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Israels Endspiel? | Von Jochen Mitschka

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Standpunkte 20250925 apolut NEU
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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Wieder hatte der Jemen am 16. September den Flughafen Ramon in Israel angegriffen, um einen Waffenstillstand bzw. das Ende des Völkermordes in Gaza zu erzwingen. Trotz tödlicher Angriffe auf Medien und zivile Installationen im Jemen, erklärte dieser, seine Angriffe weiter eskalieren zu wollen, bis es zu einem Waffenstillstand und ungehinderter humanitärer Hilfe nach Gaza kam. (1) Derweil verübte Israel ohne Ende Kriegsverbrechen in Gaza, mit der Produktion grausamster Szenen, insbesondere durch Luftangriffe. Und von allen arabischen und islamischen Ländern hatten sich lediglich die Türkei, Ägypten, Katar und Pakistan, neben, natürlich dem Iran, eindeutig drohend gegenüber Israel ausgesprochen. Was Netanjahu veranlasste, noch einmal arrogant und provozierend an die Adresse des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zu erklären, dass Jerusalem nun Israel "gehöre" und nicht mehr geteilt würde. (2) Was ein klares Bekenntnis zum Bruch der wichtigsten aller UNO-Resolutionen war, nämliche jener, auf der sich das Existenzrecht Israels begründete. Und offensichtlich hatte Netanjahu die Unterstützung der USA, denn Marco Rubio, Außenminister der USA, besuchte eine illegale Ausgrabungsstätte in Jerusalem, welche Israel zufolge Artefakte eines alten Tempels ausgraben sollte. Während Kritiker meinten, das Ziel wäre eine Untergrabung der Stabilität der muslimischen Moschee, das drittwichtigste Heiligtum in der muslimischen Welt (3), um nach dem Zusammenbruch, den Neubau eines zionistischen Tempels zu verwirklichen.

Saudi Arabien und Pakistan schließen Verteidigungspakt

Pakistan und Saudi Arabien schlossen unter dieser offensichtlich erkannten Bedrohung durch Israel und den USA überraschend für die westliche Öffentlichkeit, einen Verteidigungspakt, der dem der NATO ähnelte. Und Beobachter meinten, dass sich möglicherweise weitere Länder dem Beispiel anschließen könnten. Analysten behaupteten, dass der Vertrag über den Artikel 5 der NATO hinausgehe, der letztlich den einzelnen Ländern überließ, wie sie "angemessen" reagierten. Vielmehr hieß es, dass der Angriff auf ein Land, auch als Angriff auf das andere Land angesehen würde. Natürlich war der komplette Text noch nicht bekannt. Andrew Korybko meinte (4), dass dieser Pakt eigentlich eher symbolischer Art war.

"Beide Seiten wollen nach dem Angriff Israels auf Katar ihr Gesicht wahren und den anderen Muslimen die Bedeutung einer stärkeren militärisch-technischen Zusammenarbeit innerhalb der muslimischen Welt verdeutlichen, anstatt einen nuklearen Konflikt zwischen Israel und Pakistan oder ein Öl-Embargo Saudi-Arabiens gegen Indien zu provozieren, wie einige befürchten." (5)

Korybko meinte, dass die Äußerung von anderen Analysten, dass in dem Fall, dass Israel Saudi-Arabien bombardiert, Pakistan in den Krieg eintreten und evtl. sogar nuklear drohen würde, oder dass Saudi-Arabien ein Ölembargo gegen Indien verhängen würde, wenn es zu einem Krieg zwischen Pakistan und Indien kommen würde, illusorisch sei. Aber m.E. übersah er einige wichtige Punkte:

Die symbolische Bedeutung war größer, als Korybko meinte. Saudi-Arabien war in vielerlei Hinsicht das Paradebeispiel für einen US-Verbündeten. Wenn das Land den US-Sicherheitsgarantien nicht mehr vertraute, warum sollte das dann irgendjemand anderes tun? Und dass dies überhaupt passierte, dieses Bündnis, dass es nicht von den USA verhindert wurde, war an sich schon sehr bezeichnend. Daraus konnten Konsequenzen entstehen, die man Mitte September im Jahr 2025 noch nicht wirklich einschätzen konnte.

Das vielleicht Wichtigste aber war die "Nukleare Abschreckung". Saudi-Arabien, so war schon lange hinter vorgehaltener Hand geflüstert worden, wolle "die Bombe", um das Gleichgewicht und Abschreckung gegenüber Israel herzustellen, da Israel nicht auf seine Kernwaffen verzichten wolle. Saudi-Arabien war mit den USA schon in Verhandlungen über die Einführung von Kernenergie, woraus sich eigene Fähigkeiten zum Bau einer Bombe ergeben hätten, ohne dass wirklich große Fortschritte gemacht wurden, weil die USA diese Wünsche ausgebremst hatten. Und nun diese Vereinbarung die explizit auch nukleare Aspekte umfasste. Ein hochrangiger saudischer Beamter hatte gegenüber Al Jazeera gesagt, dies sei ein umfassendes Verteidigungsabkommen, das alle militärischen Mittel abdeckt. (6) Damit würden sich nun also offiziell zwei nuklear bewaffnete Blöcke im Nahen Osten gegenüber stehen: USA/Israel vs. Pakistan/Saudi-Arabien. Pakistan lehnte außerdem die „No-First-Use“-Doktrin ausdrücklich ab – Saudi-Arabien hatte also eine Schutzmacht, die bereit war, präventiv Atomwaffen einzusetzen. Und Pakistan einen Verbündeten der Öl und Dollar lieferte, zwei überlebenswichtige Quellen des pakistanischen Wachstums.

Außerdem musste man berücksichtigen, dass 81 % der Waffenimporte Pakistans aus China stammten. (7) Dies bedeutete, dass sich Saudi-Arabien indirekt mit dem chinesischen Militär-Industrie-Komplex (MIK) verbunden hatte, obwohl der größte Teil seiner eigenen Waffen aus den USA stammte. Ein Nebeneffekt der Kooperation: Sie erweiterte den China-Pakistan Economic Corridor (CPEC) bis zum Persischen Golf, geschützt durch pakistanische Atomwaffen und chinesische Militärtechnologie, wodurch die Straße von Malakka umgangen wurde.

All das deutet darauf hin, dass der Vertrag schon länger in Vorbereitung gewesen war. Und es war anzunehmen, dass sich andere Golfstaaten ernsthaft damit beschäftigten, sich diesem "Mehr als ein Verteidigungsbündnis" anzuschließen. Das könnte im Extremfall zum Zusammenbruch des globalen Bündnissystems der USA führen und zu einem völlig neuen internationalen System, in dem regionale Atomwaffenstaaten zu Sicherheitspartnern wurden. Multipolarität in der Verteidigung!

Es war daher zu diesem Zeitpunkt kaum vorstellbar, dass Trumps Wunsch, dass Saudi-Arabien seine Beziehungen mit Israel normalisiere, kurzfristig erfüllt wird. Denn Pakistan erkennt Israel ebenfalls nicht an, und dank dieses Bündnisses kann Saudi-Arabien dem Druck der USA widerstehen, da es nicht mehr allein auf die USA für seinen Schutz angewiesen ist.

Indiens nationalistische Regierung, in tiefer Freundschaft mit Israel verbunden, noch stärker als andere "rechts" regierte Staaten, wurde nun vor ein Problem gestellt. Der ewige Feind Pakistan wurde zum Sicherheitspartner eines seiner wichtigsten Energieversorger. Dies könnte das IMEC-Projekt (Indien-Naher Osten-Europa-Korridor) beenden, eine Strategie, welche die Biden-Regierung als Antidot gegen Chinas „Neue Seidenstraße“ verfolgt hatte. Sie sollte Indien über Saudi-Arabien mit Europa verbinden.

Aber noch etwas deutete sich an: Dieses neue Bündnis könnte ein weiterer Schlag gegen das Petrodollar-System sein. Saudi-Arabien war jetzt noch flexibler darin, in welcher Währung das Land sein Öl verkaufen wollte, nachdem es bereits teilweise mit China Verträge in chinesischer Währung abgeschlossen hatte.

Letzter Punkt: Pakistan hatte bereits dem Iran Hilfe beim Angriff Israels angeboten. Wenn nun auch der Iran diesem Bündnis beitreten würde, wäre das der Untergang der hegemonialen Erpressungsmöglichkeiten westlicher Länder im Nahen und Mittleren Osten. Weshalb dies auch die unwahrscheinlichste Folge war, weil die USA unberechenbar reagieren könnten. Trotzdem: Multipolarismus begann sich mit dieser Verteidigungskooperation zu realisieren.

Saudi-Arabien war das größte und mächtigste Land am Golf. Es war aber auch das Land, das nach den israelischen Karten von "Groß-Israel" den größten Teil seines Gebietes abtreten sollte. Die arroganten und aggressiven Äußerungen von israelischen Ministern könnten sehr bald weitere Länder auf die Idee bringen, der Idee Pakistans, einer islamischen "NATO" zu folgen. Aber natürlich wäre der wichtigste Partner in einem solchen Bündnis … die Türkei. Am Ende könnte sogar Palästina als Mitglied aufgenommen werden. Alles nur als Folge der Tatsache, dass die extremistische rechtsradikale Regierung in Israel offen für ein Groß-Israel auftrat, und provokativ seine Nachbarländer nach Belieben bombardierte. Man konnte sich im September vorstellen, wie in Washington das Brainstorming aktiviert wurde, um das Szenario zu verhindern.

Gaza als Immobilien Goldgrube

Die Zeitung Die Welt, offensichtlich ohne Redakteur, welcher den Begriff "Unkosten" korrigierte, veröffentlichte einen Artikel, über den jubelnden Rechtsextremisten und Minister in Netanjahus Regierung Smotrich:

"Es gehe darum, 'wie diese Sache eine Immobilien-Goldgrube wird', die Israels Unkosten abdecken werde, erklärte Smotrich. Er habe in der Frage Verhandlungen mit den Amerikanern aufgenommen. Der Krieg habe Israel viele Kosten verursacht, „ich fordere auch etwas“. Nun müsse entschieden werden, 'wie wir uns das aufteilen, wie wir Prozente aus der Vermarktung des Bodens in Gaza machen'." (8)

Dass dies eine illegale Annexion, folgend auf einen Völkermord und Ethnische Säuberung war, stand natürlich nicht in dem Artikel, ebenso wenig, dass der IGH schon geurteilte hatte, dass Israel bereits vor der Zerstörung von Gaza schadenersatzpflichtig gegenüber den Palästinensern war. Aber Israel wolle "seine Kosten" für den Völkermord abdecken?

