeinsamen eurasischen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon entworfen hatte. Das ist sicherlich kein Zufall. Denn ein solcher Wirtschaftsraum hätte eine solide Grundlage für ein prosperierendes europäisches Friedensprojekt unter Einschluss Russlands werden können – der Alptraum angelsächsischer Geostrategen seit Halfort Mackinders Herzland-Theorie (1904), mit der die Spaltung Eurasiens zu einem Hauptziel der britischen und dann US-amerikanischen Außen- und Kriegspolitik erhoben wurde. Demnach müsse man mit allen Mitteln verhindern, dass sich deutsches Kapital und deutsche Technologien mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft verbinden. Laut George Friedman, damals Chef der US-amerikanischen Denkfabrik Stratfor, ging es für die USA im Ersten, Zweiten und im Kalten Krieg in erster Linie darum, eine solche Verbindung zwischen Deutschland und Russland zu verhindern. (11)
In diese Linie schreibt sich der ECFR ein. Ulrike Guérot prägte die thematischen Schwerpunkte des Büros (12) und arbeitete auch mit Josef Fischer und George Soros zusammen, die als zentrale Unterstützer, Impulsgeber und öffentliche Stimmen den EFCR mitprägten, wobei in der Gründungs- und Aufbauphase George Soros’ finanzielle Unterstützung für die Ausrichtung des ECFR wegweisend gewesen sein dürfte. Denn die Open Society Foundations von Soros waren der Hauptsponsor des Think Tanks und stellten zeitweise bis zu 70 % der jährlichen Finanzmittel bereit; später sank dieser Anteil auf etwa ein Drittel. (13) Diese finanzielle Unterstützung eines fragwürdigen Finanz-Unternehmers ermöglichte dem ECFR einen schnellen und professionellen Aufbau, die Eröffnung mehrerer europäischer Büros und die Durchführung umfangreicher Forschungs- und Politikberatungsprojekte. Die finanzielle Unabhängigkeit von staatlichen Stellen und die breite Unterstützung durch Stiftungen und Einzelpersonen, allen voran Soros, verschafften dem ECFR eine hohe Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit im europäischen Politikdiskurs.
Soros als Staatsmann auf der Münchner Sicherheitskonferez 2015
George Soros hat langfristig in die Ukraine investiert. Kurz nach dem Maidan-Umsturz sagte er dazu in einem Interview mit Fareed Zakaria bei CNN (ausgestrahlt am 25.05.2014):
„Ja, ich habe schon eine Stiftung in der Ukraine aufgesetzt, bevor sie unabhängig von Russland wurde. Und die Stiftung hat seitdem gut funktioniert und einen wichtigen Anteil in den aktuellen Ereignissen gespielt.” (14)
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2015 stand der Ukraine-Konflikt im Mittelpunkt. Die Diskussionen drehten sich um die anhaltende Krise in der Ostukraine, die Rolle Russlands und die Unterstützungsmöglichkeiten für die Ukraine durch den Westen. (15)
George Soros trat auf der Konferenz als scharfer Kritiker der bisherigen europäischen Ukraine-Politik auf und stellte mehrere konkrete Forderungen an die europäischen Staats- und Regierungschefs, insbesondere an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er forderte rasche und umfangreiche Finanzhilfen für die Ukraine. Konkret verlangte er von der internationalen Gemeinschaft und der EU ein Hilfspaket von 50 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau, die Modernisierung der ukrainischen Wirtschaft und die Beseitigung der Kriegsschäden in der Ostukraine. (16) Er kritisierte, dass der IWF mit 15 Milliarden Dollar zu wenig Sofortzahlungen bereitgestellt habe. (17)
Soros argumentierte, dass Sanktionen gegen Russland allein nicht ausreichten, um den Konflikt zu lösen. Er forderte, diese Sanktionen durch „positive Hilfe“ für die Ukraine zu ergänzen. (18) Weiter schlug Soros vor, dass der „Paris Club“ die ukrainischen Schulden gegenüber Russland übernehmen solle, um einen Zahlungsausfall der Ukraine zu verhindern. (19) Während der Konferenz wurde Soros auch direkt aufgefordert, selbst eine Milliarde Dollar für die Ukraine zu spenden. Soros entgegnete darauf, dass private Spenden zwar helfen könnten, aber bei weitem nicht ausreichten, um die nötigen Summen für einen echten Wiederaufbau bereitzustellen. (20)
Soros’ zentrale Botschaft an Merkel und die europäischen Staatschefs lautete: Die Ukraine brauche dringend massive finanzielle Unterstützung, und Europa müsse seine Versprechen endlich einlösen. Er warnte davor, dass Wladimir Putin noch aggressiver vorgehen könnte, wenn der Westen nicht entschlossener handele. (21)
Einflussnahme durch private Finanzmacht und fehlende demokratische Legitimation
Kritiker bemängeln, dass Soros durch seine finanzielle Unterstützung des ECFR und anderer Organisationen mit erheblicher privater Finanzkraft politische Agenden vorantreibt, ohne selbst demokratisch legitimiert zu sein. Dies werfe Fragen zur Transparenz und zur Kontrolle von Stiftungen auf, die politische Prozesse beeinflussen.(22)
Einige Kritiker, etwa von NGO-Monitor, bemängeln mangelnde Transparenz bei der Mittelvergabe und Einflussnahme auf politische Prozesse durch die Open Society Foundations, was auch auf den ECFR übertragen wird. (23)
Frau Guérot hat die Politik des ECFR über viele Jahre mitgetragen und es bisher versäumt, sich von Fischer und Soros kritisch zu distanzieren. Auch in ihrem Buch zum Ukraine-Krieg werden die Institutionen, in denen sie selbst aktiv war und die eine Schlüsselrolle bei der Anbahnung des Krieges gespielt haben, nicht einmal erwähnt.
