Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Gerade wurde ein 12-Tage-Krieg Israels und der USA mit einem wackeligen Waffenstillstand unterbrochen. Ein Krieg, der verschleierte, dass der Völkermord in Gaza noch grausamer und schrecklicher wurde, nicht nur weil Menschen, die nur Essen holen wollten, massenweise Schüssen und sogar Panzerangriffen zum Opfer fielen. Aber wie wir seit den Nürnberger Prozessen wissen, ist das Begehen eines Angriffskrieges das größte aller Kriegsverbrechen, welches den Angreifer sogar mitverantwortlich für Kriegsverbrechen des Angegriffenen macht. Ich will daher in diesem Hintergrund-PodCast nicht auf den Krieg und seine Folgen eingehen, sondern auf die Vorgeschichte. Und das Zitat aus einem Vortrag des Ex-Generals und Ex-Präsidentschaftsanwärters Wesley Clark zeigt schon auf, in welche Richtung die Reise geht. Der Krieg war lange geplant und „die Bombe“ war natürlich nur ein Vorwand. Der Krieg hätte auch mit einem anderen Vorwand stattgefunden.
Der Angriffskrieg Israels stand auf zwei wackeligen Beinen. Der Behauptung, der Iran baue eine Bombe und der Dämonisierung des Landes, „die Mullahs“ wollten Israel vernichten, und damit stillschweigend das Framing, Iraner wollten einen zweiten Holocaust anrichten. Schauen wir uns zunächst an, wie Israel die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) übernahm.
Wie Israel die IAEA übernahm
Am 23. Juni erschien eine interessante Erklärung, wie es Israel gelungen war, Grossi und die IAEA als Waffe gegen den Iran einzusetzen. Zwei Autoren, Medea Benjamin(1) und Nicolas J. S. Davies(2), berichteten in Original.Antiwar.com „Wie die USA und Israel Rafael Grossi nutzten, um die IAEA zu kapern und einen Krieg gegen den Iran zu beginnen“(3)
In der Einleitung erklären sie, dass Rafael Grossi, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), es zuließ, dass die IAEA von den USA und Israel – einem nicht deklarierten Atomwaffenstaat, der seit langem gegen die IAEA-Regeln verstieß – missbraucht wurde, um einen Vorwand für einen Krieg gegen den Iran zu schaffen, obwohl die Organisation, die Grossi vertrat, selbst zu dem Schluss gekommen war, dass der Iran kein Atomwaffenprogramm besitzt.
„Am 12. Juni stimmte der Gouverneursrat der IAEA auf Grundlage eines belastenden Berichts von Grossi(4) mit knapper Mehrheit dafür, den Iran als Mitglied der IAEA für nicht erfüllt(5) zu erklären. Von den 35 im Rat vertretenen Ländern stimmten nur 19 für die Resolution(6), drei dagegen, elf enthielten sich und zwei stimmten nicht ab. Die Vereinigten Staaten kontaktierten am 10. Juni acht Regierungen(7) des IAEA-Rats, um sie zu überzeugen, entweder für oder gegen die Resolution zu stimmen. Israelische Regierungsvertreter erklärten, sie werteten das US-Bemühen um die IAEA-Resolution als deutliches Zeichen der Unterstützung der israelischen Kriegspläne. Dies zeige, wie sehr Israel die IAEA-Resolution als diplomatischen Deckmantel für den Krieg wertete.
Die Sitzung des IAEA-Rats fand am letzten Tag des 60-tägigen Ultimatums von Präsident Trump an den Iran zur Aushandlung eines neuen Atomabkommens statt. Noch während der IAEA-Rat abstimmte, lud Israel Waffen, Treibstoff und Abwurftanks in seine Kampfflugzeuge für den langen Flug in den Iran und informierte seine Besatzungen über die Ziele. Die ersten israelischen Luftangriffe trafen den Iran um 3 Uhr morgens in derselben Nacht.“(8)
Am 20. Juni, so der Bericht weiter, reichte der Iran beim UN-Generalsekretär und dem UN-Sicherheitsrat eine formelle Beschwerde(9) gegen Generaldirektor Grossi ein. Der Iran warf ihm vor, die Unparteilichkeit seiner Behörde untergraben zu haben. Dies gelte sowohl für sein Versäumnis, die Rechtswidrigkeit der israelischen Drohungen und Gewaltanwendungen gegen den Iran in seinen öffentlichen Erklärungen zu erwähnen, als auch für seine ausschließliche Konzentration auf die mutmaßlichen Verstöße des Iran.