Am 18. September wurde bekannt, dass bereits über eintausend israelische Familien mit Mobilhomes und Zelten in das Grenzgebiet zu Gaza gezogen waren, um eine zionistische Siedlung im nördlichen Gaza vorzubereiten, sobald die Bevölkerung von dort vertrieben wurde. Sie verfügten über Karten, Ortsangaben und Namen (9). Ich musste unwillkürlich an die Siedler-Trecks im Wilden Westen denken, die immer mehr indianisches Land in Besitz nahmen, nachdem die Indianer abgeschlachtet, mit Krankheiten verseucht, ihre Nahrungsgrundlage, z.B. die Büffelherden, zerstört waren. Man sollte nicht vergessen, dass die Financial Times bereits am 4. Juli berichtet hatte, wie die Pläne einer "Rivera im Nahen Osten" aussehen sollten, nachdem die Palästinenser entweder ermordet oder vertrieben waren (10).

Am gleichen Tage ermächtigte Donald Trump, jenen Tony Blair, der schon sein Land wegen des Irak-Krieges belogen hatte, regionale und internationale Akteure für seinen Plan zur Gründung einer "Übergangsverwaltung" für den Gazastreifen "nach dem Krieg" zu gewinnen, bis die Kontrolle angeblich an die Palästinensische Autonomiebehörde "übergeben werden kann". Jene Behörde, deren Beamten gemeinsam mit Israel seit Jahren Neuwahlen verhinderten, und die bei den letzten freien und fairen Wahlen (laut EU-Beobachter) gegen die Hamas in Gaza deutlich verloren hatten.

Der Plan sah die Einrichtung einer "Internationalen Übergangsverwaltung für Gaza" (GITA) sowie mehrerer Unterorganisationen vor. Ein US-Beamter erklärte, dass Trump während der politischen Sitzung im Weißen Haus am 27. August deutlich gemacht habe, dass er Blairs Vorschlag unterstütze. Und er fügte hinzu, dass der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich von dieser Entscheidung offenbar nichts wisse. Smotrich hatte am Mittwoch erklärt, der Gazastreifen könne ein potenzielles „Goldgräbergebiet“ für die Immobilienbranche sein, und er führe Gespräche mit Washington über die zukünftige Teilung des Gebiets nach dem Krieg. (11) Dass irgendein Bewohner aus Gaza zu irgendeinem der Pläne befragt worden war, wurde nicht bekannt. OK, war eine rein rhetorische Bemerkung.

Und in Gaza machten die Bemühungen um Vertreibung und Ermordung große Fortschritte. Damit diese hässlichen Bilder aber nicht so schnell über die Welt verbreitet wurden, hatte Israel zunächst wieder einmal versucht, das Internet zu unterbinden. Die Menschen waren auf Funkverbindungen angewiesen, um Hilfe zu rufen oder sich zu verständigen. Familien fielen auseinander, Rettungsdienste konnten nicht arbeiten.

"Der lokale Anbieter Paltel bestätigte die Zerstörung seiner Infrastruktur und sprach von beispiellosen Schäden. Parallel dazu intensiviert Israels Militär seine Angriffe auf die dicht besiedelte Stadt, während Panzer vorrücken und Wohnviertel schwer bombardiert werden, in denen Hunderttausende Zivilisten belagert sind. 400.000 Menschen ließen sich nicht von Israel vertreiben. Israel vernichtet gezielt die verbliebenen Wohnhäuser in Gaza-Stadt, die noch nicht zerstört waren." (12)

Die westlichen Medien, so konnte man annehmen, würden früher oder später den israelischen Medien und der Politik folgen, wenn die Bevölkerungen nicht einschritten, und die öffentliche Wahrnehmung manipulieren. Es würde dann nicht mehr um "Verteidigung" gehen, sondern Zerstörung wird zur "Grundstücksentwicklung", Vertreibung zur "Stadtplanung" und die Vernichtung, wie von Schumpeter geplant, zum Sprungbrett für "wirtschaftlichen Fortschritt", ungenutzte Profitmöglichkeiten und zukunftsweisende Chancen. In Israel wurde das bereits praktiziert.

Gaza-Neusprech

Der wahre Nutzen des Gaza-Riviera-Plans lag in der Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung, wie weiter oben erklärt. Im The New Arab erschien am 16. September dazu ein interessanter Artikel: "Der 'Gaza-Riviera'-Plan: Die Verharmlosung des israelischen Genozids an den Palästinensern". Muhammad Shehada schreibt in seinem Artikel:

"Der sogenannte 'Gaza-Riviera'-Plan ist weniger eine Vision der Zukunft als vielmehr ein trauriges Zeugnis für die Zerstörung. Verpackt in ansprechende Grafiken und als Sprung in die Moderne beworben, ist er in Wirklichkeit das Ergebnis jahrelanger, gezielter Verwüstung – ein Plan, die Palästinenser in Gaza zu vertreiben und ihre Vertreibung als Innovation zu verkaufen. Was als Investition und Wiederaufbau dargestellt wird, ist in Wahrheit die Verharmlosung eines Genozids, eine anmutige Fassade für ein politisches Projekt, dessen Grundlage die Ruinen von Gaza und das Schweigen seiner vertriebenen Bewohner sind." (13)

Der Autor erklärte, dass die politische Choreografie der Wochen vor dem 16. September die Prioritäten dieses Plans endgültig offengelegt habe. Während US-Präsident Donald Trump, sein Schwiegersohn Jared Kushner, Tony Blair und israelische Gesandte, ohne ein einziges palästinensisches Mitglied, über die Zukunft Gazas diskutierten, ging der Genozid weiter und zerstörte das, was von der urbanen Struktur und dem sozialen Gefüge des Gazastreifens übrig war. Daraus ließe sich schließen, dass die Zerstörung kein Hindernis für den Plan war, sondern vielmehr dessen Voraussetzung und damit Netanjahus Plan von Anfang an. Die wesentlichen Eckpunkte des Riviera-Plans seien in veröffentlichten Dokumenten enthüllt worden. Diese beschrieben den Vorschlag, Gaza für etwa zehn Jahre unter US-Schirmherrschaft zu stellen, die palästinensische Bevölkerung vollständig zu vertreiben und die Küstenregion als futuristisches Tourismus- und Technologiezentrum zu vermarkten –

"die Riviera des Nahen Ostens“.

Der Autor des Artikels erklärte, dass die Idee nichts Neues gewesen sei. Der ursprüngliche Entwurf für dieses versprochene Science-Fiction-Zentrum – erbaut auf Massengräbern und zerstörten Städten – stamme von Benjamin Netanjahu, und sei Monate vor Trumps Wahl erstellt worden (14). Netanjahus "Vision Gaza 2035“, die im Mai 2024 veröffentlicht worden war, sah die belagerte Enklave als Dubai ähnliche Industrie- und Freihandelszone vor, und verwendete dieselben KI-generierten Bilder wie der Riviera-Plan, stellte Shehada fest. Es sei kein Zufall, dass beide Pläne fast identisch begannen.

„Von einem zerstörten Gaza zu einem wohlhabenden Partner im Sinne der Abraham-Vereinbarung“, hieß es im Riviera-Plan, während Netanjahu von einem „Neubeginn vom Nichts“

sprach. (15) Genau genommen, so erinnerte man sich, hatte auch schon Kushner während der ersten Amtszeit von Trump von einem solchen Entwicklungsplan geträumt, wenn auch damals angeblich zum Nutzen der Palästinenser, wenn sie sich nur entschließen sollten, ihre Idee eines Staates und große Teile ihres Gebietes an Israel abzutreten.

Shehada wies darauf hin, dass in den von ihm genannten beiden Plänen die gleichen Faktoren enthalten waren: Gaza müsse vollständig zerstört und entvölkert werden, um als unberührtes Terrain neu aufgebaut zu werden. Der weitgehend verurteilte "Gaza-Riviera-Plan“ – der die vollständig zerstörte Enklave in eine Reihe futuristischer Hightech-Strandstädte verwandeln sollte – wurde mit den Schlagworten Investition und Moderne beworben, aber hinter diesen Bildern und Präsentationen für Investitionen verberge sich in Wahrheit der wirkliche Plan und Grund für die Zerstörung Gazas. Er offenbare, warum es zwei Jahre lang keinen sinnvollen politischen Plan Israels für Gaza gab, abgesehen von Massenvernichtung, Massenmord und Hungersnot; die Vernichtung Gazas war von Anfang an das eigentliche Ziel gewesen.

Der Artikel wies darauf hin, dass Netanjahu schon vom ersten Tag der Massaker begonnen hatte, der Zivilbevölkerung zu raten … zu "fliehen" (16), bevor eine nie gesehene Zerstörung "überall" stattfinden würde (17). Damals war der Plan ganz offensichtlich bereits fertig gewesen.

"Die Israelis mobilisierten sogar den damaligen US-Außenminister Antony Blinken, um arabische Länder wie Ägypten und Saudi-Arabien zu besuchen und die Idee der 'vorübergehenden Umsiedlung' der Bevölkerung in den Sinai zu propagieren. Dieser Plan scheiterte jedoch, und Israel fand keine Partner, die diese radikale Gaza-Strategie unterstützten. Netanyahu wartete auf den richtigen Zeitpunkt, bis Trump Präsident wurde. Sofort flog er nach Washington, um den US-Präsidenten davon zu überzeugen, die Idee der ethnischen Säuberung und Besetzung Gazas als seinen eigenen Plan zu präsentieren. Seitdem bezeichnet Netanyahu die systematische Massenvertreibung in Gaza als 'Umsetzung des Trump-Plans', um die Verantwortung für diese völkermörderische Politik auf andere abzuwälzen." (18)

Der Artikel erklärte noch viele weitere Details dieses Plans, und schloss dann implizit mit der Feststellung, dass es nichts "Modernes" war, was realisiert werden sollte, sondern eines der ältesten Prozesse der Menschheit, nämlich die Beseitigung anderer Menschen, um deren Land zu kolonisieren.

Militärische Siege in wirtschaftliche Erfolge umsetzen

Dan Steinbock, der Autor von "The Fall of Israel" (19) schrieb in einem Beitrag Mitte September, dass es nun darum ginge, einen "militärischen Erfolg" in einen wirtschaftlichen zu verwandeln. "Nach seiner Zeit im Weißen Haus gründete Trumps Schwiegersohn einen 3-Milliarden-Dollar-Private-Equity-Fonds, um in israelische Unternehmen zu investieren (20), darunter 2 Milliarden Dollar, die er vom saudi-arabischen Staatsfonds aufbrachte. Kushners Private-Equity-Fonds Affinity Partners hatte zwei israelische Unternehmen ausgewählt, in die er investieren wollte. Bis Anfang 2025 baute er ein Geschäftsimperium im Nahen Osten auf (21),  das von Israel bis zu den Golfstaaten reichte." (22)

Steinbock machte außerdem klar, dass der erwähnte Plan Blairs im Grunde Kushners Plan war: Trumps Schwiegersohn hatte den britischen Ex-Premierminister nämlich beauftragt, diesen Plan zu entwickeln. Kushner brauchte ein international akzeptables Gesicht, um die Machenschaften zu verkaufen, die er ursprünglich eingeführt hatte.

