UK-Premier Starmers riskanter Einsatz für Harris – und der fatale Ausgang
Ein Kommentar von Rainer Rupp.
In der internationalen Diplomatie gibt es ungeschriebene Regeln: „Setze niemals alles auf eine Karte“ und „Behalte dir immer ein Hintertürchen offen“. Keir Starmer, der mit einer bemerkenswerten Treffsicherheit genau die falsche Strategie wählte, scheint diese Ratschläge jedoch nicht beachtet zu haben. Während Tony Blair die „besondere Beziehung“ (Special Relationship) zwischen Großbritannien und den USA fast religiös pflegte – wer könnte vergessen, wie er sich an George W. Bush klammerte? – schoss Starmer über das Ziel hinaus und setzte bei den jüngsten US-Wahlen alles auf Kamala Harris. Das Ergebnis: Ein diplomatisches Desaster und ein prächtiges Eigentor für Großbritannien.
Labours riskanter Einsatz für Harris – und der fatale Ausgang
Starmer und sein Team sahen Harris als ideale Kandidatin, die eine Rückkehr zu einem moderateren Amerika verkörperte, weit weg von der rüpelhaften Politik Trumps. In blindem Eifer schickte Starmer über Hundert Labour-Funktionäre und Aktivisten in die USA, um Harris in den wichtigen Swing States zum Sieg zu verhelfen. Die Ironie? Harris verlor, selbst in allen Swing States und Labour – oder besser gesagt Großbritannien – verlor gleich mit, nämlich seine guten Beziehungen zu den USA unter Trump.
Konservative Figuren wie Nigel Farage wischten sich die Lachtränen aus den Augen, als sie Starmer als träumenden Idealisten bezeichneten, während Harris' Niederlage in den „progressiven Kreisen“ Großbritanniens wie eine eiskalte Dusche wirkte. „Starmer sollte Trump den roten Teppich ausrollen,“ stichelte Farage, als ob Labour nicht schon tief genug im transatlantischen Sumpf stecken würde.
Vom „besonderen Freund“ zum Widersacher: Labours Konfliktkurs
Der ironische Höhepunkt dieses Fiaskos liegt in Starmers Versuch, sich mit seiner Amtsübernahme als Labour Premierminister als den Verkünder einer „neuen Diplomatie“ zu inszenieren, wobei angeblich Pragmatismus, das angeblich Beste für das Land, über der Parteipolitik steht. Das Ergebnis jedoch entpuppte sich als Paradebeispiel dafür, wie große Worte in der Theorie oft mit Totalversagen in der Praxis einhergehen. Davon haben wir auch in Deutschland mehr Beispiele als uns lieb sind.
In Trumps erster Amtsperiode bezeichneten die Spitzen der Labour-Partei, die damals noch in der Opposition war, den US-Präsidenten öffentlich als „neonazi-freundlichen Soziopathen“, wie das z.B. Starmers aktueller Außenminister David Lammy im Jahr 2017 getan hat. Man könnte meinen, dass Labour damals davon ausging, dass die Trump-Episode bald vorbei sein und er nie wieder zurückkehren würde. Doch es kam anders.
Starmer hätte es wirklich besser wissen müssen. Der neoliberal orientierte Labour Premierminister Tony Blair, der noch immer als das Urbild einer britisch-amerikanischen Verbrüderung gilt, nutzte die „Special Relationship“ als politisches Kapital, um Großbritanniens Einfluss auf der internationalen Bühne auszubauen. Während seiner Regierungszeit hegte und pflegte Blair die Verbindungen zur US-Führung als die Hauptquelle britischen Einflusses in der Welt, der weit über die tatsächliche wirtschaftliche oder militärische Stärke des Vereinigten Königreiches hinausging. Das belegt z.B. seine Rede in Birmingham am 18. November 2003. Damals sprach Blair vor dem Kongress Britischer Industrieller (CBI) und rechtfertigte die britische Beteiligung an dem 6 Monate zuvor von den USA gestarteten, brutalen, unprovozierten, völkerrechtswidrigen US-Angriffskrieg gegen Irak mit den weltweiten Vorteilen, die die „Special Relationship“ mit den USA für Großbritannien bringt. Wörtlich sagte Blair damals:
„Großbritannien hat enorme Stärken. Seine Wirtschaft hat den jüngsten Abschwung am besten in der G8 überstanden. … Eine kürzlich in Deutschland durchgeführte Umfrage bewertete Großbritannien als die einflussreichste Nation in Europa; vor Frankreich. Was auch immer andere sagen mögen, die meisten Menschen wissen, dass unser Bündnis mit Amerika und unsere Position in der EU uns einen - für ein Land unserer Größe - unvergleichlichen Einfluss auf internationale Angelegenheiten verschaffen.“
Folglich lobte Blair die US & UK Partnerschaft als Grundstein der britischen Außenpolitik über den grünen Klee und betonte, dass Großbritannien ohne diese Achse weltpolitisch nur noch am Rande mitspielen könnte.
Ein Pfeiler, auf dem im Jahr 2003 der von Tony Blair betonte, überverhältnismäßig große, globale Einfluss Großbritanniens noch ruhte, ist seit BREXIT zerbröselt. Und nun hat Starmer sehr wahrscheinlich dafür gesorgt, dass der zweite und letzte Pfeiler britischer Größe, die „Special Relationship“ mit den USA zusammenbricht.
