Psychodynamik der Kriegslust | Von Hans-Joachim Maaz

Ursache einer bejahenden Haltung zu Gewalt ist oft ein Gefühlsstau, ausgelöst durch frühkindliche Traumata. Exklusivabdruck aus „Friedensfähigkeit und Kriegslust“.

Die Kriegslust wird im digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache als „rasche Bereitschaft zu einer kriegerischen Auseinandersetzung“ definiert (1). Ich halte „Kriegslust“ für ein Symptom einer psychosozialen Erkrankung, der ich für die individuelle Psychopathologie den Namen „Belliphilie“ (von lateinisch bellum — der Krieg — und griechisch philia — Liebe, Neigung) gegeben habe, um die persönliche Kriegslust eines Menschen von einer politischen Haltung, die den Einsatz militärischer Mittel zur Durchsetzung von Zielen befürwortet, zu unterscheiden. Für Letztere ist die Bezeichnung „Bellizismus“ geläufig (siehe unten das Kapitel „Bellizistische Regierungspolitik“). Die Kriegslust-Erkrankung entwickelt sich aus einer komplexen Psychodynamik:

I. Zugrunde liegen immer die psychosozialen Entfremdungen der Frühtraumatisierung durch die beschriebenen mütterlichen und väterlichen Beziehungsstörungen. Der damit verbundene Gefühlsstau, wenn Zorn, Wut und Hass durch die erlittene Bedrohung, Ablehnung, Abwertung, Kränkung in der traumatisierenden oder defizitären Frühbetreuung nicht zum Ausdruck gebracht werden können oder dürfen, bedeutet ein permanentes energetisches Stress- und Druckpotenzial, das entladen werden möchte und soziale Wege der Entladung sucht. Ich erinnere daran: Gefühlsstau macht krank oder/und böse!

II. Im sozialen Bereich befördert ein Gefühlsstau Interesse an beruflicher Tätigkeit, die in sublimierter Form eine aggressive Abfuhr gestattet oder sogar verlangt: Die Optionen reichen hier vom Boxer bis zum Zahnarzt. Allerdings muss es keineswegs stets eine körperliche Abfuhr sein. Man kann fast in jedem Beruf Möglichkeiten aggressiver Entladung finden: der Kritiker, der jemandes Werk schlechtmacht, der Journalist, der Personen herabwürdigt, der Politiker, der den politischen Gegner bekämpft, der Handwerker, der betrügt, die Erzieherin, die ein Kind schlecht behandelt, der Psychotherapeut, der Verhaltensweisen des Patienten bewertet, und andere mehr.

Ganze Partnerschaften, Freundschaften, Arbeitsbeziehungen leben vom Gefühlsstau: Man kann am anderen permanent leiden, sich über ihn ärgern, aufregen und Streit inszenieren. Das soziale Ausagieren eines Gefühlsstaus funktioniert so lange gut, solange die frühe Aggressivität sublimiert abreagiert werden kann und dies erfolgreich durch Geld, Anerkennung, Karriere bestätigt wird.

So können verbissene Leistung, harter Konkurrenzkampf, ideologisch gefeierte Kritik, politisch gewollte Diffamierung, die Siege im sportlichen Wettkampf, die gefährlichsten operativen Eingriffe, politische Macht gegen die Interessen der Mehrheit einer Bevölkerung und anderes mehr von den Energien eines Gefühlsstaus getragen und von normopathischen Werten der Gesellschaft bestätigt werden.

Diese kultivierte Verschleierung einer Gefühlsstörung droht ihr Ende zu finden, wenn der bisherige Erfolg der Anpassungsbemühungen durch Krankheit, Berentung, Arbeitslosigkeit, politische Veränderungen, moralische Umwertungen verloren geht. Dann fällt der Schleier, dann ist „Not am Mann“, natürlich auch „an der Frau“, und um nicht zu erkranken — was aber mit vielen in einer solchen veränderten Situation doch geschieht —, muss eine neue Möglichkeit gefunden werden, um sich wieder irgendwie aggressiv abreagieren zu können. So wächst das Interesse, um nicht zu sagen die Notwendigkeit, ein Feindbild zu finden. Das kann dann vom Partner bis zu Wladimir Putin reichen, am besten, wenn man Angriffsflächen findet — real, aufgebauscht oder auch nur behauptet. Der Gefühlsstau macht auch jede Irrationalität möglich.