Seit einiger Zeit schon, so erklärte Steinbock, hatte Blair internationale Interessengruppen versammelt, um eine Übergangsregierung zu besprechen, die den Gazastreifen regieren sollte, bevor er an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) übergeben wird. Mit seinem charakteristischen breiten Lächeln habe Blair seinen Plan als etwas dargestellt, das nicht auf einer gewaltsamen Vertreibung der Bevölkerung beruhe. Alle anderen Pläne – einschließlich des von Netanjahus rechter Hand Ron Dermer, der höchst umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation und der Boston Consulting Group – waren bereits zusammengebrochen. Und Smotrichs Transfertricks würden nie internationale Unterstützung finden, meinte Steinbock.

Das ultimative Ziel der Trump-Regierung seit es, "Johnny" an Bord zu holen (Trumps Spitzname für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman).

Die große Frage blieb, was das Weiße Haus wirklich wollte?

Steinbock wies darauf hin, wie die westlichen Staaten seit Jahrzehnten, im Widerspruch zu den eigenen angeblichen Grundsätzen, den Willen der Palästinenser vollkommen ignoriert hatten. Bei den demokratischen (!) Wahlen 2006 (24) hatten die Palästinenser sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen eine klare Mehrheit für die Hamas gewählt und nicht für die Palästinensische Autonomiebehörde. Nach der Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas von der Fatah verhängten Israel und die USA jedoch eine Boden-, Luft- und Seeblockade und kündigten an, dass nur humanitäre Hilfsgüter in den Gazastreifen eingeführt würden. Damals blockierte Israel zum ersten Mal den Gazastreifen, um die Wirtschaft der Region "an den Rand des Zusammenbruchs" zu bringen, wie es in einer von Wikileaks veröffentlichten diplomatischen Depesche der USA heißt.

"Es waren diese rücksichtslosen Entscheidungen, die den Boden für Israels völkermörderische Gräueltaten (25) in Gaza im Jahr 2023, mehrere Wellen von Hungersnöten mit Waffen im Gazastreifen und die Komplizenschaft der USA und der EU bei den Massakern bereiteten. (26)
Blairs Plan zielt darauf ab, diesen Status quo im Gazastreifen nach dem Völkermord aufrechtzuerhalten. Abgesehen von der Rhetorik ist es von Jared Kushner in Auftrag gegeben, um seinen Zwecken zu dienen. Und diese Ziele sind die Ziele der Trump-Regierung. Es ist das große Ganze – das Abraham-Abkommen zwischen Israel und den Golf-/Arabischen Staaten –, hinter dem das Weiße Haus her ist.  Das Problem ist, dass nach zwei Jahren Massenmord in Gaza solche Abkommen nicht mehr tragfähig sind." (27)

Hier endet das Format das Format des PodCast. Aber der interessierte Leser findet im Anhang noch eine Erklärung über Smotrichts "entscheidenden Plan", über Deutschlands Kampf für Völkermord, was der Begriff "Neu-Israel" bedeutet, und warum deutlich wurde, dass sich ein neuer Krieg im Nahen Osten zusammenbraute und offensichtlich unvermeidbar erschien. Aber vor Allem liest man am Ende, warum die "Anerkennung Palästinas" nur ein "Waschen der [kolonialen] Hände in Unschuld" war. 

ANHANG

 Smotrichs apokalyptischer "entscheidender Plan"

Dan Steinbock berichtete Mitte September vom Plan des messianischen Rechtsextremisten Bezalel Smotrich, einem der entscheidenden Treiber des Völkermords im Kabinett Netanjahu, wie die ethnische Säuberung des Gazastreifens nun endgültig erfolgreich durchgeführt werden sollte. Als Finanzminister und Führer der rechtsextremen Nationalreligiösen Partei Israels hatte er großen Einfluss auf die Politik, und sich seit Oktober 2023 konsequent für eine Umwandlung, nicht nur des Gazastreifen, sondern auch ganz Palästinas, in eine religiöse Autokratie, die vom jüdischen biblischen Gesetz, (und natürlich seiner Person,) regiert wird.

"Wiederherstellung des Rechtssystems der Tora

Smotrich hat sein Leben in jüdischen Siedlungen verbracht, die nach internationalem Recht illegal sind. Als Nachkomme einer ukrainisch-jüdischen Familie, die die meisten ihrer Mitglieder im Holocaust verlor, wuchs er in einem orthodox-jüdischen und zionistischen Milieu auf. Aber dieses war ausgesprochen messianisch.

Smotrich studierte in Mercaz HaRav Kook, Yashlatz und Yeshivat Kedumim und wurde von den apokalyptischen Idealen des Rabbiners Abraham Isaac Kook, dem Vater des messianischen religiösen Zionismus, erzogen. Seine politische Karriere begann Mitte der 2010er Jahre, als der politische Einfluss der messianischen rechtsextremen jüdischen Gruppen landesweit zu spüren war. Im Jahr 2019 kandidierte er für das Justizministerium und sagte, er bewerbe sich um das Ressort, um 'das Tora-Justizsystem wiederherzustellen'.

Es ist ein altes religiös-zionistisches Ziel, das in der Vergangenheit von dem gewalttätigen jüdisch-amerikanischen Rabbiner Meir Kahane propagiert wurde. Sie basiert auf der Vorstellung, dass demokratische Institutionen eine hellenische, nichtjüdische Sache sind, während nur die fünf Bücher Mose als Grundlage des Rechts in einem jüdischen Staat dienen können. Smotrichs extremistische Politik zielt darauf ab, den säkularen Rechtsstaat durch das traditionelle jüdische Recht zu ersetzen.

"Im Jahr 2021 erklärte Smotrich, ermutigt durch seine wachsende Popularität, dass Israels erster Ministerpräsident, David Ben-Gurion, 'die Arbeit hätte beenden sollen' und alle Palästinenser hätte hinauswerfen sollen, als Israel gegründet wurde. Seiner Ansicht nach sind Angehörige der arabischen Minderheiten Israels Staatsbürger, aber nur 'vorerst'." (28)

Dan Steinbock erklärte, dass Smotrich schon im Frühjahr 2023, also lange vor dem 7. Oktober, einen wichtigen Teil der Verwaltung des Westjordanlandes übernommen hatte, und dabei in keiner Weise gegen die Gewalt der zionistischen Siedler dort vorgegangen war. Stattdessen hatte er Israel aufgefordert so vorzugehen, was klar machen sollte, dass "die [palästinensischen] Grundstückseigtentümer verrückt geworden" seien, und hatte dazu aufgerufen, "die Städte des Terrors und seine Anstifter gnadenlos mit Panzern und Hubschraubern anzugreifen". Was nach dem 7. Oktober zu seinem Matra, seinem Schlachtruf wurde.

Für Smotrich sei Gaza eine persönliche Angelegenheit. Anfang der 2000er Jahre hatte er Israels Rückzug aus dem Gazastreifen als Blasphemie angesehen. Während der Proteste gegen den israelischen Rückzug aus Gaza war er 2005 verhaftet worden, als er 700 Litern Benzin gehortet hatte. Laut Shin Bet, der israelischen Sicherheitsbehörde, war die Festnahme durch den Verdacht motiviert worden, dass er an einem Versuch beteiligt war, den Ayalon Highway, eine Hauptverkehrsader, in die Luft zu sprengen. Er war drei Wochen lang im Gefängnis festgehalten worden, dann aber nicht angeklagt, weil er die Aussage verweigert hatte.

Sein neuer Plan sei mehr als 10 Jahre alt, berichtete der Autor. Und während man ihn im Westen als "religiösen Humbug" verlacht hatte, wurde es nun zu einer Tatsache vor Ort. Genau genommen stammte der Plan aus dem Jahr 2017, als Smotrich als junges Mitglied des israelischen Parlaments, seinen "entscheidenden Plan" bereits in geschlossenen religiös-zionistischen Kreisen vorgestellt hatte. Ein Endspiel für den israelisch-palästinensischen Konflikt, um nicht das Wort Endlösung zu verwenden. 

"Der Plan stellte den Konflikt als einen ohne mögliche Versöhnung dar. Die Teilung wurde abgelehnt. Sie verhinderte jede Idee eines palästinensischen Staates, jede Idee einer palästinensischen Präsenz. Smotrich stellte sich einen einzigartigen Staat vom Meer bis zum Fluss vor, für nur eine Nation: das "jüdische Volk". Getreu seinem Glauben baute er auf biblischen Allegorien auf, die für ihn gar keine Allegorien waren:

'Als Josua in das Land einzog, sandte er drei Briefe an die Bewohner: Diejenigen, die [unsere Herrschaft] annehmen wollen, werden annehmen; Diejenigen, die gehen wollen, werden gehen; Wer kämpfen will, der wird kämpfen.... Wenn sie keine Hoffnung und keine Perspektive haben, werden sie gehen, so wie sie 1948 gegangen sind.'

Seit dem 7. Oktober setzt sich Smotrich für eine "humane" Lösung für die Nichtkombattanten im Gazastreifen ein: einen 'freiwilligen' Bevölkerungstransfer. Das Zwei-Staaten-Modell war eine Sackgasse. Smotrichs Lösung war einfacher: Den Angreifer eliminieren, das Dilemma lösen." (29)

Dann jedoch schien die USA gar nicht zufrieden mit dieser Aussicht zu sein, denn einen Monat nach dem 7. Oktober 2023 hatte US-Außenminister Blinken erklärt, dass es keine gewaltsame Vertreibung von Palästinensern aus Gaza geben dürfe. Aber, so Steinbock, Blinken schien in einem Paralleluniversum zu leben, denn die Angriffe gingen immer weiter, die Infrastruktur wurde erklärtermaßen zerstört, und der Weg für Massenhunger war bereitet worden. Und es bewies sich, dass die Ansicht der messianischen Rechten in Israel, dass Amerika weich und manipulierbar sei, den Tatsachen entsprach.

Während die offiziellen Vertreter der israelischen Regierung ihren amerikanischen Sponsoren Tribut zollten, indem sie sich regelmäßig Phrasen wie "Zwei-Staaten-Lösung" und "keine Vertreibung" scheinbar beugten, bauten sie kontinuierlich den institutionellen Rahmen für einen einzigartigen jüdischen Staat und für die Vertreibung von mehr als 2 Millionen Palästinensern in Gaza auf. Nach Smotrichs Ansicht besaßen die Araber kein Land. Juden waren die Grundbesitzer. Die Palästinenser waren nur kurzfristige "Mieter". Die Juden blieben; Palästinenser waren zu Besuch. In einer Weile wird die Welt alles über das Westjordanland und Gaza vergessen, sogar die Bedingungen selbst. Diese Länder würden judaisiert und unter ihren hebräischen Begriffen als Judäa und Samaria und Azza bekannt werden.