Selbstverständlich gilt: Irren ist menschlich. Und selbstverständlich kann man im Verlauf eines Lebens zu besseren Einsichten gelangen und seine Position ändern. Bei aller Sympathie für Ulrike Guérots Engagement – sie sollte doch die eigene Rolle reflektieren, wenn sie ernsthaft an Aufklärung interessiert ist. Das würde ihre Friedensarbeit glaubwürdiger machen. So aber wird sie leider zu einer wohlfeilen Identifikationsfigur für all jene, die den Glauben an die internationalen Organisationen, vor allem an die EU, nicht verlieren und sich nicht wirklich über die Hintergründe des politischen Theaters informieren wollen. Auch die „Bürgerdiplomatie“ in Guérots Aufruf bleibt vage und unkonkret. Ans Fenster stellen und hoffen auf „ein bisschen Frieden“? Ein Rezept für alle, die aus Angst vor „Rechts“ lieber auf der Hauptstraße bleiben.
Dieser Artikel ist entstanden aus der Sorge um das fehlende Hintergrundwissen auch in der friedensbewegten Öffentlichkeit. Er soll als Anstoß und Diskussionsgrundlage für die Weiterentwicklung einer gemeinsamen und konsensfähigen Friedensarbeit von unten dienen.
Anmerkungen und Quellen
Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm: „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022).
1)https://www.nachdenkseiten.de/?p=130965
2)Ebda.
3)Z.B. der Friedenaufruf Anfang Februar 2023 von S. Wagenknecht & A. Schwarzer
4)„Without the EU and NATO, Washington could not force Europe and the UK into conflict with Russia, and Washington could not have destroyed seven Muslim countries in 15 years without being isolated as a hated war criminal government, no member of whom could have travelled abroad without being arrested and put on trial“. The Brexit Vote — Paul Craig Roberts | https://www.paulcraigroberts.org/2016/06/24/the-brexit-vote-paul-craig-roberts/ siehe auch Wolfgang Effenberger: „Schwarzbuch EU & NATO, Warum die Welt keinen Frieden findet“, Höhr-Grenzhausen 2020
5)https://europeanpeaceproject.eu/
6)Ebda
7)Kellogg_SASC Hearing Written Testimony_28 Feb 2023 (003).pdf
8)Oskar Lafontaine: Das Herz schlägt links, S. 243
9)https://www.spiegel.de/politik/arroganz-der-macht-a-df9c0fce-0002-0001-0000-000012807460
10)https://www.spiegel.de/wirtschaft/insiderhandel-finanztycoon-soros-zu-millionenstrafe-verurteilt-a-228221.html; https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/a-421447.html
11)https://youtu.be/fATq03kBs44?t=99
12)https://ecfr.eu/article/commentary_ecfr_in_berlin/
13)https://de.wikipedia.org/wiki/European_Council_on_Foreign_Relations
14)Well, I set up a foundation in Ukraine before Ukraine became independent of Russia. And the foundation has been functioning ever since and played an important part in events now.” http://edition.cnn.com/TRANSCRIPTS/1405/25/fzgps.01.html
15)https://en.wikipedia.org/wiki/51st_Munich_Security_Conference
17)http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=29415
19)http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=29415
22)https://afdbundestag.de/huber-bundesregierung-raeumt-zusammenarbeit-mit-soros-organisation-ein/
23)https://www.dw.com/de/george-soros-stiftung-aufreger-f%C3%BCr-rechte-kritiker/a-43797105
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild: Statur von Jeanne d'Arc in Orleans
Bildquelle: PhotoFires / shutterstock
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