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Russische Reaktionen auf Westwaffen | Von Thomas Röper

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Kriegsgefahr

Mögliche russische Reaktionen auf die Erlaubnis, russisches Gebiet mit aus dem Westen gelieferten Waffen zu beschießen

Die Erlaubnis einiger westlicher Staaten, dass Kiew die von ihnen gelieferten Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet benutzen darf, ist in Russland das Thema Nummer 1. Daher zeige ich hier, über welche möglichen russischen Antworten in Russland nachgedacht wird.

Ein Kommentar von Thomas Röper.

Ich habe gerade erst einen Teil des Pressegesprächs des russischen Präsidenten Putin mit Vertretern internationaler Nachrichtenagenturen übersetzt, in dem Putin nach der möglichen russischen Reaktion auf die Erlaubnis einiger westlicher Staaten an Kiew, von ihnen gelieferte Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet einsetzen zu dürfen, berichtet. Und übrigens wurde inzwischen aus den USA offiziell gemeldet, dass diese Angriffe bereits stattfinden.

Der russische Präsident hat in seiner Antwort auf die Frage einige entscheidende Sätze gesagt, die ich hier noch einmal zitiere: „Wir überlegen uns, dass wir, wenn es jemand für möglich hält, solche Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern, um unser Territorium zu treffen und uns Probleme zu bereiten, das Recht haben, unsere Waffen derselben Klasse in jene Regionen der Welt zu liefern, wo sie empfindliche Einrichtungen jener Länder treffen werden, die Russland das antun. Die Antwort könnte also symmetrisch sein. Wir werden uns darüber Gedanken machen.“

Das wurde von westlichen Medien aufgenommen, wobei aber natürlich nicht Putins Originalzitat veröffentlicht wurde, sondern die westlichen Medien haben das Zitat stark verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen und von einer russischen Drohung gesprochen. Der Spiegel behauptete beispielsweise, der russische Präsident habe „mit einer neuen Einschüchterung nachgelegt“.

Das ist ziemlich dreist, denn immerhin schlagen westliche Waffen mit Erlaubnis und Unterstützung des Westens in Russland ein. Das ist de facto bereits ein Krieg gegen Russland.

Kommen wir nun dazu, wie das russische Fernsehen am Sonntag in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick darüber berichtet hat, und vor allem, was darin über die mögliche russische Reaktion gesagt wurde, die Putin in seiner Antwort faktisch angekündigt hat. Ich habe den entsprechenden Beitrag aus der russischen Sendung übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Die Antwort auf die Lieferung von Langstreckenraketen an Kiew kann von überall einschlagen

Kommen wir zum spektakulärsten Thema, der Erlaubnis, die Ukraine mit Langstreckenwaffen aus dem Westen zu beliefern, und zu unserer Antwort. Auf dem Wirtschaftsforum sagte Präsident Putin beim Gespräch mit Journalisten: „Wir überlegen uns, dass wir, wenn es jemand für möglich hält, solche Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern, um unser Territorium zu treffen und uns Probleme zu bereiten, das Recht haben, unsere Waffen derselben Klasse in jene Regionen der Welt zu liefern, wo sie empfindliche Einrichtungen jener Länder treffen werden, die Russland das antun. Die Antwort könnte also symmetrisch sein. Wir werden uns darüber Gedanken machen.“

Pavel Zarubin, der Moderator der Sendung „Moskau. Kreml. Putin“, fragte Kremlsprecher Dmitri Peskow danach:

„Das war nicht einmal eine sehr ernste Andeutung, es war ein direktes Signal des Präsidenten über die Tatsache, dass, wenn der Westen Waffen für Langstreckenangriffe gegen Russland einsetzt, Russland für sich selbst verschiedene Szenarien nicht ausschließen wird. Wird dieses Signal Ihrer Meinung nach gehört werden?“

„Sie haben es bereits gehört. Das ist wahrscheinlich eine der wichtigsten Aussagen, die der Präsident gestern gemacht hat. Diese Erklärung ist klar und eindeutig. Sie ist für jeden leicht lesbar, und sie wurde auch gelesen. Und nach der Art und Weise zu urteilen, wie sie bereits in den weltweiten Medien, in den wichtigsten Informationsnetzwerken verbreitet wurde, ist es offensichtlich, dass sie jetzt genau studiert wird.“

„Aus offensichtlichen Gründen wird Russland nicht einmal andeuten, in welchen Regionen das geschehen könnte“, fragte Zarubin nach.

„Wir sind dazu nicht verpflichtet, aber wie der Präsident sagte, muss man mit unserer Position rechnen, und wir werden nicht gegen unsere Interessen handeln“, betonte der Sprecher des russischen Staatschefs.

