Tagesdosis 19.7.2018 – Der NSU: Schrecken ohne Ende (Podcast)

Ein Kommentar von Bernhard Loyen.

Die Urteilsverkündigung am 11.07.2018 sollte ein Schlussstrich darstellen. Dass jedoch schon nach einer Woche der NSU erneut Thema sein wird, war nicht unbedingt zu erwarten. Der Grund findet sich in der Entscheidung des Münchener Oberlandesgerichts den Mitangeklagten im NSU – Prozess Ralf Wohlleben trotz seiner Verurteilung die Freiheit zu schenken.

Ralf Wohlleben, je nach Betrachtung und Definition, Rechtsradikaler, Nazi, Mitwisser und Zuarbeiter für den NSU. Der Spiegel formulierte es gestern so: Der Mordgehilfe, ein freier Mann. Wohlleben gilt als einer der wichtigsten Unterstützer der Rechtsterroristen des NSU. Das Oberlandesgericht München hatte ihn vergangenen Mittwoch zu zehn Jahren Haft verurteilt.(1)

Warum ist Wohlleben nun trotzdem ein freier Mann? Er saß seit gut sechs Jahren in Untersuchungshaft (2). Die Begründung des OLG lautet: Je geringer die zu erwartende Strafe, desto höher sind die Anforderungen an die Begründung der Fluchtgefahr. Weil die Zeit in U-Haft angerechnet wird, bleiben also drei Jahre und vier Monate Reststrafe für Wohlleben, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Die verbleibende Straferwartung ist daher nicht mehr so hoch, um einen erhöhten Fluchtanreiz zu begründen.(1)

Zur Erinnerung, der andere Mitangeklagte des Prozesses Andre Eminger durfte schon letzte Woche, unmittelbar nach Urteilsverkündigung nach Hause schlendern. Begründung: Andre E. wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, aber nicht wegen Beihilfe zum versuchten Mord. Deshalb blieb die Strafe weit unter den Forderungen der Bundesanwaltschaft.(3).

Beide Entscheidungen sind formaljuristisch korrekt. Mussten sie aber so entschieden werden? Welche Wirkung und Bedeutung haben diese Entscheidungen auf entsprechende Kreise? Schweigen bleibt immer noch Gold, heißt wird schlussendlich doch noch belohnt? Warum und vor allem wofür belohnt der Staat diese beiden Bürger? Täter? Eine fatale Zeichensetzung.

Die Tagesdosis der letzten Woche wollte die sehr komplexe NSU Thematik in engem Rahmen umschreiben, dabei eher auf moderate Quellen hinweisend. Aufgrund der aktuellen Geschehnisse, möchte ich heute etwas tiefere Recherche Möglichkeiten darlegen.

Kennen sie Kommissar Dengler? Er ist Hauptprotagonist der sehr empfehlenswerten Kriminalromane von Wolfgang Schorlau.(4) In seinem achten Fall ermittelt Dengler zu den Ereignissen rund um den NSU. Titel des inzwischen verfilmten sehr guten Buches: Die schützende Hand.(5) Schorlau tauchte bei seinen wiedermal exquisiten Recherchen so tief in die Materie ein, das er sogar zum NSU Untersuchungsausschuss in Baden Württemberg geladen wurde. Eine seiner Recherche Quellen lautete Fatalist. Eine bis heute nicht enttarnte reine Internet Provenienz für die Bürger, die den offiziellen Darlegungen misstrauen, bzw. schlicht keinen glauben schenken.

Das große Aha Erlebnis hatte Schorlau in Bezug auf die toten Uwes im Wohnmobil. 3sat Kulturzeit November 2015: Off Stimme; doch ein Foto vom toten Uwe Mundlos gibt Rätsel auf. Das hat den Schriftsteller Wolfgang Schorlau misstrauisch gemacht. Dann Schorlau: Hinter ihm, wo eigentlich Blut und Gehirnmasse sein müsste, sehen sie nichts. Das ist klinisch rein. Normaler Weise müsste hier ein Kilo Hirn irgendwo an der Wand sein. Nun, das ist eigentlich der Beweis, dafür das Uwe Mundlos sich so nicht erschossen haben kann. Später im Beitrag: ich vermute, stark, dass die Beiden ausserhalb des Campers getötet wurden, erschossen wurden…( 6, ab Min.8:57).

Schorlaus Erkenntnisse beruhen u.a. auch aus den geleakten Akten, Fotos und Tonmitschnitten von Fatalist.(7) Unterlässt bzw vermeidet man die Wertung auf Kommentare, Einschätzungen und Mutmaßungen dieser weiterhin unbekannten Person und konzentriert sich nur auf die Möglichkeit des Studiums offizieller Akten & Papiere, sowie auf die sehr erstaunlichen Fakten und Zahlen, kommt man sehr schnell zum Ergebnis, wie ausserordentlich staatliche Institutionen, nicht nur die Familien und Angehörigen aller bekannten und unbekannten Opfer der Terrorgruppe NSU über Jahre wohlwissend belogen und betrogen haben.

Wenn man diesen Vergleich überhaupt wählen möchte. Aufschlussreiche Akten über die RAF sind weiterhin bis zum Jahre 2060 unter Verschluss.(8). Zum Thema NSU gilt seit letzter Woche von staatlicher Seite 120 Jahre Vorenthaltung von Wahrheiten.(9) Wer soll hier vor wem geschützt werden? Neben Fatalist (10) seien auch folgende Links für interessierte Leser & Hörer erwähnt. (11) / (12).

Abschließend nochmals Wolfgang Schorlau aus dem o.g. 3sat Beitrag: Wissen sie, Mörder gibt es immer. Das wird man nicht abschaffen können, aber das Mörder offensichtlich von Staatsseite gedeckt werden, das ist das was mich fassungslos macht.

Ihm möge bewusst sein. Er ist nicht alleine.

Quellen:

1. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-ralf-wohlleben-ist-frei-wie-reagieren-die-behoerden-a-1219057.html
2. https://www.youtube.com/watch?v=mM7EPH-vslg
3. https://www.br.de/nachrichten/nsu-helfer-andre-e-ist-frei-100.html
4. http://www.schorlau.com/
5. https://www.youtube.com/watch?v=5fEaVwGxTtg
6. https://www.youtube.com/watch?v=HWGVHZSi5iw
7. https://www.youtube.com/watch?v=-pmKzvMAOzY
8. https://www.heise.de/tp/features/Auf-unbegrenzte-Zeit-unter-Verschluss-3382602.html
9. https://www.heise.de/tp/features/Verfassungsschutz-will-NSU-Bericht-fuer-120-Jahre-wegschliessen-3772330.html?seite=all
10. https://sicherungsblog.wordpress.com/2015/04/11/wie-soll-man-auf-diesem-chaotischen-blog-noch-bestimmte-infos-finden/
11. http://friedensblick.de/
12. https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/366/die-wahrheit-hat-es-nicht-leicht-5007.html

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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