
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Wir sind Zeitzeugen einer Zeitenwende. Noch nie war offensichtlicher, dass alle Sonntagsreden von Völkerrecht und Humanität nur Beruhigung für die Menschen waren, welche nach dem verheerenden 2. Weltkrieg Frieden suchten. Deshalb gibt es diese Woche noch mehr Text als üblich. Anfang April sollte die Erklärung und Übersetzung eines wichtigen Artikels über die Auswirkungen des Völkermords in Gaza am Anfang stehen. Ein Artikel, welcher deutlich machte, welche gravierenden globalen Veränderungen angestoßen wurden. Es folgen Hinweise, wie sich der Genozid in Gaza entwickelte, was er in Deutschland bewirkte, wie der Konflikt auf Syrien, den Jemen und den Iran immer größere Kreise zog, und was der Flug Netanjahus nach Ungarn und in die USA bedeutete.
Entlarvung der „liberalen Weltordnung“
In Mondoweiss erschien am 2. April der Artikel eines Autorenkollektivs mit dem Titel: „Palästina jenseits der kolonialen Logik des Völkerrechts - Die Kolonisierung Palästinas ist keine Anomalie in der liberalen Weltordnung, sondern ihr eklatantester Anklagepunkt. Sie entlarvt die Heuchelei eines internationalen Systems, das den Kolonialismus anprangert und ihn gleichzeitig institutionalisiert und legitimiert.“ (1) Ich gehe so ausführlich darauf ein, weil es die akademisch wohl begründete Zusammenfassung von vielen Analysen war, welche ich in der Vergangenheit versucht hatte, in Büchern und Artikeln zu erklären.
Mjriam Abu Samra und Sara Troian begannen damit zu erklären, dass das Konzept des Exzeptionalismus oft herangezogen wurde, um die „palästinensische Frage“ innerhalb des internationalen Systems zu erklären. Palästina werde als Anomalie dargestellt: ein anachronistisches Siedlerkolonialprojekt, das in einer postkolonialen Welt Apartheid, Besatzung und Völkermord erdulden muss. Folglich gälten Israels Gewalt, seine rechtswidrigen Praktiken und seine Straflosigkeit als Abweichungen innerhalb eines internationalen Systems, das ansonsten auf gemeinsamen Werten, unparteiischen Institutionen und einem universellen normativen Rahmen beruht.
Die Autoren vertraten die Meinung, dass diese Darstellung gefährlich irreführend sei. Denn sie verschleiere die Verankerung des Kolonialismus in der modernen Weltordnung. Weit davon entfernt, ein Ausreißer zu sein, lege Palästina die kolonialen Grundlagen der internationalen Beziehungen offen. Israels Kolonialismus sei keine Abweichung in einer fairen und gerechten Welt; er sei vielmehr die deutlichste Manifestation einer globalen Ordnung, die darauf ausgelegt und strukturiert ist, (neo)koloniale Machtdynamiken aufrechtzuerhalten, zu schützen und zu legitimieren. Eine Ansicht, welche durch die Maßnahmen des neuen US-Präsidenten nun sicher bestärkt wird.
Die koloniale Architektur des Völkerrechts
„Das Völkerrecht entstand, um die Versklavung von Millionen Afrikanern, die koloniale Eroberung der sogenannten ‚Neuen Welt‘ und die wirtschaftliche, kulturelle und politische Unterwerfung ihrer indigenen Völker zu sanktionieren. Über 500 Jahre lang orchestrierte es Europas Geschichte der Ausbeutung und Enteignung, diente der Vermittlung konkurrierender imperialer Ambitionen und der Legitimation territorialer Expansion. Die Werke von Francisco De Vitoria und Hugo Grotius, die als Väter des Völkerrechts gelten, veranschaulichen dies (2).
Ihre Konzeptualisierung des ‚Naturrechts‘ etablierte einen Zivilisationsstandard, der auf europäischen Lebensstilen basierte und als Maßstab für die territoriale Eroberung und die Unterdrückung Nichteuropäer diente.
Nach diesem Standard hatten die sogenannten ‚Zivilisierten‘ das Recht zu erobern, während die ‚Unzivilisierten‘ versklavt, ausgebeutet, unterworfen und ausgerottet werden sollten. Jeder Widerstand der ‚Unzivilisierten‘ wurde zum Synonym für Barbarei und Terrorismus. Der Zivilisationsstandard bestand im Wesentlichen in der institutionalisierten Macht zur Kolonisierung.“ (3)
Mit der Weiterentwicklung des Völkerrechts, so die Autoren, habe es sich den neuen Formen des Kolonialismus angepasst. Die Weltordnung, die aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs entstand, sei weiterhin von Supermächten und ihren Interessen (4) bestimmt gewesen. Sie sei jedoch als faires und gleichberechtigtes System präsentiert worden, unter dem Deckmantel universeller Legalität, garantiert durch überparteiliche Institutionen, unter der Führung der Vereinten Nationen.
Und hier greifen wir zurück auf meine ständige Kritik am Löschen des deutschen Strafrechtsparagrafen 80 (StGB), mit dem (schon die) Vorbereitung eines Angriffskrieges entsprechend dem deutschen Grundgesetz unter Strafe gestellt war, welches aber zum 1.1.2017 gelöscht wurde. Angeblich sei im Rahmen der Harmonisierung innerhalb der EU nun ausschließlich das Völkerstrafrecht heranzuziehen. Etwas, das eben vom Geist des Grundgesetzes ausdrücklich nicht gewünscht war. Aber zurück zu dem interessanten Artikel.
Die Verankerung des Systems der Treuhandgebiete in der UN-Charta (5) und die eurozentrischen Erkenntnistheorien, welche der Kodifizierung internationaler Verträge wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (6) oder der Völkermordkonvention (7) zugrunde lagen, seien die Verdeutlichung diese Kontinuität. Der alte Zivilisationsstandard sei „neu verpackt“ worden und in neue und akzeptablere Zweiteilungen wie demokratisch vs. undemokratisch, entwickelt vs. unterentwickelt und liberal vs. nicht-liberal übersetzt worden. Europäische Ideale von Demokratie, Entwicklung und Wirtschaftsliberalismus seien zur neuen Rechtfertigung für die Kontrolle und Ausbeutung anderer Regionen und Völker herangezogen worden.
Das Vetosystem des UN-Sicherheitsrats sei das eindrücklichste Eingeständnis des erneuerten Bekenntnisses des Nachkriegssystems zur Hegemonie der Supermächte.
