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Raubzug der Willigen

Raubzug der Willigen

Wird Nürnberger Ausnahmefall zum Brüsseler Präzedenzmissbrauch?

Ein Meinungsbeitrag von Sabiene Jahn.  

Es klingt vollkommen absurd – und ist doch seit Mai 2025 Realität: Die EU, maßgeblich orchestriert von Ursula von der Leyens Kommission, hat ein Sondertribunal gegen Russland angekündigt. Ein Gericht, das nicht von der UNO legitimiert ist. Ein Tribunal, das keine neutralen Richter kennt. Und ein Verfahren, das in Abwesenheit stattfinden soll, weil die Schuldigen von vornherein feststehen. All das eingebettet in eine Verordnung – Nummer 2024/2773 – mit der die EU sich selbst das Recht einräumt, eingefrorene russische Vermögenswerte auf Jahrzehnte zu behalten und damit ukrainische Schulden zu finanzieren. Eine Finanzarchitektur auf Basis politischer Enteignung. Was als Gerechtigkeit verkauft wird, ist in Wahrheit ein kalkulierter Rechtsbruch und eine Pervertierung der historischen Erinnerung.

Was ist eigentlich von einer Europäischen Union zu halten, die ohne Kriegssieg, ohne UNO-Mandat und ohne Zustimmung der Völker das Eigentum eines fremden Staates beschlagnahmen will – mit dem Ziel, damit Schulden zu bedienen, die man selbst in einer eskalationsgetriebenen Fehleinschätzung erzeugt hat?

Was als Gerechtigkeit verkauft wird, ist in Wahrheit ein kalkulierter Rechtsbruch: Wer zum 80. Gedenktag anlässlich des Sieges über den Hitlerfaschismus ein solches Tribunal verkündet, der betreibt keine Gedenkpolitik, sondern symbolische Kriegsführung. Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Menschen nach Frieden rufen – und sich erinnern, was die Versöhnung nach 1945, was die Öffnung der Mauer 1989, was der Dialog zwischen Ost und West einst bedeuteten. Ich erinnere mich, ich bin eine dieser Stimmen. Ich war keine Konsumentin, die vom Westen nur Shopping wollte. Ich war eine Ostdeutsche, die vor Freude weinte, nicht weil die Grenzzäune fielen, sondern weil der Kalte Krieg endete. Weil Worte wieder wichtiger wurden als Waffen. Weil wir glaubten, dass die Zukunft friedlich sein könnte. Heute muss ich dieser EU-Führung, die sich nie dem Wähler stellte und auch keine Legitimation mehr besitzt, am liebsten ins Gesicht spucken. Nicht aus Wut, sondern aus Trauer. Es ist Verrat – an der Hoffnung von Millionen. Und es ist der Aufstieg einer politischen Klasse, die sich mit autoritärem Technokratismus, transatlantischer Gefolgschaft und moralischem Zynismus kleidet. Man nennt so etwas, in Anlehnung an Umberto Eco, mit Recht: Postfaschismus. Denn dieser Herrschaftsmodus braucht keine Uniformen mehr – er wirkt durch Ausschluss, durch Sprachlenkung, durch Enteignung ohne Kriegserklärung und durch die absichtsvolle Verdrehung von Begriffen wie „Gerechtigkeit“ oder „Solidarität“. 

Tribunalsimulator mit vorgefertigtem Urteil

Als die Nürnberger Prozesse im November 1945 begannen, war die UNO zwar formell bereits gegründet, verfügte jedoch über keine eigene Strafgerichtsbarkeit. Der Internationale Gerichtshof, als höchstes UN-Organ für zwischenstaatliche Konflikte geschaffen, konnte keine Einzelpersonen belangen. Auch die spätere Menschenrechtscharta von 1948 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht formuliert. In diesem institutionellen Vakuum errichteten die vier alliierten Siegermächte auf Basis des Londoner Statuts vom 8. August 1945 ein eigenes Gericht. Es war eine Rechtssetzung durch die Sieger, offen und explizit, aber getragen vom kollektiven Bewusstsein einer Welt, die aus dem beispiellosen Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus Konsequenzen ziehen wollte. Die Legitimität des Tribunals gründete sich nicht auf einen neutralen internationalen Rahmen, sondern auf die moralische Autorität der Alliierten und die völlige Niederlage Deutschlands. Der Holocaust, die Angriffs- und Vernichtungskriege, die Shoah, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit – all das erzeugte einen historischen Ausnahmezustand, in dem juristische Präzedenzlosigkeit als notwendig empfunden wurde. Kritik am Verfahren blieb dennoch nicht aus. Der amerikanische Supreme-Court-Richter Harlan Fiske Stone bezeichnete das Tribunal als „einen politischen Prozess, verkleidet als Gericht“, und auch deutsche Juristen wie Carl Schmitt nannten es ein „Siegermächteurteil“. Doch die historische Tragweite der Verbrechen wog schwerer – und Nürnberg wurde zum Ausgangspunkt der modernen internationalen Strafgerichtsbarkeit.

