
Das Alaskatreffen im Lichte strategischer Beschränkungen
Ein Standpunkt von Wolfgang Effenberger.
Einleitung
Das jüngste Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Trump und Russlands Präsident Putin in Alaska rückte einmal mehr die Grenzen der internationalen Machtentfaltung in den Fokus. Trotz großer medialer Aufmerksamkeit und dem historischen Austragungsort blieben die konkreten Ergebnisse dürftig. Gerade hier wird deutlich, wie sehr die Handlungs- und Entscheidungsspielräume beider Präsidenten – jenseits machtvoller Rhetorik – durch strukturelle Zwänge limitiert werden. Die Analyse stützt sich dabei insbesondere auf militärische Zukunftskonzepte wie TRADOC Pamphlet 525-3-1 ("The U.S. Army Operating Concept") sowie US-Kongress-Resolutionen H.Res. 758 aus dem Dezember 2014.
Paul Craig Roberts Gedanken im Vorfeld des Treffens
Der US-Analyst, Publizist und ehemaliger Vizefinanzminister unter US-Präsident Ronald Reagan hatte den Alaska-Gipfel einen Tag vorher als ein „Sondierungstreffen“ zur Prüfung der Voraussetzungen einer Kriegsbeendigung in der Ukraine eingeordnet.
Da für das Treffen keine Vorbereitungen getroffen waren, erwartete Paul Craig Roberts auch keine Lösung; er fragte:
„Worauf basieren also die überzogenen Erwartungen an das Treffen? Warum solche Erwartungen wecken, wenn kein Vorschlag auf dem Tisch liegt?“ (1)
Der französische Präsident Macron machte im Vorfeld öffentlich, Trump ihm mitgeteilt habe, er wolle
„während des Treffens mit Putin einen Waffenstillstand in der Ukraine erreichen“. (2)
Gleichzeitig drohte Donald Trump nach einem Telefonat mit europäischen Staats- und Regierungschefs vor seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten mit „sehr schwerwiegenden Konsequenzen“, sollte Wladimir Putin einem Waffenstillstandsabkommen nicht zustimmen.
Roberts folgert daraus, angesichts einer zusammenbrechenden ukrainischen Front könne ein Waffenstillstand den russischen Vormarsch stoppen und den ukrainischen Streitkräften Zeit geben, ihre Positionen zu stabilisieren. Dies sei für den Westen wichtig, denn sobald Russland die ukrainischen Streitkräfte wieder aus dem der Russischen Föderation einverleibten Gebiete vertrieben hat, gäbe es kein Land mehr in ukrainischer Hand, das Trump mit Putin tauschen könnte.
Nach Roberts geht es Putin vor allem um „die Grundursache des Konflikts“: (3) Russlands Unsicherheit angesichts der NATO- und US-Atomraketen an der russischen Grenze. Roberts verweist auf das Jahr 1962, als die Sowjetunion Atomraketen in Kuba stationierte, um die Atomraketen Washingtons in der Türkei an der Grenze zur Sowjetunion zu kompensieren. Damals war Washington äußerst verärgert. Heute haben die USA Raketen an der russischen Grenze und die Möglichkeit, Raketenbasen an den russischen Grenzen von Finnland bis zum Südkaukasus zu errichten – eine weit größere Bedrohung als damals die sowjetische Raketenbasis in Kuba.
Wenn also schon eine Basis in Kuba den USA Unbehagen bereitet hat, wie unbehaglich ist es nun erst Russland angesichts der Aussicht auf Atomraketen entlang einer Grenze von Tausenden von Kilometern.
Amerikanische und europäische Politiker und Entscheidungsträger haben laut Roberts nicht anerkannt, dass die eigentliche Ursache des Konflikts die NATO an der russischen Grenze ist. Die Aussicht auf einen NATO-Beitritt der Ukraine und die damit verbundene Eingliederung in das Gebiet mit US-Raketenbasen war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Trumps Vorschlag von Gebietstausch und Waffenstillstand löst Russlands Sicherheitsproblem nicht. Die eigentliche Ursache des Konflikts ist Russlands fehlende Sicherheit. Eine Lösung kann nur darin bestehen, dass die NATO von Russlands Grenzen ferngehalten wird.
Dies ist der Zweck des gegenseitigen Sicherheitsabkommens, das Putin seit Jahren auszuhandeln versucht; die Biden-Regierung hat jedoch seine Vorschläge im Dezember 2021/Februar 2022 einfach ignoriert.
Solange die Wolfowitz-Doktrin nicht von Präsident Trump, dem Außenminister oder dem Kongress aufgehoben wird,, sind die USA entschlossen, „den Aufstieg eines Landes zu verhindern, das den amerikanischen Unilateralismus einschränken könnte“. (4) Angesichts dieser erklärten Verpflichtung stellt sich die Frage, wie die NATO jemals von Russlands Grenzen entfernt werden kann.
Warum forderte Trump, der vorgestern noch sagte, er wolle sich nicht mit Putin treffen, plötzlich ein Treffen innerhalb einer Woche, obwohl er nicht einmal die „Parameter“ kennt? Wie kann ein ernsthaftes Treffen stattfinden, wenn ein Hauptbeteiligter nicht einmal die Position des Gegners kennt, fragte Roberts und orakelte: Wenn Trump mit dieser Haltung in das Treffen geht, wird Putin die Wahl haben, zu kapitulieren oder sich und damit Russland wegen der "Friedensblockade" noch stärker der Dämonisierung auszusetzen.
Für Roberts sah es so aus, als sei es den beiden wichtigen Verhandlungsakteuren, den Globalisten Steve Witcoff und Kirill Demitriev, gelungen, Putin und Russland in eine Falle zu locken.
Steve Witkoff ist ein Sondergesandter von US-Präsident Trump, der als Schlüsselverhandler im Nahost- und Russland-Konflikt gilt.
Kirill Dmitriev ist als Putins Investitionsgesandter und Leiter des staatlichen Russian Direct Investment Fund (RDIF) ein enger Berater Putins und gilt als wichtiger Vertreter der russischen wirtschaftlichen und außenpolitischen Interessen.
Die beiden trafen sich mehrfach persönlich, unter anderem bei Verhandlungen in Washington, St. Petersburg und Riad, um mögliche Waffenstillstände, Friedensgespräche und politische Lösungen im Ukraine-Konflikt zu besprechen.
Ihre Treffen waren Teil einer diplomatischen Annäherung und einer Versuchsphase, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zumindest partiell zu entschärfen.