Die Entkolonialisierungswelle der 1950er bis 1970er Jahre habe nur nominelle Unabhängigkeit gebracht, da ehemalige Kolonien in neuen Formen der Herrschaft gefangen blieben (8). Politische Unabhängigkeit verschleierten die anhaltende wirtschaftliche Unterdrückung durch Finanzinstitute, unfaire Handelsabkommen und multinationale Konzerne, die Reichtum anhäuften, verstärkt durch Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank (9).
„Der ehemalige Präsident Ghanas und Politiktheoretiker Kwame Nkrumah verurteilte diese Periode als Übergang vom klassischen Kolonialismus zum Neokolonialismus. Diese wirtschaftliche Unterordnung wurde durch ideologische Narrative legitimiert, die kapitalistische Entwicklung als gleichbedeutend mit universellen Menschenrechtsstandards darstellten und so ihre ausbeuterische Agenda verschleierten. Das Völkerrecht und die internationalen Institutionen läuteten im Wesentlichen eine symbolische Emanzipation ein, die jedoch keine materielle Befreiung vom Kolonialismus darstellte (10).“ (11)
„Recht auf bewaffneten Kampf“
Das Kriegsrecht, insbesondere die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle von 1977 (12), so der Artikel weiter, spiegele diesen Widerspruch wider. Der Anspruch, den antikolonialen Kampf unter denselben rechtlichen Rahmenbedingungen zu regeln wie Konflikte zwischen Staaten, reproduziert und verfestigte ein inhärentes Machtungleichgewicht, anstatt es zu mildern.
„Dieser Ansatz, obwohl scheinbar universell anwendbar, erzwingt eine formale Rechtssymmetrie zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten – zwischen einer Besatzungsmacht und denjenigen, die sich der Herrschaft widersetzen. Diese Normen berücksichtigen nicht die strukturellen Ungleichheiten und Machtdynamiken, die koloniale Beziehungen prägen. Indem sie den Widerstand der Kolonisierten denselben rechtlichen Beschränkungen unterwerfen wie staatliche Streitkräfte, verschleiern diese Rechtsrahmen die materiellen und historischen Bedingungen der Unterdrückung.
Darüber hinaus dienen diese Rechtsnormen oft dazu, Widerstand zu delegitimieren und zu kriminalisieren und gleichzeitig die strukturelle Dominanz des Kolonisators zu bewahren.
Das Unterscheidungsprinzip beispielsweise – das eigentlich dem Schutz von Zivilisten dienen soll – berücksichtigt nicht ausreichend, wie Kolonialregime die Grenzen zwischen militärischen und zivilen Zielen verwischen, und geht auch nicht auf die inhärente Gewalt der Besatzung selbst ein. Ebenso schränkt das Verbot bestimmter Kriegsmethoden diejenigen, die sich der Kolonialherrschaft widersetzen, unverhältnismäßig ein und begrenzt ihre Möglichkeiten zur Selbstverteidigung, während die überlegenen militärischen Fähigkeiten des Kolonisators unangetastet bleiben.“ (13)
Dieser Rechtsrahmen, so die Autoren diente somit nicht als neutraler Schiedsrichter der Gerechtigkeit, sondern als Mechanismus, der genau die Machtdynamiken verankert, die er angeblich regulieren will. Indem diese Normen den Umfang und die Akteure der Gewalt durch einen Rahmen falscher Gleichwertigkeit regulierten, ermöglichten sie es den Kolonialmächten, kolonisierte Völker als unfähig darzustellen, zentrale Rechtsprinzipien einzuhalten. Dadurch machten sie antikoloniale Befreiungskriege im Rahmen des Völkerrechts unmöglich.
Der Krieg des Völkerrechts gegen Palästina
Der Artikel brachte zum Ausdruck, dass die Palästinafrage diesen hegemonialen Kern des Völkerrechts deutlich machte. Die zionistische siedlerkolonialistische Ideologie entstand und wirkte bis heute im politischen und wirtschaftlichen Rahmen der imperialen Geschichte Europas, eingebettet in die internationale Ordnung als solche, analysieren die Autoren zutreffend.
Die Resolution 181 der UN-Generalversammlung teilte Palästina, legitimierte Landenteignung und verankerte den Siedlerkolonialismus im Völkerrecht, war ihre Feststellung der historischen Fakten.
Obwohl die Resolution rechtlich fehlerhaft gewesen sei, da sie die Autorität der UN-Generalversammlung überschritt und nicht bindend war, wurde sie zur Grundlage für die unzweifelhafte Legitimation Israels und des kolonialen Erbes (14) des internationalen Systems. Die Autoren gingen nicht darauf ein, dass auch das Zustandekommen des Abstimmungsergebnisses umstritten war. Sie erklärten vielmehr, dass die moderne Geschichte Palästinas diese Dialektik zwischen international legalisierten Herrschaftssystemen und dem Widerstand gegen den ihnen zugrunde liegenden kolonialen Rahmen widerspiegelte. Womit sie zum Ausdruck brachten, dass über den Kopf der indigenen Bevölkerung hinweg, Land „aufgeteilt“ wurde, ohne das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu beachten.
Die Heuchelei auf die Spitze getrieben
Die Oslo-Vereinbarungen, so erklärten die Autoren, stützten diese Dichotomie, diese Zweiteilung, und festigten den zionistischen Siedlerkolonialismus unter dem Deckmantel von „Friedensverhandlungen“. Sie seien ein politischer Schachzug gewesen, um den Siedlerkolonialismus zu festigen und den palästinensischen Widerstand zu befrieden.
Sie förderten das paradoxe Ziel, den Zionismus durch die Akzeptanz der Kolonisierten/Palästinenser selbst zu legitimieren.
Mit dieser Strategie und dem Narrativ eines „pragmatischen Ansatzes“, so der Artikel weiter, stelle die internationale Gemeinschaft den Siedlerkolonialismus als „gerechte und faire Lösung“ dar, die die Rechte und Hoffnungen der einheimischen Bevölkerung auf Befreiung, Gerechtigkeit und Rückkehr auslöschte.
In diesem Rahmen, so die weitere Erklärung, wurden koloniale Kontrolle und Unterdrückung durch neoliberale wirtschaftliche und politische Abhängigkeit, die Gewalt und Herrschaft unter dem Deckmantel des Staatsaufbaus normalisiert, weiter gefestigt. Sie formalisierten die koloniale Beziehung, indem sie eine kollaborative Klasse von Kolonisierten – die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) – schafften und sie zu einem vermittelnden Torwächter der Kolonialmacht machten. Dies hätte letztlich Israels Architektur der siedlerkolonialen Gewalt verstärkt. Israels anhaltende Massenvertreibungs- und Zerstörungskampagne im nördlichen Westjordanland – die größte seit 1967 –, die gemeinsam mit der Palästinensischen Autonomiebehörde durchgeführt wurde, sei ein deutlicher Beleg für diese anhaltende Realität gewesen.
