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Trumps begrenzte Macht

Trumps begrenzte Macht

Ein Meinungsbeitrag von Rüdiger Rauls.

Kaum im Amt unterschreibt er Vorordnungen im Minutentakt. Trump hat große Pläne und weckt große Erwartungen. Aber wie realistisch ist die Umsetzung seiner Ankündigungen? Viele seiner Pläne kollidieren miteinander. Bei anderen liegt die Verwirklichung gar nicht in seiner Macht.

Von Hoffnungen und zerstobenen

Trumps Wiederwahl ist nicht zuletzt Ergebnis des Wütens einer woken Intelligenzia in Medien und Kultur sowie weiten Teilen des politischen Personals auf den unteren Sprossen der Karriereleitern. Ihnen besonders fährt nun der Schrecken in die Glieder – nicht nur in den USA, sondern auch im Rest des politischen Westens. Sie ahnen, dass nun ihre moralinsaure Herrschaft bedroht sein könnte. Denn die ersten fallen schon um: die Milliardäre der Tech-Konzerne, die noch bei Trumps erster Wahl große Gegner des Republikaners waren. Sie segeln nun in seinem Windschatten und finanzierten seinen Wahlkampf mit gewaltigen Summen.

Auch viele Banken, Investment-Gesellschaften und andere US-Unternehmen haben ihre woken Programme abgesetzt und wenden sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben zu: dem Geldverdienen, wozu sie sogar vom Gesetz her im Interesse von Unternehmen und Anlegern verpflichtet sind. Trump wurde weniger gewählt, weil seine Programme und Ideen so überzeugend waren, sondern weil die Menschen die Nase voll hatten von den woken Missionaren mit ihrer Bevormundung, Besserwisserei und Vorschriften, mit denen sie vielen über den Mund gefahren sind.

Die Menschen erhoffen sich einen Neuanfang, eine klare Orientierung an ihren Interessen, nicht an schwammigen Werten. Die Inflation soll runter, die Migration raus. Amerika soll wieder groß werden, soll Arbeitsplätze schaffen und Einkommen ermöglichen, und Trump verspricht allen, was sie hören wollen. Er hat für jeden was dabei. Die Steuerlast der Unternehmen soll runter, aber er versprach auch den kleinen Leuten, „Gruppen von Kellner bis Rentnern Steuererleichterungen“ (1).

Das Geld soll im Land bleiben, nicht in die Ukraine gehen oder zu internationalen Organisationen wie der WHO. Auch die Arbeitsplätze sollen im Land bleiben und den Amerikaner vorbehalten sein. Das bedeutet, die Migranten sollen raus, und keine Produkte aus China oder anderen Ländern wie Kanada oder der EU sollen ins Land rein. Deshalb Zölle zum Schutz der amerikanischen Industrie, der amerikanischen Arbeitsplätze, der amerikanischen Arbeiter und ihrer Familien.

Die USA befinden sich im hoffnungsvollen Taumel nationaler Wiedergeburt, der seinen Höhepunkt erreichte in Trumps Worten: „Der Abstieg Amerikas ist vorbei“. Dieser Taumel wird sicherlich noch einige Zeit anhalten, aber irgendwann wird sich die Wirklichkeit wieder Bahn brechen, und die lässt sich von überschwänglichen Worten nicht betören. Diese Wirklichkeit heißt Schuldenberge und Defizite.

Diese heißen Eisen hatte Trump in seinem Wahlkampf nicht angefasst. Vermutlich wäre es mit der Begeisterung und dem Taumel schnell vorbei gewesen, hätte er die Bürger damit konfrontiert und auch Pläne vorgestellt, wie Schulden und Defizite abgebaut werden können. Stattdessen garantierte er, dass die großen Ausgabenposten wie die Sozialversicherungen von Kürzungen unberührt bleiben werden. Vermutlich glaubt Trump sogar selbst daran, dass mit seinen Vorhaben wie der Abschiebung illegaler Einwanderer, der Einführung von Importzöllen und neuen Deals mit den Gläubigern der USA die Haushaltsprobleme des Landes gelöst werden können.