Die USA hoben zeitweilig Sanktionen gegen Dmitriev auf, damit er zu Gesprächen mit Witkoff in die USA reisen konnte. Medienberichte deuten darauf hin, dass die beiden Gesandten als wichtige Mittler agieren, die versuchen, wirtschaftliche Anreize und politische Kompromisse in einem stark politisierten Konflikt zu verbinden. (5)
Dmitriev gilt als enger Vertrauter und wichtiger wirtschaftlicher Berater von Präsident Wladimir Putin. Neben dem russischen Außenminister Sergei Lawrow und dem außenpolitischen Berater Juri Uschakow repräsentierte er Russland bei wichtigen internationalen Verhandlungen, etwa im Zusammenhang mit der russisch-US-amerikanischen Diskussion zur Beendigung des Russland-Ukraine-Krieges. Er wird als einflussreicher Akteur in Putins Umfeld gesehen, vor allem in Fragen internationaler Wirtschafts- und Investitionszusammenarbeit. Dmitriev unterhält enge Kontakte zu wichtigen internationalen Partnern, darunter auch Verbindungen zu Mitgliedern der US-Regierung, und spielt eine Rolle bei geopolitischen und wirtschaftlichen Strategien Russlands. (6)
Seine Rolle umfasst auch die Leitung von Projekten wie der Entwicklung und weltweiten Vermarktung des russischen Impfstoffs Sputnik V während der COVID-19-Pandemie. Dmitriev wurde aufgrund seiner engen Verbindungen und Aktivitäten zusammen mit dem RDIF von den USA mit Sanktionen belegt. Insgesamt hat Kirill Dmitriev erheblichen Einfluss auf Putins internationale Strategien, agiert als wichtiger Mittelsmann in der Außenwirtschaft und ist ein strategischer Berater im engen Umfeld des Präsidenten.
Ausgangslage und Dynamik des Treffens (7)
Das Treffen von Trump und Putin am 15. August 2025 auf der Militärbasis Elmendorf-Richardson in Anchorage, Alaska, war durch starken Symbolismus geprägt: militärische Stärke – etwa die Inszenierung von US-Kampfjets.
Das Bild eines zufrieden strahlenden russischen Präsidenten, der auf dem roten Teppich und auf US-amerikanischen Territorium seinem US-Kollegen die rechte Hand drückt und zugleich mit der linken die Schulter von Trump berührt, muss für all diejenigen Politiker des Westens, die den mit Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag ausgeschriebenen Putin hinter Gitter sehen wollen, geradezu schmerzhaft gewesen sein, auch dass US-Präsident Donald Trump diesen Haftbefehl negierte, sondern auf dem roten Teppich auf ihn gewartet hatte und ihn persönlich begrüßte.
„Und mancher westliche Diplomat in Wien, der in den Hallen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE der Strategielinie gefolgt war, Russland und seine Führung zu isolieren, muss die Bilder aus Alaska als eigentlichen Schuss in den Rücken empfunden haben“,
schreibt der Schweizer Militäranalyst und Publizist Ralph Bossard (8) der weiter darauf hinweist, dass spätestens nach den BRICS-Gipfeln der vergangenen Jahre hätte klar sein müssen, dass eine globale Isolation Russlands nicht zu realisieren sein wird. (9)
Das Gipfeltreffen war das erste persönliche Treffen der beiden seit Trumps Amtsantritt und dauerte etwa 2 Stunden und 45 Minuten. Anschließend gaben beide Staatsoberhäupter kurze Stellungnahmen ab, die als „konstruktiv und produktiv“ beschrieben wurden, wobei keine konkreten Ergebnisse zu einer Waffenruhe oder einem Friedensabkommen veröffentlicht wurden.
Während Trump den Gipfel als "extrem produktiv" beurteilt, ohne Details zu nennen, ordnen Experten das Treffen einseitig als Vorteil für den Kreml ein. Der mangelnde Fortschritt unterstreicht die politische und diplomatische Ohnmacht der Akteure angesichts komplexer globaler Machtstrukturen, die die Spielräume der Präsidenten stark begrenzen: (10)
Innenpolitische Erwartungen, Parteiintrigen und polarisiertes Mediensystem in den USA; innenpolitische und ökonomische Pressionen in Russland. Das wird noch überlagert durch Bündnisverpflichtungen, globale Wirtschaftsverflechtungen, ein begrenzendes Sanktionsregime und in den USA gültige Strategiepapiere sowie die gültige Kongressresolution H.Res. 758.
TRADOC 525-3-1: Militärischer Betrieb in der komplexen Welt
Die von USA/NATO und EU orchestrierten Einflussnahmen auf die Ukraine gehen auf die "Orangene Revolution" von 2004 und den Maidan-Putsch im Februar 2014 zurück. Am 7. August 2014 versprach NATO-Generalssekretär Fogh Rasmussen in Kiew, dass das westliche Bündnis fest an der Seite der Ukraine stehe, und warf Russland die Destabilisierung des Landes und die Unterstützung der pro-russischen Separatisten in der Ukraine vor. Wie konnte der NATO-Generalsekretär eigenmächtig einem Land ohne EU- oder NATO-Mitgliedschaft derart weitgehende Versprechungen machen?
Einen Monat später trat die neue US-Langzeitstrategie „Win in a Complex World 2020-2040“ (TRADOC 525-3-1) in Kraft. Darin wurden Heer, Marine und Luftwaffe auf die künftigen Konflikte eingestimmt: An erster Stelle wurde die Bedrohung durch Russland und China genannt, dann die durch Iran und Nordkorea und erst zum Schluss die Bedrohung durch transnationale Terroristen.
Dieses TRADOC-Dokument 525-3-1 beeinflusst die Spielräume der Präsidenten Trump und Putin beim Alaska-Treffen maßgeblich, indem es den militärisch-strategischen Kontext der Großmachtauseinandersetzung prägt und typische Handlungsspielräume einschränkt. (11)
Konkret beschreibt TRADOC 525-3-1 die strategische Herausforderung für die US-Armee in einer Ära der Großmachtkonkurrenz – vor allem gegenüber China und Russland – wo beide Gegner durch Anti-Zugangs- und Gebietssperrsysteme (12) gezielt versuchen, US-Kräfte in Zeit, Raum und Funktion zu trennen. Diese militärische Realität zwingt die USA und ihre Führungen, Operationen multidomänenübergreifend (Land, Luft, See, Raum, Cyber) und in enger Zusammenarbeit mit alliierter Unterstützung durchzuführen, um die vielschichtigen Gegnerstrategien auszugleichen.
Militärisch können sie nicht einfach unilateral entscheiden, da Operationen stark auf konvergente, mehrdimensionale Kräfteausnutzung angewiesen sind und auf multinationaler Koordination basieren.