Tatsache war, dass die IAEA-Untersuchung, die zu dieser Resolution führte, auf einem israelischen Geheimdienstbericht aus dem Jahr 2018 stammte. Demnach hatten israelische Geheimdienstagenten drei bislang unbekannte Standorte im Iran identifiziert, an denen der Iran vor 2003 Urananreicherung betrieben hatte. 2019 hatte Grossi eine Untersuchung eingeleitet. Die IAEA erhielt schließlich Zugang zu den Standorten und entdeckte Spuren von angereichertem Uran. Wie gesagt, der Vorgang stammte aus 2003!
Trotz der verhängnisvollen Folgen seines Handelns hatte Grossi den Autoren zufolge nie öffentlich erklärt, wie die IAEA sicher sein konnte, dass der israelische Geheimdienst Mossad oder seine iranischen Kollaborateure, wie die Volksmudschahedin (MEK), das angereicherte Uran nicht selbst in diesen Anlagen deponiert hatten, wie iranische Regierungsvertreter vermuteten(10).
Obwohl sich die IAEA-Resolution, die diesen Krieg auslöste, nur mit den iranischen Anreicherungsaktivitäten vor 2003 befasste, schwenkten US-amerikanische und israelische Politiker schnell auf unbewiesene Behauptungen um, der Iran stehe kurz vor der Herstellung einer Atomwaffe. US-Geheimdienste hatten bereits zuvor berichtet, dass ein solch komplexer Prozess bis zu drei Jahre dauern würde(11), noch bevor Israel und die USA mit der Bombardierung und Zerstörung der bestehenden zivilen iranischen Atomanlagen begannen.
Die bisherigen Untersuchungen der IAEA zu nicht gemeldeten nuklearen Aktivitäten im Iran waren im Dezember 2015 offiziell abgeschlossen worden, erklären die Autoren ausdrücklich, und dass der damalige IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano seine „Abschließende Bewertung der vergangenen und gegenwärtigen offenen Fragen zum iranischen Atomprogramm“ veröffentlicht hatte.
Dabei, so der Artikel weiter, war die IAEA damals zu dem Schluss gekommen(12), dass einige der früheren Aktivitäten des Iran zwar für Atomwaffen relevant gewesen sein könnten, jedoch
„nicht über Machbarkeits- und wissenschaftliche Studien sowie den Erwerb bestimmter relevanter technischer Kompetenzen und Fähigkeiten hinausgingen“. Die IAEA „fand keine glaubwürdigen Hinweise auf die Abzweigung von Nuklearmaterial im Zusammenhang mit den möglichen militärischen Dimensionen des iranischen Atomprogramms“.
Als Yukiya Amano 2019 vorzeitig verstarb, was Verschwörungsmythen auslöste, wurde der argentinische Diplomat Rafael Grossi zum Generaldirektor der IAEA ernannt
„Die Israelis haben eine lange Geschichte darin, falsche Beweise(13) über Irans Atomaktivitäten zu fabrizieren, wie etwa die berüchtigten ‚Laptop-Dokumente‘, die die MEK 2004 der CIA übergab und die vermutlich vom Mossad erstellt wurden(14). Douglas Frantz, der 2009 einen Bericht über Irans Atomprogramm für den Auswärtigen Ausschuss des Senats verfasste, enthüllte, dass der Mossad 2003 eine Spezialeinheit gründete, um geheime Briefings über Irans Atomprogramm zu liefern und dabei ‚Dokumente aus dem Iran und anderen Quellen‘ zu verwenden.“(15)
Doch Grossi, so erklärten die Autoren, arbeitete mit Israel(16) zusammen, um dessen jüngsten Vorwürfen nachzugehen, nicht mit dem Iran. Nach mehreren Jahren der Treffen in Israel sowie Verhandlungen und Inspektionen im Iran verfasste er dann seinen Bericht(17) an den Gouverneursrat der IAEO und setzte eine Sitzung des Rates an, die mit dem geplanten Beginn des israelischen Krieges zusammenfiel.
