Putins Vision einer zukünftigen Weltordnung
Ein Meinungsbeitrag von Antje Lüth.
Der russische Präsident Wladimir Putin stellte am 5. Oktober 2023 bei seiner jährlichen Grundsatzrede vor dem Valdai-Club seine Vision einer zukünftigen Weltordnung vor. Er ging dabei auf die weltweite Gefahr zerstörerischer Kriege ein, in deren Folge die Menschheit in eine immer gefährlicher werdende Eskalationsspirale gerate. Um aus dieser alten Dynamik eskalierender Gewalt herauszukommen, so Putin, sei es notwendig, international umzudenken. Vor diesem Hintergrund benannte Putin in Ergänzung zur international anerkannten UN-Charta 6 Grundprinzipien des internationalen Zusammenlebens als Voraussetzung einer friedlichen Weltordnung.
In Teil 1 dieses zweiteiligen Artikels werden zunächst diese 6 Grundprinzipien und deren Hintergrund erläutert. In Teil 2 wird dann im historischen Rückblick gezeigt, warum eine friedliche Weltordnung nur dann möglich ist, wenn sich die traditionellen, hegemonialen und kolonialen Denkmuster verändern.
Die Notwendigkeit einer friedenssichernden Weltordnung
Am 24. Oktober 1945 wurden die Vereinten Nationen gegründet und die UN-Charta trat als Verfassung der Weltgemeinschaft in Kraft. Insbesondere nach den Erfahrungen zweier verheerender Weltkriege erklärte man die Vermeidung von Kriegen und Gewalt als zentrales Ziel dieser neuen Weltordnung. Um ein friedliches Zusammenleben gewährleisten zu können, schrieb man in die UN-Charta die Anerkennung der Gleichberechtigung, der Souveränität und Selbstbestimmung aller Nationen als Grundprinzipien internationaler Beziehungen fest.
Die universellen Ziele und Grundsätze der UN-Charta sind von allen inzwischen 193 Mitgliedsländern anerkannt worden (1). Jedoch zeigte sich bereits von Beginn an, dass das international anerkannte Völkerrecht und die Prinzipien der UN-Charta permanent gebrochen wurden und werden. Zusammen mit den immer gefährlicher werdenden Waffen bringt dies nicht nur unaufhörlich weltweit Zerstörung und Elend mit sich, sondern treibt die gesamte Menschheit in eine immer gefährlicher werdende Gewaltspirale. Um diese Gewaltspirale durchbrechen zu können, ist es notwendig, dass sich alle Staaten dieser Erde an die bereits definierten Grundprinzipien internationalen Zusammenlebens halten.
In Anbetracht der Verschiebungen der globalen Machtverhältnisse gibt es dazu allerdings unterschiedliche Vorstellungen.
Putins Vorstellung einer neuen Weltordnung
Der russische Präsident Wladimir Putin stellte in seiner diesjährigen Grundsatzrede zur internationalen Lage vor dem Valdai-Club, der wichtigsten russischen Denkfabrik, seine Vorstellung einer zukünftigen Weltordnung vor.
Putins Rede vom 5. Oktober 2023 unterschied sich diesmal deutlich von seinen Reden vorheriger Jahre, denn sie richtete sich weniger an den Westen, sondern vielmehr an das eigene Land und die nicht-westlichen Staaten.