III. Die politische Struktur einer Gesellschaft — Demokratie oder Diktatur —, die soziale Situation der Bevölkerung, zum Beispiel Unsicherheit, Arbeitslosigkeit, Inflation, Armut, und der Gruppendruck des sozialen Umfeldes — Mitläufer, Anpassungsdruck, Denunzierung, Verfolgung von Abweichung — nehmen entscheidenden Einfluss, ob Entfremdung mit Gefühlsstau in eine kollektive Anstrengung zur konstruktiven Gesellschaftsentwicklung geführt wird oder in den Bellizismus, also in eine Einstellung, mit militärischer Gewalt die Gesellschaftspathologie retten zu wollen. Bellizismus ist in einer schweren Gesellschaftskrise die Regel, da zur konstruktiven Gesellschaftsveränderung zu wenig Menschen mit Friedens- beziehungsweise Liebesfähigkeit zur Verfügung stehen.

Und Menschen an der Macht sind in aller Regel mit narzisstischer Störung belastet, deren Gefühlsstau fast zwangsläufig die Gewalt bevorzugt, um die eigene Entfremdung und Fehlentwicklung nicht schmerzlich-bitter erkennen zu müssen.

Solange Narzissten mit Finanzmacht Einfluss haben oder Menschen gewählt werden, die ihr Größenselbst ausagieren, wird es immer Krieg geben. Mit Geld kann aus fast jedem Menschen ein „Söldner“ gemacht werden, und ein Gesellschaftssystem mit Wachstumszwang und Konkurrenzdruck wird immer narzisstisch gestörte Menschen an die Macht bringen, die am Ende ihres Erfolges den Krieg brauchen — auch in einer Demokratie. Das Demokratiespiel einer nur äußerlichen Demokratie verschleiert geschickter die Persönlichkeitsstörungen der Machteliten als eine Diktatur.

Der psychodynamische Komplex einer kollektiven Kriegslust besteht aus: massenhafter Frühtraumatisierung — Kompensation in einer Normopathie-Krise der Gesellschaft — aktiviertem Gefühlsstau — Krieg.

Normopathische Gesellschaften wie eben auch unsere gegenwärtige narzisstische, finanzkapitalistische Gesellschaft müssen früher oder später in eine bedrohliche Krise kommen, weil sie „falsches Leben“ sind — hier im Besonderen durch Wachstumswahn, Konsumsucht und Zerstörung menschlicher Beziehungen im Konkurrenzkampf, wie es zum Größenwahn und zu Empathielosigkeit narzisstischer Störungen gehört.

Ich habe mich immer gefragt, wie es sein kann, dass eine große Zahl, vielleicht sogar die Mehrheit einer Bevölkerung ohne größere Probleme, in voreiligem Fatalismus — „es muss sein“ — oder sogar freiwillig und gern bereit ist, in den Krieg zu ziehen. Natürlich haben auch häufig eine reale Not und Bedrohung, leider sehr oft auch erfundene oder propagandistisch aufgeblähte Bedrohungsszenarien eine auslösende Funktion, die aber ohne ein tiefes seelisches Gefühlsstau-Potenzial mit Abreaktionsdruck in den einzelnen Menschen allein keine Kriegslust bewirken könnte.

Es gibt für einen gesunden, liebes- und lustfähigen Menschen keinen Grund, sich an einem Krieg freiwillig zu beteiligen.

Menschen müssen Opfer einer sehr schweren psychosozialen Fehlentwicklung sein, dass sie bereit sind, zu töten und zu zerstören und sich selbst töten oder an Körper und Seele schweren Schaden zufügen zu lassen.