Israel hatte seine letzten Kriegsvorbereitungen vor den Augen der Satelliten und Geheimdienste der westlichen Länder getroffen, welche die Resolution verfasst und für sie gestimmt hatten!
Es sei kein Wunder, dass sich 13 Länder enthielten oder gar nicht abstimmten, doch es sei tragisch, dass neutralere Länder nicht die Weisheit und den Mut aufbringen konnten, gegen diese heimtückische Resolution zu stimmen, urteilten die Autoren.
„Der offizielle Zweck der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) ist die ‚Förderung der sicheren und friedlichen Nutzung von Nukleartechnologien‘. Seit 1965(18) unterliegen alle 180 Mitgliedsländer(19) den Sicherheitsvorkehrungen der IAEO, um sicherzustellen, dass ihre Atomprogramme ‚nicht zu militärischen Zwecken genutzt werden‘. Die Arbeit der IAEO ist im Umgang mit Ländern, die bereits über Atomwaffen verfügen, offensichtlich beeinträchtigt. Nordkorea trat 1994 aus der IAEO und 2009 aus allen Sicherungsmaßnahmen aus. Die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China haben IAEO-Sicherungsabkommen(20), die ausschließlich auf „freiwilligen Angeboten“ für „ausgewählte“ nichtmilitärische Standorte basieren. Indien(21) hat ein Sicherungsabkommen von 2009 unterzeichnet, das das Land zur Trennung seiner militärischen und zivilen Nuklearprogramme verpflichtet. Pakistan verfügt über zehn separate Sicherungsabkommen, allerdings nur für zivile Nuklearprojekte. Das jüngste stammt aus dem Jahr 2017 (22) und betrifft zwei von China gebaute Kernkraftwerke.“(23)
Israel, so führt der Artikel aus, hingegen verfüge nur über ein begrenztes Sicherungsabkommen von 1975 für ein ziviles Nuklearkooperationsabkommen mit den USA aus dem Jahr 1955. Ein Nachtrag von 1977 habe das IAEO-Sicherungsabkommen auf unbestimmte Zeit verlängert, obwohl das darunter fallende Kooperationsabkommen mit den USA vier Tage später auslief. Durch eine Parodie der Einhaltung, die die Vereinigten Staaten und die IAEA seit einem halben Jahrhundert mitmachen, entgehe Israel den Kontrollen der IAEA-Sicherheitsmaßnahmen ebenso effektiv wie Nordkorea.
Israel habe in den 1950er Jahren mit der Entwicklung einer Atomwaffe begonnen, mit maßgeblicher Unterstützung westlicher Länder, darunter Frankreich(24), Großbritannien(25) und Argentinien(26), und habe dann 1966 oder 1967 seine ersten Waffen hergestellt. Als der Iran 2015 das Atomabkommen JCPOA unterzeichnete, so zitieren die Autoren den oft schon erwähnten Satz, der in einer E-Mail(27) des ehemaligen US-Außenministers Colin Powell stand. Dieser hatte geschrieben, dass eine Atomwaffe für Teheran nutzlos sei, da „Israel über 200 Atomwaffen verfügt, die alle auf Teheran gerichtet sind“. Powell habe auch den ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad mit der Frage zitiert: „Was würden wir mit einer Atomwaffe tun? Sie polieren?“
Während Powell 2003 erfolglos versuchte, vor dem UN-Sicherheitsrat einen Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen, verunglimpfte Präsident Bush den Iran, den Irak und Nordkorea aufgrund ihres angeblichen Strebens nach „Massenvernichtungswaffen“ und als „Achse des Bösen“. Der ägyptische IAEA-Direktor Mohamed ElBaradei hatte dem Sicherheitsrat wiederholt versichert(28), die IAEA könne keine Beweise für die Entwicklung einer Atomwaffe im Irak finden. Aber das nutzte nichts.
Als die CIA ein Dokument(29) vorlegte, das den Import von Yellowcake-Uran aus Niger durch den Irak belegte – genau wie Israel es in den 1960er Jahren heimlich aus Argentinien importiert hatte –, erkannte die IAEA das Dokument innerhalb weniger Stunden als Fälschung, woraufhin ElBaradei es umgehend dem Sicherheitsrat meldete. Aber Bush wiederholte ständig die Lüge über Yellowcake aus Niger und andere dreiste Lügen über den Irak, woraufhin die Vereinigten Staaten aufgrund seiner Lügen in den Irak einmarschierten und ihn zerstörten – ein Kriegsverbrechen historischen Ausmaßes. Der Großteil der Welt wusste, dass ElBaradei und die IAEA von Anfang an Recht hatten, und 2005 erhielten sie den Friedensnobelpreis(30) für die Aufdeckung von Bushs Lügen, die Aufklärung der Macht und die Stärkung der nuklearen Nichtverbreitung.