Es sei kein Zufall, dass das Projekt eines palästinensischen Staates jedes Mal wiederbelebt werde, wenn die Kolonialmacht in ihrem Wesen herausgefordert wurde und die dekoloniale Mobilisierung wieder aufflammte und die langfristigen Grenzen und Widersprüche des internationalen Systems aufzeigte. Die Kampagne für die Anerkennung des Staates Palästina sei die genealogische Fortsetzung der Teilung Palästinas. Der aktuelle Moment im April 2025 bestätigte dies:
„Mit einem live übertragenen Völkermord ist die einzige Strategie, die auf internationaler Ebene erneut vorgeschlagen wird, paradoxerweise der Verweis auf ‚legitime Lösungen‘ und ‚rechtliche Rahmenbedingungen‘, die die siedlerkolonialen Grundlagen der palästinensischen Enteignung nicht in Frage stellen, sondern als vollendete Tatsachen betrachten. Dies ist ein strategischer Kurs, der als Versuch getarnt ist, Mechanismen der Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit durch das Eingreifen internationaler Institutionen zu etablieren, die keine ‚Superparteien‘ sind, sondern Träger kolonialer Hegemonie.
Symbolisch in diesem Sinne sind die Haftbefehle des IStGH gegen Netanjahu und Gallant – die ursprünglich auch gegen Ismail Haniyeh, Yahya Sinwar und Mohammad Deif beantragt worden waren, falls diese nicht von derselben Kolonialmacht, gegen die sie vor der Ratifizierung der Haftbefehle kämpften, getötet worden wären.
Während die Welt diese Entscheidung (die nicht durchgesetzt wird) als historisch feierte, trug sie maßgeblich dazu bei, die asymmetrischen Machtverhältnisse zwischen Kolonisierten und Kolonisatoren zu glätten und zu normalisieren. Sie brachte die Anführer des antikolonialen Widerstands auf dieselbe Anklagebank wie die staatlichen Behörden, die koloniale Massaker anordneten und durchführten, um ein ganzes Volk auszulöschen und zu vernichten.
Dieser ‚überparteiliche‘ Ansatz und das Beharren auf ‚Objektivität‘ werden zur Regel, die jeden Versuch, unausgewogene Machtverhältnisse anzuprangern und umzukehren, unterdrückt.“ (15)
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die kolonialen Grundlagen des Völkerrechts das Verhältnis zwischen Kolonisierten und Kolonisatoren neutralisiert, und in einen Kreislauf des „Beidseitigkeitsdenkens“ getrieben haben, der stets den mächtigeren Kolonisator bevorzugte, der nicht nur das Schwert an der Kehle hält, sondern auch die Macht über die Erzählung besitze.
Die Demontage des Herrenhauses
Das Fazit der Autoren war, dass die Kolonisierung Palästinas keine Anomalie in dieser globalen Ordnung ist, sondern ihr eklatantester Beweis. Sie entlarve die Heuchelei eines internationalen Systems, das den Kolonialismus rhetorisch anprangert, ihn aber praktisch institutionalisierte und legitimierte.
Die von und für die Kolonialmächte geschaffenen Rahmenbedingungen des Völkerrechts und der internationalen Governance haben stets den Erhalt von Machthierarchien unter dem Deckmantel von Legalität und Gerechtigkeit priorisiert, sagen die Autoren. Der Siedlerkolonialismus werde als legitime Grundlage internationaler Beziehungen dargestellt.
„Seit dem 7. Oktober 2023 wird die vermeintliche Universalität des internationalen Systems grundlegend in Frage gestellt, was seine inhärenten Widersprüche offenlegt. Der sich entwickelnde Diskurs und die Mechanismen des Völkerrechts haben ihre Grenzen und die anhaltende Ausrichtung auf koloniale Herrschaft und ihre Begleiterscheinungen offenbart: rassistische Privilegien, systemische Ungleichheit und Kapitalakkumulation.
Dieser Moment erfordert eine kritische Neubewertung der konzeptionellen und praktischen Rahmenbedingungen, die Gerechtigkeit und Befreiung zugrunde liegen. Audre Lordes Aussage (16), dass „die Werkzeuge des Meisters das Haus des Meisters niemals zerstören werden. Sie mögen es uns ermöglichen, ihn vorübergehend mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, aber sie werden uns niemals in die Lage versetzen, einen echten Wandel herbeizuführen“, unterstreicht die Notwendigkeit, diese Paradigmen neu zu denken. Der Weg nach vorn erfordert einen tiefgreifenden Strukturwandel, der die fest verwurzelten Systeme des Völkerrechts und der internationalen Regierungsführung, die Unterdrückung aufrechterhalten, anspricht und abbaut.
Stattdessen müssen alternative Paradigmen entwickelt werden, die auf echter Gleichheit, gemeinsamem Kampf und dekolonialer Gerechtigkeit basieren. Der palästinensische Befreiungskampf veranschaulicht diese umfassendere Herausforderung. Er zwingt zu einer Auseinandersetzung mit den kolonialen Grundlagen der Weltordnung und entwirft eine Welt, in der Gerechtigkeit über die bloße Rhetorik hinausgeht und zu einer gerechten und gelebten Realität für alle wird“ (17)
Es wird sehr spannend sein zu beobachten, ob die sich entwickelnden Bewegungen des Multipolarismus, welche vom so genannten globalen Süden und damit vielen ehemaligen kolonialisierten Ländern angetrieben werden, in der Lage sein werden, diese neue Fairness und globale Gerechtigkeit durchzusetzen. Im Moment sah es eher so aus, als ob sie zunächst versuchen würden, die Kolonialmächte zu zwingen, erst mal ihre eigenen Regeln einzuhalten.
Lügen und Verbrechen
Aber das, so musste man im April 2025 annehmen, wird dauern, denn die westlichen Medien, welche den größeren Teil der Weltmeinung beeinflussen, sind Mittäter in Gaza. Während das israelische Außenministerium vom UN-Menschenrechtsrat als „Propagandaministerium der Hamas“ sprach (18), während Israel die Trinkwasserversorgung der Menschen, die in Zelten und Trümmern lebten zerstörten (19), während improvisierte Schulen bombardiert wurden (20), und verzweifelte Palästinenser durch Angriff enthauptete Babys hochhielten, blieben die westlichen Medien still und beschönigten den Völkermord als „Selbstverteidigung“. Wie es Kolonialmächte schon immer taten.