Politisch entfaltet sich die Macht im Spannungsfeld zwischen der militärischen Komplexität, wirtschaftlichen und diplomatischen Zwängen sowie der Notwendigkeit, Bündnisse zu wahren und internationale Normen zu beachten.
Für das Alaska-Treffen bedeutet dies, dass trotz starkem symbolischen und medienwirksamen Auftritt beider Präsidenten die tatsächlichen Spielräume durch diese komplexen militärischen und strategischen Zwänge limitiert sind. Konkrete, unilateral durchsetzbare Entscheidungen sind kaum machbar, was die Verhandlungspositionen und die Flexibilität stark einschränkt. In der Praxis spiegelt sich also eine "Macht der Ohnmacht" wider, wo militärische Realität und geopolitische Verflechtungen die strategischen Handlungsspielräume der Staatschefs stark einengen.
TRADOC 525-3-1 konkretisiert die Rahmenbedingungen der großen Machtkonkurrenz, deren Auswirkungen bei Gipfeltreffen wie Alaska spürbar sind.
Nur drei Monate nach der Veröffentlichung von „Win in a Complex World 2020-2040“ verabschiedete am 4. Dezember 2014 das US-Repräsentantenhaus die Resolution H. Res. 758, in der die Russische Föderation unter Präsident Wladimir Putin als Aggressor gebrandmarkt wurde: Die Russische Föderation betreibe eine auf politische und wirtschaftliche Vorherrschaft ausgerichtete Aggressionspolitik gegen benachbarte Länder. (13)
Die Resolution war mit einer Geschwindigkeit verabschiedet worden, die in der Geschichte des amerikanischen Gesetzgebungsverfahrens ungewöhnlich ist. In nur 16 Tagen wurde H. Res. 758 im außenpolitischen Ausschuss diskutiert und dann zurück an das Repräsentantenhaus zur Aussprache und Verabschiedung verwiesen. Anschließend wurde die Resolution mit 411 zu 10 Stimmen angenommen!
Darin wird »das Vorgehen der russischen Föderation unter Präsident Wladimir Putin als eine Politik der Aggression gegen Nachbarstaaten mit dem Ziel der politischen und wirtschaftlichen Dominanz scharf verurteilt.«“ (14)
Am Ende der langen Reihe unbewiesener oder fraglicher Vorwürfe bzw. eines aus Halbwahrheiten und dreisten Lügen bestehenden Sündenregisters folgen 22 Forderungen, die den Kongress und den Präsidenten zu Handlungen zwingen. So soll unter anderem der US-Präsident auf die Verbündeten hinwirken, gezielte Sanktionen gegen die Russische Föderation und ihre Führung zu verhängen, sowie den Abzug der russischen Truppen samt ihrer Ausrüstung von ukrainischem Territorium durchzusetzen.
Noch am Tag der Verabschiedung der Resolution wurde sie von dem Kongress-Urgestein Ron Paul auf seiner Homepage in dem Artikel „Reckless Congress ‚Declares War‘ on Russia“ als „eines der übelsten Gesetze“ bezeichnet. (15) Er sah in diesem 16-seitigen Gesetzentwurf reine Kriegspropaganda, die selbst Neocons die Schamesröte ins Gesicht treiben müsse.
Im Kontext des Alaska-Treffens und der Spielräume der Präsidenten ist durch die Resolution 758 vom Dezember 2014 und die außenpolitischen Vorgaben des Verhandlungsspielraum des US-Präsidenten gegenüber Russland bezüglich sicherheitsrelevanter Fragen (etwa Ukraine, Rüstungskontrolle, Sanktionen) eng begrenzt. Sie kann Pflichten, Grenzen oder Bedingungen definieren, die der Präsident bei internationalen Verhandlungen berücksichtigen muss und so die Flexibilität bei Verhandlungen stark einschränken. (16)
Deshalb ist eine genaue Durchsicht des Textes der US-Kongress-Resolution 758 von Dezember 2014 notwendig, um die präzisen Inhalte, Forderungen und Beschränkungen zu analysieren und ihren Einfluss auf die Verhandlungsdynamik des Alaska-Treffens im Detail zu erläutern.
Bei der Resolution handelt es sich um eine Resolution des US-Repräsentantenhauses – somit kein Gesetz, sondern ein Ausdruck des politischen Willens des Kongresses.
Die Resolution fordert von Russland die vollständige Rücknahme militärischer Kräfte aus ukrainischem Gebiet, ,,die Beendigung der Unterstützung von Separatisten, ruft den Präsidenten der USA auf, in enger Zusammenarbeit mit Verbündeten wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland zu verhängen, militärische Unterstützung an die Ukraine bereitzustellen und sie fordert eine verstärkte militärische Koordination und Bereitschaft der NATO-Verbündeten zur kollektiven Verteidigung.
Juristisch stellt sie keine bindende völkerrechtliche Regelung dar, jedoch politisch eine klare Linie, die der US-Regierung in Friedensverhandlungen mit Russland kaum noch Spielraum lässt. Die Resolution dient als Mandat für harte Verhandlungspositionen und eine Sanktionierungspolitik.
Vor allem aber ist es ein politisch-diplomatisches Instrument, das den US-Präsidenten in seiner Verhandlungsfreiheit limitiert, indem es ihn verpflichtet, strenge Bedingungen gegenüber Russland durchzusetzen, was Kompromisse bei Friedensregelungen fast unmöglich macht. So fungiert sie als machtvolles Instrument der "Macht der Ohnmacht", da sie einerseits klare Ziele vorgibt, andererseits die geopolitischen Chancen für eine flexible Konfliktlösung begrenzt und dem Präsidenten die Handlungsrichtlinien vorgibt.
H. Res. 758 wirkt auch aktuell noch als politisches Steuerungsinstrument, das die US-Außenpolitik gegenüber Russland auf eine harte Linie verpflichtet und trägt damit zur weiteren Polarisierung und Eskalation bei. (17)
Nach der Verabschiedung von H. Res. 758 sorgte sich der kanadische Ökonom Michel Chossudovsky um die weltweite Sicherheit. Seiner Ansicht nach hatte das Abgeordnetenhaus dem amerikanischen Präsidenten und Oberkommandierenden der Streitkräfte praktisch „grünes Licht“ gegeben, ohne weitere Zustimmung des Kongresses in einen Prozess der militärischen Konfrontation mit Russland einzutreten. (18) „Diese historische Abstimmung“, so Chossudovsky, „die möglicherweise das Leben von hunderten Millionen Menschen weltweit beeinflusst, wurde in den Medien praktisch völlig ausgeblendet.“ Bis heute weiß die Öffentlichkeit kaum etwas davon! Der ehemalige stellvertretende Finanzminister der Regierung Reagan und Herausgeber des Wall Street Journal, Paul Craig Roberts, sah damals in der Resolution gegen Russland ein Paket von Lügen (19), und fragte später unter dem Eindruck der Pandemie: Werden wir in einem Krieg zerstört werden, bevor wir unsere Freiheit an die inszenierte „Covid-Pandemie“ des Establishments verlieren?