Der Artikel führte weiter aus, dass 2007 eine von allen 16 US-Geheimdiensten durchgeführte nationale Geheimdienstschätzung (NIE) mit der Feststellung der IAEA übereingestimmt hatte, dass der Iran ebenso wie der Irak kein Atomwaffenprogramm besitze. Bush schrieb in seinen Memoiren(31): „… wie könnte ich nach der NIE den Einsatz des Militärs zur Zerstörung der Atomanlagen eines Landes erklären, das laut Geheimdiensten kein aktives Atomwaffenprogramm hat?“ Selbst Bush konnte nicht glauben, dass er ungestraft davonkommen würde, dieselben Lügen zu wiederholen, um sowohl den Iran als auch den Irak zu zerstören, und Trump spielt nun mit dem Feuer, indem er dies tat.
„ElBaradei schrieb in seinen Memoiren ‚Das Zeitalter der Täuschung: Nukleare Diplomatie in tückischen Zeiten‘ (Im Original: The Age of Deception: Nuclear Diplomacy in Treacherous Times), dass, wenn der Iran tatsächlich erste Forschungen zu Atomwaffen durchgeführt habe, diese wahrscheinlich während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren begonnen hätten, nachdem die USA und ihre Verbündeten(32) dem Irak bei der Herstellung chemischer Waffen geholfen hatten, die bis zu 100.000 Iraner töteten.
Die Neokonservativen, die die US-Außenpolitik nach dem Kalten Krieg dominierten, betrachteten den Nobelpreisträger ElBaradei als Hindernis für ihre weltweiten Regimewechsel-Ambitionen und führten eine verdeckte Kampagne, um einen gefügigeren neuen IAEA-Generaldirektor zu finden, als dessen Amtszeit 2009 auslief.
Nach der Ernennung des japanischen Diplomaten Yukiya Amano zum neuen Generaldirektor enthüllten von Wikileaks(33) veröffentlichte US-Diplomatendepeschen Details seiner umfassenden Überprüfung durch US-Diplomaten, die Washington berichteten, dass Amano ‚bei jeder wichtigen strategischen Entscheidung, von der Ernennung hochrangiger Mitarbeiter bis hin zum Umgang mit dem angeblichen iranischen Atomwaffenprogramm, fest auf US-amerikanischer Seite stand‘“.(34)
Nach seinem Amtsantritt als IAEA-Generaldirektor im Jahr 2019, so die Autoren weiter, habe Rafael Grossi nicht nur die Unterwürfigkeit der IAEA unter US-amerikanische und westliche Interessen und ihre Praxis des Wegschauens gegenüber Israels Atomwaffen fortgesetzt, sondern auch dafür gesorgt, dass die IAEA eine entscheidende Rolle bei Israels Kriegsvorbereitungen gegen den Iran spielte.
Obwohl er öffentlich zugab, dass der Iran kein Atomwaffenprogramm besitze und Diplomatie der einzige Weg sei, die Bedenken des Westens gegenüber dem Iran auszuräumen, trug Grossi dazu bei, Israel die Kriegsbühne zu bereiten, indem er die Untersuchung der IAEA zu den früheren Aktivitäten des Irans wieder aufnahm, so die Autoren. Ausgerechnet an dem Tag, als israelische Kampfflugzeuge mit Waffen für den Iran-Bombardement beladen wurden, sorgte er dafür, dass der Gouverneursrat der IAEA eine Resolution verabschiedete, die Israel und den USA den gewünschten Kriegsvorwand lieferte.