Trotz seines singulären Charakters wurde das Nürnberger Modell in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg mehrfach zitiert, um internationale Sondertribunale einzurichten. So etwa im Fall des Jugoslawien-Tribunals (ICTY) und des Ruanda-Tribunals (ICTR), beide durch Resolutionen des UN-Sicherheitsrates legitimiert. Es handelte sich dabei um befristete Gerichte zur Aufarbeitung konkret definierter Völkermorde und Kriegsverbrechen – mit internationalen Richtern, Verfahrensgarantien und UN-Anbindung. Auch das Sondertribunal für den Libanon folgte diesem Muster, wenngleich bereits hier massive politische Einflussnahmen kritisiert wurden. Was nun jedoch von der EU vorgeschlagen wird, hat mit diesen Modellen nichts gemein. Es soll ein „Sondertribunal“ geschaffen werden, das nicht nur außerhalb der UNO operiert, sondern ganz offen auf die Instrumentalisierung für politische und finanzielle Ziele ausgelegt ist. Die Angeklagten sollen in Abwesenheit verurteilt werden können – ohne Verteidigung, ohne völkerrechtliche Anerkennung, ohne internationalen Konsens. Richter, Ermittler und Ankläger sollen aus dem Kreis jener Staaten stammen, die den politischen Konflikt mit Russland maßgeblich befeuern. Es ist also kein Gericht im klassischen Sinn, sondern ein Tribunalsimulator, der ein vorgefertigtes Urteil abspulen soll, um einen anderen Zweck zu erfüllen: die Umwidmung russischer Vermögenswerte in Finanzierungsquellen für die Ukraine.

Vermögenswerte als Reparation

In diesem Kontext wird die wenig beachtete „Regulation (EU) 2024/2773“ der Europäischen Union zu einem zentralen Puzzlestück. Im Oktober 2024 verabschiedet, begründet sie den sogenannten „Ukraine Loan Coordination Mechanism“, kurz ULCM, (Koordinierungsmechanismus für Ukraine-Kredite), ein Finanzinstrument, über das der Ukraine ein 50-Milliarden-Dollar-Kreditpaket zur Verfügung gestellt wird. Das Besondere: Die Rückzahlung dieses Pakets soll nicht aus ukrainischen Haushaltsmitteln erfolgen, sondern aus den Erträgen eingefrorener russischer Staats- und Zentralbankvermögen. Diese wurden im Zuge der EU-Sanktionen nach 2022 blockiert – und sollen nun bis zu 45 Jahre eingefroren bleiben, um jährlich Zinsen für die Schuldentilgung zu generieren.

Die EU will also ein ganzes Finanzierungsmodell auf dem Zugriff auf fremdes Eigentum aufbauen – ohne rechtlich einwandfreie Grundlage, ohne UN-Mandat, aber mit voller politischer Entschlossenheit. Was fehlt, ist ein völkerrechtlicher Hebel, um diesen Zugriff als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Und genau hier kommt das geplante Tribunal ins Spiel. Es soll die Schuldzuweisung an Russland in ein rechtsförmiges Urteil überführen, das dann – zumindest intern – die Konfiszierung der Vermögenswerte als Reparation legitimieren kann. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. In Wahrheit handelt es sich um eine nachgelagerte Justifizierung bereits begonnener finanzpolitischer Tatsachen. Das Recht wird nicht angewandt, sondern inszeniert. Der Prozess ist der Anstrich für den Raubzug. Ideengeber ist die EU-Kommission, durchgesetzt von Ursula von der Leyens Team, in enger Abstimmung mit den G7 – obwohl etwa die USA unter Präsident Trump mittlerweile auf Abstand zum Tribunal-Projekt gingen. Unterstützt wird das Konstrukt vor allem von den baltischen Staaten, Polen und der deutschen Bundesregierung. Skeptisch sind Staaten wie Ungarn, die Slowakei und Österreich, die sich in der Formulierung zurückhielten.

Bruch mit Standards 

Offiziell soll die Regelung der Ukraine helfen, ihre Staatsfinanzen zu stabilisieren. Realpolitisch ist die Motivation tiefgreifender: Die EU hat sich selbst auf Jahrzehnte in eine Schuldenfalle manövriert, aus der sie ohne Zugriff auf russisches Eigentum nicht mehr herauskommt. Die Ukraine wird de facto zum Schuldner, Russland zur unfreiwilligen Garantie – ein Novum in der modernen Finanzgeschichte. Weil es keine internationale rechtliche Grundlage für die Konfiszierung fremden Eigentums gibt, wurde das „Sondertribunal“ konstruiert. Es soll die politische Schuldzuweisung in ein juristisches Feigenblatt verwandeln. Dieses „Gericht“ soll in Abwesenheit verurteilen, auf Basis von Ermittlungen, Anklagen und Richtern, die allesamt von denselben westlichen Staaten gestellt und finanziert werden. Die Rolle Russlands als ständiges Sicherheitsratsmitglied der UNO – irrelevant. Die Charta der Vereinten Nationen – umgangen. Die EU erlaubt sich damit eine neue Form von Finanzkolonialismus, bei dem Drittstaaten ohne Zustimmung oder Verhandlung enteignet werden – ein Bruch mit bisherigen Standards des Völkerrechts und der Eigentumsgarantie.