Aber der Guardian berichtete immerhin das Ergebnis der Untersuchung eines Forensikers, der die exhumierten Körper von 15 Sanitätern und palästinensischen Ersthelfern untersucht hatte. Und er stellte fest, dass sie Anzeichen einer Exekution aufwiesen, basierend auf der „spezifischen und absichtlichen“ Platzierung von Schüssen aus nächster Nähe (21). Die New York Times berichtete dann ebenfalls darüber, dass die Angaben der IDF erlogen waren: „Video zeigt, wie Hilfskräfte in Gaza unter Beschuss getötet werden, während die Rettungswagen noch die Scheinwerfer eingeschaltet haben. Die UN gab an, Israel habe die Helfer getötet. Das Video scheint der israelischen Darstellung der Ereignisse zu widersprechen, wonach die Fahrzeuge ohne Scheinwerfer und Warnblinkanlage ‚verdächtig‘ vorrückten.“
„Auf dem Video ist zu hören, wie der Sanitäter filmt und immer wieder die Schahada rezitiert, ein muslimisches Glaubensbekenntnis, das Menschen im Angesicht des Todes rezitieren. ‚Es gibt keinen Gott außer Gott, Mohammed ist sein Gesandter‘, sagt der Sanitäter. Er bittet Gott um Vergebung und sagt, er wisse, dass er sterben werde. ‚Vergib mir, Mutter. Dies ist der Weg, den ich gewählt habe – Menschen zu helfen‘, sagt er. ‚Allahu akbar‘, sagt er, ‚Gott ist groß‘.“ (22)
Wenn jemals der Begriff „Märtyrer“ sinnvoll anzuwenden war, dann wohl in diesem Fall.
„… Die Vereinten Nationen und der Palästinensische Rote Halbmond erklärten, die Helfer hätten keine Waffen getragen und stellten keine Bedrohung dar. ‚Ihre Leichen wurden aus nächster Nähe angegriffen‘, sagte Dr. Khatib und fügte hinzu, Israel habe tagelang keine Informationen über den Aufenthaltsort der vermissten Mediziner gegeben. ‚Sie wussten genau, wo sie waren, weil sie sie getötet hatten‘, sagte er. ‚Ihre Kollegen litten große Schmerzen, ihre Familien litten große Schmerzen. Sie ließen uns acht Tage lang im Dunkeln.‘
(…) Am Sonntag fanden Rettungsteams 15 Leichen, die meisten in einem flachen Massengrab, zusammen mit ihren zerstörten Krankenwagen und einem Fahrzeug mit dem UN-Logo.“ (23)
Der Artikel in der NYT berichtete, dass ein Mitglied des Palästinensischen Roten Halbmonds weiterhin vermisst wurde. Außerdem wird Dr. Ahmad Dhair, ein Gerichtsmediziner, der einige der Leichen im Nasser-Krankenhaus in Gaza untersucht hatte, erwähnt. Dieser hatte erklärt, dass vier der fünf von ihm untersuchten Hilfskräfte durch mehrere Schüsse getötet wurden, mit Schussverletzungen an Kopf, Rumpf und Gelenken.
Mit der Wiederaufnahme des israelischen Militärangriffs und der vollständigen Blockade des Gazastreifens waren die Krankenhäuser im Gazastreifen kaum noch funktionsfähig – ein Ergebnis der gezielten Strategie Israels, das Gesundheitssystem des Gazastreifens zu zerstören. In den Krankenhäusern, so Mahmoud Mushtaha, starben behandelbare Patienten einen „langsamen, stillen Tod“ (24). Und in einem zynischen X-Thread beweist „Warfare Analysis“, dass es tatsächlich 40 enthauptete Babys gab. Aber nicht am 7. Oktober 2023, sondern palästinensische Babys im Laufe der Bombardierungen Israels (25).
Meron Rapoport beschrieb, wie Israel, da es nicht in der Lage war, die Gaza-Bewohner sofort massenhaft zu vertreiben, die gesamte Bevölkerung Gazas – durch eine Kombination aus Evakuierungsbefehlen und intensivem Bombardement – in ein abgeschlossenes und möglicherweise abgesperrtes Gebiet zwangsumzusiedeln und Hunger und Verzweiflung den Rest erledigen zu lassen. Ohne Umschweife, sagt er, lasse sich diese neueste Vision mit nur zwei Worten zusammenfassen: „Concentration Camp“ (26).
Gaza 2.0
Wer sehen wollte, wie Rafah, das einst mal eine „rote Linie“ von Biden war, in Ruinen lag, konnte das auf einem Fish-Eye Foto ganz gut sehen (27). Aber nun wandte sich der Siedlerkolonialismus dem Westjordanland zu. Es gab nicht mehr viel zu zerstören. Und Hunger und Krankheiten würden die Bevölkerung langsam aber sicher dezimieren.
Am 28. März zum Beispiel verübten israelische Siedler im Westjordanland-Dorf Jinba in Masafer Yatta ein Pogrom, mit voller Unterstützung – und später auch Beteiligung – der israelischen Armee. Nachdem sie Bewohner angegriffen und ein Kind mit blutendem Kopf zurückgelassen hatten, so berichtete Oren Ziv, seien einige dieser Siedler in ihren Armeeuniformen zurückgekehrt (28) und hätten das Dorf geplündert. Dabei zerstörten sie alles, was ihnen in den Weg kam.
Für palästinensische Studierende an israelischen Universitäten – von denen viele seit dem 7. Oktober wegen Meinungsäußerung schikaniert, suspendiert oder verhaftet wurden – war das Leben auf dem Campus zu einer psychologischen Überlebensübung geworden. Guevara Bader schrieb über ihr schizophrenes Dasein: Sie lernten, ihre Identität und ihre Gefühle zu unterdrücken, waren unfähig, über das Blutbad im Gazastreifen zu sprechen und waren gleichzeitig gefangen in der Schuld ihrer relativen Sicherheit (29).
Hier endet das Format des PodCast. Im Anhang findet der Hörer noch einen Text, der sich zunächst mit der Situation in Syrien und im Jemen auseinandersetzt, aber dann der Situation in Deutschland zuwendet und einer erneuten Resolution der UN, gegen welche Deutschland gestimmt hatte. Man liest, wer den Zionismus unterstützt. Schließlich wird der interessiert Leser mit der möglichen Eskalation des Konfliktes zwischen Israel und den Nachbarländern auf den Iran konfrontiert.
Anhang Inhalt
Entlarvung der „liberalen Weltordnung“
Lügen und Verbrechen
Gaza 2.0
Die Bewaffnung israelischer Extremisten
Syrien
Jemen
Deutschland
Die Medien in Deutschland
Wer unterstützt den Zionismus?