Eine besondere Beziehung unter Beschuss
Die Einmischung der britischen Wahlhelfer auf Seiten von Harris in Pennsylvania zog sogar offizielle Klagen gegen die britische Regierung wegen „ausländischer Einmischung“ in die US-Wahlen nach sich. In der Diplomatie ist Vorsicht geboten – besonders wenn es darum geht, die Führung der Supermacht USA nicht zu reizen. So dürfte es langsam auch Stramer aufgegangen sein, dass es wohl nicht der klügste Schritt war, in die innenpolitischen Turbulenzen der Supermacht USA einzugreifen, die Vereinigten Staaten sind schließlich nicht wie die Ukraine oder Georgien, wo man sowas als Brite ungestraft tun kann.
Für Starmer kam Trumps Wahlsieg überraschend. Er war vollkommen auf dem falschen Fuß erwischt worden und stand vor der schwierigen Entscheidung: Sollte er demütig zu Kreuze kriechen und „Kratzfüßchen“, oder Trump stolz ignorieren, was man selbst bei einer befreundeten Supermacht nicht ungestraft tun kann. Wenn Starmer jedoch zu deutlich Asche auf sein Haupt streut, wird das seine woke-progressiven Anhänger verärgern, die alles andere als begeistert von Trump sind. Doch wenn er dies nicht tut, riskiert Labour eine zunehmende Marginalisierung durch die Trump-Regierung. Zumindest hat Starmer Trump zu seinem Wahlsieg gratuliert. Zugleich unternahmen Starmer und seine Berater verbal akrobatische Klimmzüge, um Trump als „Partner für Großbritannien“ zu huldigen und boten Trumps Team eine Art Friedenshand an. Trumps Berater lästerten und bezeichneten Starmers Glückwünsche als einen verzweifelten Versuch, die von ihm verursachte diplomatische Katastrophe vor der Öffentlichkeit zu vertuschen.
Parallelen zur Wirtschaft und zur Klimapolitik
Die ideologischen Differenzen zwischen der Labour-Partei und Trump erstrecken sich weit über Personalfragen hinaus. In der Klimapolitik beispielsweise prallten die beiden Seiten frontal aufeinander. Während Labour durch Persönlichkeiten wie Ed Miliband für eine aktive Klimapolitik warb, entzog sich Trump mit Ankündigungen wie dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen dieser Verantwortung. Für die britische Opposition war dies ein Affront gegen das globale Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels.
Doch auch in der Wirtschaftspolitik stießen die Positionen aufeinander: Während Labour für höhere Steuern und für höhere öffentliche Ausgaben plädierte, verfolgte Trump mit seinen Plänen für höhere Einfuhrzölle und seiner angebotsorientierten Ansätze eine konservative Wirtschaftspolitik. Das macht einen Strich sowohl durch die Pläne Labours als auch durch die Rechnung der britischen Konservativen, die gehofft hatten, dass eine Trump-Ära über Exportsteigerungen in die USA die Wirtschaft Großbritanniens neu beleben würde.
Düstere Aussichten für Labour und Großbritannien
Während Starmer nun verzweifelt versucht, die Beziehungen zur US-Regierung zu stabilisieren, bleibt eine Tatsache unbestritten: Die „Special Relationship“, die früher als die stabilste transatlantische Partnerschaft gefeiert wurde, steht nun auf dem Prüfstand, während Labour’s Großbritannien zusehends als ein „gescheiterter Spieler“ am Tisch der Weltpolitik sitzt. Selbst Trumps Gratulation durch Starmer wirkt kaum mehr als eine halbherzige Wiedergutmachung – zu tief sitzen die ideologischen Wunden, und zu klar bleibt der Eindruck, dass sich Starmer beim Versuch, seine Partei als tonangebenden modernen Partner der USA zu positionieren, verkalkuliert hat.
In der Öffentlichkeit ringt Starmer weiterhin um Fassung und versucht, das Bild eines politisch versierten Anführers zu wahren. Doch im Hintergrund zieht Trump die Strippen, und Berater erinnern ihn ständig daran, wer in der transatlantischen Beziehung die Oberhand hat. Die Frage bleibt also: Wird Starmer bereit sein, sich ernsthaft und vielleicht sogar öffentlich vor Trump zu verneigen, um den Eindruck einer diplomatischen Katastrophe zu mindern? Oder wird er weiter versuchen, die Labour-Partei als moralischen Gegenpol zu Trump zu inszenieren, selbst wenn dies das Ende der „Special Relationship“ bedeutet?
Die historische Allianz mit den USA für ein kurzfristiges innenpolitisches Kalkül aufs Spiel zu setzen, wird wohl als gravierendster diplomatischer Fehler der Amtszeit Starmers in die Geschichte eingehen. Und der Fehler hat Folgen, denn Trump hat ein langes Gedächtnis und außerdem ist er nachtragend! Ohnehin muss sich Washington die Frage stellen, warum soll es noch eine besonders enge Beziehung zu der abgewirtschafteten ehemaligen Weltmacht UK pflegen, wenn deren wirtschaftliche und militärische Fähigkeiten bereits derart atrophiert sind, dass es nach BREXIT auch in Europa nur noch am Rande mitspielen kann.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock
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