Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Im Stellvertreterkrieg, den US/NATO derzeit zusammen mit der Ukraine gegen Russland führen, sieht es für den kollektiven Westen mit jedem Tag schlechter aus. Die vielfach in Aussicht gestellte Frühlingsoffensive wurde aufgrund interner Zweifel über ihre Durchführbarkeit angesichts vieler Mängel an Menschen und Material, sowie fehlender Luftunterstützung und mangelnder Flugabwehr, immer wieder verschoben. Allerdings stand das Selenskij-Regime in Kiew unter enormem Zugzwang, denn es war sich sehr wohl der wachsenden Kriegsmüdigkeit in großen Teilen der Bevölkerung des kollektiven Westens bewusst. Diese Müdigkeit war selbst in den Medien zu beobachten, die bisher stets am lautesten gebrüllt hatten, die Ukraine müsse gewinnen.
Vor allem die übelsten, skrupellosesten Kriegstreiber der anglo-amerikanischen Achse hatten die Führung in Kiew in kaum verhüllter Sprache wissen lassen, dass sie nun bald Action sehen wollten. Wenn jetzt nicht bald die Offensive kämme und die Ukraine Siege gegen die Russen vorweisen könnte, könnten die Stimmen, die sich in den USA und im gesamten westlichen Lager für einen Waffenstillstand einsetzen, nicht länger kontrolliert werden.
Deshalb erklärten die US/NATO-Verbrecher ihren Handlangern in Kiew, dass es für sie am wichtigsten sei, „möglichst viele Russen zu töten“, wenn die westliche Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten werden soll. Diese Ungeheuerlichkeit erklärte der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow in einem Interview, das in der aktuellen Ausgabe im US-Magazin Foreign Policy erschienen ist. Wörtlich sagte Minister Resnikow, dass ihm von Kiews NATO-Unterstützern gesagt wurde, er solle "so viele Russen wie möglich töten", auch wenn die Ukraine nicht alle Waffen bekomme, die sie wolle.
Die in dem Interview zitierte Zeile "Tötet so viele Russen wie möglich" klingt sehr konsistent mit dem, womit US-Senator Lindsay Graham letzten Monat bei seinem Besuch in Kiew aufgewartet hatte: "Die Russen sterben. Das ist die beste Investition, für die wir je Geld ausgegeben haben“, lachte Senator Graham, während der ukrainische Präsident Selenskyj zustimmend nickt. Der Link zum Video ist hier (1).
Als Beweis für den im Titel des Artikels verbreiteten Optimismus in Bezug auf Kiews Siegeschancen gegen Russland beruft sich Foreign Policy auf Resnikow und dessen überschwängliche Schilderung der vom Westen gelieferten Wunderwaffen. Zuerst seien die Stinger gekommen, dann die HIMARS und das Patriot-System, das sogar „Russlands angeblich unaufhaltsame Hyperschallrakete Kinzhal“ abgeschossen hätte. Jetzt, so Resnikow, habe die Ukraine „Bradleys, Strykers, Abrams, Leoparden und mehr bekommen". Und schließlich würden die Panzer demnächst von den westlichen F-16 Jagdbombern Luftunterstützung bekommen. Die frischen, gut ausgerüsteten, im Westen ausgebildeten und hochmotivierten ukrainischen Brigaden, die an der Offensive teilnehmen werden, würden sich – so Resnikow – erschöpften russischen Streitkräften mit schlechter Laune, wenig persönlichem Engagement und mittelmäßiger Führung gegenübersehen. Dann vergleicht Resnikow die aktuelle Lage in der Ukraine mit der im Nahen Osten vor einem halben Jahrhundert, als damals die arabischen Länder erfolglos gegen Israel gekämpft haben. Auch Russland verfüge über mehr Menschen und Material als die Ukraine, aber es setzt diese Trümpfe nicht sinnvoll ein.
Resnikow bekräftigt damit das westliche Narrativ von den dummen, schlecht geführten Russen mit minderwertiger Ausrüstung, die den westlichen Wunderwaffen hoffnungslos unterlegen sind. Erstaunlich ist, dass die Redaktion der Foreign Policy dabei mitmacht und Resnikow keine einzige kritische Frage stellt. Dabei haben sogar der Chef der ukrainischen Luftabwehr sowie die Amerikaner selbst die Nachricht dementiert, dass das Patriot-System eine Kinzhal-Hyperschall-Rakete abgeschossen habe. Tatsächlich hat die Kinzhal eines der zwei Patriot-System zerstört, die sich derzeit in der Ukraine befinden.