Am 21. Januar 2015 veröffentlichte die Neue Rheinische Zeitung den Effenberger-Artikel "Das kommende europäische Schlachtfeld nimmt immer konkretere Formen an – EU-Parlament vom US-Kriegsvirus infiziert", der die fatale Entwicklung in Richtung Krieg beschrieb.
„Nach dieser für Europa folgenträchtigen Kriegserklärung hätten schon am nächsten Tag alle Europäer für den Frieden eintreten und diesen Willen mit einer Lichterkette vom Nordkap bis nach Gibraltar deutlich machen müssen. Doch Europa blieb im Dunkeln. Unsere "Qualitätsmedien" griffen die Resolution 758 nicht auf. Dafür scheint US-Präsident Obama seinen Auftrag aus der Resolution richtig verstanden zu haben. Keine 14 Tage später – Res. 758 war noch nicht rechtskräftig – verhängten die 28 EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen am 17. Dezember in Brüssel neue Export- und Investitionsverbote gegen die Krim“.
Damit hatte das EU-Parlament mit einer atemberaubenden Schnelligkeit einem weiteren Auftrag des US-Präsidenten aus der Resolution 758 entsprochen: Der US-Präsident
„soll die Einsatzbereitschaft der US-Streitkräfte und der Streitkräfte der anderen NATO-Staaten überprüfen und die aus der Beistandsklausel (Art. 5) erwachsene Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung ernst nehmen. Seit dem 4. Dezember sind gerade fünf Wochen vergangen – und die EU steht festgezurrt im Kriegsgespann.“ (20)
Am 18. Dezember 2014 hatte US-Präsident Obama ein weiteres Gesetz unterschrieben, mit dem die „russische Militärintervention in der Ukraine“ (gemeint ist die russische Unterstützung der Separatisten im Donbass) bekämpft werden sollte: der „Ukraine Freedom Support Act of 2014“ (H.R. 5859).
Im Oktober 2017 trat ein weiteres Strategiekonzept in Kraft: US Army Is Preparing For Decades Of Hybrid Wars 2025-2040 (Die US-Armee bereitet sich auf Jahrzehnte hybrider Kriege 2025-2040 vor). (21)
Ebenfalls ein Indiz für die klandestinen Kriegsvorbereitungen ist die Neugründung des „Committee on the Present Danger: China“ (22) im Frühjahr 2019. Dieses Komitee gab es schon während der McCarthy-Ära in den 1950er Jahren, nun wurde es wieder aufgelegt und richtet seine Aktivitäten allein gegen China. Die angloamerikanische Finanzoligarchie plant also als Ausweg aus der eigenen Misere den Krieg gegen Russland und China.
Im Hinblick auf ihre geopolitischen Ziele konnten die transatlantischen Taktgeber für ein passendes EU-Führungsduo sorgen. Die wichtigsten Posten der EU wurden unter Deutschland und Frankreich aufgeteilt, so beerbte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Claude Juncker. Geschickt hatte sie am 18. Januar 2019 einen Kommentar in der New York Times (23) platziert und so ihre Bewerbung in den transatlantischen Ring geworfen. Pathetisch beschrieb sie darin die NATO als ein Bündnis, welches auf den
„gemeinsamen Bestrebungen seiner Mitglieder beruhe und entschlossen sei, die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation der Völker zu schützen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der individuellen Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit basieren“. (24)
Geopolitische Wurzeln des Stellvertreter-Kriegs in der Ukraine
Der ehemalige langjährige US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzeziński entwickelte in seinem Werk „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ (Original: „The Grand Chessboard“, 1997) eine umfassende geopolitische Vision für die Rolle der USA in Eurasien. Seine zentralen Gedanken und strategischen Empfehlungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Eurasien als Schlüsselregion
Für Brzeziński ist Eurasien gemäß den Weltmacht-Axiomen des britischen Geographen Halford Mackinder aus dem Jahr 1904 das geopolitische Kernstück der Weltmachtstellung: Wer Eurasien kontrolliert, besitzt den größten Einfluss auf die globale Politik und Wirtschaft. Die USA müssten daher verhindern, dass eine andere Macht, etwa Russland oder China, das Potenzial hat, die gesamte Region zu dominieren. Dadurch ergeben sich die Imperative der US-Strategie in Eurasien. Es müsse verhindert werden,
„dass sich auf dem eurasischen Kontinent gegnerische Koalitionen bilden“,
die die US-Position schwächen könnten. Vasallen (abhängige Staaten) sollten an die USA gebunden bleiben und Streit zwischen ihnen vermieden werden. Katalytische Staaten – also Schlüsselstaaten wie die Ukraine, Usbekistan oder Aserbaidschan – sind besonders zu berücksichtigen, da sie den gesamten Einfluss in der Region verschieben können.
Bedeutung der Ukraine und anderer Schlüsselländer
Ohne die Ukraine, so Brzeziński, ist Russland keine Großmacht: Russland könne ein eurasisches Reich nur mit der Ukraine reetablieren. Der Westen solle deshalb die Unabhängigkeit der Ukraine und anderer postsowjetischer Staaten unterstützen. Staaten wie Aserbaidschan und Usbekistan sind für den Zugang zu Ressourcen, etwa Öl, sowie für die geopolitische Balance entscheidend. Die NATO-Osterweiterung und eine starke, geeinte Europäische Union sieht Brzeziński als Mittel, die westlichen Werte und Interessen tief nach Eurasien zu tragen und den amerikanischen Einfluss zu sichern. Explizit verweist Brzezinski darauf, dass die Zusammenarbeit mit Europa und die Erhaltung der transatlantischen Beziehungen für die US-Position von zentraler Bedeutung sind und schlug für den Umgang mit Russland, China, Türkei und Iran vor:
- Russland betrachten, aber nicht konfrontieren – im Idealfall zur Kooperation drängen, ohne ihm aber geopolitische Dominanz zu erlauben.
- Die Rolle Chinas als aufsteigende Macht beobachten und versuchen, auch dessen Einfluss in Eurasien einzubinden, ohne es zum Gegner zu machen.