Quellen und Anmerkungen

Dieser Text ist ein Auszug aus: Hans-Joachim Maaz: Friedensfähigkeit und Kriegslust. Berlin. Frank und Timme 2023, Seiten 144 bis 144.

Hier können Sie das Buch bestellen: „Friedensfähigkeit und Kriegslust

(1) Eintrag „Kriegslust“, in: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, online: https://dwds.de/wb/kriegslust

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 18.11.2023 bei manova.news

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Bildquelle: Ioannis B/ shutterstock

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Kommentare (9)

9 Kommentare zu: “Psychodynamik der Kriegslust | Von Hans-Joachim Maaz

  1. Ja, Herr Maaz liebt es, uns psychologisierend die Welt zu erklären. Mal ist es der "Lilithkomplex", mal der "Narzissmus", dann der "Gefühlsstau". Am Ende ist es letztlich eine zutiefst neoliberale Position: Wir sind selbst schuld, weil wir so sind, weil wir unsere (unterstellten) Traumatisierungen nicht bewältigt haben.

    Ein Wort zum Gefühlsstau, weil Maaz so gerne reklamiert, er hätte diesen Begriff – wie auch die "Belliphilie" – "erfunden": Der Begründer der Psych-Analyse, Josef Breuer (1842 – 1925), publiziert 1895 zusammen mit Sigmund Freud die „Studien über Hysterie“, in gewisser Weise das Ur-Buch der Psychotherapie. Seinerzeit hatte man psychosomatische Störungen als „Hysterie“ bezeichnet. 1893 wird hierzu eine Vorbemerkung abgedruckt: „Ueber den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene. (Vorläufige Mittheilung.)“ Am Ende dieser Ausführungen heißt es: „Es ist nun verständlich, wieso die hier von uns dargelegte Methode der Psychotherapie heilend wirkt. Sie hebt die Wirksamkeit der ursprünglich nicht abreagirten Vorstellung dadurch auf, dass sie dem eingeklemmten Affecte derselben den Ablauf durch die Rede gestattet … .“ Mehr als hundert Jahre vor Maaz war diese Problematik – und zwar sehr viel differenzierter als von Maaz – klar erkannt. Breuer sagte damals „eingeklemmte Affekte“ dazu, die daraus entstehende Symptomatik nannte er „Retentionshysterie“ [Retention (engl.) = das Zurückhalten, Aufstauen]: das Zurückhalten-Müssen von Gefühlen wie Wut, Ärger, Ekel o.a. kann zu sehr nachhaltigen psychischen und psychosomatischen Beeinträchtigungen führen. Breuer hatte dabei an eine breiteste Pallette von Reaktionen gedacht, keineswegs an so etwas Einseitiges wie "Kriegslust" oder "Narzissmus".

    Und gerade Josef Breuer hatte mit seiner „kathartischen Methode“ (Katharsis = Entlastung durch Hervorbringen von Gefühlen) genau das praktiziert, was Maaz als seine Therapievorstellung propagiert: Diejenigen Gefühle zum Ausdruck bringen zu können, die man in früherer Zeit nicht benennen und äußern konnte/durfte. Leider wurde Breuers Therapiemodell durch seinen Kollegen Freud massiv diskreditiert. Das beginnt schon in dem von Freud verfassten Schlusskapitel zu den „Studien über Hysterie“ und setzt sich in späteren Jahren in immer üblerer Weise fort. Nur wenige andere Autoren – z.B. der Schweizer Ludwig Frank – haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrfach auf die Ausführungen Breuers zurückgegriffen und über ihre eigenen positiven Erfahrungen mit der von Breuer so benannten „Psychanalyse“ (ohne „o“) (1910) bzw. über „Die psychokathartische Behandlung nervöser Störungen“ (1927) berichtet. Diese Ansätze waren verdrängt worden und in Vergessenheit geraten.