Auch die tagtäglichen Fakten des Kriegsgeschehens in der Ukraine anhand der vielen Berichte auf Telegram-Kanälen, einschließlich ukrainischer Kanäle, zeichnen das genauen Gegenteil vom westlichen Narrativ und belegen die kluge Taktik der Russen sowie die Überlegenheit ihrer Waffen nicht nur an Quantität sondern auch an Qualität, wobei Quantität ab einem gewissen Grad selbst zu einer Qualität wird.
In den ersten fünf Monaten dieses Jahres hat die russische Seite mit einer Armee aus Pionieren hinter der Front an gefährdeten Abschnitten ein effektives Verteidigungssystem aus Panzersperren und -fallen, Minenfeldern, befestigten Positionen, unterirdischen Lagern, etc. ausgebaut. In der Zwischenzeit haben die Russen die Frontlinie langsam und systematisch immer weiter vorgeschoben, sodass die befestigten Linien mittlerweile viele Kilometer hinter der Front liegen und den vorgeschobenen russischen Truppen erlauben, flexibel auf massive gepanzerte Durchbruchversuche der Ukraine zu reagieren. Von denen hat es seit Beginn der Offensive am Montag letzter Woche Dutzende gegeben.
Aber kein einziger Versuch, mit diesen gepanzerten Fäusten aus Leopard 2a Panzern und Bradley Schützenpanzern und anderen westlichen Panzerfahrzeugen die aktuelle Front zu durchstoßen und zur ersten, befestigten Verteidigungslinie der Russen vorzustoßen, ist gelungen. Alle Angriffe blieben bereits im Vorfeld unter großen Verlusten von Menschen und Material stecken. Laut russischer Schätzungen von Anfang dieser Woche hatte die Ukraine seit Beginn der Offensive bereits ein Drittel ihrer neuesten, vom Westen gelieferten Waffen verloren. Besonders dramatisch ist die Zahl von etwa 13 Tausend ukrainischen Gefallenen innerhalb der ersten Woche der Offensive.
Aber selbst wenn einer gepanzerten Spitze der ukrainischen Armee der Durchbruch bis zur befestigten Verteidigungslinie der Russen gelingen würde, dann würden für sie erst die richtigen Probleme beginnen. Denn seit Beginn des Jahres hat Russland 300 Tausend Reservisten, alle mit Militärerfahrung, eingezogen und anschließend an den neuen Waffen und Taktiken ausgebildet. In Erwartung der ukrainischen Offensive wurden diese frischen, russischen Kräfte weitestgehend hinter der Front in Reserve gehalten, ersten um notfalls ukrainische Durchbrüche zurückzuschlagen und zweitens, um dem zurückgeschlagenen Feind mit den frischen Kräften nachzusetzen und in eine eigene Offensive in Richtung Westukraine überzugehen und wenn möglich bis zum Fluss Dnjepr vorzustoßen. Denn nach Überwindung der schweren ukrainischen Befestigungsanlagen im Donbass, wie z.B. bei Soledar und Bachmut, gibt es weiter westlich in der flachen Landschaft für die ukrainische Armee keine nennenswerten natürlichen oder militärischen Bollwerke mehr und erst recht keine Möglichkeiten, sowas kurzfristig zu bauen.
Es kann davon ausgegangen werden, dass sich das Fascho-Regime in Kiew und seine westlichen Unterstützer dieser Problematik bewusst sind. Das ist sicherlich auch der Grund, weshalb Kiew so lange mit der Offensive gezögert hat. Denn wenn diese zurückgeschlagen wird, riskiert das korrupte Selenskij-Regime nicht nur den Verlust westlicher Unterstützung, sondern auch eine Revolte in den eigenen Reihen. Für die Selenskij-Getreuen, die sich nicht rechtzeitig in ihre Villen in Deutschland, Miami oder Italien retten können, könnte das sogar tödlich enden. Die Hemmschwelle, nicht nur Russen zu töten, sondern auch das Leben ukrainische Mitbürger mit Gewalt zu beenden, liegt seit dem blutigen Maidan-Putsch in Kiew sehr niedrig, zumal faschistische Mörder in der Regel ungestraft davonkommen.