Iran
Trilaterales Atomtreffen
Jemen
USA
Großbritannien
Die Bewaffnung israelischer Extremisten
In einem Leitartikel berichtet die israelische Zeitung Haaretz, dass nach dem Ausgeben von tausenden von Waffen an israelische Bürger durch den rechtsextremen Minister Ben-Gvri, in Israel „das Morden begann“ (30). Der 7. Oktober 2023 war durch die Rechtsextremen in der Regierung Netanjahu zum Anlass genommen worden, alleine seit diesem Datum 172.000 neue Waffenscheine auszustellen. Und man ging im April 2025 davon aus, dass sich weit über 330.000 Waffen in Privatbesitz befinden. Zusätzlich zu den Waffen im Besitz unzähliger Sicherheitsorganisationen, sowohl staatlichen als auch privaten. Die Mehrzahl dürften Sturmgewehre sein. Der Artikel beschrieb beispielhaft Todesfälle, die kurz nach der vereinfachten Vergabe von Waffenscheinen und Waffen aufgetreten waren.
„Ben-Gvir vereinfacht die Ausstellung von Waffenscheinen und macht mehr Menschen dazu berechtigt. Das ist ein garantiertes Rezept für weitere Katastrophen, aber das ist ihm egal; er betrachtet die unkontrollierte Waffenverteilung als durchschlagenden Erfolg. In Wirklichkeit zeugt dieser Prozess von Ben-Gvirs klarem Versagen: Er vertritt die Fahne der „Regierbarkeit“ und wurde mit seinem Versprechen gewählt, die Kontrolle auf den Straßen wiederherzustellen. Doch er privatisiert die persönliche Sicherheit und sagt den Bürgern, sie dürften sich nicht auf die Polizei verlassen, sondern sollten sich am besten selbst bewaffnen und verteidigen. Damit hat er recht: Die Israelis haben niemanden mehr, auf den sie sich verlassen können. Nicht auf den Nationalen Sicherheitsminister, einen Kriminellen und Kahanisten, und nicht auf den, der ihn ernannt hat, Premierminister Benjamin Netanjahu. Und in der Zwischenzeit werden Israelis ermordet.“ (31)
Was der Artikel nicht ansprach, war eine mögliche versteckte Absicht der Verteilung von so viel Waffen wie möglich, insbesondere an rechtsextreme Anhänger der entsprechenden politischen Parteien. Nämlich die Vorbereitung oder Drohung eines Bürgerkrieges, sollte sich Israel vom Weg zu Eretz-Israel möglicherweise entfernen und die Rechte der Palästinenser entsprechend Völkerrecht und UN-Resolutionen anerkennen wollen.
Während sich einerseits die rechtsextremsten Teile der iraelischen Gesellschaft mit Waffen ausrüsteten, erklärte die Armeeführung Israels, dass über 16.000 Soldaten „nicht kampffähig“ waren, davon die Mehrheit wegen psychologischen Störungen ersten Grades. Und man darf davon ausgehen, dass diese Zahlen nur ein Teil der Wahrheit wiederspiegelten (32). Außerdem erschien ein Drittel der Reservisten, welche zu den Waffen gerufen wurden, um die zweite Runde im Völkermord in Gaza zu verrichten, nicht zum Dienst. Und angeblich waren nur 10% der zur Musterung aufgerufenen Wehrpflichtigen zum Musterungstermin erschienen (33).
Am 8. April bestätigte Israels Finanzminister Bezalel Smotrich noch einmal, dass Israel nicht zuließ, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen, und den Völkermord durch Verhungern der Menschen zu vervollkommnen (34). Und Trump erklärte, „Wir müssen nichts kaufen. Wir werden Gaza haben. Wir werden es einnehmen, wir werden es halten.“ REPORTER: „Und Herr Präsident, unter welcher Autorität? Es ist ein souveränes Land.“ TRUMP: „Unter der Autorität der USA.“ (35)
Syrien
Man erinnerte sich im April 2025, wie groß die Freude war, dass die aus IS und al-Kaida entstandenen Gruppen endlich diesen „furchtbaren Schlächter Assad“ vertrieben hatten, und nun die neue Macht in Syrien waren. Eine Macht, die Milliarden Euro aus Europa bekam, hunderte von Millionen Euro aus Deutschland. Nach solchen Jubelberichten, war es natürlich für westliche Medien schwer, umzuschalten auf eine Verurteilung von Massaker an Minderheiten, welche durch die „Übergangsregierung“ begangen wurden.
„Ein alawitischer Großvater berichtet vom grausamen Mord an seinen Enkelkindern. ‚Als ich vor ihnen stand, sagten mir die Verbrecher: ‚Wir haben den Befehl, Jung und Alt zu töten. Wir haben den Befehl, Kinder zu töten, aber da du Krebs hast, werden wir dir Gnade erweisen und dich am Leben lassen.‘ Am nächsten Tag traf die Nachricht von der Hinrichtung seiner gesamten Familie ein. Er fand die Leichen aller sechs seiner Lieben, alle mit Kopfschüssen. Yahya Ibrahim Ali spricht über den Mord an seinen drei Enkeln, ihrer Mutter und ihrer Großmutter: Zein Al-Abidin Alaa Ali – 5 Jahre alt, Yahya Alaa Ali – 10 Jahre alt, Jawad Alaa Ali – 3 Jahre alt, Ihre Mutter (die Frau seines Sohnes): Milana Mohammad Amouri, Ihre Großmutter (Milanas Mutter): Maryam Ibrahim Idraa, zusätzlich aus einer anderen Familie: Bashar Hadi Amouri – 10 Jahre alt.“ (36)
Die Fotos sind so grausam, dass sie nur auf Telegram veröffentlicht werden konnten (37). Dies war nur ein Beispiel für viele Meldungen, welche Anfang April im Internet zu finden waren, ohne dass es zu ernsthaften diplomatischen Folgen durch westliche Staaten führte.
Nach den Bombendrohungen gegen den Iran und der bereits durchgeführten Bombardierung des Jemen, hatte Israel nun Anfang April auch Ziele in Syrien bombardiert. D.h. die US-Israel-Koalition tat alles, um den Nahen Osten in Brand zu stecken. Und gewarnt werden sollte anscheinend die Türkei, sich nicht einzumischen.
Die Angriffe auf Forschungseinrichtungen, den Militärflughafen Hama und den Luftwaffenstützpunkt T4 in Homs, so erklärte das israelische Armeeradio, dienten dazu, ‚den türkischen Präsidenten Erdoğan zu warnen‘. Die Warnung sei erfolgt, weil es Berichte gab, dass Ankara plante die T4 Luftwaffenbasis aufzubauen und mit einem komplexen Luftabwehrsystem auszustatten. Außerdem hatten türkische Medien berichtet, dass die Türkei beabsichtigte, zwei zusätzliche Luftwaffenbasen im Land zu errichten und ein Verteidigungsabkommen mit Syrien zu schließen.