    Bei den unterschlagenen VordenkerInnen von Maaz ist vor allem auch Alice Miller zu nennen. Mit ihren diversen Beiträgen – „Das Drama des begabten Kindes“ (1979), „Am Anfang war Erziehung“ (1980) oder „Du sollst nicht merken“ (1981) – hatte sie die Therapiewelt nachhaltig beeinflusst. Vor allem hat sie auch interessierten Laien ein Verständnis ihrer jeweiligen Lebensgeschichten ermöglicht. Ihre Bücher sind z.T. in sehr hohen Auflagen erschienen. Sie sind ein beeindruckendes, verständliches Plädoyer, elterliche Prägungen aus früher Kindheit kritisch wahrzunehmen und sich die damit verbundenen Gefühle einzugestehen und zum Ausdruck zu bringen. Sie hat auf verständliche Weise die Mechanismen erklärt, wie sich Kinder durch die Erwartungen oder den Druck der Eltern dazu verleiten lassen, ihre eigenen Bedürfnisse, ihre eigene Identität zu unterdrücken, um ein Minimum an Zuwendung sicherzustellen.

    Weil Miller damit der klassischen Trieblehre Freuds – Stichwort „Ödipuskomplex“ – radikal widersprach, wurde sie in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus der psychoanalytischen Gemeinschaft hinausgemobbt. Ein Diskurs über ihren Widerspruch gegen Freuds Lehre ist im Grunde bis heute nicht möglich.

    Nun kann ich mich nicht erinnern, dass Maaz jemals in seinen Werken ein Buch von Miller zitiert hätte. (Seine Literaturangaben sind sowieso immer rech t spärlich.) Aber er hat in seinem "Narzissmus"-Buch einen Aufsatz zitiert, der für mich eine der widerwärtigsten Schmähschriften GEGEN Miller (und ihren Mentor, Heinz Kohut) darstellt – Emilio Modena: „Unter dem Banner des Narzißmus. Gedanken zu einem psychoanalytischen Bestseller.“ (In: Die neuen Narzißmustheorien: zurück ins Paradies? Hrsg. vom Psychoanalytischen Seminar Zürich. Frankfurt a.M., Syndikat, 1983, S. 151-164.) In diesem Aufsatz, wie gesagt, wird diese kluge Alice Miler in den Dreck gezogen und verhöhnt.

    Diese Verständnislosigkeit spiegelt sich auch in den Begriffen, die Maaz "erfindet": Da hat er in seinem "Narzissmus"-Buch, in dem er – noch dazu – den schönen, alten Mythos verfälscht und mit einem Wikipedia-Fake-Mythos vermischt, den völlig absurden Begriff des "Größenkleins" eingeführt.

    Jetzt hat er den Begriff "belliphilie" "erfunden" (statt abgeleitet). Nun bin ich ja selbst auch kein Begriffsexperte, aber ich finde immer wieder interessant, Begriffe auf ihren Ursprung hin zu betrachten. Wenn nun "philos" mit "befreundet sein" zu übersetzen ist, dann verlangt dies wohl den Dativ. (Wenn man es als "liebend" verstehen wollte, dann bräuchten wir den Akkusativ.) Also wenn überhaupt, dann eher "bellophilie".

    Insgesamt: Wenn jemand theoretisch und begrifflich so sehr auf Sand baut wie Maaz, dann braucht man sich um das, was er von sich gibt, nicht wirklich zu scheren.

    • tulopa - ich denke selbst sagt:

      @Klaus Schlagmann
      Früher stand einmal in jedem Haushalt, in dem es Kleinkinder gab, eine Wiege. Diese wurde von der Mutter, die stets vor Ort war, mit dem Fuß bedient, während sie gleichzeitig Handarbeiten erledigte. Das Wiegen der Kinder – ein Ersatz für das Tragen im Tragetuch – bildete neuronale Netzwerke im Gehirn des Kindes und sorgte für einen guten Schlaf.
      Heute werden die Kinder gezwungen, still zu liegen, was zu Depressionen führt und das Kind auf seine Zukunft als passiven Glotzer vor dem Bildschirm vorbereitet. Das Verschwinden der Wiegen hat einen viel größeren Einfluss darauf, dass so viele Menschen zu gleichgültigen Glotzern geworden sind, als alle hochtrabenden tiefenpsychologischen Betrachtungen aufzuzeigen vermögen.
      Die Psychologie erligt ihrem Kardinalfehler, den Menschen als eine Ansammlung von Störungen zu betrachten, und nicht als eine Ansammlung von Potenzial. Sie scheitert deshalb stets daran, einen gesunden Menschen zu beschreiben. Diese Pseudowissenschaft gehört komplett in die Tonne getreten!

