Ein Meinungsbeitrag von Rüdiger Rauls.
Von seinen großen Ankündigungen hat Trump bisher wenig umsetzen können. Die wirtschaftliche Situation der meisten Menschen in den USA hat sich kaum verbessert. Kraftmeierei in der Außenpolitik und der Migration können die Misserfolge an der Preisfront nicht wettmachen.
Außenpolitik als Pluspunkt
Es sieht so aus, als hätte Trump außenpolitisch mehr Erfolge vorzuweisen als innenpolitisch. Dort kann er Tatkraft und Entschlossenheit zeigen. Er bringt den Friedensprozess zwischen Russland und der Ukraine voran. Doch der Erfolg seiner Mission stützt sich nicht auf amerikanische Stärke sondern vielmehr auf die Schwäche der Ukraine. Diese ist abhängig von den Waffen, dem Geld und sonstigen Hilfen der USA und dadurch erpressbar. Vor allem aber stützt sich der Erfolg von Trumps Friedensbemühungen auf den guten Willen Russlands. Denn auch Putin hat ein Interesse an der Beendigung des Krieges, das verbindet beide.
Der amerikanische Präsident weiß, dass zum Tango zwei gehören, aber sie müssen auch im selben Takt tanzen. Das bedeutet, wo Russland hart bleibt, lenkt Trump ein. Er zwingt die Ukraine zum Nachgeben oder beruft gar seinen Unterhändler Keith Kellog ab, weil dieser den Russen nicht neutral genug ist. Was aussieht wie ein Erfolg Trumps, ist in Wirklichkeit ein Zugeständnis Putins. Wenn Russland nicht mitspielt, erreichen vollmundige Ankündigungen Trumps wenig, noch weniger reißerische Drohungen aus Washington, die Russen „windelweich“ zu sanktionieren. Die russische Führung ist sich in ihrer sehr rationalen Art über die eigenen Interessen im Klaren, auch über die eigenen Stärken und Schwächen.
Sie kennt auch die Schwächen der Amerikaner, wird aber trotzdem nicht übermütig. Nicht zuletzt das Afghanistan-Debakel hat gezeigt: Amerika kann keine Kriege gewinnen. Siege gab es nur gegen weit schwächere Gegner oder im Verbund mit kampferprobten Ländern wie der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg. Weder in Korea noch in Südostasien, nicht im Irak, nicht einmal gegen den Islamischen Staat haben die USA – auf sich allein gestellt – einen Krieg gewinnen können. Immer waren sie angewiesen auf die Unterstützung und Opferbereitschaft anderer Völker. Das wissen die Russen, trotzdem unterschätzen sie die Amerikaner nicht.
Trumps vollmundige Drohungen gegen den Iran, gegen Kanada, Panama und Grönland haben bisher wenig bewirkt, erwecken aber den Eindruck von Stärke. Hier kann er seinen Anhängern im Land unter Beweis stellen, dass Amerika wieder groß ist. Aber all das sind nur Scheingefechte. Selbst die neuerlichen Angriffe auf die Huthi im Jemen erfolgen aus sicherer Entfernung. Den Einsatz amerikanischer Bodentruppen wagt Trump nicht, auch wenn es leicht ist, gegen einen so schwachen Gegner Stärke zu zeigen. Aber eigentlich geht es darum, dem viel stärkeren Iran zu drohen, dass als nächstes die Reihe an ihm sein könnte.
Trump punktet mit außenpolitischer Kraftmeierei. Das ist allemal leichter, weil er sich dabei nicht gegen Teile der eigenen Bevölkerung stellen muss. Im Inland Erfolge zu erzielen, ist da schon um einiges schwieriger. Seine Maßnahmen zur Senkung der Defizite wie die Entlassungen im öffentlichen Dienst gehen immer wieder auch zulasten der eigenen Bürger oder gar Wähler. Die vollmundig angekündigten Zölle erweisen sich als Bumerang. Die betroffenen Staaten schlagen mit Gegenzöllen zurück hauptsächlich gegen Wirtschaftsbereiche, in denen man Trumps Unterstützer vermutet. Schon zweimal hatte er die Zölle verschoben.
All das aber löst nicht das Kernproblem der Amerikaner: die Inflation, die einfach nicht runtergehen will. An diesen Bedürfnissen und Nöten werden die Ergebnisse von Trumps Politik gemessen. Wenn die außenpolitische Kraftmeierei auch den Eindruck von Stärke hinterlässt, so wird sie auf Dauer nicht jene Amerikaner ruhigstellen, denen die Preise wichtiger sind als das Zittern im Ausland vor Amerikas scheinbar neu erlangter Stärke.