Besitz moralischer Wahrheit

Das neue Tribunal ist nicht einfach eine moralische Geste. Es ist juristisches Werkzeug, um genau diesen Finanzmechanismus zu rechtfertigen. Während Trump in den USA ankündigt, Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wieder aufnehmen zu wollen, setzt die EU auf das Gegenteil: die Zementierung des Feindbildes und die Verstetigung des Konflikts. Dass die Verkündung am 9. Mai, dem russischen Gedenktag für den Sieg über Hitlerdeutschland, erfolgte, ist mehr als ein Zufall. Es ist eine kalkulierte Provokation, ein „Tritt gegen das Geschichtsgedächtnis Russlands“, wie ein russischer Diplomat es formulierte. An diesem Tag erinnerte sich Russland der 27 Millionen Toten, die der Krieg gegen Nazi-Deutschland forderte – während die EU auf ukrainischem Boden das Signal aussendet: Wir verurteilen euch – rückwirkend und vorausschauend. Noch offensichtlicher wird die politische Instrumentalisierung, wenn man sich fragt, warum solche Tribunale nicht längst gegen andere Staaten oder politische Führungen eingerichtet wurden. Der Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999, ohne UN-Mandat geführt, hätte theoretisch ebenso verfolgt werden können. Auch der völkerrechtswidrige Irakkrieg von 2003, initiiert durch die USA und Großbritannien unter offenkundiger Missachtung internationaler Institutionen, wurde nie juristisch aufgearbeitet. Die Zerstörung Libyens, das jahrelange Desaster in Afghanistan, die Drohnenkriege der USA in Pakistan und Jemen – all dies blieb juristisch folgenlos. Niemand hat je ein Tribunal gegen Tony Blair, George W. Bush, Gerhard Schröder und Joschka Fischer, Nicolas Sarkozy, Barak Obama oder Joseph Biden gefordert – obwohl deren Handlungen nach den gleichen Kriterien zu bewerten wären, die heute gegen Russland ins Feld geführt werden. Der Unterschied liegt nicht im Recht, sondern in der Machtbalance. Und in der Erzählung. Der Westen beansprucht für sich, im Besitz der moralischen Wahrheit zu sein – und leitet daraus ab, dass er nicht den gleichen Maßstäben unterworfen sein muss wie andere. 

Kalkulierte politische Arroganz

Eine weitere historische Ironie drängt sich auf. Russland – damals die Sowjetunion – gehörte zu den Hauptleidtragenden des deutschen Vernichtungskriegs. Mit über 27 Millionen Kriegstoten, verbrannten Städten, Deportationen und Zwangsarbeit trug das Land die größten Opfer des Zweiten Weltkriegs. Die DDR zahlte nach dem Krieg Reparationsleistungen in Form von Demontagen, Sachwerten und industrieller Abgabe an die Sowjetunion. Die Schätzungen variieren stark, liegen aber bei rund 15–20 Milliarden US-Dollar (nach damaligem Wert). Diese Leistungen wurden vom Osten Deutschlands – getragen, nicht von der Bundesrepublik Deutschland. In Westdeutschland kam es nie zu direkten Reparationszahlungen an die UdSSR, was dort oft als historische Ungerechtigkeit gesehen wird. Russland hat keine Schulden aus dem 2. Weltkrieg – im Gegenteil: Die westliche Republik ist Russland Reparationszahlungen faktisch schuldig geblieben. Westdeutschland entkam bislang dieser Pflicht durch seine Westbindung. Heute steht Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion erneut vor dem Zugriff europäischer Institutionen, die nun, ohne Sieg, ohne Vertrag und ohne Legitimation, Reparationen verlangen wollen – zugunsten eines anderen Staates, mit dem Russland sich im Krieg befindet.

Könnte man als Deutscher vor Wut platzen? Ja – und mit Recht. Denn wenn eine EU, die sich auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit beruft, heute ohne Gerichtsurteil und ohne Kriegssieg russisches Eigentum rauben will, während (West-) Deutschland selbst nie vollständig für seine historischen Schulden gegenüber Russland aufkam, ist das ein geschichtliches Eigentor voller Doppelmoral. Dass dabei der 9. Mai zur propagandistischen Kulisse für ein antirussisches Tribunal wird, zeugt nicht nur von Ignoranz, sondern von kalkulierter politischer Arroganz. Es ist ein radikaler Paradigmenwechsel: Von der völkerrechtlich geordneten Nachkriegswelt zur geopolitisch motivierten Finanzverwertung. Und es ist ein gefährliches Spiel mit historischem Dynamit. Denn jede Ordnung, die Eigentum zur Disposition politischer Moral stellt, verliert über kurz oder lang ihre Glaubwürdigkeit – und mit ihr die Stabilität der Verträge, auf denen moderne Staaten beruhen. 