    • @tulopa

      Wir stimmen wohl darin überein, dass wir eine „Psychologisierung“ von Kriegsgeschehen für ziemlich unangemessen halten. Unterschiedlich sehen wir womöglich die Verhältnisse von Kindern in früheren Zeiten: Aus meiner Sicht waren diese Verhältnisse wohl keineswegs immer so ideal. Das Geschaukelt-Werden in der Wiege – wenn es denn stattgefunden hatte – war gewiss nicht der allein selig machende Faktor. Auch diese geschaukelten Kinder haben ja sehr viel mit sich machen lassen.

      Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass Medizin und Psychotherapie eher dann gefragt sind und sich weiterentwickeln, wenn es Störungen gibt. Da war medizinisches Wissen (oder das Wissen von HeilerInnen) – bei Beinbruch oder Diabetes – ja durchaus hilfreich. Und psychotherapeutisches Wissen hat sich ebenfalls aus der Konfrontation mit „Störungen“ entwickelt – beispielsweise mit einer zunächst rätselhaften Psychosomatik.

      In diesem Bereich hat ein großartiger Mediziner und Mensch, Josef Breuer, ZUSAMMEN mit seiner Patientin, eine großartige Entdeckung über die Wirkung von Traumatisierungen und ihre Auflösung gemacht. Das war im Grunde eine „revolutionäre“ Idee: Breuer sagte im Kern: „GEWALT macht KRANK!“ Unterdrückung, Entwertung, aber auch Schicksalsschläge können „krank“ machen, zu einer Reihe von reflexhaft ablaufenden, körperlich anmutenden Reaktionen (Psychosomatik) führen. Dagegen hilft nur eine offene, klare Benennung von dem, was geschehen ist, mit welchen „eigentlichen“ Gefühlen dies verbunden war und was man damals „eigentlich“ benötigt hätte. Diese Überlegungen von Breuer wurden von Sigmund Freud systematisch sabotiert. Sie haben jedoch sehr wohl verdient, außerhalb der Tonne aufbewahrt und wertgeschätzt zu werden.

    • tulopa - ich denke selbst sagt:

      @Klaus Schlagmann (was für ein gewalttätiger Name :)
      Ich habe selber unter Gewalt gelitten und musste aber feststellen, dass es den Kindern, die in einem emotionalen Vakuum aufgewachsen waren, noch viel schlechter ging als mir, denn meine Probleme waren konkret greifbar und deren Probleme waren es nicht. Ich habe umfangreiche eigene Erfahrungen und Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis mit Therapien und ich halte Gesprächstherapien für komplett unwirksam. Was mir geholfen hat, Herr über meine (psychosomatischen) Probleme zu werden, war ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Tagesklinik, wo ein buntes Feuerwerk aus praktischen Übungen – von Meditation über Töpfern bis Musizieren – abgebrannt wurde. Allerdings ist es reine Glückssache, ob man dvon profitiert, denn andere Teilnehmer, die an dem gleichen Programm teilgenommen hatten, waren kurze Zeit später tot.
      Ich sagte damals im Gespräch mit der Leiterin der Klinik: "Wenn Sie Anja nicht von ihrer Mutter wegbekommen, dann können Sie gar nichts für sie tun". Frau Dr. fragte mich, wie ich darauf gekommen sei, weil sie mit ihrem Team von Psychologinnen und Ergotherapeutinnen zwei Jahre gebraucht hatte, um zu dem gleichen Ergebnis zu kommen. Ich antwortete, dass ich mich in der Frühstückspause zehn Minuten lang mit Anja auf dem Flur unterhalten hatte.
      Das zeigt wohl deutlich, dass das beste Studium menschliche Kompetenz und die Fähigkeit, einem anderen Menschen zuzuhören, nicht ersetzen kann.