In diesem Zusammenhang warnte Brezinski vor den geostrategisch unberechenbaren Ländern wie Türkei und Iran. Sie könnten durch eine Destabilisierung die gesamte Region ins Chaos stürzen.
In Brzezinkis Geopolitik spielt der Raum von Lissabon bis Wladiwostok für die künftige amerikanische Außenpolitik die zentrale Bedeutung. Es gelte zu verhindern, dass
„in Eurasien eine Macht entstehen kann, die die Vorrangstellung der USA in Frage stellen könnte, ja nicht einmal die Schiedsrichterrolle der USA darf aufhören“. (25)
Das erfordert nach Brzezinski ein hohes Mass an Taktieren und Manipulieren. Letztlich sollen die europäischen Staaten für die USA den Brückenkopf darstellen, um ganz Eurasien unter Kontrolle zu halten. Und nicht nur das: Sie sollen als Vasallen der USA die Beherrschung des eurasischen Kontinents bezahlen und durchsetzen. Dabei wird Frankreich und Deutschland eine besondere Stellung eingeräumt. Sie sollen die Avantgarde in Europa darstellen und zusammen mit Polen und der Ukraine von den USA mit besonderen Vorrechten bedacht werden. (26) Außerdem solle der Prozess der EU-Erweiterung und der Ausdehnung des transatlantischen Sicherheitsbündnisses in wohlüberlegten Etappen voranschreiten. (27)
Visionär sieht Brzezinski die kommenden Entwicklungen in Europa: Der Zeitrahmen zwischen 2005 und 2015 solle für eine sukzessive Eingliederung der Ukraine ins Auge gefasst werden. (28) Die Vorgabe Brzezinskis war wohl etwas zu euphorisch:
„Nach Rumänien und den baltischen Staaten werden nach 2005 auch Schweden und Finnland und bis 2010 die Ukraine den USA untergeordnet“ (29).
Das mögliche Stocken der NATO-Erweiterung bedeutet laut Brzezinski das Ende einer umfassenden amerikanischen Politik für ganz Eurasien.
„Ein solches Scheitern würde die amerikanische Führungsrolle diskreditieren, es würde den Plan eines expandierenden Europa zunichte machen“. (30)
Das Vorwort für die deutsche Ausgabe schrieb der umtriebige deutsche Politiker Hans-Dietrich Genscher (FDP) – u.a. von 1974 bis 1992 fast ununterbrochen Bundesaußenminister. Gleich eingangs wies er auf das Ende der Bipolarität nach dem kalten Krieg und die damit aufgekommenen neuen globalen Herausforderungen hin:
„Es geht darum, eine stabile Weltordnung im Zeitalter der Globalisierung zu gestalten“ und Brzezinskis Plädoyer, den Raum von Lissabon bis Wladiwostok als Einheit zu betrachten, zu beherzigen. (31)
Brzezińskis Vision ist geprägt von einem geopolitischen „Management“ Eurasien, bei dem die USA als ordnende, kontrollierende Kraft agieren, Blockbildungen verhindern und die Integration westlicher Strukturen in der Region fördern. Ziel ist es, dauerhaft die US-Vorherrschaft in einer multipolaren Welt zu sichern, ohne den Übergang zu einer kooperativeren, friedlicheren „Weltgemeinschaft“ aus den Augen zu verlieren.
In Bezug auf die Entwicklungen in Osteuropa und vor allem in der Ukraine meinte Wolfgang Effenberger im Januar 2015, Brzezinski habe hier das Drehbuch geliefert:
„Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr.... Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges, Europa und Asien umspannendes Reich zu werden. Verlöre die Ukraine ihre Unabhängigkeit, so hätte das unmittelbare Folgen für Mitteleuropa, und es würde Polen zu einem geopolitischen Angelpunkt an der Ostgrenze eines vereinten Europas werden lassen.“
Mögliche Folgen der Missachtung der Resolution H. Res. 758 durch die US-Regierung
Bei Missachtung der Resolution, die rechtlich nicht bindend ist, sondern eher als politische Leitplanke dient, würde es keine unmittelbaren juristischen Sanktionen geben. Die Folgen wären vor allem politisch.
Da die Resolution den politischen Willen des US-Kongresses ausdrückt, könnte eine Missachtung durch die Regierung den Kongress verärgern und zu Spannungen zwischen Exekutive und Legislative führen, eventuell auch zu parlamentarischen Kontrollmaßnahmen oder einem verstärkten politischen Druck. Die Nichtbeachtung könnte das politische Standing der Regierung schwächen, besonders wenn der Kongress Unterstützung für bestimmte außenpolitische Maßnahmen einfordert.
Im internationalen Kontext könnte die Missachtung einer solchen Resolution den Ruf der USA als verlässlichen Verhandlungspartner und als Staat, der seine eigenen politischen Bekenntnisse einhält, schädigen.
Vor allem in sensiblen Konfliktkontexten wie dem Russland-Ukraine-Konflikt könnte eine Missachtung der Resolution zu Verwirrung in der US-Politik führen, was Gegnern und Verbündeten Unsicherheit signalisiert.
Von anderen Staaten könnte ein Missachtung der Resolution als Signal der Uneinigkeit oder Instabilität innerhalb der USA aufgefasst werden, was die Verhandlungsposition der US-Regierung international schwächt.
Bewertung des Alaska-Gipfels: zwischen Hoffnung und Panik
Nach dem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Alaska gab der US-Präsident Donald Trump dem US-Sender Fox News ein exklusives Interview. Darin fordert der Moderator Sean Hannity den US-Präsidenten auf, das Gespräch mit Putin auf einer Skala von einem bis zehn Punkten zu bewerten.
"Also, ich denke, das Treffen war eine Zehn, in dem Sinne, dass wir uns sehr gut verstanden haben", antwortet Trump. "Es ist gut, wenn sich zwei Großmächte verstehen, insbesondere wenn es sich um Atommächte handelt. Wir sind die Nummer eins, sie sind die Nummer zwei in der Welt - und das ist eine große Sache" (32), sagte Trump.
Paul Craig Roberts beurteilt die Ergebnisse des Alaska-Treffens eher kritisch und skeptisch. Er sieht in dem Treffen vor allem den Ausdruck einer politischen Inszenierung, bei der echte Fortschritte oder substanzielle Lösungen im Umgang mit geopolitischen Spannungen, wie dem Konflikt zwischen USA und Russland, fehlen. Roberts weist darauf hin, dass die Eskalation durch das Verhalten der NATO und der USA die Gefahr eines weitreichenden Konflikts, bis hin zu einem möglichen Atomkrieg, verschärft hat. Er hat mehrfach kritisiert, dass das russische Militär in der Ukraine sich zurückhaltend zeigt, was der NATO die Gelegenheit gibt, die Spannungen zu erhöhen. Insofern hält er die politischen Ergebnisse in Alaska für begrenzt und warnt vor einer Überschätzung der Gesprächserfolge zugunsten westlicher Narrative.