In seinem letzten Jahr als IAEA-Direktor hatte Mohamed ElBaradei vor einem ähnlichen Dilemma wie Grossi seit 2019 gestanden. 2008 hatten US-amerikanische und israelische Geheimdienste der IAEA Kopien von Dokumenten übergeben, die angeblich zeigten, dass der Iran vier verschiedene Arten von Atomwaffenforschung betrieb. Während Bushs Yellowcake-Dokument aus Niger 2003 eindeutig eine Fälschung war, konnte die IAEA die Echtheit der israelischen Dokumente nicht sofort feststellen. Trotzdem weigerte sich ElBaradei(35) trotz erheblichen politischen Drucks, auf sie zu reagieren oder sie zu veröffentlichen. Denn wie er in „The Age of Deception“ schrieb, wusste er, dass die USA und Israel „den Eindruck erwecken wollten, der Iran stelle eine unmittelbare Bedrohung dar und bereite möglicherweise den Boden für einen Gewalteinsatz“.
Hätte Rafael Grossi 2009 die gleiche Vorsicht, Unparteilichkeit und Weisheit an den Tag gelegt wie Mohamed ElBaradei, wären die Vereinigten Staaten und Israel heute höchstwahrscheinlich nicht im Krieg mit dem Iran, so das eindeutige Urteil der Autoren.
Mohamed ElBaradei schrieb am 17. Juni 2025 in einem Tweet(36): „Auf Gewalt statt auf Verhandlungen zu setzen, ist ein sicherer Weg, den Atomwaffensperrvertrag und das nukleare Nichtverbreitungsregime (so unvollkommen es auch sein mag) zu zerstören, und sendet vielen Ländern die klare Botschaft, dass ihre „ultimative Sicherheit“ in der Entwicklung von Atomwaffen liegt!!!“
Trotz Grossis Rolle in den amerikanisch-israelischen Kriegsplänen als IAEA-Generaldirektor – oder vielleicht gerade deswegen – galt er als vom Westen unterstützter Kandidat für die Nachfolge von Antonio Guterres als UN-Generalsekretär im Jahr 2026. Das, so die Autoren, wäre eine Katastrophe für die Welt. Glücklicherweise gebe es viele qualifiziertere Kandidaten, die die Welt aus der Krise führen können, in die Rafael Grossi die USA und Israel gestürzt hat.
Rafael Grossi, so das abschließende Urteil, sollte als IAEA-Direktor zurücktreten, bevor er die nukleare Nichtverbreitung weiter untergrabe und die Welt einem Atomkrieg näher bringe. Und er sollte auch seine Kandidatur für das Amt des UN-Generalsekretärs zurückziehen.
Nun schauen wir uns an einem Beispiel an, wie die Dämonisierung funktionierte.
Israels Endzeituhr
Im Iran gab es eine „Doomsday“-Uhr, die 2017 im Palästina-Platz in Teheran während einer Kundgebung zum Jerusalem-Tag, dem letzten Freitag des Ramadans, enthüllt wurde. Israel behauptete, sie im Krieg zerstört zu haben, aber anscheinend „lebte“ sie weiter. Sie zeigte einen Countdown von 8.411 Tagen, was auf das Jahr 2040 hinauslief. Diese Daten basierten auf einer Vorhersage von Ayatollah Ali Khamenei aus dem Jahr 2015, dass es bis dahin „nichts mehr von Israel geben wird“. Die Anzeige war Teil einer größeren Darstellung mit anti-israelischen Symbolen, darunter eine digitale Anzeige mit einer Faust in den Farben der palästinensischen Flagge, die eine israelische Flagge durchschlägt, und dem Schriftzug „Left before destruction of Israel“ („Tage bis zur Zerstörung Israels“).
Diese Uhr wurde im Westen immer wieder als Beweis angeführt, dass der Iran Israel „vernichten“ wolle, wodurch versucht wurde, die Beziehung zum Holocaust von Juden unter dem Naziregime herzustellen(37).
Aber dies gehörte natürlich zu der Dämonisierung eines Feindes Israels, basierte nicht auf Fakten. Denn der Iran hatte 200 Jahre kein anderes Land angegriffen oder „vernichtet“. Ganz im Gegensatz zu den Kriegen Israels oder gar der das Land unterstützenden Kolonialmächte. Schon im Jahr 2010, als deutsche Medien wenigstens teilweise noch Journalismus lieferten, war diese Dämonisierung als Verfälschung einer Übersetzung entlarvt worden, und als vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. Denn der Vorgang der „Vernichtung“ war verglichen worden, mit dem Vorgang, mit dem die iranische Revolution die Diktatur des Schah-Regimes beseitigt hatte.