Koalition der Vergesslichen

Wenn der deutsche Außenminister Johann Wadephul im Gespräch mit russischen Satirikern Russland als „ewigen Feind“ bezeichnet, dann spricht nicht ein Diplomat, sondern ein kalter Erbe der Systemlogik. Wer so spricht, hat nie verstanden, was 1945 bedeutete. Und nichts begriffen, was 1989 möglich machte. Wenn Friedrich Merz als Kanzler dabei zusieht, wie unter deutschem Namen neue „Sondertribunale“ entstehen, während man das eigene Völkerrechtsversagen in Minsk II bis heute verdrängt – dann hat er kein Mandat, Deutschland zu vertreten. Nicht im Frieden, nicht im Recht, nicht im Namen seiner Bürger. Und wer solche Menschen in höchsten Ämtern duldet, während sie an der Entzivilisierung Europas arbeiten, der verliert das moralische Fundament jeder demokratischen Politik und bemüht eine ewige Lüge. Wenn Kanzler Merz in dieser Stunde schweigt, wenn er mitträgt, was hier geschieht, wenn er es nicht wagt, sich der Logik von Krieg, Tribunal und Eigentumsraub zu widersetzen – dann sollte er den Platz räumen. Für eine Generation, die aus ihrer Geschichte mehr gelernt hat als diese Koalition der Vergesslichen. 

Der Westen richtet nicht sich selbst – er richtet andere. Und genau darin liegt die Perversion des aktuellen Vorhabens: Die Selbstermächtigung wird zur Justiz, die Schuldumkehr zur Politik, die moralische Projektion zur Ideologie. Ich verfolge den Ukraine-Konflikt seit Jahren. Und das eine Detail, auf das sich jede Argumentationslinie des Westens stützt – der vermeintlich „unprovozierte Angriff Russlands“ –, zerfällt zu Staub, wenn man die Geschichte davor betrachtet. Es waren nicht russische Truppen, die 2014 zuerst schossen. Es waren nationalistische Milizen unter dem Schutz ukrainischer Oligarchen und ihrer nazistisch durchtränkten Regierung, die – im Bündnis mit westlichen Akteuren – einen faktischen Krieg gegen ihre eigene Bevölkerung im Donbass führten. Mehr als 3000 zivile Opfer, dokumentierte Folter, Vertreibungen, systematische Menschenrechtsverletzungen – lange vor dem Eingreifen Russlands, lange vor der Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Diese baten Russland um Hilfe. Der Westen schwieg. Noch schlimmer: Er sabotierte bewusst den Minsk-II-Vertrag, der unter der Garantie Deutschlands und Frankreichs 2015 in Kraft trat, aber nie umgesetzt wurde, nicht umgesetzt werden durfte. Ein völkerrechtlich bindendes Abkommen – gebrochen, bevor es wirksam werden konnte. Die Ukraine erhielt Waffen statt Frieden, Lob statt Kontrolle. Und niemand wurde je zur Rechenschaft gezogen. Das eigentliche Tribunal müsste daher nicht gegen Moskau, sondern gegen die Mitschuldigen in Berlin, Brüssel, London und dem Washington geführt werden. Gegen die stillen Dulder, die nützlichen Idioten, die moralisch Entrüsteten mit blutigen Händen in der Tasche. 

Nicht Russland, sondern Europa steht in der Schuld – gegenüber den getöteten, vertriebenen, gefolterten Menschen im Donbass, gegenüber jenen Ukrainern, die nicht Asow-Fahnen schwenkten, sondern einfach überleben wollten. Gegenüber den Minsk-II-Garantiemächten, die selbst das Abkommen sabotierten. Und gegenüber jenen Völkern, die heute zusehen müssen, wie moralischer Imperialismus erneut mit Rechtsbegriffen hantiert – aber keine Gerechtigkeit schafft. Es ist nicht Russland, das heute zur Kasse gebeten werden sollte, sondern jene westlichen Regierungen, Think-Tanks, Journalisten und Waffenlobbyisten, die aus einem internen ukrainischen Konflikt einen geopolitischen Stellvertreterkrieg gemacht haben. Die, die Milliarden verdient haben – mit Gasumleitungen, Kriegspropaganda, und dem Verkauf von „Demokratie“, wo Oligarchie und Korruption herrschte.