  2. Ralle002 sagt:

    Der Krieg ist eine Folge davon, dass unser Geld herrscht und eben gerade nicht dient.

    Staaten können ihre Schuldenprobleme mit der Zeit immer mehr nur noch dadurch bewältigen, indem sie die Interessen von Superreichen und Konzernen vertreten und gleichzeitig von ihren Bürgern Opferbereitschaft einfordern.

    Die Kriegsgefahr entsteht in einer "Demokratie" dadurch, dass Bürger sich nicht hinreichend über Politik informieren (können).

    Gefährlich wird es zudem, wenn Dilettanten in die Politik gehen.

    Beispiele:

    28.04.2016
    Alice Weidel [AFD] ist gegen die Umverteilung von Reichtum bei Vermögen und Konzernen durch Steuern
    https://youtu.be/bOrOucpkRb0

    Frau Dr. Weidel weiß es insofern nicht, dass Geld eine Art Schuldschein ist.
    Sie geht fehlerhaft davon aus, dass Geld eine ohnehin angemessene Entlohnung für Fleiß ist.
    Wie die meisten Politiker auch, versucht es Frau Dr. Weidel letztlich nur im Sinne eines Selbstzwecks gute Wahlergebnisse zu erzielen.
    Vor allem gibt es bei der AfD keine nachvollziehbaren Diskussionen mit der normalen Bevölkerung.

    Unsere im Bundestag vertretenen Parteien sind sich insgesamt nicht dessen bewusst, dass sie ihre Parteispenden deshalb bekommen, weil die Politik zwar Banken und Konzernen oder ggf. auch dem Ausland, nicht jedoch den eigenen Bürgern nützt.

    20. 11. 2020
    AfD-Spendenaffäre um Alice Weidel:
    Strohleute und hohe Strafen
    https://taz.de/AfD-Spendenaffaere-um-Alice-Weidel/!5730150/

    21. April 2019
    Kurz vor offiziellem Endergebnis
    Politikneuling Selensky zum Präsidenten der Ukraine gewählt
    Der Großteil der Stimmen ist ausgezählt: Wolodymyr Selensky liegt mit über 73 Prozent bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine in Führung. Er löst Amtsinhaber Petro Poroschenko ab.
    https://www.spiegel.de/politik/ausland/wahl-in-der-ukraine-wolodymyr-selensky-liegt-in-hochrechnung-vorne-a-1263858.html

    Herr Selensky ist eindeutig nur deshalb in sein Amt gekommen, weil die dortigen Kartellmedien keine normalen Bürgerinteressen vertreten haben.

    Unsere Politik steckt zudem ständig in einem Dilemma. Einerseits kann sie sich nicht noch mehr Staatsschulden leisten. Andererseits kann sie nur mit einer immer schnelleren Ausweitung der Staatsausgaben auf "Wachstumskurs" kommen.

    Was da aber in Wirklichkeit wächst, das sind dann vor allem auch die ohnehin schon kilometerhohen Staatsschulden und es gibt auch immer mehr Geld in der Welt.

    Hans-Joachim Maaz benennt die Finanzmacht dann letztlich doch als Kriegsverursacherin.

  3. Ursprung sagt:

    Ueber das Thema laesst sich nimmer muede werdend endlos palavern. Ist wie Karneval.
    Abstellbar waere es muehelos aber dann kann man darueber sinnvoll kein Buch schreiben oder verkaufen zu wollen.
    Vom Palaver der Politfuzzies und Profitgeier mal ganz zu schweigen.

