Offener Brief an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses

Von Bernhard Trautvetter.

Sehr geehrte MilitärexpertInnen im Bundestag,

ich warne vor der Stationierung der neuartigen Nuklearsysteme B 61-12, die mitnichten eine “Modernisierung” alter Systeme darstellen, sondern die völlige Neuentwicklungen sind, deren erhöhte Benutzbarkeit (so Experten, darunter Militärs aus NATO-Staaten) die Gefahr der finalen Katastrophe für die Zivilisation steigern. (Belege: The Guardian und Federation of American Scientists)

Der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann nannte die Atomwaffen in seiner Bundestagsrede gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr am 25. März 1958 „Ungeziefervertilgungsmittel, bei denen diesmal der Mensch das Ungeziefer sein soll”. Er nannte diese seines Erachtens nur „sogenannte Waffen”, da ihr Einsatz „unser aller Selbstmord” bedeuten kann, sie „sind die prinzipielle Außerkraftsetzung allen Kriegsrechts, (…) das Ende aller Errungenschaften abendländischer Kultur”. Jenen, die diese Systeme im sogenannten Ernstfall einzusetzen bereit sind, hielt er entgegen, dass sie den Untergang der Zivilisation in Kauf nehmen. Seine Konsequenz war damals: „Notwehr mit Massenvernichtung ist unmöglich.”

Die Rede Heinemanns richtete sich damals gegen die Pläne der Adenauer-Regierung, die Bundeswehr nuklear auszurüsten. Dieses Ansinnen kritisierten Wissenschaftler, die wissen, wovon sie sprechen, im Appell der Göttinger Professoren „Kampf dem Atomtod!” Unter den Autoren befanden sich der Physiker Max Born sowie die Atomforscher Otto Hahn, Werner Heisenberg und Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker.

Die 18 Professoren führten in Ihrem Appell unter anderem aus:

„Für die Entwicklungsmöglichkeit der lebensausrottenden Wirkung der strategischen Atomwaffen ist keine natürliche Grenze bekannt. Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstören, eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Größe des Ruhrgebietes zeitweilig unbewohnbar machen. Durch Verbreitung von Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich schon heute ausrotten. Wir kennen keine technische Möglichkeit, große Bevölkerungsmengen vor dieser Gefahr sicher zu schützen. (…) Für ein kleines Land wie die Bundesrepublik glauben wir, daß es sich heute noch am besten schützt und den Weltfrieden noch am ehesten fördert, wenn es ausdrücklich und freiwillig auf den Besitz von Atomwaffen jeder Art verzichtet.”

Dem ist von meiner Seite aus nichts hinzuzufügen.

Außer mein Appell an Sie, den Empfehlungen im eigenen Interesse zu folgen und sich der Nuklearrüstung zu widersetzen. Ich schreibe Ihnen diese Zeilen kurz nachdem die kritischen Nuklearwissenschaftler die Weltuntergangsuhr wegen der Klimakrise und der (Nuklear)Rüstung auf 100 Sekunden vor Mitternacht vorgestellt haben. (weltuntergangsuhr.com)

Mit freundlichen Grüßen Bernhard Trautvetter

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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Bildhinweis: Zenobillis / shutterstock

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