Strategische Demütigung 

Vielleicht braucht Europa wirklich ein Tribunal, nicht gegen Russland, sondern gegen bürokratische Größenfantasien. Anklagepunkt 1: Versuchter institutioneller Diebstahl unter dem Deckmantel moralischer Überlegenheit. Anklagepunkt 2: Komplizenschaft mit ukrainischem Korruptionsfilz durch blanko ausgestellte Milliardenkredite ohne Rückzahlungsverpflichtung. Anklagepunkt 3: Verfassungswidrige Willkürgesetzgebung zur politischen Absicherung wirtschaftlicher Bankrotterklärungen. Anklagepunkt 4: Täuschung der Weltgemeinschaft. Ein eigenes Tribunal gegen Bürokraten mit Blut im Budget, gegen Kommissare in „Wertegemeinschaften“, gegen Technokraten, die das Wort Gerechtigkeit nur kennen, wenn es mit Sanktionen endet. Die Richter könnten aus Donezk, Gorlowka, Mariupol stammen, Zeugen aus dem Berliner Auswärtigen Amt, Beweismaterial aus deutschen Nachrichtensendungen, die bis heute verschweigen, wer wen seit 2014 tötete. Das Urteil: 25 Jahre Wahrheitsdienst – ohne Diplomatenpass, ohne Auslandsdiäten, ohne Schweigeprämie. Wenn wir nun schon dabei sind, Tribunale ohne Mandat und Urteile ohne Prozess zu produzieren – warum nicht konsequent sein. 

Um im sarkastischen Kontext zu bleiben, wie wäre es mit einem „Sondertribunal zur Untersuchung haushaltspolitischer Verstiegenheit im Amt der EU-Kommissionspräsidentin“? Oder ein „Tribunal zur Untersuchung der moralischen Zwangsstörung im Auswärtigen Dienst der Bundesrepublik“? Was absurd klingt, ist nicht absurder als das, was derzeit unter dem Etikett „Gerechtigkeit“ gegen Russland vorbereitet wird. Ein Tribunal, das vor allem eines ist: ein Symptom der Hilflosigkeit. Bürger Europas, insbesondere in Deutschland, sollten sich in dieser Stunde nicht hinter Sprachlosigkeit und Nachrichtenroutine verkriechen. Die Frage, ob in unserem Namen ein Tribunal errichtet wird, das nicht dem Recht, sondern der Rache dient, ist nicht abstrakt. Sie betrifft das Fundament unserer politischen Kultur. Wenn Eigentum politisch entzogen werden kann, wenn Recht zur Kulisse wirtschaftlicher Interessen wird, wenn Geschichtstage zur Bühne strategischer Demütigungen gemacht werden – dann ist es Zeit, laut zu werden.

Schuldig in allen Punkten

Die Erinnerung an Nürnberg mahnt zur Verantwortung. Sie taugt nicht als Bühne für politische Manöver. Wer mit dem Recht spielt, verliert seine Autorität. Und wer ausgerechnet am Tag der Befreiung vom Faschismus ein Schaugericht gegen die Nachkommen jener eröffnet, die Hitler besiegt haben, steht nicht auf der Seite der Geschichte – er tritt sie. Es wird Zeit, dass jemand die Rechnung aufmacht. Und sei es nur mit Worten. Daher appelliere ich an Sie, liebe Leser: Lassen wir es nicht dabei. Wir, die Menschen, nicht die Institutionen, haben das letzte Wort. Widersprechen Sie der offiziellen Sprache. Nennen Sie es Enteignung nicht Solidarität. Informieren Sie sich – nicht auf Regierungsseiten, sondern bei Journalisten, die noch Fragen stellen. Fragen Sie Ihre Abgeordneten, wer in Ihrem Namen über „Tribunale“ entscheidet. Wehren Sie sich gegen das Schweigen, das zum Komplizen wird. Schreiben Sie, sprechen Sie, gehen Sie. Fordern Sie öffentliche Aufarbeitung der Minsker Vertragsbrüche – in deutschen Parlamenten, nicht in russischen Archiven. Schließen Sie Frieden mit der Wahrheit, auch wenn sie nicht auf Ihrer Seite steht. Denn wenn wir nicht handeln, dann bleibt am Ende nur ein Bild: Europa, am Richtertisch, mit leerer Anklagebank – aber schuldig in allen Punkten.

Was sich derzeit vor unseren Augen vollzieht, ist keine juristische Weiterentwicklung, sondern eine politische Rückentwicklung. Die EU, gegründet als Friedensprojekt und Garant für die Rechtsstaatlichkeit, schafft sich ein Parallelrecht – exklusiv für Russland, exklusiv für den eigenen geopolitischen Zweck. Ein „Sondertribunal“, das nicht dem Recht, sondern der Finanzierung dient; eine Verordnung, die fremdes Vermögen als zukünftiges Betriebskapital verplant; eine politische Elite, die jeden Rest an Selbstreflexion hinter grinsender Solidaritätsrhetorik verbrennt. Wer so agiert, führt keinen Rechtskampf, sondern einen Kreditkrieg. Und wer dafür den 9. Mai wählt – den russischen Gedenktag an den Sieg über den Hitlerfaschismus –, der hat entweder jegliches historisches Gespür verloren oder zynische Absicht zur Strategie erhoben. Beides wäre fatal.