„Die israelischen Angriffe auf den Luftwaffenstützpunkt Hama waren der fünfzehnte und haben ihn vollständig zerstört. Der israelische Verteidigungsminister Katz erklärte, die Angriffe auf Syrien seien als Warnung gedacht, um zu verhindern, dass israelfeindliche Kräfte in das Land eindringen. Die HTS-geführte Regierung verurteilte die Angriffe lediglich.“ (38)
Möglicherweise rückte der Zeitpunkt näher, da Ankara aus der NATO austrat und den Beobachterstatus in der SCO oder SOZ (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit) zu einer vollen Mitgliedschaft aufwertete. Die Türkei hatte bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft in BRICS abgegeben, war aber 2024 noch nicht als Mitglied aufgenommen worden. Indien hatte sich wegen der Verbindungen der Türkei zu Pakistan dagegen ausgesprochen.
Jemen
Anfang April hatten die USA bereits über 200 Luftangriffe gegen den Jemen geflogen (39). Die Angriffe werden Tag und Nacht ausgeführt. Dabei haben die Flugzeugträgerverbände Abstand vom Jemen genommen. Manche sprechen von 500km andere bis 1300km. Die Kosten für diesen Krieg würden möglicherweise in die hunderte von Milliarden Dollar gehen, wenn er länger dauern sollte. Ein Krieg, der dazu diente zu verhindern, dass Israel wirtschaftliche Probleme bekam.
Der Jemen hatte schon mal die größte Cholera Epidemie der Neuzeit überstanden, als Saudi-Arabien mit der Hilfe der USA die Infrastruktur in einem 7-jährigen Krieg zerbombte und eine Blockade gegen das Land verhängt hatte. Aber im April sahen wir Teil 2 dieser nun zehnjährigen Aggression. Nun war es die USA, welche Trinkwasseranlagen zerstört, Wohngebäude bombardiert, weil dort ein feindlicher General sein könnte usw. Es würde genau so wenig Wirkung auf den Jemen haben wie der 7-jährige Krieg Saudi-Arabiens (40). Aber es sollte den US-Steuerzahler viele Milliarden kosten, und unsägliches Leid über eines der ärmsten Länder der Welt bringen.
Die USA versuchten offensichtlich, die Bevölkerung gegen ihre Regierung aufzubringen, die Hilfsorganisationen zu vertreiben, und die Not der Bevölkerung so zu steigern, dass die Regierung des Jemens die Blockade des Roten Meeres für Schiffe von und nach Israel aufgab.
„‘Jetzt, wo die heftigen Bombenangriffe begonnen haben, weiß man nie, wie sich die Dinge entwickeln‘, sagte Siddiq Khan, der als Landesdirektor im Jemen für die Hilfsorganisation Islamic Relief arbeitet. Khan erklärte gegenüber The Guardian, die jüngsten Bombenanschläge hätten den Druck auf einen Hilfssektor, der bereits am Rande des Zusammenbruchs stehe, noch verstärkt. Er führte diese Krise auf weitere Maßnahmen aus der Trump-Ära zurück, darunter massive Kürzungen bei USAID und rechtliche Hürden für Hilfsorganisationen nach der Einstufung von Ansarallah, der regierenden Widerstandsbewegung im Jemen, als ‚ausländische Terrororganisation‘. ‚Insgesamt ist die humanitäre Hilfe für den Jemen allmählich, dann aber stark zurückgegangen‘, fuhr Khan fort. ‚Offensichtlich bauen viele Organisationen Personal ab, und einige haben sogar geschlossen. Die Bombenanschläge haben die Organisationen hier noch mehr verunsichert, ob dies der richtige Ort zum Bleiben und Arbeiten ist. Insgesamt herrscht also ein riesiges Vakuum … das den humanitären Sektor hier erfasst‘, fügte er hinzu.
‚Ich sehe eine echte Katastrophe auf den Jemen zukommen.‘“ (41)
Inzwischen hatte der Jemen zwei weitere Drohnen im Wert von dutzenden von Millionen Dollar in den 72 Stunden vor dem 4. April abgeschossen (42). Nach den Angriffen Israels auf den Jemen hatte dieser außerdem begonnen, mit ballistischen Raketen auf Israel zu schießen. Die Raketen waren zwar Mach8 schnell und theoretisch Hyperschallraketen, jedoch nicht lenkbar, weshalb sie sich von anderen Hyperschallwaffen größerer Mächte unterscheiden, und des Öfteren von der israelischen Luftabwehr abgeschossen werden konnten. Jedoch sind die Abwehrraketen teurer als die Angriffsraketen, was die wirtschaftliche Komponente dieses Kampfes des Imperiums gegen eines der ärmsten Länder der Welt unterstreicht.
Deutschland
Auftritts- und Einreiseverbote für Menschen, welche sich für die Rechte der Palästinenser einsetzten, und Absagen von Auftritten von Menschen, welche nicht die erwarteten pro-israelischen Aussagen machen würden, wurden Anfang April 2025 in Deutschland zur Routine (43).
In Zusammenarbeit mit The Intercept enthüllte Hanno Hauenstein, dass die Berliner Einwanderungsbehörde die Abschiebung von vier jungen Ausländern plante. Ihnen wurde die Teilnahme an Protesten gegen Israels Krieg gegen Gaza vorgeworfen. Obwohl sie nicht wegen irgendwelcher Straftaten verurteilt worden waren – ein beispielloser Schritt, der, wie der Autor meinte, ernsthafte Bedenken hinsichtlich der bürgerlichen Freiheiten in Deutschland aufwarf (44). Die Bundesregierung Deutschlands ignorierte weiter die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die sich aus den Urteilen des IGH und den Resolutionen der UN-Resolutionen ergaben.