"Als Netanjahu Smotrich mit der Verwaltung des besetzten Westjordanlandes betraute, tat er dies absichtlich und geplant. Es war ein Signal an die palästinensischen Araber: Geht!" (30)

Und so war es nur der übliche Völkermord, den Israel in der zweiten Hälfte des September praktizierte. Israel forderte internationale Organisationen und sogar Krankenhäuser in Gaza-Stadt zur Evakuierung auf, als ob man Patienten auf Intensivstation, Frühchen in Inkubatoren und Verletzte nach laufenden Operationen einfach in den Süden verlegen könne, wo höchstens Zelte, wenn überhaupt, und Trümmer auf sie warteten. (31) Man musste annehmen, dass es das Vorspiel für ein weiteres großes Massaker war, das sich im Schatten der medialen Fokussierung auf den Beginn der UN-Generalversammlung abspielen sollte.

Deutschlands Kampf für Völkermord

Während die Zahl der namentlich bekannten Hungertoten in Gaza auf 435 stieg, wobei die Dunkelziffer, wie im Fall der anderen Opfer deutlich darüber liegen dürfte, leistete Deutschland erbitterten Widerstand gegen wirtschaftliche Sanktionen der EU. Hatte man Deutschen, wenn sie gegen Maßnahmen der EU-Kommission rebellierten, stets gesagt: "Da kann man nichts machen, das kommt von der EU", kämpfte Deutschland erbittert gegen jede EU-Regel, welche den israelischen Staat bewegen könnte, die Massaker in Gaza zu beenden. German Foreign Policy schrieb am 19. September:

"In Deutschland zeichnet sich erbitterter Widerstand gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Israel-Sanktionen ab. Es sei 'erschütternd', dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 'ihre unausgegorene Idee von Handelssanktionen ... durchzieht', äußert etwa Armin Laschet (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag; man müsse sie stoppen. Die Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, Sanktionen gegen extrem rechte Minister zu verhängen und das EU-Assoziierungsabkommen mit Israel auf dem Feld des Handels auszusetzen. Ein Nein aus der Bundesrepublik könnte beide Maßnahmen scheitern lassen. Dies droht, obwohl die Situation im Gazastreifen verheerend ist und die israelischen Streitkräfte ihre neue Bodenoffensive fortsetzen. (…) Am Dienstag kam eine unabhängige UN-Kommission in einem Bericht zu dem Resultat, Israel verübe einen Genozid; wer sich ihm nicht entgegenstelle, mache sich der 'Komplizenschaft' schuldig. Hilfsorganisationen rufen zur Intervention im Gazastreifen auf." (32)

Während die deutsche Politik seine Wirtschaft durch Sanktionen gegen Russland und China zerstörte, vernichtete sie den Ruf des Landes als Vertreter der Menschenrechte und Verhinderer von zukünftigen Völkermorden, der noch während der ersten Beteiligungen an Angriffskriegen mühsam verschleiert worden war (33), in den Nachkriegsjahrzehnten mühsam aufgebaut worden war, innerhalb von weniger als zwei Jahren.

Und damit der zur Goldgrube werdende Völkermord nicht evt. ein juristisches Nachspiel hat, wurde am 23. September bekannt, dass die USA planten, die Sanktionen, welche gegen einzelne Richter des IStGH verhängt worden waren, nun auf das gesamte Gericht, alle Zeugen und mit dem Gericht kooperierende Personenkreise zu erweitern. (34)

Neu-Israel

Schon seit einiger Zeit hörte man aus Zypern, zuerst von rechten Politikern, dann von Medien und auch dem Mainstream, dass die Angst bestand, dass Israel langsam und heimlich Zypern behandelte, wie vor 1948 Palästina. Reiche Israelis und Firmen kauften viel Land auf und errichteten eigene Kommunen, welche sich vom Rest der Bevölkerung abtrennten.

"In Berichten aus Zypern und Griechenland wird von 'Zypern als dem neuen zionistischen Paradies' gesprochen. Stunden nach dem israelischen Militärschlag gegen den Iran waren zahlreiche Israelis aufgrund der Flugausfälle nach und von Israel auf Zypern gestrandet. Mehr als eine Woche später beherbergt die Chabad-Bewegung, eine weltweit tätige ultraorthodoxe jüdische Organisation, weiterhin eine beträchtliche Anzahl israelischer Staatsbürger auf der Insel. Wie Rabbi Zeev Raskin, der Oberrabbiner der Chabad-Bewegung auf Zypern, gegenüber dem lokalen Medienportal Politis erklärte, hätten in den letzten zehn Tagen 12.000 Juden die sechs Chabad-Zentren auf der Insel besucht. Dort erhielten sie Essen, Unterkunft und weitere Notfallhilfe. Der Rabbi schätzte außerdem, dass sich am vergangenen Sonntag noch 15.000 Juden auf Zypern befanden." (35)

Der Artikel in 21stCenturyWire berichtete dann, wie Raskin erklärte, dass Zyperns geografische Lage in der Nähe der israelischen Küste in den letzten Jahren dazu geführt habe, dass die Insel als „Tor nach Israel“ bezeichnet wurde. Schon nach der Schließung des israelischen Luftraums im März 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie, hatten sich zahlreiche Israelis entschlossen, ihren Urlaub auf Zypern zu verlängern. Im Anschluss an den Angriff vom 7. Oktober strömten dann innerhalb eines Tages 5.000 Zionisten nach Zypern. Niemand, so der Bericht weiter, hätte jedoch den enormen Anstieg an Grundstücksankäufen durch Israelis auf Zypern vorhersehen können, der bei immer mehr Menschen des Landes große Bedenken auslöse. Stefanos Stefanu, Generalsekretär der linken Partei AKEL auf Zypern, meinte in Bezug auf diese Grundstückskäufe durch Israelis im Süden der Insel, dass dieser Trend ein wachsendes Sicherheitsrisiko sei. Israelis kauften nicht nur große Landflächen, sondern bauten eigene Schulen, Synagogen und andere Einrichtungen, exklusiv für ihre Gemeinschaft. Dies könne, so der Politiker, zu einer isolierten, autarken Enklave auf der Insel führen. In Sozialen Medien wurde der Begriff "das neue von Israel besetzte Land“ verwandt.

Ein zypriotischer Journalist, Dimitri Lascaris, warnte vor möglichen Gefahren:

"Eine verborgene Agenda: Zypern wurde von zionistischen Ideologen historisch aufgrund seiner Nähe zu Israel und seiner Eignung für eine europäische Entwicklung als potenzieller Standort für eine jüdische Siedlung betrachtet. Lascaris verweist auf frühe zionistische Ambitionen für Zypern und erinnert an den 3. Zionistischen Kongress 1899, wo David Trietsch und Theodor Herzl Zypern als Basis für eine jüdische Ansiedlung und Vorstufe zur späteren Eroberung Israels befürworteten.

Diese Migration, die die israelische Gemeinde auf Zypern von 6.500 im Jahr 2018 auf über 12.000 bis April 2024 anwachsen ließ, führte zu einem Zuzug von 250–300 Israelis pro Monat. Dieser stille, aber stetige Strom hat zu einem größeren israelischen Einfluss auf Zypern geführt. Viele Israelis erwerben trotz rechtlicher Beschränkungen strategisch wichtige Immobilien. Laut zyprischem Recht dürfen ausländische Unternehmen nur 500 m² Land erwerben. Durch die Registrierung als Unternehmen im Norden Zyperns und die Sicherung von mindestens 51 % türkisch-zyprischer Beteiligung können israelische Unternehmen diese Regel umgehen und größere Landflächen erwerben.

Die geopolitische Lage Zyperns – Nähe zu Israel, NATO-Mitgliedschaft und neue Gasvorkommen – verstärkt die strategische Bedeutung dieser Entwicklung. Zudem befindet sich auf der Insel die britische Militärbasis Akrotiri, die als Startpunkt für Flugzeuge in die palästinensischen Gebiete diente, was die Kontroverse um die israelisch-zyprischen Beziehungen weiter anheizt. Wirtschaftlich gesehen haben die hohen Lebenshaltungskosten in Israel und innenpolitische Spannungen, wie die umstrittene Justizreform von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, zur Auswanderung aus den besetzten Gebieten beigetragen. Laut einem Bericht der israelischen Zeitung Maariv verließen in den ersten sieben Monaten 2024 40.000 israelische Siedler – fast dreimal so viele wie in den Vorjahren – vorwiegend in Richtung Zypern und andere Nachbarregionen.“ (36) 

Es war interessant zu beobachten, ob es sich um die Erstellung eines Außenpostens Israels handelt, also sozusagen um die Gründung einer Kolonie, oder ob es einfach Israelis waren, welche vor der Implosion Israel flüchteten. Für die Zyprioten war es jedoch alarmierend, zu einem Hinterhof Israels, wie manche befürchten, zu werden. Außerdem zerstörten die reichen Einwanderer die wirtschaftliche Grundlage für einheimische Zyprioten, weil Land- und Baupreise dramatisch steigen.

Und so fürchten immer mehr Zyprioten, dass die Strategie im Jahr 2025 eine ähnliche sein könnte, wie vor 1948 die Strategie der Einwanderer nach Palästina. Und Sicherheitsexperten warnten auch. Die Zeitung Haaretz hatte enthüllt, dass auch die Geheimdienste Israels bereits auf Zypern sehr aktiv waren. Von Zypern aus wurden, meist in Kooperation mit den Briten, viele Aufklärungsaufgaben über Gaza erledigt. Im Prinzip war Zypern bereits eine vorgelagerte Operationsbasis für Israel.

Der Artikel war der Meinung, das die absolute Mehrheit der Israelis, welche sich auf Zypern ansiedelten, nicht vor dem Zionismus geflüchtet waren, sondern vielmehr diesen exportierten. Der Artikel endet mit der Frage: "Das muss bei uns Alarm auslösen. Wir müssen uns fragen, verkaufen wir Häuser, oder unsere Souveränität?"

Gesellschaftliche Irrwege

Derweil wurde klar, dass der Genozid und die ethnischen Säuberungen im Westjordanland nicht alleine auf die faschistischen Teile der israelischen Regierung zurückgeführt werden konnten. Die in der israelischen Gesellschaft verankerte, tödliche "Ethnozentrik" in Bezug auf eine Pseudo-Ethnie, den Zionismus, gehe tiefer als nur bis zu Netanyahu, Ben-Gvir und Smotrich. Wenn Israel jemals wieder als Teil der Zivilisation anerkannt werden wolle, müsse es einen tiefgreifenden Prozess der Entnazifizierung durchlaufen, meinte der Autor Orly Noy in Local Call(37), übersetzt in +972.

"Wie lässt sich erklären, dass trotz der zahlreichen Zeugenaussagen über die Konzentrations (38)- und Vernichtungslager (39) in Gaza in Israel keine breite Widerstandsbewegung entstanden ist? Dass nach zwei Jahren dieses Massenmords kaum ein halbes Dutzend Kriegsdienstverweigerer (40) im Gefängnis sitzen, ist schlicht unvorstellbar. Selbst die sogenannten „grauen Kriegsdienstverweigerer“ (41) – Reservisten, die den Krieg nicht aus ideologischen Gründen ablehnen, sondern einfach erschöpft sind und den Sinn des Krieges hinterfragen – sind viel zu wenige, um die Tötungsmaschinerie zu bremsen, geschweige denn zu stoppen.