Vorbereitet

Auch in seiner ersten Amtszeit hatte sich Trump nach großen Worten und vollmundigen Erklärungen schnell den Kräften der Wirklichkeit unterwerfen müssen. Nord-Korea, dem er mehrmals die Vernichtung angedroht hatte, existiert immer noch und ist in der Entwicklung von Hyperschallwaffen sogar an den USA vorbeigezogen. Auch andere Herrscher der Welt wie Putin und Xi, ja nicht einmal Assad und die Iraner hatten sich von seinen Drohungen beeindrucken lassen. Sie schienen die Wirklichkeit besser einschätzen zu können als der Poltergeist im Weißen Haus. Und nach Trumps Abdankung 2021 war Amerika keineswegs größer als bei seinem Amtsantritt. „In Trumps und Bidens Amtszeiten haben die Schulden und Defizite neue Dimensionen erreicht“ (2).

Da die Wirtschaftskraft der USA offensichtlich nicht mehr ausreicht, um die Defizite gegenüber anderen Staaten zu senken, verlegt sich Trump auf Drohungen. In seiner ersten Amtszeit hatte das ganz gut funktioniert, nicht zuletzt auch weil China nicht auf einen Richtungswechsel in der Handelspolitik der USA vorbereitet war. Die Chinesen glaubten weiterhin an das Interesse der Amerikaner an der Globalisierung und dem weltweiten Freihandel. Heute sieht das anders aus.

Schon unter Biden hat China immer wieder sehr schnell mit Gegenmaßnahmen auf amerikanische Sanktionen reagiert wie den Exportbeschränkungen für Seltene Erden. Auch die angedrohten Zölle gegenüber chinesischen Produkten dürften die USA selbst härter treffen als China. Die Zölle zahlen nicht die Chinesen, sondern die amerikanischen Importeure und diese müssen versuchen, sie auf dem Inlandsmarkt in den Preisen weitergeben zu können.

Zudem hat die chinesische Wirtschaft im Gegensatz zur westlichen, die sich durch die Sanktionen besonders gegenüber Russland selbst beschneidet, neue Märkte aufgetan. „Chinas Exporte in den globalen Süden übertrafen 2023 seine Lieferungen in alle entwickelten Märkte, und die Verlagerung in Richtung Entwicklungsländer hält an.“(3). Die Exporte in die USA machen derzeit nur 15 Prozent der gesamten chinesischen Lieferungen aus; 2018 waren es noch 20 Prozent.

Auch Mexiko und Kanada haben auf die Drohungen bereits reagiert. Die Kanadier stellen einen Stopp von Stromlieferungen in Aussicht, der im Norden der USA 1,5 Millionen Bürger treffen würde. Zudem haben sie klargestellt, „Zölle könnten amerikanische Waren im Wert von 105 Milliarden Dollar oder ein Drittel der Einfuhr aus den USA treffen“ (4). Zudem haben Trumps Vorstellungen von der Übernahme Kanadas als neuen Bundesstaat die Alarmglocken auf der anderen Seite der Grenze schrillen lassen. Dort begegnet man bereits der Parole „Make America great again“ mit der Entgegnung „Canada first“.

Die Mexikaner sehen sich in einer schwächeren Situation und zeigen sich gegenüber dem großen Nachbarn im Norden geschmeidiger. Man suche Verhandlungen, werde sich aber nicht unterordnen. Insgesamt scheint die Welt besser vorbereitet zu sein auf Trumps Ankündigungen als noch zu Beginn seiner ersten Amtszeit. Man hat inzwischen gemerkt, dass er es so ernst meint, wie er es sagt. Anders als zur ersten Amtszeit nimmt man seine Drohungen nun für bare Münze. Damals hatte man noch viele Äußerungen ungläubig belächelt. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Auch die schwerfällige und eher amerikahörige EU sucht nach gemeinsamen Linien, wie Trumps Angriffen begegnet werden könne. Hier ist eine Abstimmung aufgrund der unterschiedlichen nationalen Interessen schwieriger. Man nimmt die Haltung ein: „Die Europäische Union soll nicht in den Fokus Trumps geraten“(5). Mit Signalen wie „amerikanische Konzerne hätten wegen Verstößen gegen die EU-Digitalgesetze erst einmal nichts zu befürchten“(6), versucht man, den amerikanischen Präsidenten zu beschwichtigen. Außerdem stellt man den Kauf von mehr amerikanischem Flüssiggas in Aussicht.