Putins Resümee
Zunächst einmal fasste er rückblickend die Entwicklung in der Welt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zusammen. Dabei stellte er fest, dass aus den zerstörerischen Konfrontationen des vergangenen Jahrhunderts keine Lehren gezogen wurden und alle Verständigungsversuche mit dem „Westen“ immer wieder scheiterten. Noch immer sei das Handeln des „Westens“ von dessen kolonialer und hegemonialer Denkweise geprägt und die ihnen innewohnende treibende Energie mache Kriege unvermeidlich:
„Die Vereinigten Staaten und ihre Satelliten haben einen festen Kurs auf Hegemonie eingeschlagen - militärisch, politisch, wirtschaftlich, kulturell, ja sogar moralisch und wertmäßig. […]. Die Welt ist zu komplex und vielfältig, um sie einem einzigen Schema unterzuordnen, auch wenn dahinter die Macht, die enorme Macht des Westens steht, die in Jahrhunderten der Kolonialpolitik angesammelt wurde. […] sie leugnen nicht, dass der Wohlstand des Westens größtenteils durch die Ausplünderung der Kolonien über Jahrhunderte hinweg erreicht wurde. […] Die Geschichte des Westens ist im Wesentlichen eine Chronik der endlosen Expansion. […] er braucht immer neuen Treibstoff, um sich selbst zu erhalten - natürliche, technologische und menschliche Ressourcen, die anderen gehören. Deshalb kann der Westen einfach nicht aufhören und hat auch nicht die Absicht, dies zu tun. Unsere Argumente, Ermahnungen, Appelle an die Vernunft und Vorschläge wurden einfach ignoriert.“ (2)
In seiner Analyse geht Putin insbesondere auf drei Eckpfeiler der Macht des Westen ein: 1) die westlichen Blockkonzepte zur Schaffung von Feindbildern, 2) die vom Westen neuerdings vorgehaltene „Regelbasierte Ordnung“ und 3) die besondere, im Westen forcierte aggressive demagogische Manipulation des Bewusstseins der Menschen.
Westliche Blockkonzepte zur Schaffung von Feindbildern
In der Welt werden den westlichen Interessen dienende geopolitische Blöcke geschaffen. Diese dienten allein dazu,
„[…] die Welt in eine Situation der ständigen Konfrontation zwischen ‚uns und ihnen‘ zu treiben. […] Der Westen braucht immer einen Feind […], mit dem er die Notwendigkeit eines energischen Vorgehens und einer Expansion erklären kann. Aber er braucht auch einen Feind, um die interne Kontrolle innerhalb eines bestimmten Systems des Hegemons, innerhalb von Blöcken - innerhalb der NATO oder anderen militärisch-politischen Blöcken - aufrechtzuerhalten. Es gibt einen Feind - alle müssen sich um den Chef scharen.“ (3)
Diese geostrategisch begründete Blockbildung jedoch
„[…] ist eine Einschränkung der Rechte und Freiheiten von Staaten, sich selbst zu entwickeln, ein Versuch, sie in einen bestimmten Käfig von Verpflichtungen zu sperren. Es handelt sich gewissermaßen […] darum, den Staaten einen Teil ihrer Souveränität zu nehmen und ihnen dann - und das sehr oft - Entscheidungen […] aufzuzwingen, wie es derzeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa geschieht.“ (4)
Die „Regelbasierte Ordnung“ des Westens als Machtinstrument
Um ihr Vorgehen zu stützen und zu legitimieren, so Putin
„[… ] versuchen sie, das Völkerrecht durch eine "Ordnung" zu ersetzen […] die auf bestimmten "Regeln" beruht. Welche "Regeln", was diese "Regeln" sind, wer sie erfunden hat - das ist absolut unverständlich. […] Aber das ist es, was sie versuchen, in den Köpfen von Millionen von Menschen zu verankern. "Wir müssen nach den Regeln leben." Welche Regeln?“ (5)
Diese Regeln würden nicht nur willkürlich aufgestellt, sondern
„[…] unsere westlichen Kollegen […] geben auch vor, wer und wie sie diese zu erfüllen haben und wer und wie sie sich im Allgemeinen zu verhalten haben. […] Das ist die gleiche Manifestation kolonialen Denkens. Ständig hören wir: Ihr müsst, ihr müsst, wir warnen euch ernsthaft.... Wer seid Ihr überhaupt? Welches Recht haben Sie, jemanden zu warnen? […] vielleicht ist es an der Zeit, dass Sie Ihre Arroganz ablegen, dass Sie aufhören, sich so gegenüber der Weltgemeinschaft zu verhalten, die ihre Aufgaben und Interessen sehr wohl versteht, und dass Sie sich wirklich von diesem Denken an die Ära der Kolonialherrschaft lösen? […] diese Ära ist längst vorbei und wird nie wiederkommen, nie wieder.“ (6)
Dieses Verhalten, so Putin, habe in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder nur zu großen Kriegen geführt, für deren Rechtfertigung verschiedene ideologische und sogar pseudomoralische Begründungen erfunden worden sind. Dies sei heute besonders gefährlich, denn
„Die Menschheit verfügt über Mittel, die, wie wir wissen, leicht den gesamten Planeten zerstören können, und das unglaubliche Ausmaß der Manipulation des Bewusstseins führt zum Verlust des Realitätssinns.“ (7)
Manipulation des Bewusstseins
Putin weist auf die westliche Informationspolitik hin und die Wirkung der Massenmedien. Diese würden in erster Linie von der angelsächsischen Welt und deren Interessen bzw. Zielsetzungen gelenkt und dienten dazu „[…] Millionen von Menschen, die die Realität aus den Massenmedien kennen, einer Gehirnwäsche zu unterziehen […].“ (8). Diesen Menschen werde ein Bild von der Welt vermittelt, das der alleinigen Deutung der angelsächsischen Welt entspricht. Informationen werden verborgen und verbogen, um geostrategische Interessen Einzelner zu verdecken bzw. zu legitimieren. Dies läuft immer wieder auf einen nicht enden wollenden Teufelskreis hinaus, der Armut, Hunger, Krieg und Zerstörung nach sich zieht.