Wer sind diese gehorsamen Menschen, die dieses System am Laufen halten? Wie kann eine Gesellschaft, die so tief gespalten ist – zwischen Religiösen und Säkularisierten, Siedlern und Liberalen, Kibbuz-Bewohnern und Stadtbewohnern, alten und neuen Einwanderern – nur in ihrer unbändigen Bereitschaft vereint sein, Palästinenser ohne Skrupel zu ermorden?" (42)

In den letzten 23 Monaten habe die israelische Gesellschaft ein Netz aus Lügen gesponnen, um die Zerstörung Gazas zu rechtfertigen – nicht nur gegenüber der Welt, sondern vor allem gegenüber sich selbst. Das Hauptargument sei gewesen: Nur durch militärischen Druck könnten die Geiseln befreit werden. Doch diejenigen, die die Befehle der Armee befolgten und Gaza mit Massenvernichtung bombardierten, wlüssten genau, dass sie dabei möglicherweise die Geiseln töteten. Die willkürlichen Bombenangriffe auf Krankenhäuser, Schulen und Wohngebiete, gepaart mit dieser Gleichgültigkeit gegenüber den israelischen Geiseln, bewiesen das wahre Ziel dieses Krieges: die systematische Vernichtung der Zivilbevölkerung in Gaza.

Israel, so Noy weiter, führe in Gaza einen Völkermord durch, und dies ließe sich nicht allein auf die faschistischen Machthaber des Landes zurückführen. Dieser Schrecken sei tiefer verwurzelt als bei Netanjahu, Ben Gvir und Smotrich. Es handele sich um die Endphase der Nazifizierung der israelischen Gesellschaft. Also genau vor der Entwicklung, die ich in meinem großen Buch über Israel (43) gewarnt hatte, und vor der auch David Sheen schon 2018 alarmiert war (44). Abgesehen von den Interviews, welche Abby Martin führte und veröffentlicht hatte (45).

Die dringende Aufgabe sei es nun, diesen Völkermord zu beenden. Doch das sei nur der erste Schritt. Wenn die israelische Gesellschaft jemals wieder zur Menschlichkeit zurückkehren sollte, müsste sie einen tiefgreifenden Entnazifizierungsprozess durchlaufen. Wenn der Staub der Zerstörung sich gelegt habe, müsse man sich mit der Nakba, den Massenvertreibungen, den Massakern, der Landnahme, den Rassengesetzen und der Ideologie der vermeintlichen Überlegenheit auseinandersetzen, die die Verachtung für die einheimische Bevölkerung dieses Landes und den Raub ihres Lebens, ihres Eigentums, ihrer Würde und der Zukunft ihrer Kinder normalisierte. Nur durch die Konfrontation mit diesem tödlichen Mechanismus in der israelischen Gesellschaft, zu der sich der Autor selbst zählte, könnten Israelis die Nazifizierung der Gesellschaft rückgängig machen.

Dieser Entnazifizierungsprozess, so der Artikel, ursprünglich in Hebräisch, müsse sofort beginnen, und zwar mit dem Widerstand. Widerstand nicht nur gegen die aktive Teilnahme an der Zerstörung Gazas, sondern gegen das Tragen der Uniform überhaupt – unabhängig von Rang und Funktion. Widerstand gegen Ignoranz. Widerstand gegen Blindheit. Widerstand gegen Schweigen. Für Eltern sei es eine Pflicht, die nächste Generation davor zu bewahren, zu Kriegsverbrechern und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu werden.

"Die Entnazifizierung muss auch die Erkenntnis beinhalten, dass die Vergangenheit nicht unverändert bleiben kann. Es genügt nicht, lediglich die aktuelle Regierung zu ersetzen. Wir müssen den Mythos vom 'jüdisch-demokratischen' (46) Charakter Israels' überwinden – ein Paradoxon, das maßgeblich zur heutigen Katastrophe beigetragen hat. Diese Täuschung muss enden, und wir müssen klar erkennen, dass es nur zwei Wege gibt: entweder ein jüdischer, messianischer, völkermordtreibender Staat, oder ein wahrhaft demokratischer Staat für alle seine Bürger (47)."(48)

In Israel schrieb Hanin Majadli am 19. September in der israelischen Zeitung Haaretz etwas, was ebenfalls dem deutschen Mantra von Israel mit den höchsten moralischen und ethischen Ansprüchen widersprach. Sie kritisierte, dass die Opposition zwar die Regierung Netanjahu stürzen wolle, aber nichts gegen den Völkermord in Gaza habe. Und sie sagte, dass die so genannte Opposition genau so verantwortlich für die Verbrechen des Staates war, wie die Regierung.

"Genozid im Gazastreifen wird nicht von einer rückständigen Diktatur, sondern von einem Land begangen, das sich als Demokratie bezeichnet und dessen Bürger die Freiheit haben, sich zu widersetzen. Sie können den Militärdienst verweigern und protestieren. Jüdische Reservisten, die nicht zum Dienst erscheinen, werden nicht in ein Gulag-Lager geschickt oder in ein Konzentrationslager verschleppt. Und dennoch erscheinen die meisten von ihnen zum Dienst. Die Verbrechen in Gaza werden nicht unter totalitärem Zwang begangen, sondern auf Basis einer kollektiven Entscheidung, mit der aktiven oder stillschweigenden Zustimmung der meisten Israelis. Nur in Israel drehen Regimegegner Dokumentarfilme über die Nakba, leisten ihren Reservedienst ab und beklagen sich dann darüber, dass sie im Ausland boykottiert werden, obwohl sie angeblich Regimegegner sind. All das ist möglich, weil die israelische Opposition nicht auf Inhalten, sondern auf Stil basiert. Sie bekämpft die Person an der Macht, nicht das Regime. Sie kritisiert dessen Charakter und seine Rhetorik, stellt aber die Grundlagen dieses rassistischen Regimes, die Hierarchie und Unterdrückung, die die Besatzung und die institutionalisierte Gewalt ermöglichen, nicht in Frage." (49)

Der Meinung der Autorin zufolge gab es in der Praxis keine wahren Dissidenten in Israel. Die Grundlage der Besatzungs- und Diskriminierungspolitik, welches ein Regime der jüdischen Überlegenheit darstellte, bliebe bestehen, egal wer die Regierung bestimme. Auch wenn Netanjahu und Co. aus der Regierung gedrängt wären, würde das keine grundsätzliche Politikveränderung verursachen. Schon vor dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 habe sich Israel nicht einmal an grundlegenden moralischen Standards orientiert. Die tägliche Beteiligung an der Unterdrückung der Palästinenser wurde von Israelis als "normal“ angesehen, was ihr Unverständnis für Boykotte und Kritik aus dem Ausland erkläre. Es sei an der Zeit, schrieb Majadli, zu sagen, dass die Mehrheit der Länder der Welt das israelische Regime nicht als legitim anerkannten. Das bedeute: Jeder, der an diesem Apartheid-Regime und seinen Verbrechen teilnehme, trage Verantwortung dafür – auch wenn er die jeweilige Regierung kritisiere. Die "Regimegegner“ in Israel bekämpften weder die Mechanismen der Unterdrückung noch beendeten sie den Kreislauf von Gewalt, Leid und Ausgrenzung.

Luftabwehrsystem auf Zypern

Und schon war es passiert. Die Internetseite tkp.at meldete, dass Israel ein leistungsstarkes Luftabwehrsystem auf Zypern stationiert hatte. Damit machte sich Zypern natürlich im Fall eines militärischen Konfliktes auch zum Ziel. Außerdem dürfte die Türkei nicht "amüsiert" gewesen sein.

"Das Radar des Systems stellt eine erhebliche Bedrohung für die Geheimdienste der Türkei dar. Sein hochentwickeltes Radar kann Flugzeuge und Schiffe in einer Entfernung von bis zu 460 km erkennen, wodurch ein Großteil der militärischen Aktivitäten der Südtürkei und des östlichen Mittelmeers unter ständiger israelischer Überwachung steht. Dadurch wird Zypern zu einer permanenten israelischen Spionagebasis. Im Gegensatz zu rein defensiven Waffen ist das Barak MX (Bild) ein leistungsstarkes Instrument zur Informationsbeschaffung. Es kann türkische Militärbewegungen überwachen, Trainingsmuster verfolgen und sogar Schwachstellen in der Luftabwehr kartieren, wobei diese Daten direkt an Israel weitergeleitet werden." (50) 

Das Middle East Eye meldete, dass dieses System wesentlich gefährlicher sei, als ein modernes russisches S-300S, denn es eignete sich zur Sammlung von mehr und wichtigen Informationen. Es war eindeutig geeignet, Spionageaufgaben zu übernehmen.

"Die Lieferung erfolgt, nachdem Shay Gal, ein ehemaliger Vizepräsident für Außenbeziehungen bei Israel Aerospace Industries (IAI), dem Hersteller des Barak-MX-Systems, in einem Artikel im Juli argumentierte, dass Israel seinen Kurs gegenüber Zypern überdenken und militärische Pläne für die 'Befreiung' des Nordteils der Insel von türkischen Truppen entwickeln sollte. 'Israel muss in Abstimmung mit Griechenland und Zypern einen Notfallplan für die Befreiung des Nordteils der Insel vorbereiten', schrieb Gal." (51)

Ein neuer Krieg braut sich im Nahen Osten zusammen

Wie ich in meinem Buch über den 12-Tage-Krieg gegen den Iran schrieb, war dieser, um auf westliche Begriffe zurückzugreifen, diesmal wirklich unprovozierten Angriffskrieg Israels und der USA ganz offensichtlich nur ein "Warmlaufen" vor einem größeren Konflikt. Und so gingen die Angriffe gegen den Iran zunächst auf diplomatischem Parkett weiter. Die drei EU-Mächte Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollten erreichen, dass die durch den JCPOA, also dem Atomvertrag zwischen Ihnen, der USA, Russland und China und dem Iran, vereinbarten Aufhebungen von Sanktionen rückgängig gemacht wurden. Obwohl die USA den Vertrag gebrochen hatten, und diese Länder selbst ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen waren, sondern unter dem Druck von US-Sekundär-Sanktionen eingeknickt waren. Ein Versuch des Irans mit Russland und China zu einem Kompromiss zu gelangen scheiterte, und somit würde sich der Iran vorerst nicht wieder unter die Kuratel der Atomenergieorganisation begeben. Im iranischen Parlament stand eine Abstimmung an, der den Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag erreichen sollte.