Seit Beginn der aktuellen Offensive sieht die Lage an der Front mit jedem Tag schlechter für die Ukraine aus. Purem Wunschdenken waren die Hoffnungen entsprungen, mit den vom Westen gelieferten Wunderwaffen, z.B. mit dem unüberwindbaren Leoparden 2a-Panzer und unter dem Schutz des neuesten Flugabwehrraketensystems IRIS die Front der Russen zu durchbrechen. Diese Hoffnungen dürften inzwischen verpufft sein. Stattdessen haben die angeblich dummen, unmotivierten Russen mit ihren minderwertigen Waffen und mit schlechter Führung nicht scharenweise die Flucht ergriffen, sondern den ukrainischen Maulhelden eine Niederlage nach der anderen zugefügt. Weder die westlichen Wunderwaffen, noch die über Monate dauernde Ausbildung der ukrainischen Soldaten im Westen hat daran etwas ändern können.
Derweil haben etliche Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) aus dem kollektiven Westen einen solchen Ausgang seit einiger Zeit befürchtet. Deshalb trommeln für sie eine friedliche Verhandlungslösung. Was sie jedoch anzubieten haben, ist vergleichbar mit der Werbung für Produkte in Supermarkt-Regalen. Denn auch in der Friedensverpackung der NGOs ist immer mehr Luft und immer weniger Frieden drin. Und nicht selten ist die Friedens-Packung ganz leer, wie das jetzt bei dem Wiener internationalen Gipfel für Frieden in der Ukraine der Fall war.
Am 10. und 11. Juni waren US-amerikanische und westeuropäische NGOs in Wien zu einer Friedenskonsultationen zusammengekommen. Am Ende wurde ein Erklärung abgegeben, in der Russland allein verurteilt wird, obwohl im Originalentwurf wenigsten von der „Mitverantwortung“ der NATO die Rede gewesen war. Aber diese Passage war im endgültigen Text der Erklärung auf unerklärliche Weise einfach verschwunden.
Die Organisation der Friedenskonferenz hat bei der Verabschiedung der Abschlusserklärung weder die Meinung der Teilnehmer eingeholt noch eine offene Diskussion darüber initiiert. Am Ende des Friedensgipfels wurde die Erklärung mit der einseitigen Verurteilung Russlands jedoch laut vorgelesen, wodurch der Eindruck vermittelt wurde, dass alle Teilnehmer damit einverstanden waren.
Lediglich der Vertreter der „Ungarischen Gemeinschaft für den Frieden“ und der Bewegung „Forum für Frieden“ Endre Simó, der den Entwurf der Abschlusserklärung kannte, hatte bereits am ersten Tag des Treffens angekündigt, dass er die Erklärung aufgrund der Verurteilung Russlands weder unterzeichnen noch seinen Namen hinzufügen werde. In seinem Kommentar fragte Simó:
„Welche Art von Frieden wollen Sie, wenn Sie denjenigen verurteilen, mit dem Sie Frieden schließen wollen? Zivile Diplomatie kann nur dann ernsthaft betrieben werden, wenn die Gegenparteien nicht verurteilt werden, sondern sich um eine Versöhnung bemühen. Es bedarf einer beharrlichen Arbeit, damit die Parteien die berechtigten Interessen des anderen anerkennen, insbesondere, dass sie ihre eigene Sicherheit nicht auf Kosten der anderen Partei durchsetzen können." Er fügte hinzu: Russland hat das gleiche Recht auf ein Leben in Sicherheit wie alle anderen auch.
Für den vollständigen Text seines Kommentars siehe die Schriftversion. (2)
Auf die Stellungnahme der „Ungarischen Gemeinschaft für den Frieden“ antwortete der deutsche Friedensaktivist und Vorsitzende des IPB, Reiner Braun, dass er die „Einheit dieser internationalen Koalition für den Frieden nicht durch eine Auseinandersetzung mit den Ursachen des Konflikts gefährden“ wolle, „da die Meinungen darüber auseinander“ gingen. Stattdessen solle man sich „auf die Lösung des Konflikts konzentrieren“. Allerdings konnte oder wollte Reiner Braun die anschließende Frage, wie der Konflikt gelöst werden könnte, ohne seine Grundursachen zu beseitigen, nicht beantworten.
Die zeigt nochmals mehr als deutlich, dass man vorsichtig sein muss, um nicht missbraucht zu werden, denn nicht überall, wo auf der Verpackung Frieden draufsteht, ist auch Frieden drin.
Quellen und Anmerkungen
(1) https://twitter.com/i/status/1662719821212000257
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: BARANOV OLEKSANDR / shutterstock
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