Eine UN-Resolution, diesmal vom UN-Menschenrechtsrat, forderte wieder einmal das sofortige Ende er illegalen Israelischen Blockade von Gaza durch die israelische Besatzungsmacht. Natürlich nicht, ohne dass die Bundesregierung dem widersprochen hätte. Die Resolution A/HRC/58/L.30/Rev.1 (45) forderte auch das allgemeine sofortige Ende der illegalen israelischen Besatzung palästinensischer Gebiete, wie schon die UN-Generalversammlung im Vorjahr. (46)
In der Einleitung werden die Raketenangriffe der Hamas kritisiert, gleichzeitig aber wird noch einmal bestätigt:
„…in Bekräftigung der Legitimität des Kampfes der Völker um Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Befreiung von kolonialer und ausländischer Herrschaft und ausländischer Besatzung im Einklang mit dem Völkerrecht,“ (47)
Die Forderung der Resolution enthält insgesamt 30 Punkte. Hier nur die ersten 15 Forderungen übersetzt:
- …Fordert, dass Israel, die Besatzungsmacht, ihre unrechtmäßige Präsenz in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalem, so schnell wie möglich beendet, und betont, dass alle Bemühungen zur Beendigung des israelisch-palästinensischen Konflikts auf der Achtung des humanitären Völkerrechts, der internationalen Menschenrechtsnormen und der einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen beruhen müssen;
- Fordert außerdem, dass Israel seine illegale Blockade des Gazastreifens und alle anderen Formen kollektiver Bestrafung und Belagerung unverzüglich aufhebt;
- Bedauert den Verstoß Israels gegen das Waffenstillstandsabkommen und fordert die Einhaltung und vollständige Umsetzung des Abkommens, einschließlich ungehinderter humanitärer Hilfe und der dringenden Wiederherstellung der Grundbedürfnisse der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, einschließlich der Ermöglichung ihrer Rückkehr in alle Teile des Gazastreifens und des sofortigen Beginns der Wiederaufbaubemühungen;
- Fordert alle Staaten auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Zwangsumsiedlung von Palästinensern innerhalb oder aus dem Gazastreifen zu verhindern, im Einklang mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen;
- Verurteilt den Einsatz des Aushungerns von Zivilisten als Kriegsmethode im Gazastreifen, die rechtswidrige Verweigerung humanitärer Hilfe, die vorsätzliche Behinderung von Hilfslieferungen und die Entziehung überlebenswichtiger Güter wie Nahrungsmittel, Wasser, Strom, Treibstoff und Telekommunikation durch die Besatzungsmacht Israel.
- Bekundet seine tiefe Besorgnis über Äußerungen israelischer Amtsträger, die einer Anstiftung zum Völkermord gleichkommen, und fordert Israel auf, seiner rechtlichen Verantwortung zur Verhinderung von Völkermord nachzukommen und die vom Internationalen Gerichtshof am 26. Januar 2024 verhängten vorläufigen Maßnahmen uneingeschränkt einzuhalten.
- Bedauert die anhaltende Politik Israels, dem palästinensischen Volk, der palästinensischen Führung und der Zivilgesellschaft Strafmaßnahmen aufzuerlegen, und fordert Israel auf, seine Praxis der „Einbehaltung“ palästinensischer Steuereinnahmen zu beenden.
- Betont die Notwendigkeit einer glaubwürdigen, zeitnahen und umfassenden Rechenschaftspflicht für alle Verstöße gegen das Völkerrecht, um Gerechtigkeit für die Opfer zu erreichen und einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen.
9. Begrüßt die laufenden Ermittlungen der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs zur Lage im besetzten palästinensischen Gebiet und sieht ihrer Fortsetzung erwartungsvoll entgegen, um die Verantwortlichen für die in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallenden Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.
- Fordert alle Vertragsstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs nachdrücklich auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und uneingeschränkt mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten, um dessen Haftbefehl gegen diejenigen zu vollstrecken, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.
- Bekräftigt, dass alle Maßnahmen und Handlungen der Besatzungsmacht Israel im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, die gegen die einschlägigen Bestimmungen der Genfer Konvention zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949 (Vierte Genfer Konvention) und gegen die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats verstoßen, rechtswidrig und ungültig sind.
12. Bekräftigt, dass kein Staat eine Situation, die durch einen schwerwiegenden Verstoß eines Staates gegen eine Verpflichtung aus einer zwingenden Norm des allgemeinen Völkerrechts entstanden ist, als rechtmäßig anerkennen oder Hilfe oder Unterstützung zur Aufrechterhaltung dieser Situation leisten darf, und dass alle Staaten zusammenarbeiten müssen, um jeden schwerwiegenden Verstoß mit rechtmäßigen Mitteln zu beenden;
- Bedauert die schwerwiegenden Verstöße Israels gegen zahlreiche zwingende Normen und fordert alle Staaten auf, sicherzustellen, dass ihre Waffenexporte nicht zu dieser rechtswidrigen Situation beitragen oder davon profitieren;
- fordert alle Staaten auf, den Verkauf, die Weitergabe und die Umleitung von Waffen, Munition und anderer militärischer Ausrüstung an die Besatzungsmacht Israel einzustellen, um weitere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen und -übergriffe zu verhindern, und im Einklang mit internationalen Normen und Standards auf die Ausfuhr, den Verkauf oder die Weitergabe von Überwachungsgütern und -technologien und weniger tödlichen Waffen, einschließlich Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, zu verzichten, wenn ihrer Einschätzung nach hinreichende Gründe für die Vermutung vorliegen, dass diese Güter, Technologien oder Waffen zur Verletzung oder zum Missbrauch der Menschenrechte eingesetzt werden könnten, und erinnert an die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Januar 2024;
- missbilligt die anhaltende mangelnde Kooperation Israels mit den Sonderverfahren des Menschenrechtsrats und anderen Mechanismen der Vereinten Nationen zur Untersuchung mutmaßlicher Verstöße gegen das Völkerrecht in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalem, und fordert die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Rat und all seinen Sonderverfahren, einschlägigen Mechanismen und Untersuchungen sowie mit dem Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte;…(48)
Die Resolution wurde am 2. April angenommen. Nur Tschechien, Äthiopien, Deutschland und Nord-Mazedonien hatten dagegen gestimmt (49).
Die Medien in Deutschland
Yossi Bartal zerlegte am 3. April, exemplarisch für die Berichterstattung der so genannten Qualitätsmedien in Deutschland, einen Artikel des taz-Jouranlisten Nicholas Potter (50). Dieser hatte versucht, in seinem Artikel den Völkermord-Vorwurf gegen Israel zu entkräften, scheiterte aber wegen Verwendung fragwürdiger Quellen und dem Einsatz selektiv ausgewählter Zahlen. Deutlich erkennbare Fehler in dem Bericht wurden nicht korrigiert. Und „Faktenchecker“ arbeiteten ja nur gegen Narrative, welche nicht staatstragend waren. Und so schloss der Artikel in Jacobin mit den Worten:
„Nach sechszehn Monaten unvorstellbarer Zerstörung im Gazastreifen ist es jedoch längst überfällig, dass sich Journalisten und Redaktionen in Deutschland ernsthaft damit auseinandersetzen, welche Verantwortung sie gegenüber den Palästinensern in Gaza tragen, die derzeit Opfer eines mit deutschen Waffen verübten Menschheitsverbrechens sind. Dass Potters Artikel immer noch unkorrigiert online steht, wirft in dieser Hinsicht viele Fragen auf.“ (51)
Wer unterstützt den Zionismus?