Am 22. September berichtete The Cradle, dass das Parlament des Irans auf eine Realisierung der "nuklearen Option" dränge. Die Gesetzgebende Versammlung erklärte, dass die Verteidigungsdoktrin nach den Angriffen Israels und der USA nicht mehr gültig wären. (52) Die Entscheidung darüber oblag allerdings dem Obersten Sicherheitsrat des Landes, der außer dem Sprecher des Parlaments alle wichtigen führenden Amtsträger des Landes beinhaltet, einschließlich der militärischen Führung. Und letztendlich musste dessen Entscheidung noch, ähnlich wie in Deutschland, durch den Staatschef, den "Obersten Führer" des Landes bestätigt werden.

"Die Abgeordneten argumentierten, dass die Entwicklung und der Einsatz von Atomwaffen zwar dem Fatwa des Obersten Führers Ali Chamenei aus dem Jahr 2010 widerspreche, die Umstände sich jedoch geändert hätten. 'Die Entwicklung und Aufrechterhaltung solcher Waffen als Abschreckungsmittel ist eine andere Sache', schrieben sie und betonten: 'In der schiitischen Jurisprudenz kann eine veränderte Situation die Gültigkeit eines Urteils beeinflussen. Darüber hinaus gehört der Schutz des Islam – der heute mit dem Erhalt der Islamischen Republik verbunden ist – zu den obersten Pflichten.'" (53)

Hier sollte man einschieben, dass auch dieses Beispiel verdeutlichte, wie für die Justiz des Landes zwar offiziell die Scharia als Maßstab galt, man aber, wie im Fall der Fatwa, im Iran eine "veränderte Situation die Gültigkeit" heranziehen konnte, um neue, modernere Regeln einzuführen, weshalb in vielen Teilen bereits längst modernere Interpretationen angewandt wurden. Aber zurück zum Fall der Fatwa.

Gleichzeitig mit dem Beschluss hatte der Oberste Sicherheitsrat die Aussetzung der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) nach den Sanktionen des UN-Sicherheitsrats angekündigt, begründet mit den neuen Sanktionsforderungen der drei europäischen Länder des JCPOA. Eine Kündigung mit Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag, um, wie Israel, nicht mehr seinen Beschränkungen zu unterliegen, wäre erst drei Monate nach dem Eingang der Kündigung wirksam. Alles deutete darauf hin, dass der Westen versuchte, vor der eigenen Bevölkerung die Rechtfertigung für einen neuen, größeren Krieg mit dem Iran aufzubauen, der dann innerhalb dieser drei Monate stattfinden sollte, bevor der Iran seine eigene Kernwaffe realisierte.

Dieser neue Konflikt käme jedoch nicht unerwartet. Mitte September wurde bekannt, dass einige große Frachtflugzeuge mit geheimen Materialen aus Belarus und Russland und auch aus China im Iran eingetroffen waren. Dann war da der unerwartete Verteidigungspakt zwischen der Atommacht Pakistan und der Dollarmacht Saudi-Arabien. Er sollte angeblich einen atomaren Schutzschirm über Saudi-Arabien spannen, während dafür Öl und Dollars den Weg nach Pakistan fanden. Und es gab Äußerungen pakistanischer Politiker, die dann später relativiert bzw. geleugnet wurden, dass Pakistan bereit sei, dem Iran notfalls auch mit Kernwaffen in einem Krieg zu helfen.

Und dann, ebenfalls unerwartet, verkündeten die Türkei und Ägypten ein gemeinsames Marinemanöver im Mittelmeer. Dies, obwohl das ägyptische Militär die Regierung der Muslimbruderschaft gestürzt hatte, und Netanjahu dieser sehr stark verbunden war. Was logischerweise zu zeitweise großen Unstimmigkeiten zwischen den Ländern geführt hatte. Und nun erklärten beide Länder ziemlich überraschend, dass die Beziehungen auf einem historischen HOCH seien. Und es wurde kolportiert, dass sie möglicherweise sogar einen Verteidigungspakt schließen könnten. Aber das war noch nicht das Ende dieses Teils der Geschichte. Mahmood OD wies darauf hin (54), dass dieses Manöver, das für die Zeit vom 22. Bis 26. September angekündigt wurde, genau in die Zeitspanne fiel, während der die über 50 Schiffe der Gaza-Flotilla mit Babynahrung und Nahrungsmitteln und dringend benötigten Medikamenten vor Gaza eintreffen sollten.

Alles deutete darauf hin, dass nur noch ein Funke das Pulverfass zum Explodieren bringen musste, um die Region in Flammen zu setzen. Wie sich das auswirken könnte, habe ich versucht anhand von Zahlen darzustellen. (55)

Noch gar nicht in diesen Zahlen enthalten waren die Kämpfer der Hisbollah, die Palästinenser in Jordanien und die Milizen in Syrien und dem Irak, und auch nicht die 100.000 Kämpfer des Jemens, die nur darauf warteten, dass Saudi-Arabien und Ägypten die Grenzen öffneten. Ganz grob gesagt verfügten also in einem hypothetischen Krieg Israels und der USA gegen die Länder des Nahen Ostens und den Iran (ohne dass diese Länder verbündet wären) weniger als 1/10 der konventionellen Kräfte. Nun konnte man natürlich die Frage der Qualität und die Übermacht der Kernwaffen ins Spiel bringen, allerdings würde die fehlende Qualität durch Nachschub aus der Weltfabrik China ersetzt werden können, und in einem Abnutzungskrieg der Westen sehr schnellt durch die hochtechnologischen aber extrem teuren Kriegswerkzeugen aus wirtschaftlichen Gründen zum Einlenken gezwungen. Was in Afghanistan erst nach 20 Jahren passierte, dürfte nun wesentlich schneller gehen, wie man nach 12 Tagen Krieg in Israel sah. Was die Kernwaffen anging, wäre ein Einsatz selbstmörderisch für Israel, weil zwei oder drei Kernwaffen als Vergeltung ausreichen würden, das winzige Land auszulöschen, natürlich mit erheblichen Verlusten auch unter den Palästinensern.

Niemand wird ernsthaft über einen solchen Krieg nachdenken wollen. Und er war auch höchst unwahrscheinlich. Die eigentliche Frage war, ob die USA begriffen, dass sie, ähnlich wie bei dem Waffenstillstand mit dem Jemen, es sich einfach nicht mehr leisten konnten, für ihr kriminelles "Kind" Israel weiter die Kastanien aus dem Feuer zu holen, wie zuletzt im Irankrieg.

Zurück zum Szenario gegen Ende September im Mittelmeer

Im letzten Jahr hatte Israel vor Szenarien eines Krieges mit Ägypten gewarnt, während Ägypten die Kommunikation offiziell abgebrochen hatte. Mehrmals hatten Israelis die US-Vertreter aufgefordert, auf Ägypten Einfluss zu nehmen, weil man in Israel Maßnahmen des Nachbarn befürchtete(56), entweder auf der Sinai-Halbinsel, oder im Mittelmeer, dort vielleicht eine Blockade, ähnlich wie Israel gegen Gaza verhängen zu wollen.

Aber natürlich konnte das Gegenteil eines Krieges passieren. Ägypten war in der Schuldenfalle der USA gefangen. Gerade wieder mit Mühe und Not durch einen IWF-Kredit vor ernsthaften finanziellen Problemen gerettet, könnten die USA natürlich durch ihre finanziellen Werkzeuge sowohl Ägypten als auch die Türkei wirtschaftlich extrem schädigen. Der IWF, also im Prinzip die USA, hatte am 29. März 2024 eine Aufstockung des bestehenden Extended Fund Facility (EFF)-Programms von 3 Milliarden US-Dollar auf insgesamt 8 Milliarden US-Dollar genehmigt, ebenso wie eine sofortige Auszahlung von etwa 820 Millionen US-Dollar. Die Sperrung solcher Rettungsmaßnahmen wären für Ägypten verheerend. Und die Türkei war durch die USA bereits mehrmals "domestiziert" worden, als das Land zu kühn wurde. 2018 die Verdopplung von Zöllen auf Sahl und Alu wegen "National Security" und Pastor-Haft, dann 2019, wegen einer Militäroperation in Syrien, die aber nach einer Woche aufgehoben worden war, nachdem die USA sicher waren, ihren Teil vom Kuchen abzubekommen, und schließlich war da im Jahr 2020 der Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400 der Anlass für Exportverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten gewesen, Maßnahmen, die teilweise heute noch bestehen.

Solche Maßnahmen der USA könnte dann natürlich die Begeisterung der Bevölkerung für den Krieg gegen Israel drastisch reduzieren. Und so durfte man vermuten, dass das Manöver dazu gedacht war, genau dort eine militärische Sperrzone im Mittelmeer einzurichten, durch welche die Flotilla fahren wollte, um nach Gaza zu gelangen. Wodurch das Manöver als Bremse für die Flotilla gedacht war, um sie vor der Gewalt Israels zu schützen, aber auch davor, nach Gaza zu gelangen.

Und schon am Abend des 20. September verschärfte sich die Krise zwischen Ägypten und Israel weiter. Israel beschuldigte Ägypten, wegen eines Drohnenangriffs des Jemens. Präventivkriege waren ein typisches Warenzeichen für Israel seit 1948, weshalb die Sorge groß war, dass Israel nun Ägypten bombardieren würde. Denn Israel hatte Ägypten gewarnt, das Land sei verantwortlich dafür, dass Drohnen vom Jemen nach Gaza und die besetzten Gebiete vordringen konnten (57). Was in Sinai passiere, so israelische Beamte gegenüber den USA, sei gefährlich für Israel. Es gab keine direkte politische Kommunikation mit Ägypten mehr, den hatte Ägypten im Laufe des Völkermordes in Gaza beendet. Der Druck Israels auf Washington wuchs, etwas gegen Ägypten zu unternehmen. Israel beschwerte sich außerdem, dass Ägypten sich verweigerte, bei der ethnischen Säuberung von Gaza zu helfen, indem Ägypten die Grenzen geschlossen hielt.

Rückblick: Die USA hatten immer darauf geachtet, Ägypten nur mit Waffen auszustatten, welche denen Israels unterlegen waren. Aber nun schien Ägypten aus China Jets, Luftüberwachung und Luft-Luft-Raketen erhalten zu haben, welche denen Israels theoretisch überlegen waren. Auch dies erhöhte die Befürchtung in Israel, Ägypten nicht mehr schnell und einfach "eindämmen" zu können. Und prompt beschuldigte Israel Ägypten, gegen den Friedensvertrag mit Israel zu verstoßen, was ebenfalls auf einen der üblichen Präventivkriege Israels hindeutete.

Die Afghanistan-Karte

Mitte September kam US-Präsident Trump plötzlich mit dem überraschenden Plan in die Schlagzeilen, den ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan, der in den 1950er Jahren von der Sowjetunion gebaut worden war, (während Trump davon sprach, die USA hätten die Basis gebaut,) von Afghanistan zu mieten. Gerade so, als hätten die USA nicht genügend Stützpunkte in der Region, und die Beobachter stellten sich die Frage, was um Himmelswillen dahinter steckte. Die Aussage Trumps, dass Bagram nur eine Stunde entfernt sei von den Produktionsstätten der chinesischen Atomraketen war nicht wirklich überzeugend. Aber Alon Mizrahi hatte die Idee, die der Wahrheit vielleicht näher kam, und das ließ viele Menschen erschauern. 