Auf den immer stärker werdenden militärischen und politischen Druck müsse reagiert werden und ein dauerhafter Frieden könne nur dann entstehen,
„[…] wenn sich alle sicher fühlen, wenn sie merken, dass ihre Meinung respektiert wird und dass ein Gleichgewicht in der Welt besteht, wenn niemand in der Lage ist, andere zu zwingen, so zu leben und sich so zu verhalten, wie es der Hegemon wünscht, auch wenn dies der Souveränität, den wahren Interessen, Traditionen und Grundsätzen der Völker und Staaten widerspricht. In einem solchen Schema wird der Begriff der Souveränität einfach geleugnet […]. (9)
Putins Vision einer neuen Weltordnung
Um die weltweite Gefahr zerstörerischer Kriege einzudämmen, müssen Konzepte entwickelt werden, mit denen die obig beschriebene alte Dynamik durchbrochen werden kann. Vor diesem Hintergrund geht Putin zunächst auf das am 31. März 2023 verabschiedete Konzept für die russische Außenpolitik ein (10). Hier würden sich die Vorstellungen der eigenen Entwicklung ebenso widerspiegeln, wie die angestrebten Grundprinzipien einer neuen, friedlicheren Weltordnung. Dazu gehört unter anderem die Akzeptanz der Tatsache, dass es weltweit unterschiedliche Vorstellungen von Zivilisation gebe, die von den unterschiedlichsten Faktoren geprägt seien. So charakterisiert sich Russland selbst als einen: „[…] Staat mit eigenständiger Zivilisation […]“, die geprägt sei durch die
„[…] mehr als 1000-jährigen Erfahrungen der selbstständigen Staatlichkeit, das kulturelle Erbe der vorigen Epoche, die tiefen historischen Verbindungen mit der traditionellen europäischen Kultur und anderen Kulturen Eurasiens, die seit vielen Jahrhunderten entwickelte Fähigkeit zur Förderung einer harmonischen Koexistenz verschiedener Völker, ethnischen und sprachlichen Gruppen auf einem gemeinsamen Territorium […]“ (11)
Putin wies in seiner Rede vor dem Valdai-Forum auf ein unterschiedliches Verständnis bzw. eine interessengeleitete Interpretation von Zivilisation hin:
„Nach unserem Verständnis ist Zivilisation ein vielschichtiges Phänomen. Es wird sicherlich auf unterschiedliche Weise interpretiert. Es gab auch eine offen koloniale Interpretation: Es gibt eine bestimmte ‚zivilisierte Welt‘, die als Modell für den Rest dient, jeder muss diesen Standards und Modellen folgen, und diejenigen, die damit nicht einverstanden sind - sie werden mit dem Taktstock eines 'erleuchteten' Meisters in die ‚Zivilisation‘ getrieben.“ (12)
Putin geht damit auf die westliche Vorstellung von Zivilisation ein, die sich in der Zeit des Kolonialismus entwickelte und bis heute wenig verändert hat.