Quellen und Anmerkungen

1.) https://www.deutschlandfunk.de/russland-botschafter-interview-einordnungen-100.html

2.) Harlan Fiske Stone: Pillar of the Law, New York, Viking Press von 1956

3.) Carl Schmitt, „Das internationale Verbrechen des Angriffskrieges und der Grundsatz ‘Nullum crimen, nulla poena sine lege’“, 1945/46, herausgegeben von Helmut Quaritsch in Carl Schmitt: Antworten in Nürnberg, Berlin: Duncker & Humblot, 2000. In diesem Text argumentiert Schmitt, dass die Nürnberger Prozesse eine Form von „Siegerjustiz“ darstellten, da die Anklage wegen Angriffskriegs seiner Ansicht nach keine völkerrechtliche Grundlage hatte und die Prozesse von den Siegermächten politisch gesteuert wurden. Dies entspricht der Idee eines „Siegermächteurteils“. Eine weitere Quelle, die Schmitts Haltung zusammenfasst, ist: Paul Noack, Rezension von Quaritsch’ Edition in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 24. Oktober 2000, wo Noack betont, dass Schmitt die Prozesse als „Instrumentalisierung des Rechts und der Richter für die politischen Ziele der Sieger“ ansah: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/politik/rezension-sachbuch-schauerliche-lebensferne-113247.html ; https://www.perlentaucher.de/buch/carl-schmitt/antworten-in-nuernberg.html

4.) Das Internationale Strafgericht für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wurde durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gegründet: United Nations Security Council Resolution 827 (S/RES/827), verabschiedet am 25. Mai 1993. Diese Resolution legt die Einrichtung des ICTY fest, um Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen, die seit 1991 im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden. Der Text der Resolution ist verfügbar auf der offiziellen Website der Vereinten Nationen: UN-Dokument S/RES/827 (1993).

5.) Das Internationale Strafgericht für Ruanda (ICTR) wurde ebenfalls durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates legitimiert: United Nations Security Council Resolution 955 (S/RES/955), verabschiedet am 8. November 1994. Diese Resolution begründet die Einrichtung des ICTR zur Verfolgung von Personen, die für den Völkermord und andere schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Ruanda 1994 verantwortlich sind. Der Text der Resolution ist verfügbar auf der offiziellen Website der Vereinten Nationen: UN-Dokument S/RES/955 (1994).

6.) Neue Zürcher Zeitung (NZZ), „Ja, das Uno-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien war politisch – aber es schuf trotzdem Gerechtigkeit“, 29. November 2017. Der Artikel beschreibt Kritik am ICTY, insbesondere von russischer Seite und serbischen Nationalisten, die das Tribunal als „antiserbisch“ und „Instrument des Westens“ bezeichneten. Dies spiegelt den Vorwurf wider, dass das ICTY ein „Siegermächteurteil“ darstelle, da es offenbar von westlichen Mächten gesteuert sei.

7.) Das Sondertribunal für den Libanon (STL) wurde durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gegründet, um insbesondere das Attentat auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri am 14. Februar 2005 zu untersuchen und die Verantwortlichen zu verfolgen: United Nations Security Council Resolution 1757 (S/RES/1757), verabschiedet am 30. Mai 2007. Diese Resolution setzte das Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und der libanesischen Regierung über die Einrichtung des STL unter Kapitel VII der UN-Charta in Kraft. Der Text der Resolution ist verfügbar auf der offiziellen Website der Vereinten Nationen: UN-Dokument S/RES/1757 (2007). Zusätzlich wurde die Grundlage für die Untersuchungen durch die Resolution 1595, 7. April 2005, gelegt, die die United Nations International Independent Investigation Commission (UNIIIC) einrichtete, um das Hariri-Attentat zu untersuchen. Dies führte später zur Bitte der libanesischen Regierung um ein Tribunal, Dezember 2005, das durch Resolution 1757 formalisiert wurde.