"Bagram liegt nördlich von Kabul, etwa 200 Kilometer westlich der pakistanischen Grenze. Wann haben wir zuletzt etwas über Pakistan gehört? Genau, letzte Woche, als Pakistan einen Militärabkommen mit Saudi-Arabien unterzeichnete. Laut Insiderinformationen umfasste dieses Abkommen alle militärischen Kapazitäten, einschließlich nuklearer Waffen.

Meine Vermutung ist: Nach dem israelischen Angriff auf Katar wollten die Saudis sicherstellen, dass Pakistan im Falle eines israelischen Nuklearangriffs im Nahen Osten mit seinen eigenen atomaren Waffen eingreifen und Israel vernichten könnte. Das könnte Tel Aviv dazu bringen, sich zu beruhigen.

Und was tun die Amerikaner? Sie suchen nach Möglichkeiten, pakistanische Raketen im Westen abzuschießen. Daher die Idee, den Flugplatz in Bagram zu nutzen, der dafür ideal gelegen ist (…).

Wenn die USA also beabsichtigen, potenzielle pakistanische Atomraketen auf ihrem Weg nach Israel– was nur als Vergeltung für einen israelischen Nuklerangriff möglich wäre – abzufangen, dann stehen wir vor einer extrem verrückten Kombination aus US-amerikanischer und israelischer Führung. Noch verrückter, als wir uns vorstellen können." (58)

Glücklicherweise ist es unwahrscheinlich, dass Afghanistan nach 20 Jahren Bombardierung durch die USA, mindestens 240.000 Opfern unter der Bevölkerung, und den zahlreichen, nie gesühnten Kriegsverbrechen der Invasoren, auf die Bestechungsversuche, auch nicht düsteren Drohungen (59), von Trump eingehen würde. Insbesondere nicht, weil es durch die Anerkennung der Regierung durch Russland und den Beginn von Investitionen aus China längst eine Alternative zu den westlichen Aggressoren gab. Diese Vermutung wurden durch Äußerungen in Kabul in den Folgetagen bestätigt.

Und was die arabischen Nationen anging, schien es, als ob das Fass von Demütigungen, Beleidigungen, Erpressungen und Provokationen durch Israel nach der Bombardierung von Katar ein Füll-Maß erreicht hatte, dass diese Länder nun bereit waren, auch auf die Gefahr von Schmerzen für die eigene Bevölkerung und die Gefahr der eigenen Herrschaft, etwas zu unternehmen, wenn dieses Fass mit der nächsten Bombardierung oder Provokation überlief. Aber die einfachen Menschen im Nahen Osten waren schon lange bereit gewesen.

USA: Unterwerfung oder Vernichtung!

Als der US-Sondergesandte für Libanon und Syrien offen zugab: „Im Nahen Osten wird es keinen Frieden geben“; dass Israel „die Oberhand haben und die Gegenseite zur Aufgabe zwingen will – ein Begriff, der im Nahen Osten gar nicht existiert“; dass Israel „keine Grenzen zu respektieren hat“; und dass Hisbollah und Iran „unsere Feinde sind und wir deren Machtbasis zerstören müssen“, dann kündigte er im Grunde an, dass Israel mit US-Unterstützung seine Angriffe auf Libanon und Iran verschärfen werde, da Netanjahu noch mindestens ein Jahr vor den Wahlen (falls diese überhaupt stattfinden) im Amt sein sollte. (60)

Es bedeutete, dass die USA forderten:

"Unterwerfung oder Vernichtung".

Weder die USA noch Israel waren im September 2025 in der Lage, sich als gleichberechtigter Partner in einer Völkerfamilie zu sehen. Die letzten Hoffnungen darauf, dass ein großer Krieg vermieden werden könnte, verblassten täglich mehr.

In dem brisanten Interview gab der US-Botschafter im Libanon, Tom Barrack, außerdem zu, dass die Vereinigten Staaten faktisch einen Bürgerkrieg im Libanon anstachelten. Denn er bezeichnete die libanesischen Streitkräfte als überwiegend sunnitisch. Indem er die sunnitische Zusammensetzung der Armee hervorhob, wollte Barrack ziemlich offensichtlich die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten eskalieren. In der alten "teile und herrsche" Methode, die Jahrzehnte zu Feindschaft zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geführt hatten, bis China als Vermittler auf die Bühne getreten war.

Barrak räumte außerdem ein, dass die USA die libanesische Armee nicht finanzierten und mit Waffen ausstatteten, um Israel zu bekämpfen, oder etwa die Grenzen zu sichern, sondern um andere libanesische Gruppen, insbesondere die Hisbollah, anzugreifen und zu entwaffnen. Wodurch natürlich für Israel die Möglichkeit erschaffen werden sollte, den Libanon bis zum Fluss Litani zu besetzen, was ja schon vor dem Krieg von 1967 der Plan der Generäle gewesen war.

Was angekündigt wurde, stand außerdem im Einklang mit dem Ziel des Yinon-Plans (1982), arabische Staaten wie den Libanon entlang ethnischer/konfessioneller Grenzen zu zerlegen, beispielsweise durch die Bildung von Kleinstaaten. Was man auch in Syrien sah, wo Israel die Drusen zu einem solchen Marionetten-Kleinstaat antrieb. Auch die Empfehlungen des „Clean Break“-Dokuments (1996) zur Destabilisierung Syriens/Irans über den Libanon, etwa durch die Schwächung der Hisbollah und den Abbau der Unterstützung für die schiitische Bevölkerung, wurden hier wiederholt versucht umzusetzen. Verteidiger der Politik erklärten, dass Barracks Fokus aber, in Abweichung von den alten Plänen, auf einem von den USA unterstützten Friedensprozess und Reformen liegen würde, nicht auf einer expliziten Balkanisierung. Was aber gerade durch dieses Interview widerlegt wurde.

Die Anerkennung Palästinas als Staat

Bis zum 21. September 2025 hatten 150 Länder den Staat Palästina als souveränen Staat anerkannt. Das waren 78% der Mitglieder der 193 UN-Mitgliedsstaaten. Eine Aufnahme von Palästina als vollwertiges Mitglied der UNO scheiterte bisher immer an dem Veto der USA. Aber Palästina hatte im Jahr 2012 einen Beobachterstatus ohne Stimmrecht erhalten, was die USA und Israel nicht verhindern konnten.

Während der UN-Generalversammlung 2025 (UNGA 80) hatten mehrere Länder angekündigt, Palästina in den kommenden Tagen oder bei der anstehenden Spitzenkonferenz am 22. September anzuerkennen. Basierend auf offiziellen Erklärungen und Berichten planten mindestens 6 Länder dies: Australien, Belgien, Kanada, Frankreich, Malta und Großbritannien. Einige Anerkennungen (z. B. UK und Belgien) sollten angeblich an Fortschritte wie einen Waffenstillstand in Gaza oder Verhandlungen geknüpft werden. Am 21. September wurden bereits erste formelle Ankündigungen von Kanada, Australien und Großbritannien gemacht, was die Gesamtzahl der anerkennenden Staaten also weiter steigerte.

Aber wenn man genauer hinschaute, ergab sich ein Bild der leeren Symbolik. Die Kritik, dass die Anerkennung Palästinas als Staat inhaltsleer war, basierte auf mehreren Punkten:

  • 1. Fehlende Auswirkungen auf den Gazakonflikt:

Die Anerkennung durch Länder wie Australien, Belgien, Kanada, Frankreich, Malta und Großbritannien brachten keine unmittelbaren Maßnahmen zur Beendigung der Gewalt in Gaza mit sich. Schätzungen von über 680.000 Opfern statt der offiziellen Zahl von 40.000 oder 60.000 in Gaza und die Ausweitung der Zerstörung auf das Westjordanland waren schockierend, aber es gab keine Anzeichen, dass den Anerkennungen konkrete Schritte wie Sanktionen gegen Israel oder humanitäre Interventionen nachfolgen würden.

  • 2. Symbolische statt praktische Wirkung:

Es ging den Staaten darum, die eigenen Hände sozusagen in "Unschuld zu waschen". Die Anerkennung wurde als symbolischer Akt gesehen, der Palästinas internationale Legitimität stärkte, aber keine rechtlichen oder militärischen Mechanismen aktivierte, um Vertreibungen oder ethnische Säuberungen zu stoppen. Palästina blieb ein Beobachterstaat ohne volles UN-Mitgliedsrecht, was seine Fähigkeit einschränkte, vor internationalen Gerichten wie dem IGH wirksam gegen Israel vorzugehen.

  • 3. Bedingte Anerkennungen:

Einige Länder (z. B. Belgien, UK, Kanada) knüpften ihre Anerkennung an Bedingungen wie einen Waffenstillstand oder Verhandlungen, was das Ganze noch weiter schwächte, weil es den Anschein erweckte, der Besetzte sei für den Zustand verantwortlich. Diese Bedingungen wurden außerdem als Verzögerungstaktik interpretiert, die Israel Zeit gab, seine Politik des Völkermordes fortzusetzen, ohne tatsächlichen Druck zu erzeugen.

  • 4. Keine Reaktion auf Annexionen:

Die fortgesetzte israelische Siedlungspolitik im Westjordanland und Ostjerusalem, die eine illegale Annexion darstellte, blieb von den Anerkennungen unberührt. Laut einem Bericht des UN-Menschenrechtsrats (2025) hatte die Siedlungsexpansion seit 2023 extrem zugenommen (obwohl sie niemals wirklich aufgehört hatte, und damit ALLE vorherigen Regierungen bewiesen, dass sie einen unabhängigen palästinensischen Staat verhindern wollten), ohne dass die anerkennenden Staaten konkrete Gegenmaßnahmen wie Handelsbeschränkungen oder diplomatische Sanktionen ergriffen hätten.

  • 5. Mangel an Durchsetzungskraft:

Tatsächlich war es so, dass selbst die UN-Resolutionen, die Palästinas Rechte unterstützten, oft durch Vetos (insbesondere der USA im UN-Sicherheitsrat) blockiert wurden. Die Anerkennung durch 150+ Staaten änderte durch das VETO-Recht der USA und der alten Kolonialmächte nichts an der geopolitischen Realität, dass Israel als militärische und wirtschaftliche Macht unterstützt wurde, was die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung oder eines Endes der Besatzung unmöglich machte.