Viele fragten sich, an wen Russland die Raketen, von denen der Präsident sprach, liefern könnte, da 50 Länder die Ukraine mit ihren Waffen beliefern. Putin hält die Spannung aufrecht.

Auf der Podiumsdiskussion am Freitag sagte der Präsident:

„Wir liefern noch nicht. Noch nicht. Aber wir behalten uns das Recht vor, dies an die Staaten oder sogar Strukturen von Ländern zu tun, die von Ländern, die Waffen an die Ukraine liefern, unter Druck gesetzt werden, auch militärischer Art, und sie Kiew auffordern, diese Waffen gegen uns, gegen unser russisches Territorium, einzusetzen. Wenn sie Waffen in das Kriegsgebiet liefern und dazu aufrufen, diese Waffen auf unserem Territorium einzusetzen, warum haben wir dann nicht das Recht, das Gleiche zu tun, spiegelbildlich zu reagieren? Ich bin auch nicht bereit zu sagen, dass wir das morgen tun werden. Denn in jedem Fall ist so eine Lieferung mit einer ganzen Reihe von Umständen verbunden“.

Lassen Sie uns versuchen, logisch zu denken. Und lassen Sie uns gleich zu Beginn sagen, dass wir über offensichtliche Dinge sprechen, die an der Oberfläche liegen. Wir haben kein Insiderwissen, nichts Konkretes. Wir spekulieren nur.

Nur drei Länder – die USA, Großbritannien und Frankreich – versorgen die ukrainischen Neonazis mit Langstreckenraketen mit einer Reichweite von 300 bis 500 Kilometern, und sie haben nichts dagegen, dass diese Raketen russisches Territorium treffen. Das bedeutet, dass man diesem Trio symmetrisch antworten sollte, indem wir unsere Freunde mit Raketen ähnlicher Reichweite beliefern.

Nun zu den „sensiblen Standorten“ der Länder, die Kiew mit Langstreckenraketen beliefern. Nehmen wir Militärbasen. Zum Beispiel die amerikanischen im Ausland. Offenen Quellen zufolge gibt es derzeit mehr als 900 davon und bis zu 300.000 amerikanische Soldaten, die dort dienen und weit weg von zu Hause ein potenzielles Ziel für irgendjemanden werden könnten. Wir haben kürzlich in Afghanistan gesehen, wie das US-Militär davonlaufen kann.

Schauen wir uns auch die Länder an, die die USA als unfreundlich oder gar als Feinde bezeichnen. Die Liste kann auf der Grundlage der von den Amerikanern verhängten Sanktionen erstellt werden. Also, die USA betrachten als Feinde:

  • in Eurasien: Russland und Weißrussland, auf der europäischen Seite sind wir von amerikanischen Stützpunkten buchstäblich eingekreist;
  • im Nahen Osten: Syrien, Iran, Jemen. Darüber hinaus gibt es im Irak, in Libyen und im Libanon viele politische Kräfte, die gegen die USA sind und gegen die die USA ebenfalls Sanktionen verhängt haben;
  • in Asien: Afghanistan, Nordkorea, Myanmar. Auch gegen China wurden diese Woche Sanktionen angekündigt;
  • in Lateinamerika sind Kuba, Venezuela und Nicaragua dem Weißen Haus ein Dorn im Auge. Auch sie sind von Sanktionen betroffen;
  • und Afrika, wo die USA regelmäßig ihre Nase hineinstecken. Unter Sanktionen sind: Die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Mali, Somalia, Südsudan und Simbabwe, dessen Präsident auf dem Forum in St. Petersburg sprach, ist seit Jahrzehnten mit Sanktionen belegt.

Die US-Militärstützpunkte sind in der Nähe von Ländern angesiedelt, die die USA als unfreundlich betrachten. Gleichzeitig unterhält Russland mehr als nur gute Beziehungen zu „Feinden“ der USA.

In fast allen diesen Ländern haben die USA Putsche und Bürgerkriege inszeniert, Staatsoberhäupter ermordet, Terroristen gesponsert und mit Waffen versorgt. Und in vielen dieser Länder schwelen die Konflikte noch immer.

Im Nahen Osten ist der palästinensisch-israelische Konflikt noch immer brandheiß. Und Palästina wird in der Region von Iran, Jemen, Syrien und der Hisbollah im Libanon unterstützt, und Russland unterhält zu all diesen Ländern sehr gute Beziehungen. Amerikanische Stützpunkte sind in der Region an jeder Ecke zu finden. Und wie der regelmäßige Beschuss dieser Stützpunkte zeigt, sind sie nicht allzu gut geschützt. Und überhaupt: Wer würde sich weigern, sein Verteidigungspotenzial in einer Konfrontation mit den Vereinigten Staaten mit russischen Raketen zu verstärken? Nehmen wir Syrien, wo sich absolut illegal amerikanische Stützpunkte befinden.