8.) Kritik an massiven politischen Einflussnahmen: Das STL wurde von verschiedenen Seiten, insbesondere von der Hisbollah und ihren Verbündeten, wegen angeblicher politischer Einflussnahmen kritisiert. Kritiker sahen das Tribunal als Instrument westlicher Mächte (insbesondere der USA und Israels), um die Hisbollah und Syrien zu schwächen. Diese Kritik wurde durch die politische Spaltung im Libanon verstärkt, wo das Tribunal von Hariris pro-westlichen Anhängern unterstützt, aber von der prosyrischen und proiranischen Opposition abgelehnt wurde. Heinrich-Böll-Stiftung, „Die libanesische Regierungskrise“, 24. Januar 2011. Der Artikel beschreibt, wie die Hisbollah und ihre Verbündeten das STL als politisch motiviert ansahen, da es als Werkzeug der USA und Israels zur Schwächung Syriens und des libanesischen Widerstands gegen Israel betrachtet wurde. Es wird erwähnt, dass die Hisbollah das Tribunal „umso vehementer torpediert“, seit sie selbst im Zentrum der Untersuchungen stand. Der Artikel hebt hervor, dass die Arbeit des ersten Untersuchungsleiters, Detlev Mehlis, durch voreilige Schuldzuweisungen an Syrien und undichte Informationen die Wahrnehmung eines politisch gefärbten Tribunals verstärkte. Verfügbar unter: Heinrich-Böll-Stiftung.

9.) Regulation (EU) 2024/2773 of the European Parliament and of the Council of 24 October 2024 establishing the Ukraine Loan Cooperation Mechanism and providing exceptional macro-financial assistance to Ukraine. Veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L, 2024/2773, 28.10.2024. ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/2773/oj.

10.) Eine exakte Summe, die aus russischen Mitteln für die Ukraine bereitgestellt wird, ist in der Verordnung (EU) 2024/2773 nicht eindeutig angegeben, da sie von variablen Erträgen abhängt. Basierend auf dem Dokument und externen Schätzungen: Die jährlichen Erträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten werden auf etwa 2,5–3 Milliarden EUR geschätzt, wovon etwa 2,7 Milliarden EUR pro Jahr (nach Abzug von Kosten) für den Ukraine Loan Cooperation Mechanism verfügbar sein könnten. Über mehrere Jahre könnte die EU einen erheblichen Teil der G7-Zusage (bis zu 50 Milliarden USD, ca. 46 Milliarden EUR) aus diesen Erträgen decken, wobei Schätzungen zufolge 20–30 Milliarden EUR aus russischen Mitteln stammen könnten, abhängig von der Dauer und den Erträgen.

Quelle: Verordnung (EU) 2024/2773, insbesondere Erwägungsgründe (6), (7), (10) und Artikel 4, verfügbar unter http://data.europa.eu/eli/reg/2024/2773/oj. Zusätzliche Kontextinformationen aus Berichten der Europäischen Kommission und Euroclear (2024) zu den Erträgen aus russischen Vermögenswerten.

11.) Tagesschau.de, 7. März 2025 berichtet, dass die EU sich verstärkt um die Unterstützung der Ukraine kümmert, da die USA unter Trump unberechenbar sind. Dies deutet auf eine mögliche Zurückhaltung der USA hin, ohne jedoch direkt die Verordnung 2024/2773 zu nennen. Erwägungsgrund (6) der Verordnung 2024/2773 betont die G7-Zusage. Externe Berichte, wie ein Artikel der Financial Times vom 10. November 2024 („EU braces for Trump’s return as US support for Ukraine wanes“), deuten darauf hin, dass die EU nach Trumps Wahlsieg im November 2024 mit einer Reduzierung der US-Unterstützung rechnet. Reuters, „Trump administration threatens ICC with sanctions over Russia probe“ (15. Januar 2025), bestätigt Trumps ablehnende Haltung gegenüber dem ICC, insbesondere im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen russische Kriegsverbrechen.

12.) Tagesschau.de, 7. März 2025 erwähnt, dass 26 von 27 EU-Mitgliedstaaten die Unterstützung der Ukraine, einschließlich Waffenlieferungen, uneingeschränkt befürworten. Polen und die baltischen Staaten werden in als besonders offen für gemeinsame Schulden für Verteidigungsinvestitionen genannt, was ihre proaktive Haltung bei der Unterstützung der Ukraine unterstreicht. Der Bericht der Europäischen Kommission, „EU support for Ukraine“, Stand Oktober 2024, verfügbar unter https://ec.europa.eu, hebt hervor, dass Polen, Estland, Lettland, Litauen und Deutschland zu den größten bilateralen Unterstützern der Ukraine gehören, was ihre Unterstützung für Mechanismen wie die Verordnung 2024/2773 impliziert. Deutsche Bundesregierung: Ein Statement des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz vom 28. Oktober 2024 (veröffentlicht auf https://www.bundesregierung.de) begrüßt die Verordnung 2024/2773 und betont Deutschlands Engagement für die finanzielle Unterstützung der Ukraine.

13.) Ungarn, die Slowakei und Österreich haben sich in der Vergangenheit zurückhaltend oder kritisch gegenüber bestimmten Formen der Unterstützung für die Ukraine gezeigt, insbesondere wenn es um finanzielle oder militärische Verpflichtungen geht. Die Tagesschau, 7. März 2025, hebt hervor, dass Ungarn als einziger EU-Mitgliedstaat aus der einheitlichen Unterstützung der Ukraine ausschert. Dies schließt auch die Skepsis gegenüber Finanzierungsmechanismen wie der Verordnung 2024/2773 ein. Ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 15. November 2024, „Slowakei zögert bei Ukraine-Hilfen“, berichtet, dass die slowakische Regierung unter Robert Fico Bedenken gegen weitere finanzielle Verpflichtungen für die Ukraine äußert, was ihre Zurückhaltung bei der Verordnung 2024/2773 unterstützt.