Insgesamt bewertet Roberts das Treffen als wenig erfolgversprechend für eine echte Deeskalation und als eine Bühne, auf der politische Machtspiele wichtiger sind als pragmatische Konfliktlösung. (33)
In Roberts’ Sichtweise ist Alaska nicht nur ein geografischer Schauplatz, sondern auch symbolisch für die expansive und konfrontative US-Strategie gegenüber Russland und China. (34)
Er betrachtet die US-Politik in Alaska als Teil eines größeren geopolitischen Machtspiels, bei dem wirtschaftliche Interessen, militärische Präsenz und strategische Dominanz im Vordergrund stehen. Roberts sieht Alaska als elementaren Knotenpunkt der US-Militär- und Sicherheitsstrategie in der Arktis, die zunehmend von Konfrontation und Eskalation geprägt ist, statt von Kooperation und Stabilität. In diesem Rahmen sieht er die politischen Manöver, wie das Alaska-Treffen, oft als Inszenierung von Macht, die „die Illusion souveräner Entscheidungsspielräume“ bedient, während in Wirklichkeit geopolitische Zwänge und militärische Strategien den Handlungsspielraum der Akteure begrenzen.
Roberts’ Gesamtperspektive auf die US-Politik betont die negative Rolle einer hegemonialen Politik, die Konflikte zuspitzt, statt Frieden zu fördern. (35)
Er interpretiert das Alaskatreffen als Ausdruck einer restriktiven, konflikttreibenden Großmachtstrategie, die wenig Raum für friedensfördernde Alternativen lässt und die geopolitischen Spannungen verstärkt.
Im Vorfeld wurde das Treffen zwischen Wladimir Putin und Donald Trump, obwohl inhaltlich und organisatorisch wenig vorbereitet, medial enorm aufgebauscht. Trotz fehlendem Verhandlungsrahmen, waren die Erwartungen an das Ergebnis – etwa ein Waffenstillstand für die Ukraine – in Teilen der internationalen Öffentlichkeit und bei Kommentatoren überraschend hoch. Trump selbst hatte die Erwartungen kräftig angeheizt, indem er einen möglichen „Durchbruch“ oder gar eine Vereinbarung ins Spiel gebracht hatte. Viele erwarteten deshalb spektakuläre Bilder oder einen sichtbaren Durchbruch, was wenig realistisch war. (36)
Trotzdem war angesichts der bekannten Differenzen und der minimalen tatsächlichen Verhandlungsbasis die Hoffnung auf einen schnellen Frieden oder eine spektakuläre diplomatische Wende groß. So wurde dem Treffen im Vorfeld Bedeutung zugeschrieben, die ihm substanziell gar nicht zukam. (37) Dazu legte die mediale Begleitung besonderen Wert auf das „historische Setting“ – Alaska als ehemalige russische Kolonie, die symbolträchtige Bühne, das globale Rampenlicht – und suggerierte dadurch eine besondere Tragweite, die durch konkrete Ergebnisse nicht eingelöst werden konnte. (38)
Für Trump und Putin lag ein Reiz darin, sich gegenseitig auf der Weltbühne zu begegnen. Für ihre Unterstützer entsprach das Treffen dem Bild großer Führer, die „Probleme am Tisch“ regeln – unabhängig davon, ob es realistische Grundlagen oder ernstzunehmende Vorbereitungen gab. (39) Kritische Beobachter erkannten hier jedoch zwei christliche Präsidenten, die als benachbarte Oligarchen nur wenige Kilometer durch die Beringstraße getrennt sind und sich gemeinsam auf einen umfassenden Deal einigen wollen.
Die internationalen und deutschen Medien bewerten das Treffen zwischen Trump und Putin in Alaska mit Blick auf die US-russischen Beziehungen fast einhellig kritisch – mit leichten Unterschieden im Tonfall:
Viele Medien – etwa der britische Guardian, der französische Le Monde oder auch zahlreiche deutsche Kommentatoren – sprechen von einem propagandistischen Erfolg für den Kreml, nicht zuletzt weil Putin als international akzeptierter Akteur inszeniert wurde. Die Begegnung verschaffe ihm ein Comeback auf der Weltbühne, während die USA unter Trump wenig bis keine greifbaren politischen Ergebnisse erzielten. (40)
Das Treffen wird als Inszenierung oder sogar als „nutzenlos“ bezeichnet (z.B. Tagesschau, SRF, Blick). Es habe weder in der Ukraine noch in den Beziehungen zwischen den USA und Russland substanziell etwas verändert. Im Gegenteil: Viele Kommentatoren sehen die Gefahr, dass Trumps Gesprächsbereitschaft russische Narrative stärkt und Putins Position gegenüber den USA und Europa sogar noch verbessert hat. (41)
Besonders europäische Beobachter heben hervor, dass der Gipfel die traditionelle Einheit zwischen den USA und Europa weiter gefährdet. Mehrere Stimmen warnen, dass Putin versuchen werde, einen Keil zwischen westliche Verbündete zu treiben. Die Europäer selbst seien außen vor gewesen – ein sicherheitspolitisches Risiko für den ganzen Kontinent. (42)
Die USA- und Osteuropakorrespondenten, etwa von der New York Times, dem Wall Street Journal oder dem Kiev Independent, betonen, dass Trump Putins Forderungen viel Raum gegeben habe, ohne eine Kompromisslösung (wie einen Waffenstillstand) zu erreichen. Die russische Seite konnte Sanktionen abwenden, während die Ukraine weiter auf Unterstützung angewiesen bleibt. (43)
Auch amerikanische Medien unterstreichen, das Treffen habe für Trump eher eine symbolische Bedeutung gehabt, sei aber ein diplomatischer Misserfolg. Die erzielten Vereinbarungen sind vage, konkrete Resultate fehlen. (44)
Bei den westlichen Unterstützern der Ukraine – hier vor allem Macron, Starmer und Merz – sorgte das Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin für Enttäuschung und weckte die Befürchtung, dass sich Trump auf Putins Seite schlagen könnte. (45)
Wer kennt die nächsten Schritte des kaum berechenbaren US-Präsidenten Trump? So widersprüchlich, wie sich Trump vor dem Alaska-Treffen geäußert hat, handelt der harte "Dealer" augenscheinlich situationsbedingt und sucht schnelle Lösungen je nach der aktuellen Lage. Das augenscheinlich unvorbereitete Treffen lässt keine andere Schlussfolgerung zu. Hat sich Trump vor dem Flug nach Alaska eingestehen müssen, dass die USA ihren ersten und bisher einzigen heißen (Stellvertreter)-Krieg gegen Russland verloren haben? Schon öfter in der Geschichte sind US-Kriegspläne gegen Russland gescheitert: Der am 19. Dezember 1949 in Kraft gesetzte Kriegsplan DROPSHOT musste 1957 (die Sowjets hatten einen Erdtrabanten in die Umlaufbahn geschickt) vertagt werden, 1962 einigten sich Kennedy und Chruschtschow in der Kuba-Krise und nach 1989 schwenkte Gorbatschow die weiße Fahne. 2025 hat Putin keine Veranlassung, die weiße Fahne zu entrollen.