    Was ist diese Karnevals-Erkrankung?
    Die rund 8 T Jahre brauchte, uns alle zu erfassen und wir per Fingerschnipp wieder weg bekaemen, direkt und sofort in unserem unmittelbarem Umfeld? Was wir Menschen schon 350 T Jahre lang sehr erfolgreich taten?
    Hirarchie-Huehnerleitern vermeiden!

    Bringt sogar Spass, Amuesement, Kurzweil. Tiefe Lebenserkenntnisse werden so gesichert. Auf ins neue Leben!

  4. paul1 sagt:

    Bestimmte Charaktäre sind geeignet für Kriegstreiber, Kriegsfreudige, Soldaten des Krieges. Sie werden benutzt von den Mächtigen. Aber diese Emphathielosen, im Gefühlsstau stehenden Menschen sind nicht Ursache von Kriegen. Hat Maaz bestimmt auch nicht so gemeint. Und dass die auf Grund ihres Ungeliebtseins nichts für ihre Aggressivität nichts können, regt mich schon lange auf. Wir sind denkende Menschen. Die Psychologie übertreibt hier für mich. Das kann doch auch nicht die Masse der Menschen sein, die so tickt.
    Die Menschen sind in der übergroßen Mehrheit friedferig. Aber unterschiedlich anfällig für Propaganda und Krieg. Und das geht natürlich von den Eliten aus, die das nutzen. Und hier sollten die Psychologen ihre Arbeit machen.

  5. inselberg sagt:

    Gibt es sie denn die Nicht-Traumatisierten? Mir ist bisher noch keiner untergekommen. Daher würde ich die Gruppe in Traumatisierte und jene Traumatisierten denen dies bewusst ist aufteilen.
    Letzter sind mit dem Wissen um die Konsequenzen jener Traumata gesegnet und daher extrem motiviert diesen Täter-Opfer-Täter Kreislauf zu durchbrechen.
    Hier findet eine Identifikation mit dem potentiellen Opfer der eigenen möglichen Taten statt, die aus dem erlebten heraus, den einfachen Weg der Täterwerdung verhindert.

  6. tulopa - ich denke selbst sagt:

    Joachim Maaz hat die Psychologie des Menschen deutlich besser verstanden, als Rudolf Hänsel, der hier immer wieder nervt, aber letztendlich liegt er (und mit ihm die Psychologie als Wissenschaft) völlig falsch!
    Sicherlich gibt es so etwas wie Aggressionsstau, aber ein Druck entweicht immer eruptiv – so wie ein Vulkanausbruch – und genau das kann man beim Milität nicht gebrauchen. Ein Soldat soll seine Aggression nicht eruptiv entladen, wenn bei ihm gerade das Fass überläuft, sondern auf Befehl. Er soll beim Töten keine Befreiung empfinden, sondern gar nichts. Wie man aus einem gesunden Menschen solch eine Tötungsmaschine macht, wird eindrucksvoll in Stanley Kubrick´s Film "Full Metal Jacket" dargestellt.
    Wer seinen Alltagsfrust loswerden will, der geht an den Sandsack oder zieht sich die Laufschuhe an und lässt so den Druck ab. Mit der Entstehung von Kriegen hat das aber überhaupt nichts zu tun und nicht umsonst werden in jedem Krieg wieder Bilder von kleinen Kindern dazu missbraucht, die Stimmung in der Bevölkerung anzuheizen und eine Radikalisierung herbeizuführen. Es wird dadurch nicht etwa an den aufgestauten Ärger der Menschen appelliert, sondern ganz im Gegenteil an ihre Bereitschaft, Schwächere zu beschützen. Deshalb kommen auch jedesmal Berichte über vergewaltigte Frauen.
    Psychologie und Psychiatrie befinden sich auf dem Holzweg, seit sie 1945 falsch abgebogen sind und angefangen haben, die Schuld für den Krieg im Individuum zu suchen, anstatt in der Hochfinanz, wo sie tatsächlich liegt! Die guten Instinkte der Menschen, Schwächere beschützen zu wollen, werden von den Kriegstreibern benützt und nicht ihre frühkindlichen Entfremdungen.

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