14.) Österreichs neutrale Haltung wird in einem Bericht der Wiener Zeitung vom 20. Oktober 2024,„Österreichs Rolle in der EU-Ukraine-Politik“, beschrieben, der betont, dass Österreich aufgrund seiner Neutralität oft zurückhaltend bei militärischen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen ist, was auch auf die Verordnung 2024/2773 zutreffen könnte. erwähnt Ungarns und der Slowakei (unter Fico) kritische Haltung gegenüber EU-Initiativen. Österreichs Zurückhaltung wird in im Kontext der Migration und anderer EU-Politiken erwähnt, was indirekt auf eine vorsichtige Haltung hindeutet. https://www.zeit.de/2025/04/europaeische-union-ursula-von-der-leyen-giorgia-meloni-donald-trump; https://www.tagesspiegel.de/politik/das-sind-die-sechs-grossten-herausforderungen-fur-ursula-von-der-leyen-5026519.html

15.) https://germany.representation.ec.europa.eu/news/ursula-von-der-leyen-stellt-kollegium-der-eu-kommission-2024-2029-vor-2024-09-17_de

16.) https://www.zeit.de/2025/04/europaeische-union-ursula-von-der-leyen-giorgia-meloni-donald-trump

17.) https://www.spiegel.de/ausland/internationaler-strafgerichtshof-ruft-zur-verteidigung-seiner-unabhaengigkeit-auf-a-92d4736b-d92b-4ccc-aa92-d65de22408c7

18.) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-gipfel-aufruestung-ukraine-102.html

19.) Das Londoner Statut vom 8. August 1945, offiziell bekannt als das „Abkommen zur Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse“, Agreement for the Prosecution and Punishment of the Major War Criminals of the European Axis, unterzeichnet von den vier Alliierten (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich). Dieses Dokument legte die rechtliche Grundlage für die Einrichtung des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg fest. Der Text des Statuts ist verfügbar in: United Nations Treaty Series, Band 82, S. 279, oder über das Avalon Project der Yale Law School: London Agreement and Charter of the International Military Tribunal. Artikel 1 des Statuts bestätigt die Errichtung des IMT durch die vier Siegermächte: „Es wird hiermit ein Internationaler Militärgerichtshof eingerichtet zur gerechten und schnellen Aburteilung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse.“

20.) Eine umfassende historische Darstellung findet sich in: Telford Taylor, „The Anatomy of the Nuremberg Trials: A Personal Memoir“, New York: Knopf, 1992, Kapitel 2, S. 29–35. Taylor, ein US-Ankläger in Nürnberg, beschreibt, wie die Alliierten nach dem Krieg in einem „institutionellen Vakuum“ operierten, da es keine bestehende internationale Strafgerichtsbarkeit gab. Das Londoner Statut wurde als Ad-hoc-Lösung entwickelt, um die Kriegsverbrecherprozesse zu ermöglichen. Taylor betont: „There was no precedent in international law for such a tribunal, and the London Agreement was a response to the absence of any established mechanism to prosecute war crimes on this scale.“

21.) Kevin Jon Heller, „The Nuremberg Military Tribunals and the Origins of International Criminal Law“ (Oxford: Oxford University Press, 2011), Kapitel 1, S. 15–20. Heller erläutert, dass das Londoner Statut vom 8. August 1945 in einem Kontext entstand, in dem kein globales Gericht existierte, und dass die Siegermächte daher ein eigenes Tribunal schufen, um die rechtliche Lücke zu füllen.

Kontext des institutionellen Vakuums: Der Begriff „institutionelles Vakuum“ beschreibt treffend die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg, da der Völkerbund aufgelöst war, die Vereinten Nationen erst 1945 gegründet wurden und es keine ständige internationale Strafgerichtsbarkeit gab (der Internationale Strafgerichtshof, ICC, wurde erst 2002 aktiv). Dies wird auch in: Gerhard Werle und Florian Jeßberger, „Völkerstrafrecht“, 5. Auflage, Tübingen: Mohr Siebeck, 2020, S. 45–50, beschrieben, wo die Autoren die Nürnberger Prozesse als „Reaktion auf ein institutionelles Vakuum“ charakterisieren, da die Alliierten keine bestehende Institution nutzen konnten.

22.) https://anti-spiegel.ru/2025/wozu-will-die-eu-das-anti-russische-tribunal-gruenden/

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 14. Mai 2025 auf globalbridge.ch.

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Wir danken der Autorin für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission)
Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock


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