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Mord an Charlie Kirk ‒ USA zwischen Märtyrermythos und hämischer Genugtuung

Mord an Charlie Kirk ‒ USA zwischen Märtyrermythos und hämischer Genugtuung

Der junge Organisator der MAGA-Generation wird während einer Rede in Utah erschossen. Für Trump-Anhänger ist er Märtyrer – für die Nation ein Menetekel wachsender Feindschaft im politischen Raum.

Ein Meinungsbeitrag von Sabiene Jahn.

Der Mord an Charlie Kirk hat Amerika und weit darüber hinaus in eine Schockwelle versetzt. Der 31-jährige Gründer von „Turning Point USA“ brach am Mittwochabend während eines Auftritts an der Utah Valley University zusammen, nachdem ein Schuss fiel. Tausende Studenten waren Zeugen, als das Projektil ihn mitten in einer Fragerunde traf. Minuten später meldete Präsident Donald Trump auf „Truth Social“ seinen Tod und würdigte einen Mann, der „das Herz der Jugend wie kein anderer verstanden“ habe (1). In London titelte der Telegraph: „Trump-Verbündeter Charlie Kirk bei Universitätsveranstaltung erschossen“ und nannte ihn den faktischen Anführer einer jungen, trumpnahen Bewegung (2). Die Jerusalem Post schrieb von einer „Ermordung“ und hob Kirks Rolle als verlässlichen Israel-Freund hervor; Premierminister Netanjahu nannte ihn einen „löwenherzigen Verteidiger der jüdisch-christlichen Zivilisation“ (3).

Die Szene in Orem, Utah, war bezeichnend für seinen Stil: Campus-Debatte im Freien, eine „Prove me wrong“-Station, ungeschminkte Streitlust. Laut Universitätsangaben fiel der Schuss etwa 20 Minuten nach Beginn der Veranstaltung aus rund 200 Yards Distanz (4).

Erste Meldungen über eine Festnahme erwiesen sich als widersprüchlich. Später bestätigten Behörden, eine „person of interest“ werde vernommen. Das FBI ist involviert, Direktor Kash Patel bedankte sich bei den lokalen Kräften (5). In den ersten Stunden nach dem Attentat herrschte dann große Verwirrung. Zunächst erklärte FBI-Direktor Kash Patel am Abend des 10. September, ein Verdächtiger sei in Gewahrsam (4). Wenig später korrigierte die Behörde: Die betreffende „Person of Interest“ wurde nach Befragung wieder freigelassen, der eigentliche Schütze ist weiterhin flüchtig (5, 7). Auch die Utah Valley University hatte anfangs gemeldet, der Täter sei gefasst, musste diese Information jedoch zurücknehmen. Laut Einsatzprotokollen und Zeugenaussagen war der Angreifer in schwarzer taktischer Kleidung mit Helm, Weste, Maske und Aviator-Sonnenbrillen gekleidet; der Schuss kam aus einem erhöhten Gebäude, rund 200 Yards entfernt (6). Utahs Gouverneur Spencer Cox sprach dennoch von einem gezielten politischen Mord (4).

Die internationale Presseschau ordnete den Fall sofort ein. Der Telegraph sprach von einem „vergifteten Klima“, das sich mit dem Mord in einem „fürchterlichen Moment“ entladen habe (2). National Review warnte vor dem „Abgrund politischer Gewalt“ und mahnte, dem öffentlichen Raum nicht zu weichen (6). Gleichzeitig entbrannte in den sozialen Netzwerken ein scharfer Schlagabtausch. Tesla-Chef Elon Musk schrieb: „Die Linke ist die Partei des Mordes“ (7). Der Publizist Christopher Rufo forderte: „Es ist Zeit, im Rahmen des Gesetzes zu infiltrieren, zu stören, zu verhaften und alle Verantwortlichen ins Gefängnis zu bringen“ (7). Die Betreiberin von „Libs of TikTok“, Chaya Raichik, veröffentlichte in Großbuchstaben: „DAS IST KRIEG“ (7). Die texanische Stadträtin Elizabeth Beck kommentierte kühl einen älteren Kirk-Satz über Waffentote – „Das ist der Preis der Freiheit“ – mit dem Wort „Bedauerlich“ (8). Der linke Streamer Hasan Piker sagte in einer Livesendung: „Das ist verrückt. Ich hätte nie gedacht, so etwas zu erleben. Aber wenn es ein Land gibt, in dem so etwas passieren kann, dann dieses“ (7). Diese Spannbreite zeigt: Schon in der Nacht nach der Tat oszillierten die Reaktionen zwischen Märtyrermythos und hämischer Genugtuung.