Die kolonialen Großmächte gingen von einem teleologischen Geschichtsbild aus, demzufolge sich die Völker von niederen zu höheren Stufen entwickeln. Die westeuropäischen Kolonialmächte meinten, die höchste Stufe der Vervollkommnung bereits erreicht zu haben und diesen Fortschritt in die Welt tragen zu müssen. Sie sahen es als ihre Aufgabe, die eigenen als höherwertig angesehenen kulturellen Werte und Lebensformen in die sogenannte unzivilisierte Welt zu bringen. Dieses Selbstbild diente nicht nur als verstärkender Faktor für die Herausbildung eines Überlegenheitsgefühls, sondern diente zugleich als Legitimation von Eroberung und Kolonisation im Dienste des Fortschritts (13). Dieses Muster ist bis heute erkennbar, lediglich die Begrifflichkeiten und Argumentations- bzw. Legitimationsmuster haben sich verändert. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dies im exzeptionalistischen Selbstverständnis der USA. Auf dieses Selbstverständnis nahm Putin im Interview mit dem chinesischen Zentralfernsehen CCTV am 15. Oktober 2023 wie folgt Bezug:
„Kein Wunder, dass die heutige politische Elite, z.B. in den USA, von ihrem ‚Exzeptionalismus‘ spricht. Das ist die Fortsetzung dieser kolonialen Denkweise. Wenn sie also sagen, dass sie in den Vereinigten Staaten einzigartig sind, bedeutet das, dass andere Menschen, alle anderen Menschen, zweitklassig sind.“ (14)
Die USA beanspruchen für sich die globale Führungsrolle, denn sie sehen sich, wie Hillary Clinton 2016 sagte, „[…] als einzigartige Nation […]“ die „[…] niemals aufhört, zu versuchen […] die ganze Welt zu einem besseren Ort zu machen […]“ (15). Mit dieser Argumentation versucht man, die eigene hegemoniale und neokoloniale Politik zu legitimieren, die sich beispielsweise in den völkerrechtswidrigen Kriegen und Sanktionsmaßnahmen zeigt. In der Folge gerät die Menschheit in einen immer gefährlicher werdenden Eskalationskreislauf.
Um aus diesem Kreislauf herauszukommen und die Menschheit vor der Gefahr der Eskalation zu bewahren, ist es notwendig, umzudenken. Als entscheidenden Punkt sieht Putin hierbei die Anerkennung eines gleichberechtigten Miteinanders auf der Erde. Denn es gebe viele unterschiedliche Zivilisationen, keine sei besser oder schlechter als andere. Aber jede sei gleichberechtigt in ihren Traditionen und Kulturen. Zivilisation sei kein universelles Konstrukt, das für alle gilt, denn jede Zivilisation unterscheide sich von anderen. Und so gehe jeder Staat seinen eigenen Weg, basierend auf eigenen Werten und Traditionen (16).
Putin beschreibt seine Vorstellung der neuen Weltordnung als eine,
„[…] in der die einzelnen ‚Zivilisationsstaaten‘ frei sein würden, ihre eigenen Interessen unabhängig vom Diktat einer Hegemonialmacht wie den USA zu verfolgen.“ (17)
Nur ein Staatssystem, welches auf natürliche Weise aus historischen, traditionellen und kulturellen Wurzeln von Ländern und Völkern gewachsen und nicht von außen aufgezwungen ist, könne wirklich effektiv und dauerhaft existieren. Zivilisation dränge niemandem etwas auf, lässt aber auch nicht zu, dass ihr etwas aufgezwungen werde.
„Wenn sich alle davon leiten lassen, wird es meiner Meinung nach viel weniger Konflikte in der Welt geben, und die Methoden der Konfliktlösung werden viel rationaler sein, weil jede Zivilisation […] die anderen respektiert und nicht versucht, jemanden nach ihren eigenen Vorstellungen zu verändern.“ (18)
Grundprinzipien für eine gerechte und friedliche Weltordnung – ein „Welt-Knigge“
Zusammenfassend betont Putin, wie wichtig es sei, zu erkennen, wo man hingehen will. Gerade heute, in Zeiten des radikalen Wandels, solle man sich darüber im Klaren sein, was man anstrebt und welches die notwendigen Grundprinzipien seien, um die Ziele erreichen zu können. Ein solches Verständnis gebe es in Russland und von diesem Verständnis leiten sich die folgenden 6 Grundprinzipien internationalen Zusammenlebens ab:
„Erstens: Wir wollen in einer offenen, vernetzten Welt leben, in der niemand mehr versucht, künstliche Barrieren für die Kommunikation, die freie Entfaltung und den Wohlstand der Menschen zu errichten […] - das ist es, was wir anstreben sollten.