Nun scheint sie wieder da zu sein, die 1945 entstandene Bipolarität, die erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion (CCCP) der Unipolarität weichen musste. Diesmal wieder im Ergebnis eines heißen Krieges, doch nun zwischen den beiden Polen selbst. Vielleicht war ja das T-Shirt des russischen Außenministers Lavrov gar nicht provokativ gemeint, sondern nur als Hinweis für die Gipfelteilnehmer und die Weltmedien auf diesen Zusammenhang.
Am 18. August 2025 traf sich Trump in Washington mit ausgewählten Rest-Europäern
Neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj waren führende europäische Politiker, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte geladen. (46)
Zentrale Themen waren die Suche nach einer Lösung im Ukraine-Konflikt samt Sicherheitsgarantien, der Umgang mit russischen Gebietsansprüchen, insbesondere an den Regionen Donezk, Luhansk und der Krim sowie die Bedingungen und die Rolle westlicher Militär- und Wirtschaftshilfen für die Ukraine. (47) Trumps Strategiewechsel – direkte Friedensgespräche ohne vorherigen Waffenstillstand – scheint nachhaltig zu sein. (48)
Laut den aktuellen Berichten sollen im Rahmen der russischen Vorschläge für einen Friedensplan die ukrainischen Truppen aus den verbliebenen Oblasten Donezk (30%) und Luhansk (2%) abziehen und diese Gebiete de facto an Russland abgetreten werden. Im Gegenzug bieten russische Vertreter an, die bestehende Kampf- und Frontlinie in den südlichen Regionen Cherson und Saporischschja einzufrieren; dort soll also unter Beibehaltung der aktuellen Positionen eine Waffenruhe gelten. Parallel dazu wird die Anerkennung der Krim als russisch sowie ein Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft gefordert. (49)
Wie nach allen imperialen Kriegen wird hier unter Ausschluss der betroffenen Bevölkerung über den Austausch von Gebieten verhandelt. Weder Trump noch Putin noch Selenskyj kümmert sich um den Willen der ansässigen Bewohner. Ebensowenig die EU oder die NATO. Es ist seit 1919 also keine Weiterentwicklung zu erkennen.
Schon vor dem Treffen hat Sonderberater Witkoff auf CNN davon gesprochen, eine Regelung nach dem Muster von Art. 5 des NATO-Vertrags für die Ukraine zu finden. Dieser Artikel 5 ist das Kernstück der kollektiven Verteidigung und regelt den sogenannten NATO-Bündnisfall; er besagt lediglich, dass der zu leistende Beistand alle Maßnahmen einschließlich der Anwendung von Waffengewalt enthalten kann, vom Beileid bis zum militärischen Beistand. Art.5 ist weich formuliert und dient US-Interessen. Aber auch eine derartige Regelung wird Putin nicht zulasssen.
Laut Willy Wimmer, dem Urgestein deutscher Politik, verfolgt der epochale Trump konsequent die amerikanischen Interessen im Zusammenhang mit dem russischen ökonomischen Potential. „Der Nuland-Besuch im Oktober 2021 hat gezeigt, daß Joe Biden es mit Gewalt und bedingungsloser russischer Kapitulation versucht hat“, (50) so Wimmer. Angesichts einer zerstörten Ukraine versuche es Trump nun mit friedlichen Mitteln weiter. Ihm gehe es um das pure Überleben der USA, unabhängig vom Auftreten der „glorreichen Zehn“ heute in Washington DC.
„Man tut gut daran, sich heute das zu merken, was Trump sagt. Man sollte allerdings darauf warten, was er nach dem nächsten Treffen mit Putin sagt“.
Die USA seien am Ende der Periode, die mit dem amerikanischen Bürgerkrieg begann und der Welt zwei Weltkriege bescherte. Trump ist es, der dem Dritten Weltkrieg in die Speichen greift und nicht die Rutte-Truppe heute in Washington DC.
Die Hardliner in NATO und EU sowie das Vereinte Königreich (UK) unter Führung von Starmer, Macron und Merz verstricken sich in ihren Gegenvorschlägen und betreiben weiter unter Ausblendung der Entwicklungen auf dem Schlachtfeld ihren Kriegskurs: Laut Michael von der Schulenburg, dem ehemaligen UN-Diplomaten und seit 2024 EU-Abgeordneter, bleiben sie dabei,
„dass es sich im Ukrainekrieg um einen unprovozierten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands handele und man daher auf keinen Fall nachgeben dürfe.“ (51)
Mit dieser Haltung wird der Ukrainekrieg, so Schulenburg nun in die Verantwortung dieser europäischen Länder übergehen, denen jedoch das militärische und wirtschaftliche Potential fehlt, den Krieg erfolgreich weiterzuführen. Die parallel verlaufende wirtschaftliche Stagnation wird die ohnehin brüchige Solidarität der EU-Staaten weiter belasten. Die EU könnte daran sogar zerbrechen.
Vor dem Hintergrund der Gefahr einer gefährlichen Eskalation durch ein direktes Eingreifen der europäischen NATO-Staaten gewinnt das Trump-Putin Treffen eine enorme Bedeutung, obwohl Trumps Motive und Ziele noch vernebelt werden. Ähnlich wie sich die USA bereits in früheren Zeiten überraschend aus Konflikten zurückgezogen haben – etwa in Vietnam, in Afghanistan, aber auch im Irak und in Libyen – könnte Trump die Reißleine im Ukraine-Konflikt ziehen, um sich auf den wirklichen Gegner der USA zu konzentrieren: China
An diesem Punkt stellt sich noch die Frage nach dem deutschen bis 2034 festgeschriebenen Sicherheitspakt mit der Ukraine und dem darin enthaltenen Versprechen, das Deutschland alles tun wird, um die Souveräntität der Ukraine in den Grenzen von 1991 wieder herzustellen. Möglicherweise wird die europäische Kriegspropaganda sogar mit der Absicht angeheizt, damit die Europäer den Krieg weiterführen und die USA gegen China freie Hand haben.