„Kein Satz wird so häufig mit dem amtierenden Präsidenten Irans, Mahmud Ahmadinedschad, assoziiert wie dieser: Israel muss von der Landkarte radiert werden. Das Problem ist nur - er hat diesen Satz nie gesagt.“(38)
Ayatollah Ali Khamenei, der Oberste Führer des Iran, hatte auf seiner offiziellen Website „How will the abolition of Israel be accomplished?“(39) erklärt, was er mit "Vernichtung Israels" (oder "Abschaffung Israels") meinte. Diese Erklärung war wichtig, da der Begriff oft bewusst falsch übersetzt und interpretiert wurde, und durch jüngste Ereignisse, wie die israelischen Luftangriffe am 23. Juni 2025, verschärft worden waren.
Laut der Seite bezog sich "Vernichtung Israels" nicht auf die physische Zerstörung oder den Genozid des jüdischen Volkes. Stattdessen bedeutete es die Befreiung und Unabhängigkeit Palästinas von dem, was Khamenei als "Zionistenherrschaft" bezeichnete. Das Ziel war die Schaffung einer palästinensischen Regierung durch einen demokratischen Prozess, der auf einem Referendum basiert. Dieses Referendum würde alle Palästinenser einbeziehen, einschließlich derer, die vor 1948 vertrieben wurden, unabhängig von ihrer Religion (Muslime, Christen, Juden). Falls die gewählte Regierung entschied, könnten die nach 1948 Eingetroffenen bleiben oder gehen, je nach Entscheidung der demokratisch gewählten Regierung.
Nicht-Antisemitische Haltung
Khamenei betonte, dass die Islamische Republik nicht antisemitisch sei. Seine Opposition richte sich gegen diejenigen, die palästinensisches Land besetzt haben, nicht gegen Juden, Christen oder andere religiöse Gruppen. Dies wurde durch mehrere Zitate untermauert, die auf der Seite verlinkt waren, wie z.B. „Islamic unity is not a political tactic, rather it is a belief“(40) vom 15. November 2019, wo Khamenei die Einheit aller Religionen betonte.
Die Tatsache, dass der Iran noch nie antisemitisch war, bezeugten auch die Aufnahmen von jüdischen Flüchtlingen, die vor dem Holocaust in Deutschland geflohen waren. Aber zurück zur Internetseite von Khamenei.
Die Umsetzung, die Erreichung des Ziels sollte also durch ein Referendum erfolgen, bei dem alle Palästinenser, einschließlich der Vertriebenen vor 1948, über die zukünftige Regierung entscheiden. Dieser Vorgang wurde als demokratischer Prozess beschrieben, der auf der Selbstbestimmung der Palästinenser basiert. Khamenei zitierte mehrere frühere Aussagen, wie „Leader's Speech in Meeting with Students vom 23. Juli 2014“(41), um seine Position zu untermauern.
Khamenei argumentierte, dass bewaffneter Widerstand notwendig sei, da Israel nur die Sprache der Gewalt verstehe. Er nannte Beispiele wie den 33-tägigen Krieg im Libanon und die 22-Tage-, 8-Tage- und 51-Tage-Kriege in Gaza, also die verschiedenen Angriffe auf Gaza VOR dem derzeit laufenden Völkermord, als Beweise für die Notwendigkeit des Widerstands. Dieser Widerstand umfasse politische, militärische, moralische und kulturelle Bemühungen, bis Israel nachgebe. Dies wurde in Aussagen wie “We are with every group that is steadfast on the path of Resistance vom 21. Februar 2017“(42) unterstützt.
Khamenei drückte aus, dass durch diesen Widerstand letztlich der Sieg und die Befreiung Palästinas erreicht würden, was zur Bildung einer palästinensischen Regierung führe. Er zitierte Israels Rückzug aus dem südlichen Libanon für die Wirksamkeit des Widerstands, wie in „Leader's Inaugural Address in Meeting with Participants of Gaza vom 27. Februar 2010“(43) beschrieben.
Ablehnung von Gewalt gegen Juden
Khamenei unterschied seinen Ansatz von früheren Slogans wie dem von Jamal Abdel Nasser, der von "Werfen der Juden ins Meer" gesprochen hatte. Stattdessen fokussierte er sich auf ein Referendum, das auf demokratischen Prinzipien basiert, anstatt auf Gewalt gegen Juden, wie in „Universities should encourage students to be optimistic about vom 10. Juni 2018“(44) erwähnt.