Hartnäckige Inflation
Trump hatte die Preissteigerungen zum Wahlkampfthema und Versprechungen auf sinkende Preise gemacht. Darauf kommt es vielen Amerikanern an. Und da sieht es alles andere als rosig aus, auch wenn Unmut noch von der Hoffnung im Zaum gehalten wird. Dennoch scheint sich die Stimmung im Land allmählich zu drehen. Zwar ist die Lage am Arbeitsmarkt immer noch recht stabil, auch wenn die Arbeitslosenquote im Februar leicht auf 4,1 Prozent gestiegen ist.
Trotzdem stellen Untersuchungen der Universität Michigan fest: „Amerikas Verbraucher sind deutlich besorgter als vor einem Monat“ (1). Auch die Inflationserwartungen in der Bevölkerung sind weiter gestiegen. Lagen sie im Januar 2025 noch bei 3,3 Prozent, so stiegen sie im Februar bereits auf 4,3 Prozent. Im März erreichten sie schon einen Wert von 4,9 Prozent (2). Höher lag die Inflationserwartung zuletzt im Sommer 2022 nach dem Beginn der westlichen Sanktionen gegen Russland, die besonders zur Verteuerung von Energieträgern führten.
Im November, als Trump mit dem Thema Inflation Wahlkampf geführt hatte, hatten die Erwartungen mit 2,6 Prozent ihren tiefsten Stand seit Sommer 2020 erreicht. Danach waren die Werte von Monat zu Monat angestiegen. Das bedeutet, dass Trump die Erwartungen, die im Wahlkampf geschürt hatte und die in ihn bezüglich des Rückgangs der Inflation gesetzt wurden, als Präsident immer weniger erfüllen kann. Die Zahl der Bürger, die die aktuellen Preise als günstig für den Kauf langlebiger Güter ansehen, sinkt. Allein im vergangenen Monat ging deren Anteil um 20 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück.
Die Folge ist, dass Konsumenten ihre Kaufentscheidung hinauszögern und Käufe aufschieben. Aber auch Trumps Hin und Her in der Zollpolitik verunsichert Investoren und Unternehmen. Sein Kurs ändert sich fast täglich. Allein die Ankündigungen gegenüber den direkten Nachbarn Kanada und Mexiko waren inzwischen zweimal verschoben worden. Ähnlich wankelmütig ist er bei China und der Europäischen Union. Seine Zollpolitik scheint mehr von Launen und Rachegelüsten getrieben zu sein als von Vernunft und Kenntnis um wirtschaftliche Zusammenhänge.
In Erwartung von Zöllen haben viele Unternehmen Bestellungen vorgezogen und Vorprodukte auf Vorrat gekauft. Das treibt die Kosten für Lagerhaltung. Aber auch die Preise der Logistik sind gestiegen, weil Transportkapazitäten nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen und bei wachsender Nachfrage deren Preis steigt. All das wird umgelegt auf den Verbraucher. In einem Interview mit dem Sender Fox erklärt Trump, dass er „eine Rezession nicht ausschließen wollte“ (3).
Aber er betrachtet diese wirtschaftlichen Vorgänge als „Entgiftungsphase [… , weil] die Regierung von robusten Staatsausgaben zu mehr Ausgaben im Privatsektor übergehe“ (4). Trump scheint also zu glauben, dass eine Senkung der Staatsausgaben den gewünschten Erfolg in Bezug auf die Preise bringen wird und dass verstärkte private Investitionen die Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen. Der Staat soll dann aus Steuern und Zöllen finanziert werden.
Ausländische Unternehmen sollen in den USA produzieren, wenn sie Zölle vermeiden wollen. Das schafft Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, und wer aus dem Ausland seine Waren auf dem amerikanischen Markt anbieten will, muss halt eben Zölle zahlen, so die einfache Rechnung. Es geht ihm darum, „unsere Zölle, Abgaben und alle Einnahmen aus ausländischen Quellen einzutreiben“ (5). Damit will er den amerikanischen Bürgern helfen, denen er im Wahlkampf fest versprochen hat, „Trinkgeld, staatliche Renten und Überstunden steuerlich zu entlasten“ (6).
Teurer Irrglauben
Wenn seine Versprechen und Ideen auch vielleicht gut gemeint waren, so ruhen diese Gedankengebäude auf dem schwachen Fundament von Trumps Wunschträumen und wirtschaftlicher Unkenntnis. Weil Trump ein erfolgreicher Unternehmer ist, halten viele seiner Anhänger ihn deshalb auch für einen Fachmann in wirtschaftlichen Belangen. Er scheint zu glauben, dass alles ganz einfach ist, wenn man nur will. In dieser Vorstellung von Allmacht genügt ein Federstrich unter einer Verordnung. Aber die Wirklichkeit ist anders, als Trump und seine Anhänger sich vorstellen.