Auch Willy Wimmer beobachtet, dass EU-Europa in Feindschaft zu Russland gehalten wird und „zeitgleich Washington und Moskau dicke Freunde spielen? Um den Absatz von US-Waffen nicht zu gefährden?“ Dennoch hält er das Treffen für eine Zeitenwende:
„Es geht um das, was unter Präsident Biden niemand wollte, nämlich Verträge mit Russland. Eines ist gewiß. Nach diesem Krieg wird niemand mehr davon reden, daß Russland eine Regionalmacht sei.“ (52)
Die Kriege in Nahost und Europa zeigen überdeutlich: alles hängt mit allem zusammen.
Man darf gespannt sein, welchen Lösungsvorschlag Trump angesichts seines geringen Spielraums machen wird. Jedenfalls wird er wohl im Zweifelsfall auf Selenskyj die wenigste Rücksicht nehmen.
Anmerkungen und Quellen
Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)


1) Zitiert von Paul Craig Roberts unter https://www.paulcraigroberts.org/2025/08/14/can-putin-pass-the-test/
2) Ebda.
3) Ebda.
4) Ebda.
5) https://www.cbsnews.com/news/steve-witkoff-kirill-dmitriev-russia-white-house-meeting/
6) https://www.intellinews.com/profile-the-ukrainian-born-kremlin-consigliere-with-putin-s-ear-236538/
8) Ralph Bossard: Auf der Suche nach persönlichen Vorteilen: Händeschütteln statt Isolation
18. August 2025 unter https://globalbridge.ch/thema/medienkritik/
9) Ebda Fussnote 3:Vor seinem Abflug zum Gipfeltreffen mit US-Präsident Trump orientierte Wladimir Putin die engsten Partner über sein Gespräch mit Trumps Sondergesandten Steve Witkoff wenige Tage zuvor. Das waren der indische Premierminister Narendra Modi, die Präsidenten von China, Xi Jinping, von Belarus, Alexander Lukashenko, von Kasachstan, Kassim-Jomart Tokayev und Usbekistan, Shavkat Mirziyovev. Zuvor hatte er den Präsidenten von Südafrika, Cyril Ramaphosa, gesprochen. Siehe Gretchen Small: Putin Briefs Six Heads of State on Discussions with U.S. Envoy, bei Executive Intelligence Review, 08.08.2025, online unter https://eir.news/2025/08/news/putin-briefs-six-heads-of-state-on-discussions-with-us-envoy/. Vgl. auch Dennis Small: Heightened BRICS Diplomatic Activity in Response to Trump’s Tariff Warfare, 09.08.2025, bei Executive Intelligence Review, online unter https://eir.news/2025/08/news/heightened-brics-diplomatic-activity-in-response-to-trumps-crypto-tariff-warfare/
11) https://adminpubs.tradoc.army.mil/pamphlets/TP525-3-1.pdf
12) Anti-Access/Area Denial, A2/AD
13) https://www.congress.gov/bill/113th-congress/house-resolution/758/text; "US Congress Resolution 758 December 2014 full text","US Congress Resolution 758 December 2014 summary"
14) Zbigniew Brzezinski: „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ 1999 (Englisch: The Grand Chessboard. American Primacy and ist geostrategic Imperatives 1997), S. 128
18) Michel Chossudovsky: Amerika auf dem »Kriegspfad«: Repräsentantenhaus ebnet Krieg mit Russland den Weg vom 6.112.2014 unter http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/prof-michel-chossudovsky/amerika-auf-demkriegspfad- repraesentantenhaus-ebnet-krieg-mit-russland-den-weg.html
19) Paul Craig Roberts: Russia Has Western Enemies, Not Partners vom 5. Dezember 2014, unter http://www.paulcraigroberts.org/2014/12/05/russia-western-enemies-partners-paul-craig-roberts/
20) NRhZ-Online-Flyer Nr. 494 vom 21.01.2015
21) Multi-doman Battle: Evolution of Combined Arms fort he 21st Century
22) https://presentdangerchina.org/
23) Ursula von der Leyen: The World Still Needs NATO, NYT am 18. Januar 2019
24) Ebd.
25) http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20150109IPR06321/html/Ukraine-MEPs-condemn-terrorist-acts-and-say-sanctions-against-Russia-must-stay, PLENARY SESSION, Press release- External relations 15-01-2015
26) Wolfgang Effenberger: US-Resolution 758 an Russland stellt Ultimatum an Serbien von 1914 in den Schatten! vom 25.12.2014 unter http://www.anderweltonline.com/politik/politik-2014/us-resolution-758-an-russland-stellt-ultimatum-an-serbien-von-1914-in-den-schatten/
27) "Whereas the political, military, and economic aggression against Ukraine and other countries by the Russian Federation underscores the enduring
importance of the North Atlantic Treaty Organization (NATO) as the
cornerstone of collective Euro-Atlantic defense;"
29) https://www.congress.gov/bill/113th-congress/house-resolution/758/titles
30) Wolfgang Effenberger: Spaltpilz verdeckt Kriegsvorbereitungen vom 14. 1. 2015 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21195
31) http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=MOTION&reference=P8-RC-2015-0008&language=EN
32) https://jowiinter.blogspot.com/2025/08/schwarzer-freitag-fur-kiew-west-europa.html
33) https://goldseiten-forum.com/thread/24260-russland-der-b%C3%A4r-wehrt-sich/?postID=1785742
36) https://www.tagesschau.de/ausland/alaska-putin-trump-100.html
37) https://www.dw.com/de/was-sagt-die-ukraine-zu-trumps-treffen-mit-putin-in-alaska/a-73667027
38) https://www.fr.de/politik/internationale-presse-bewertet-putin-trump-gipfel-in-alaska-93885731.html
42) https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/presseschau-alaska-gipfel-100.html
47) https://www.washingtonpost.com/world/2025/08/18/trump-ukraine-russia-europe/
48) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/faq-trump-ukraine-100.html
50) Willy Wimmer, mail vom 18. August 2025
51) https://www.emma.de/artikel/noch-hat-die-ukraine-eine-zukunft-341975
52) Willy Wimmer, mail vom 19. August 2025
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bild: Treffen zwischen Trump und Putin in Alaska mit B2-Bombern auf dem Rollfeld
Bildquelle: Shutterstock AI / shutterstock
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