Er argumentierte, dass Verhandlungen und Abkommen mit Israel gescheitert waren, da Israel sich nicht an menschliche Werte, internationales Recht oder Resolutionen halte. Dies unterstützte er durch Aussagen wie “Leader's Inaugural Speech at the 16th Non-Aligned Summit vom 30. August 2012“(45), worin er die Nichtachtung von Abkommen kritisierte.
Tatsächlich gab es eine Doktrin der Vernichtung auf Seite der westlichen Kolonialmächte und Israels. Darüber hatte Dan Steinbock ein ganzes Buch geschrieben, welches am 24. Juni bekannt gemacht wurde.(46) Wieder einmal gelang es Kolonialmächten eigenes Verhalten auf ihre Gegner zu projezieren.
Heute hatte ich das Format des PodCast gesprengt, daher ohne Fazit, aber mit Dank an die Redaktion und den Sprecher und in der Hoffnung auf Nachsicht.
Quellen und Informationen
Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschka
1 Medea Benjamin ist Mitbegründerin von CODEPINK for Peace und Autorin mehrerer Bücher, darunter „Inside Iran: The Real History and Politics of the Islamic Republic of Iran“.
2 Nicolas J. S. Davies ist freiberuflicher Journalist, Rechercheur für CODEPINK und Autor von „Blood on Our Hands: The American Invasion and Destruction of Iraq“.
5 https://www.newsweek.com/iran-fails-meet-nuclear-obligations-first-time-20-years-2084393
6 https://www.iaea.org/sites/default/files/25/06/gov2025-38.pdf
7 https://www.cnn.com/2025/06/14/politics/israel-iran-attack-planning-trump
9 https://www.tehrantimes.com/news/514728/Iran-files-complaint-against-Grossi-with-UN-Security-Council
10 https://www.ynetnews.com/article/hkllttbmel
11 https://edition.cnn.com/2025/06/17/politics/israel-iran-nuclear-bomb-us-intelligence-years-away
12 https://www.iaea.org/sites/default/files/documents/gov-2015-68.pdf
14 https://www.middleeasteye.net/opinion/guess-who-credits-mossad-producing-laptop-documents
18 https://clara.nz/docs/hardware-unsorted/iaea/infcirc66r2.pdf
19 https://www.iaea.org/about/governance/list-of-member-states
20 https://www.iaea.org/sites/default/files/24/06/20240607_sir_2024_part_ab.pdf
21 https://www.iaea.org/sites/default/files/publications/documents/infcircs/2009/infcirc754.pdf
22 Ebd.
25 http://news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/newsnight/4743493.stm
26 https://nsarchive2.gwu.edu/nukevault/ebb432/
28 https://news.un.org/en/story/2003/01/57442
29 https://www.sourcewatch.org/index.php/Yellowcake_forgery
30 https://www.nobelprize.org/prizes/peace/2005/press-release/
31 https://internationalman.com/articles/america-first-we-hardly-knew-ye/
32 http://www.hartford-hwp.com/archives/51/052.html
33 https://www.theguardian.com/world/julian-borger-global-security-blog/2010/nov/30/iaea-wikileaks
36 https://x.com/ElBaradei/status/1935041599605539211
37 https://www.latimes.com/opinion/story/2024-10-07/israel-hamas-oct-7-iran-hezbollah
39 https://english.khamenei.ir/news/7186/How-will-the-abolition-of-Israel-be-accomplished
40 https://english.khamenei.ir/news/7187/Islamic-unity-is-not-a-political-tactic-rather-it-is-a-belief
41 https://english.khamenei.ir/news/1934/Leader-s-Speech-in-Meeting-with-Students
42 Ebd.
44 https://english.khamenei.ir/news/1668/Leader-s-Inaugural-Speech-at-the-16th-Non-Aligned-Summit-Video
45 https://english.khamenei.ir/news/1668/Leader-s-Inaugural-Speech-at-the-16th-Non-Aligned-Summit-Video
Aus Twitter: https://x.com/TweetenWill/status/1937630457308295173
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Gil Cohen Magen/ shutterstock
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