Machtlos

Donald Trump gilt als der mächtigste Mann der Welt, aber er kann die Gesetze der kapitalistischen Wirtschaft nicht außer Kraft setzen. Er kann Panama, Grönland und Kanada mit Sanktionen und Zöllen drohen, selbst von militärischen Einsätzen bei den beiden ersten wird ihn kaum jemand zurückhalten können. Er kann chinesische und europäische Waren mit Zöllen belegen und Unternehmen unter Hinweis auf die nationale Sicherheit vom US-Markt ausschließen. Es wird ihn auch niemand daran hindern können, im eigenen Land Razzien gegen Illegale durchzuführen. Aber er kann die Folgen selbst nicht außer Kraft setzen.

Alle Zölle, die auf importierte Waren erhoben werden, werden in den USA die Preise steigen lassen. Vermutlich zwölf Millionen Menschen leben illegal in Amerika. Allein in der US-Bauwirtschaft “sind wahrscheinlich zwei Millionen illegale Einwanderer“ (7) beschäftigt. Wer ersetzt diese, wenn Trump auf sie Jagd macht und ausweist? Wer ersetzt die illegal Beschäftigten in der Gastronomie und der Landwirtschaft? Das wird angesichts der Lage auf dem US-Arbeitsmarkt nur möglich sein unter steigenden Löhnen. Das treibt die Lebensmittelpreise, die Preise am Bau und die Angebote im Bereich der Gastronomie. Das heißt, die Inflation, die ja eigentlich sinken soll, wird durch die Zölle und die Ausweisungen der illegalen Arbeitskräfte steigen. Will das Trump, weiß er das überhaupt?

All das aber kann Trump machen, selbst auf die Gefahr hin, dass sich die wirtschaftliche Situation des Landes verschlechtert durch die steigenden Preise. Doch das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Defizite im Haushalt und bei den Handelsbilanzen. Und schon gar nicht wird es die Verschuldung der USA senken. Hier aber offenbart sich Trumps eigentliche Machtlosigkeit, der selbst der mächtigste Mann der Welt nicht entkommen kann.

Er kann Illegale ausweisen, er kann Zölle erheben, er kann sogar Panama und Grönland angreifen, vielleicht sogar Kanada, aber er kann keinen Investor zwingen, amerikanische Staatsanleihen zu kaufen. Hier endet selbst die Macht des amerikanischen Präsidenten. Und wenn die Investoren nicht mehr kaufen, sind alle Pläne Trumps Makulatur. Ohne Geld ist der Staat der USA nicht mehr finanzierbar, das Militär nicht mehr und auch nicht die Sozialversicherungen.

Schon jetzt steigen die Renditen der amerikanischen Anleihen. Das heißt, dass der amerikanische Staat immer mehr Zinsen zahlen muss für das Geld, das er sich an den Märkten leiht. Die Investoren halten sich zurück oder verkaufen sogar. Man wartet auf Anleihen mit höheren Zinscoupons, denn die Anleger wissen, dass die USA mehr Zinsen anbieten müssen, wenn sie mehr Geld aufnehmen wollen, sonst kaufen die Investoren nicht. Bei all dem, was Trump verspricht, ist klar, dass das ohne weitere Verschuldung nicht geht, wenn auf der anderen Seite die Staatseinnahmen nicht steigen oder die Ausgaben sinken.

Wer die Ausgabenposten – wie im Wahlkampf versprochen – in ihrer Höhe garantieren will, gleichzeitig aber Steuern senken will, wird um eine zusätzliche Kreditaufnahme nicht herumkommen. Das wissen die Investoren und warten. „Seit der Präsidentenwahl sind die Renditen deutlich gestiegen“ (8), teilweise bis zu 4,8 Prozent, so hoch wie schon lange nicht mehr. Das bedeutet, dass die Kurse der Anleihen fallen. Es wird eher verkauft als gekauft. Man trennt sich von amerikanischen Anleihen. Das heißt: Während das Publikum noch den neuen Präsidenten als Erlöser feiert, verlieren die Investoren das Vertrauen in den sicheren Hafen USA.

Quellen und Anmerkungen

(1) FAZ vom 20.1.2025: Hört die Signale

(2) ebenda

(3) asiatimes vom 14.1.2025: China verlagert seine Exporte weiter in den globalen Süden

(4) FAZ vom 20.1.2025: Schockwellen bei den Nachbarn

(5) FAZ vom 20.1.2015: Brüssel auf Tauchstation

(6) ebenda

(7) FAZ vom 20.1.2025: Wir sind auf dem Weg in eine neue Ordnung

(8) FAZ vom 20.1.2025: Hört die Signale

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Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Dilok Klaisataporn / shutterstock


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