Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen

Von Bernhard Trautvetter.

Von Ende März 2017 bis zum 7. Juli 2017 laufen auf Basis des UNO-Vollversammlungsbeschlusses vom 24.12.2016 in New York Verhandlungen zum völkerrechtlichen Verbot von Atomwaffen. Ein Vertrag zur internationalen Ächtung soll eine für die Menschheit vielleicht überlebensentscheidende Lücke im Völkerrecht schließen: Biologische und chemische Waffen sind verboten: Endlich sollen nukleare militärische Potentiale ebenfalls verboten werden. 113 Staaten beschlossen die Resolution „Towards a nuclear-weapon-free world: accelerating the implementation of nuclear disarmament commitments”.

Die meisten Atommächte, Nato-Staaten, darunter Deutschland stimmten dagegen. Deutschland verwies auf Verhandlungsprozesse zum Atomwaffensperrvertrag: „Die Kritiker argumentieren, Verhandlungen über die atomare Abrüstung sollten in dem bereits bestehenden Rahmen der Gespräche über den Atomwaffensperrvertrag stattfinden. Diese Position hatte auch Deutschland in einer Arbeitsgruppe zu dem Vertragswerk eingenommen.“ [dw.com, 28.10.2016] Deutschland bricht genau diesen Vertrag allerdings schon seit Beginn der nuklearen Teilhabe im Nato-Kontext: Es „(…) erfolgte im Vorfeld der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages ein (…) sehr trickreicher Schritt: Ohne, dass dies den meisten anderen Vertragsunterzeichnern bei ihrer Unterschrift klar gewesen wäre, erklärten die NATO-Staaten die Praxis der technisch nuklearen Teilhabe für auch künftig legal: Atomare Trägersysteme nicht-nuklearer Staaten dürften im Kriegsfall genutzt werden, um US-Atomwaffen zum Einsatz zu bringen. Im Kriegsfall gelte der neue Vertrag nicht mehr.“ [Ottfried Nassauer in http://www.bits.de/public/articles/nvv-05.htm#fn11 ]

Die Scheinheiligkeit der Nuklearstrategen ist ein brandgefährliches Spiel für die Zivilisation, das angesichts der Zerfallserscheinungen internationaler Politikstrukturen und angesichts der Weiterentwicklung der Militärtechnik unverantwortlich ist. Wenn den Krisenmanagern in einer Situation aus Kommunikationsdefiziten, Fehleinschätzungen, Zeitdruck und Überforderung die Nerven durchgehen, dann kann das nukleare Inferno seinen Lauf nehmen. Deshalb hat das Berichtsblatt der Atomwissenschaftler die Uhr zur Warnung vor einem Atomkrieg (Doomsday Watch) auf 11:57:30 (zweieinhalb vor zwölf) vorgestellt.

Zu den Hintergründen gehört die Weiterentwicklung der Nuklearpotentiale der Nato im Allgemeinen und der USA im Besonderen. Auf dem Chicago-Gipfel 2012 beschloss man die verharmlosenderweise ‚Modernisierung‘ genannte Weiterentwicklung der nuklearen Arsenale der USA, die in der Folge auch anderen Nato-Staaten Beteiligungs-Aufwendungen aufbürdet, so hat Deutschland u.a. 120 Mio. € für den Ausbau des Nuklear-Fliegerhorstes Büchel bei Koblenz zugesagt [zdf, frontal 21, 22.09.2016].

Insgesamt geht der Nuklear-Rüstungskonzern Lockheed Martin derzeit von 1510 Mrd. $ kosten für dieses Vorhaben aus: http://www.defencetalk.com/lockheed-martin-statement-on-2011-f-35-selected-acquisition-report-sar-41345/

Einmal abgesehen davon, dass die Menschheit diese finanzielle, Arbeitskraft- und materiellen Ressourcen dringendst zur Überwindung der Zukunftsgefährdungen, des Welthungers, der sozialen Not braucht, wird hier ganz gezielt in das Damoklesschwert eines nuklearen Infernos für die Menschheit investiert. Die „Modernisierung“ ist die Weiterentwicklung der ‚Fallbombe‘ b 61 zum miniaturisierten und dadurch ‚einsatzfreundlicheren‘ nuklearen Lenkprojektil:

„Die B61-12 wäre die erste Nuklearbombe, die mit einem derartigen Steuerungssystem ausgestattet wird. Sie soll von einer „dummen Eisenbombe“ zu einer möglichst präzisen Lenkwaffe werden. Ihr künftiger militärischer Einsatzwert würde dadurch deutlich steigen.“ [Otfried Nassauer und Gerhard Pipe, bits, August 2012]

“Mit den neuen Bomben verwischen die Grenzen zwischen taktischen und strategischen Atomwaffen”, kritisiert Hans Kristensen vom Nuclear Information Projects (Atomic Scientists, Washington D.C./USA). [Frontal 21, s.o.!]

„Ab 2019 sollen (…) die runderneuerten B61-12-Bomben hergestellt werden. (…) Neben den zehn bis 20 in der Eifel gelagerten B61-Bomben sind in Europa rund 160 weitere der Sprengköpfe stationiert.“ [Spiegel 03.11.2013]

Die Friedensbewegung drängt auf die Ächtung der Nuklearpotentiale und auf die atomare Abrüstung: http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/tandem/swr2-tandem-rakete-junge-leute-im-gespraech-katharina-mueller-und-marvin-mendyka-engagieren-sich-in-der-friedenskooperative/-/id=8986864/did=18872632/nid=8986864/105b40g/index.html

Unter anderem in Büchel, aber auch in Ramstein, Kalkar/Essen sowie bundesweit zu den Ostermärschen finden dieses Jahr viele Aktionen für den Stopp der nuklearen Aufrüstung, den Abzug der B 61 und für die Ächtung und das Verbot nuklearer Potentiale, statt.

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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