Am 21. September schließlich erklärte der israelische Premierministe Netanjahu öffentlich und formal, dass, was alle deutschen Regierungen erklärt hatten, nämlich dass sie die Zweistaatenlösung unterstützten, gegen die Staatsräson war, welche nun nämlich die Verhinderung eines palästinensischen Staates werden sollte. Was man schon seit Jahrzehnten wusste, nämlich dass Israel Palästinenser vertrieb, ermordete um sich "Lebensraum" zu schaffen, wie rechtsradikale Zionisten schon früher ganz offen gesagt hatten, war nun offizielle Politik. Hier, was Netanjahu erklärte:

"'Ein palästinensischer Staat wird nicht entstehen. Die Reaktion auf den jüngsten Versuch, einen Terrorstaat im Herzen unseres Landes zu etablieren, erfolgt nach meiner Rückkehr aus den USA.'

'An die Staats- und Regierungschefs, die nach dem schrecklichen Massaker am 7. Oktober einen palästinensischen Staat anerkennen: Sie belohnen damit den Terror. Und ich habe Ihnen noch eine weitere Botschaft: Es wird nicht geschehen. Ein palästinensischer Staat wird westlich des Jordan nicht entstehen. Ich habe jahrelang trotz enormen Drucks von innen und außen verhindert, dass dieser Terrorstaat entsteht. Wir haben dies mit Entschlossenheit und politischer Weitsicht getan. Darüber hinaus haben wir die jüdische Ansiedlung in Judäa und Samaria verdoppelt – und wir werden diesen Weg fortsetzen. Die Reaktion auf den jüngsten Versuch, einen Terrorstaat im Herzen unseres Landes zu etablieren, erfolgt nach meiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten. Geduld'.“ (61)

Kurz vor dem Beginn der UN-Generalversammlung wurde bekannt, dass Frankreich und Saudi-Arabien in New York einen "Gipfel" veranstalten wollten, um eine Zweistaatenlösung voranzutreiben. Mehrere Länder wollten sich voraussichtlich den jüngsten europäischen Bemühungen zur Anerkennung Palästinas anschließen. Also mehr Länder wollten ihre Hände in Unschuld waschen, musste man zynisch feststellen.

Der israelische UN-Gesandte Danny Danon bezeichnete das Treffen dann auch als „Zirkus“ und kündigte einen Boykott Israels und der USA an. Außerdem drohten israelische Regierungsvertreter mit einer Annexion des besetzten Westjordanlands und bilateralen Maßnahmen gegen Paris, während Washington wieder einmal mit Sanktionen drohte, sollten Staaten die Anerkennung unterstützen. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte laut i24NEWS (62), dass der Gipfel sich auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen, die Freilassung von Gefangenen und einen Fahrplan für die Zeit danach konzentrieren wolle.

Am 22. September wartete man auch gespannt auf das Ergebnis einer Kabinettsitzung in Israel. Auch weil der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtet hatte, dass die Spannungen innerhalb der israelischen Regierungskoalition weiter zugenommen hatten, nachdem einige Minister von geheimen Treffen quasi ausgeschlossen waren. Eine Sitzung auf der die Reaktion auf die westliche Anerkennung eines palästinensischen Staates erörtert werden sollte. Laut politischen Quellen, die der Sender zitierte, hielt Netanyahu ein so genanntes Notfalltreffen ab, an dem weder der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, noch der Finanzminister, Bezalel Smotrich, teilnahmen.

Laut den Quellen des Senders sah der vermutlich rechtsextremistischste Minister der Regierung, Ben Gvir und seine Anhänger in Netanyahus Vorgehen einen Versuch, die Forderungen nach der Souveränität über das Westjordanland zu relativieren. Der Minister für Nationale Sicherheit und seine Verbündeten hingegen treten für eine härtere Linie ein. Der Premierminister hingegen wolle angeblich einen ausgewogeneren Kurs einschlagen, um eine Eskalation sowohl im Inland als auch international zu vermeiden (63).

Nebeninformation zur UN-Generalversammlung: Während die USA den Vertretern Palästinas ein Visum für die Teilnahme versagten, wurde der ehemalige, mit Millionen-Kopfgeld gesuchte al-Kaida und ISIS-Terrorist Jolani, jetzt selbsternannte Übergangspräsident Syriens, empfangen und wird möglicherweise weitere Gebiete Syriens an Israel abtreten und einen Friedens- und Unterstützungsvertrag mit Netanjahu besprechen.

Quellen und Anmerkungen

Der Autor postet zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschka

(1) https://www.youtube.com/watch?v=wxKeHdgQ8qQ  

(2) https://www.youtube.com/live/wxKeHdgQ8qQ?si=GyunMeKTg-tF1KHq&t=1582  

(3) https://www.aa.com.tr/en/middle-east/israeli-excavations-threaten-al-aqsa-mosque-experts/1552432  

(4) https://korybko.substack.com/p/the-saudi-pak-mutual-defense-pact  

(5) Ebd.

(6) https://aljazeera.com/news/2025/9/17/saudi-arabia-signs-mutual-defence-pact-with-nuclear-armed-pakistan  

(7) https://scmp.com/news/china/military/article/3302515/china-supplied-81-pakistans-arms-imports-past-5-years-sipri-says  

(8) https://www.welt.de/politik/ausland/article68caf6b5e257831613de0c26/krieg-in-nahost-jetzt-muessen-wir-bauen-israels-finanzminister-beschreibt-gaza-als-immobilien-goldgrube.html  

(9) https://x.com/muhammadshehad2/status/1968663914343763998  

(10) https://www.ft.com/content/c0e661cc-55db-4e2a-b17b-a656e0cf6c14  

(11) https://x.com/TheCradleMedia/status/1968639590475972929  

(12) https://x.com/Tarek_Bae/status/1968580735679242480  

(13) https://www.newarab.com/analysis/gaza-riviera-plan-gentrifying-israels-genocide  

(14) https://www.jpost.com/israel-hamas-war/article-799756  

(15) https://www.washingtonpost.com/national-security/2025/08/31/trump-gaza-plan-riviera-relocation  

(16) https://www.gov.il/en/pages/statement-by-pm-netanyahu-7-oct-2023#:~:text=All%20of%20the%20places%20which,We%20all%20salute%20you .

(17) https://www.archpaper.com/2024/05/benjamin-netanyahu-unveils-regional-plan-free-trade-zone-rail-service-neom/  

(18) https://www.newarab.com/analysis/gaza-riviera-plan-gentrifying-israels-genocide  

(19) In Deutsch: https://der-politikchronist.blogspot.com/p/der-untergang-israels-von-dan-steinbock.html  

(20) https://en.globes.co.il/en/article-saudis-commit-2b-to-kushners-israel-investment-fund-report-1001411154  

(21) https://en.globes.co.il/en/article-jared-kushner-builds-a-middle-east-business-empire-1001503692    

(22) E-Mail an den Autor, veröffentlicht von Informed Comment (US) am 21. September 2025

(23) https://www.amazon.com/Breaking-History-White-House-Memoir/dp/0063221489  

Der Mann mit dem Plan Quelle: https://www.amazon.com/Breaking-History-White-House-Memoir/dp/0063221489

(24) https://www.claritypress.com/product/the-fall-of-israel/  

(25) https://www.claritypress.com/product/the-obliteration-doctrine-genocide-prevention-israel-gaza-and-the-west/ Demnächst auch in Deutsch bei https://der-politikchronist.blogspot.com/  

(26) https://www.juancole.com/2025/09/manufactured-famines-decades.html  

(27) Aus E-Mail an den Autor

(28) Aus E-Mail an den Autor. Erstveröffentlichung am 18. September 2025 von Informed Comment (US) in Englisch.

(29) Ebd.

(30) Ebd.

(31) https://x.com/ejmalrai/status/1969612143218536600  

(32) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/10121  

(33) https://www.amazon.de/Deutschlands-Angriffskriege-verlorene-Geist-Grundgesetzes/dp/3864456878  

(34) https://x.com/TheCradleMedia/status/1970226552274329754  

(35) https://21stcenturywire.com/2025/07/03/the-new-israel-cyprus-silent-occupation/  

(36) Ebd.

(37) https://www.mekomit.co.il/%D7%9B%D7%93%D7%99-%D7%9C%D7%97%D7%96%D7%95%D7%A8-%D7%9C%D7%97%D7%99%D7%A7-%D7%94%D7%90%D7%A0%D7%95%D7%A9%D7%95%D7%AA-%D7%94%D7%97%D7%91%D7%A8%D7%94-%D7%94%D7%99%D7%A9%D7%A8%D7%90%D7%9C%D7%99%D7%AA  

(38) https://www.972mag.com/israel-gaza-concentration-camp-expulsion/  

(39) https://www.972mag.com/hunger-games-israel-gaza-food-aid/  

(40) https://www.972mag.com/israeli-army-refusers-gaza-genocide/  

(41) https://www.972mag.com/israeli-army-refusal-crisis-gaza-war/  

(42) https://www.972mag.com/israel-holocaust-gaza-denazification  

(43) https://der-politikchronist.blogspot.com/p/deutschland-israel-palastina.html  

(44) https://youtu.be/ldBLmZBK2vg  

(45) https://www.youtube.com/watch?v=1e_dbsVQrk4  

(46) https://www.972mag.com/topic/jewish-and-democratic/  

(47) https://www.972mag.com/protests-state-all-citizens/  

(48) https://www.972mag.com/israel-holocaust-gaza-denazification/  

(49) https://www.haaretz.com/opinion/2025-09-19/ty-article-opinion/.premium/israels-regime-opponents-are-all-about-fighting-netanyahu-not-the-occupation/00000199-5e4c-d0dc-afdb-deffa6670000  

(50) https://tkp.at/2025/09/18/israels-luftabwehr-installation-in-zypern-weitet-kalten-krieg-mit-tuerkei-aus/  

(51) https://www.middleeasteye.net/news/more-dangerous-s-300s-israeli-air-defense-cyprus-extends-intel-reach-over-turkey  

(52) https://thecradle.co/articles-id/33288  

(53) Ebd.

(54) https://www.youtube.com/watch?v=9gY9j1IiheA  

(55) Für detailliertere Analysen: Siehe IISS Military Balance 2025 oder https://x.ai/api für API-basierte Datenabfragen.

(56) https://x.com/IranObserver0/status/1969391356129743179  

(57) https://www.youtube.com/watch?v=gMS6q21Y9d0  

(58) https://x.com/alon_mizrahi/status/1969554475468931485  

(59) https://x.com/SuppressedNws1/status/1969518584624709835  

(60) https://www.youtube.com/watch?v=1qM3i0sGl0U  

(61) https://x.com/SuppressedNws1/status/1969793346773070197  

(62) https://x.com/TheCradleMedia/status/1970079393524449666  

(63) https://x.com/TheCradleMedia/status/1970024141127319989  

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: Vertriebene Palästinenser kehren am 26. Januar 2025 über Netzarim nach anderthalb Jahren Vertreibung im Rahmen der Waffenruhevereinbarung in ihre Häuser in Gaza-Stadt und im Norden zurück
Bildquelle: Anas-Mohammed / shutterstock


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