Zweitens: Wir wollen, dass die Vielfalt der Welt nicht nur erhalten bleibt, sondern die Grundlage für eine universelle Entwicklung ist. Es sollte verboten sein, einem Land oder einem Volk vorzuschreiben, wie es zu leben und zu fühlen hat. Nur eine echte kulturelle und zivilisatorische Vielfalt gewährleistet das Wohl der Menschen und einen Ausgleich der Interessen.
Drittens: […] Niemand hat das Recht oder die Fähigkeit, die Welt für andere oder im Namen anderer zu regieren. Die Welt der Zukunft ist eine Welt der kollektiven Entscheidungen, die auf den Ebenen getroffen werden […] Nicht einer entscheidet für alle, und auch nicht alle entscheiden über alles, sondern diejenigen, die von einem Problem direkt betroffen sind, einigen sich darauf, was zu tun ist und wie es zu tun ist.
Viertens: Wir sind für eine universelle Sicherheit und einen dauerhaften Frieden, der auf der Achtung der Interessen aller beruht; von den großen Staaten bis zu den kleinen Ländern. Es geht vor allem darum, die internationalen Beziehungen vom Blockdenken zu befreien, vom Erbe der Kolonialzeit und des Kalten Krieges. Seit Jahrzehnten sprechen wir von der Unteilbarkeit der Sicherheit, davon, dass es unmöglich ist, die Sicherheit der einen auf Kosten der Sicherheit der anderen zu gewährleisten. In der Tat ist Harmonie in diesem Bereich möglich. Wir müssen nur unseren Stolz und unsere Arroganz ablegen und aufhören, andere als Partner zweiter Klasse […] zu betrachten.
Fünftens: Wir setzen uns für Gerechtigkeit für alle ein. Die Ära der Ausbeutung von irgendjemandem […] ist vorbei. Die Länder und Völker sind sich ihrer Interessen und Fähigkeiten bewusst und bereit, auf sich selbst zu vertrauen - und das ist ihre Stärke. Jeder sollte Zugang zu den Vorteilen der modernen Entwicklung haben, und Versuche, dies für ein Land oder ein Volk einzuschränken, sollten als ein Akt der Aggression angesehen werden, denn genau das ist es.
Sechstens: Wir sind für Gleichheit, für die unterschiedlichen Potenziale der verschiedenen Länder. Dies ist ein absolut objektiver Faktor. Aber nicht weniger objektiv ist die Tatsache, dass niemand bereit ist, sich zu unterwerfen, seine Interessen und Bedürfnisse von jemand anderem abhängig zu machen, vor allem nicht von den reicheren und stärkeren Ländern.“ (19)
Abschließend sagte Putin:
„Dies [die Grundprinzipien, d.A.] ist nicht nur der natürliche Zustand der internationalen Gemeinschaft, es ist die Quintessenz der gesamten historischen Erfahrung der Menschheit. Dies sind die Grundsätze, an die wir uns halten wollen und zu denen wir alle unsere Freunde und Kollegen auffordern, sich zu bekennen. Russland war, ist und wird auch in Zukunft eine der Säulen des Weltsystems sein, bereit zur konstruktiven Zusammenarbeit mit all jenen, die Frieden und Wohlstand anstreben, bereit, sich entschlossen jenen entgegenzustellen, die sich den Prinzipien von Diktat und Gewalt verschreiben. Wir sind zuversichtlich, dass Pragmatismus und gesunder Menschenverstand triumphieren werden und eine multipolare Welt entstehen wird.“ (20)
Diese 6 einfachen Grundprinzipien lassen sich als die minimal erforderlichen „Welt-Benimm-Dich“-Regeln für ein friedliches internationales Zusammenleben auf der Welt verstehen. Im Deutschen würde man solche Verhaltensregeln wohl als „Welt-Knigge“-Regeln bezeichnen.