Einfuhrzölle trugen im Jahr 2023 nur 80 Milliarden Dollar zu den Staatseinnahmen der USA bei, was einem Anteil von etwa 2 Prozent entsprach. Dagegen werden mehr als 75 Prozent der Staatseinnahmen aus Einkommen gehoben. Wollte Trump seine Ankündigungen wahr machen und diese Mittel aus anderen Quellen erwirtschaften, „müssten Importzölle auf 70 Prozent steigen“ (7). Aber selbst dann bliebe noch das Defizit von fast zwei Billionen Dollar (2.000 Mrd) im amerikanischen Staatshaushalt.
Auch in Bezug auf die Stimmung und Wünsche der Wirtschaft sitzt er seinen eigenen Irrungen und Wirrungen auf. Dass er „auf Drängen der amerikanischen Autobauer die Zollerhöhung abermals um einen Monat auf den 2. April verschoben“ hat, (8), zeigt, dass es nicht nur Unternehmen aus dem Ausland sind, die die Zölle ablehnen. Ganz erheblicher Widerstand gegenüber seiner Politik kommt aus der heimischen Wirtschaft selbst, die er zu schützen glaubt.
Amerikanische Unternehmen sind angewiesen auf billige Vorprodukte aus anderen Teilen der Welt. Die amerikanische Autoindustrie kann allein durch die „Arbeitsteilung mit Mexiko und Kanada erschwingliche Autos produzieren“ (9). Diese Arbeitsschritte nun in die USA zurückzuholen, löst nicht das Problem der mangelnden Konkurrenzfähigkeit. Diese liegt nicht nur im Preis, sondern letztlich auch darin, dass „Ausländer Produkte geliefert haben, die Amerikaner gerne kaufen wollten“ (10). Das kann man durch Zölle nicht lösen.
Trump hofft, dass er durch Zölle ausländische Unternehmen zur Ansiedlung in den USA bewegen kann. Die Zusage des Chipherstellers TSMC sieht er als Beweis für die Richtigkeit seiner Theorien und der darauf fußenden Politik. Aber das ist nur einer, ein weithin sichtbarer Leuchtturm. Die meisten großen Unternehmen haben schon Produktionsstätten in den USA, allein schon aus Gründen des Marktvolumens und der Vermeidung der bisherigen Zölle. Doch die Ansiedlung neuer Unternehmen genügt alleine nicht, man muss auch über die entsprechend qualifizierten Arbeitskräfte verfügen. Ohne diese kann keine Industrie aus dem Boden gestampft werden beziehungsweise die Produktion aufnehmen. Aber Arbeitskräftemangel bedeutet steigende Löhne als weitere Belastung.
Trump scheint zu glauben, dass der gute Wille und große Ankündigungen genügen, damit die amerikanische Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. Er scheint nicht zu erkennen oder wahr haben zu wollen, dass die USA in weiten Teilen der Industrieproduktion sind nicht mehr konkurrenzfähig sind. Das jedoch ist der Grund für die Handelsbilanzdefizite mit fast allen Ländern der Welt. Doch auch in den Bereichen, wo die USA bisher eine Vormachtstellung innehatten, der IT-Technologie, dem e-Commerce und der Rüstungsindustrie, kommen sie immer mehr unter Druck.
In den ersten beiden holt China immer mehr auf wie Huawei, Deep-Seek sowie Temu und Shein zeigen. Im Bereich der Rüstung dürften die Umsätze der US-Waffenschmieden sinken, wenn die Europäer sich von amerikanischen Rüstungsgütern unabhängiger machen wollen und einer eigenen Produktion den Vorzug geben. Vor allem aber ist damit zu rechnen, dass die russischen Erzeugnisse nach dem Kriegsende den amerikanischen erhebliche Konkurrenz machen werden. Denn diese sind kampferprobt und den Anforderungen moderner Kriegsführung angepasst. Einzig die Vorherrschaft des Dollars und die Größe seines Marktes schützen die USA noch vor wirtschaftlichem Bedeutungsverlust. Aber Geld verdienen dort immer weniger die Amerikaner selbst.
Quellen und Anmerkungen
Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.
(1) FAZ 12.3.2025: Die Trump-Wirtschaft schwächelt
(2) https://de.tradingeconomics.com/united-states/michigan-inflation-expectations
(3) FAZ 12.3.2025: Die Trump-Wirtschaft schwächelt
(4) ebenda
(5) FAZ 21.2.2025 Trump will den Fiskus dichtmachen
(6) FAZ 14.2.2025: Der Erwachsene in Trumps Kabinett
(7) FAZ 21.2.2025 Trump will den Fiskus dichtmachen
(8) FAZ 17.3.2025: Bedrohte Milliarden in Mexiko
(9) FAZ 21.3.2025: Befreiung à la Trump
(10) ebenda
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: PrasitRodphan / shutterstock
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