Jeden Moment könnten Konflikte zwischen Nordkorea und Südkorea oder China und Taiwan mit neuer Heftigkeit ausbrechen. Und Südkorea und Taiwan sind Verbündete der USA. Und Japan ist gleich um die Ecke.

Ständige Provokationen gegen Venezuela oder Kuba könnten auch das Militär auf amerikanischen Stützpunkten in der Karibik teuer zu stehen kommen.

Über Afrika gibt es nichts zu sagen. Der Kontinent wird seit der Kolonialzeit von Kriegen und interethnischen Konflikten geplagt, und die Amerikaner sind dort mit ihren Sanktionen und ihrem Moralisieren über Demokratie sicher nicht willkommen.

Der simbabwische Präsident äußerte sich dazu in St. Petersburg:

„Die Situation, in der einige westliche Staaten versuchen, uns zu diktieren, mit wem wir befreundet sein sollen, das werden wir auch in Simbabwe niemals akzeptieren. Was Simbabwe betrifft, so fordern wir die Aufhebung der von Ihnen erwähnten illegalen Sanktionen, die unsere wirtschaftliche Entwicklung und unseren Fortschritt behindern. Das geht schon seit mehreren Jahrzehnten so. Was ist unser Vergehen? Das Verbrechen des Volkes von Simbabwe besteht darin, dass es die Rückgabe seines rechtmäßigen Landes gefordert hat, damit das Volk von Simbabwe und sein altes Land wiedervereint werden“.

Was Russland betrifft, so haben wir, so sehr die Amerikaner uns auch als Paria darstellen wollen, weit mehr Freunde in der Welt als Länder, die uns feindlich gesinnt sind. Es gibt die offizielle, von der russischen Regierung genehmigte Liste der uns feindlich gesinnten Länder. Es sind 23 Länder plus die 27 Mitglieder der EU. Die Gesamtzahl beträgt 50.

Auf die Frage, ob es eine Liste russlandfreundlicher Länder gibt, antwortete Sergej Lawrow, dass wir alle Länder, die nicht auf der Liste stehen, als freundlich betrachten. Und es gibt etwa 200 Länder auf der Welt. Und glauben Sie mir, nur wenige Menschen mögen den amerikanischen „Frieden durch Stärke“.

Zumal Russland, China und alle BRICS-Länder bereits dabei sind, eine neue Weltordnung aufzubauen, die auf gegenseitigem Respekt und gleichberechtigter Partnerschaft beruht. Das Angebot lautet, dass jeder so sein darf, wie er möchte. Und das ist attraktiv.

Nehmen wir die Verbündeten der USA, Großbritannien und Frankreich, so haben beide eine reiche koloniale Vergangenheit. Irgendwo in Tausenden von Kilometern Entfernung liegen Inseln, die sich in den Ozeanen verlieren und auf denen sie noch immer ihre Militärstützpunkte unterhalten. Aber die Erfahrung von Neukaledonien, wo kürzlich antifranzösische Proteste ausgebrochen sind, zeigt, dass man auch dort davon träumt, die Kolonisatoren endlich loszuwerden. Auf den Jungferninseln wird der Wunsch, sich von der Autorität Großbritanniens zu lösen, immer deutlicher. Die Regierungen der Inseln Antigua und Barbuda haben ebenfalls erklärt, dass sie ein Referendum abhalten und die britische Krone verlassen wollen. Die Kaimaninseln und die Bermudas sind mit der britischen Politik unzufrieden, und auch dort gibt es britische Militärstützpunkte. Ganz zu schweigen von den Falklandinseln, die Argentinien als sein Eigentum betrachtet.

Die Amerikaner, die Franzosen und die Briten könnten also wann und wo auch immer eine Antwort auf die Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine erhalten. Es bleibt spannend.

In der Zwischenzeit ist eine Gruppe von vier russischen Kriegsschiffen auf dem Weg ins befreundete Kuba: die Fregatte Gorschkow, das Atom-U-Boot Kasan, der Öltanker Akademik Paschin und der Rettungsschlepper Nikolai Tschiker. Sie werden vom 12. bis 17. Juni im Hafen von Havanna bleiben. Anschließend wird unser Geschwader Venezuela besuchen.

Gemeinsam mit Kubanern und Venezolanern werden unsere Matrosen in der Karibik Marineübungen durchführen. Und danach, so heißt es in den Medien, könnten die russischen Schiffe bis zum Ende des Sommers in der Region – praktisch vor der US-Küste – bleiben.

Ende der Übersetzung +++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 10. Juni 2024 bei anti-spiegel.ru +++ Bildquelle: Alexandre Rotenberg / shutterstock


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