Die von Putin benannten Grundprinzipien basieren auf den Grundprinzipien internationaler Beziehungen der UN-Charta und ergänzen diese. Putin fordert nicht mehr und nicht weniger als die Anerkennung der Gleichberechtigung, der Souveränität und Selbstbestimmung aller Nationen.
Wie sich zeigt, versuchen die seit langem weltbeherrschenden Großmächte noch immer, entgegen den international anerkannten Regeln, ihre Macht als Alleinherrscher durchzusetzen. Ein altes Muster, wie sich im historischen Rückblick zeigt. In Teil 2 dieses Artikels soll ein Blick auf diese Entwicklung und dieses Muster geworfen werden.
Quellen und Anmerkungen
(1) Die Charta der Vereinten Nationen, in: https://unric.org/de/charta/, Zugriff 14.11.2023
(2) Заседание дискуссионного клуба «Валдай», Владимир Путин принял участие в пленарной сессии юбилейного, XХ заседания Международного дискуссионного клуба «Валдай», Treffen des Valdai-Diskussionsclubs, Wladimir Putin nahm an der Plenarsitzung des 20-jährigen Jubiläums des Valdai International Discussion Club teil(deutsche Übersetzung des Verfassers, Original in Russisch),5. Oktober 2023, in: http://kremlin.ru/events/president/news/72444, Zugriff 12.Oktober 2023
(3)Ebda.
(4) Ebda.
(5) Ebda.
(6) Ebda.
(7) Ebda.
(8) Ebda.
(9) Ebda.
(10) Konzeption der Außenpolitik der Russischen Föderation (gebilligt vom Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, am 31. März 2023), in: https://mid.ru/en/foreign_policy/fundamental_documents/1860586/?lang=de, Zugriff 16. Oktober 2023
(11) Ebda., Allgemeine Bestimmungen, Punkt 4
(12) Заседание дискуссионного клуба «Валдай», Владимир Путин принял участие в пленарной сессии юбилейного, XХ заседания Международного дискуссионного клуба «Валдай», Treffen des Valdai-Diskussionsclubs, Wladimir Putin nahm an der Plenarsitzung des 20-jährigen Jubiläums des Valdai International Discussion Club teil(deutsche Übersetzung des Verfassers, Original in Russisch),5. Oktober 2023, in: http://kremlin.ru/events/president/news/72444, Zugriff 12.Oktober 2023
(13) (Osterhammel 2011, S. 1174-1175). Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt, Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, S. 1174-1175, München 2011
(14) Wladimir Putin im Interview mit chinesischen Zentralfernsehen CCTV, 15. Oktober2023, in: https://odysee.com/@RTDE:e/putin-entstehung-der-multipolaren-welt-ist-unvermeidlich-doch-USA-halten-an-kolonialem-denken-fest:5?src=embed, Zugriff 23.10.2023
(15) Hillary Clinton, zit. in: https://www.freitag.de/autoren/ernstchen/hillary-clinton-und-die-unentbehrliche-nation, , Zugriff: 27. August 2021, vgl. auch: Antje Lüth: Gottes auserwähltes Volk, in: https://www.manova.news/artikel/gottes-auserwahltes-volk, Zugriff 17.Oktober 2023
(16) Заседание дискуссионного клуба «Валдай», Владимир Путин принял участие в пленарной сессии юбилейного, XХ заседания Международного дискуссионного клуба «Валдай», Treffen des Valdai-Diskussionsclubs, Wladimir Putin nahm an der Plenarsitzung des 20-jährigen Jubiläums des Valdai International Discussion Club teil(deutsche Übersetzung des Verfassers, Original in Russisch),5. Oktober 2023, in: http://kremlin.ru/events/president/news/72444, Zugriff 12.Oktober 2023
(17) Wladimir Putin im Interview mit chinesischen Zentralfernsehen CCTV, 15. Oktober2023, in: https://odysee.com/@RTDE:e/putin-entstehung-der-multipolaren-welt-ist-unvermeidlich-doch-USA-halten-an-kolonialem-denken-fest:5?src=embed, Zugriff 23.10.2023
(18) bda.
(19) Ebda.
(20) Ebda.
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Bildquelle: Evgenii Sribnyi / shutterstock
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