Präsident Donald Trump ordnete Trauerbeflaggung bis Sonntag an, am Weißen Haus wurde die Flagge gesenkt (9). Aus beiden Parteien kamen Beileidsbekundungen und klare Ablehnungen politischer Gewalt. Auf Campusflächen formierten sich spontane Gebets- und Kerzenwachen (10).

Wer war dieser Mann, dessen Tod so viele Reaktionen auslöste? Geboren 1993 in Illinois, gründete Kirk mit 18 „Turning Point USA“. Innerhalb eines Jahrzehnts baute er ein Netzwerk an High-School- und College-Chaptern auf, mit Präsenz an über 3.500 Institutionen (11). Sein Ansatz, Konfrontation statt Konsens, pointierte Debatten statt Kompromissfloskeln, Online-Reichweite statt Parteibüro. Damit wurde er zu einem der wichtigsten Multiplikatoren im Trump-Lager – strategisch, medial und organisatorisch (12). Kirks Aufstieg verlief rasant: von Auftritten bei Fox News über Bestseller und einen Podcast in den Top-Charts bis zu Großkonferenzen mit tausenden Teilnehmern. Time bezeichnete ihn als prägenden Kopf einer Generation, die Politik via Smartphone konsumiert (12). Er war verheiratet, Vater zweier Kinder und verband politische Botschaften mit offenem Bekenntnis zu Familie und Glauben (12).

Dass er während einer Fragerunde über Gewalt selbst von Gewalt getroffen wurde, ist eine bittere Ironie. In den vergangenen Jahren häuften sich Angriffe auf exponierte Personen seines politischen Milieus – die Schüsse auf Steve Scalise 2017, der Angriff auf Rand Paul, das Attentat auf Donald Trump im Sommer 2024. Kommentatoren wie im Telegraph oder bei National Review sehen darin keine Zufälle, sondern Symptome einer Kultur, in der Hass entgrenzt:

„Was ist der Sinn von freier Meinungsäußerung, freier Debatte, dem Versammlungs- und Petitionsrecht? Wir haben diese Dinge – unsere Zivilisation hat sie entwickelt –, weil die Alternative zur Politik Gewalt ist….Wir blicken in den Abgrund“ (2, 6).

Die Stimmung im Land ist gemischt: Trauer und Schock, aber auch mobilisierende Wut. Für seine Anhänger ist Kirk Märtyrer, für Gegner ein Symbol spaltender Rhetorik. Nachrichtensender mahnen zur Besonnenheit, Kommentarspalten hingegen überhitzen. Zugleich wächst der Druck, öffentliche Auftritte – gerade auf offenen Campusflächen – strenger zu sichern (3, 10).

Kirks Vermächtnis bleibt: ein Netzwerk, eine Stimme und eine „Maschinerie“ über Wahlzyklen hinaus (12). „Vom kämpferischen Aktivisten zum wahlentscheidenden Schwergewicht“, spricht Telegraph, „Kein Millennial (mit Ausnahme von JD Vance) hatte einen größeren Einfluss auf die Republikanische Partei der Trump-Ära als Charlie Kirk.“(2) Für Amerika bleibt die Frage, wer profitiert, wenn Stimmen wie die seine verstummen?

Quellen und Anmerkungen:

1.) https://www.reuters.com/world/us/conservative-influencer-charlie-kirk-shot-dead-utah-event-2025-09-10

2.) https://www.telegraph.co.uk/us/comment/2025/09/10/charlie-kirks-shooting-terrible-moment-american-democracy

3.) https://www.jpost.com/international/article-867053

4.) https://people.com/charlie-kirk-shot-from-building-200-yards-away-11807765

5.) https://abcnews.go.com/Politics/charlie-kirks-tour-invited-political-debates-college-campuses/story?id=125459212

6.) https://www.nationalreview.com/corner/the-abyss-of-political-violence/

7.) https://www.theguardian.com/us-news/2025/sep/10/charlie-kirk-shooting-reaction

8.) https://www.chron.com/politics/article/charlie-kirk-gun-deaths-shot-21041747.php

9.) https://www.wsj.com/livecoverage/charlie-kirk-shot/card/trump-orders-u-s-flags-to-half-staff-for-kirk-IUrdWEq2mAZfz74OUOAx

10.) https://www.latimes.com/california/story/2025-09-10/utah-valley-shooting

11.) https://www.tpusa.com/about

12.) https://time.com/7316095/charlie-kirk-uvu-shooting-turning-point-usa

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: Charlie Kirk
Bildquelle: Carrington Tatum / shutterstock


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