Eigentlich stellte sich die Frage im April 2025, wer überhaupt den Zionismus und Israel unterstützte? Hier ein Versuch darauf zu antworten. Da ich nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch die vermutliche Gegenwart und sogar Zukunft berichtete, verzichte ich hier auf die Vergangenheitsform.
1. Die evangelikalen Christen
Ist in den USA eine wichtige Wählergruppe. Ein zentraler Glaubenssatz, der hier eine Rolle spielt, ist die Vorstellung, dass die Rückkehr der Juden ins Land Israel und die Wiederherstellung des jüdischen Staates Voraussetzungen für die Wiederkunft Jesu Christi sind. Der Prämillennialismus ist eine christliche eschatologische Lehre, die von einer zukünftigen tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden ausgeht (Millenarismus), oft mit Israel als politisch und religiös dominierender Weltmacht. Dieser Glaube ist tief verwurzelt, in einer Lehre, die unter vielen Evangelikalen verbreitet ist.
Konkret beziehen sich die Protagonisten des Glaubens oft auf Passagen im Alten Testament, wie etwa im Buch Ezechiel (Kapitel 36-37), wo von der Rückkehr des Volkes Israel in das verheißene Land die Rede ist, sowie auf das Neue Testament, insbesondere die Offenbarung, die apokalyptische Ereignisse beschreibt. Sie glauben, dass die Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 ein Zeichen göttlicher Erfüllung dieser Prophezeiungen ist. Darüber hinaus sehen viele Evangelikale die Juden als das "auserwählte Volk" Gottes, das eine Schlüsselrolle im göttlichen Plan spielt.
Ein weiterer Aspekt ist die Vorstellung, dass vor der Wiederkunft Christi bestimmte Ereignisse stattfinden müssen, wie der Wiederaufbau des jüdischen Tempels in Jerusalem und eine Zeit großer Trübsal. Die Unterstützung Israels wird daher nicht nur als politische Haltung gesehen, sondern als Beitrag zur Erfüllung dieses göttlichen Szenarios. Das erklärt, warum viele evangelikale Gruppen in den USA eine starke pro-israelische Haltung einnehmen, oft unabhängig von geopolitischen oder säkularen Überlegungen.
Im Prinzip ist das eine zutiefst antijüdische Einstellung, ja man könnte sagen ANTISEMITISCHE (im Sinne des herrschenden Narrativs) Einstellung. In ihrer prämillennialistischen Eschatologie wird oft angenommen, dass bei der Wiederkunft Christi eine große Zahl von Juden Jesus als den Messias anerkennen wird. Dies basiert auf Interpretationen von Bibelstellen wie Römer 11:25-26 (52), wo Paulus schreibt, dass "ganz Israel gerettet wird", was viele Evangelikale so deuten, dass die Juden am Ende der Zeiten zum Christentum konvertieren. In diesem Szenario würde das Judentum als eigenständige Religion in ihrer Sichtweise nicht mehr existieren, da es in ihrer Vorstellung in den christlichen Glauben aufgeht.
2. Rechte und rechtsextreme Politiker
Der in Israel herrschende Zionismus ist selbst ebenfalls rechtsextrem, rassistisch und siedlerkolonialistisch. Deshalb steht Israel rechten Parteien und Politikern sehr offen gegenüber. Es gab sogar mindestens eine Konferenz in Israel, speziell für rechte Politiker.
Die Beziehung von rechten Politikern zu Israel ist eine Win-Win-Beziehung. Israel erhält politische Unterstützung im Kampf gegen die Rechte der Palästinenser im Ausland, und die Politiker erhalten einen Ablassbrief für alle früheren Sünden vom Holocaust bis zu Judenhass. Besonders wichtig für die Zionisten ist der Kampf der rechten und rechtsextremen Politiker gegen die einzige weltumspannende, gewaltfreie Menschenrechtsbewegung, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzt, die BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) Organisation.
3. Europäische und US-Geopolitiker
Israel ist das letzte große koloniale Projekt Großbritanniens, wie es von Herzl und anderen frühen Zionisten, welche für die Gründung warben, stets betonten. Je geringer der Einfluss auf andere Länder wurde, desto größer wurde das Gewicht Israels in der Region.
Schließlich sollte Israel der Kern einer Neustrukturierung des Nahen Ostens sein. Basierend auf den Prinzipien Schumpeters, der "kreative Zerstörung" genannt wurde. Die Länder des Nahen Ostens und teilweise des Mittleren Ostens sollten zerstört werden, damit auf den Ruinen Gesellschaften entstehen konnten, welche den Vorstellungen der US-Hegemonie entsprachen. Dazu gehörte das Projekt 7 Länder in 5 Jahren, von dem der Leser sicher schon einmal gehört hat. Das letzte Land auf der Liste, das 2025 noch nicht ins Mittelalter gebombt wurde, war der Iran.
Für europäische Geopolitiker ist die Vorstellung eines befriedeten Nahen und Mittleren Ostens mit ähnlicher Kultur, zum großen Teil gleicher Sprache und ähnlichen religiösen Grundlagen, mit dem Geld und den Bodenschätzen der Golfdiktatoren und den Arbeitsheeren Ägyptens, mit der Kultur der Syrer und den Ingenieuren des Iran … eine Horrorvorstellung. Israel ist der Garant, dass die Region nicht zur Ruhe kommt, und sich kein zweites, viel leistungsfähigeres "EU" System entwickeln kann.
4. Juden
Für viele Juden war der Holocaust ein Trauma, das bis heute nicht überwunden wurde. Sie glaubten, ähnlich wie Einstein, dass Israel einmal eine sichere Heimstatt werden könnte. Allerdings hatte Einstein schon bald erkannt, dass der realpolitische Zionismus nicht dem frühen Idealzionismus entsprach. Und angesichts des Völkermordes in Gaza wenden sich immer mehr dieser Juden ab.
Was bleibt sind rechtsextreme rassistische Zionisten, welche ähnlich zu sehen sind, wie die extremistischen Unterstützer des Islamischen Staates. In beiden Fällen glauben die Anhänger, dass jedes Mittel gerechtfertigt ist, um das sehr weltliche Macht- und Eroberungsziel zu erreichen.
5. Medien und ihre Opfer
Medienschaffende sind eingeschüchtert und "auf Linie" gebracht durch die ungeheure Macht der zionistischen Propaganda. Niemand wagt es, etwas wirklich israelkritisches zu verbreiten. Ich hatte sogar eigentlich kritische Seiten erlebt, welche Artikel ablehnten, weil "das ist zu heiß, das wollen wir uns nicht auch noch antun".
Und natürlich Menschen, die durch Weißwaschen der Verbrechen in den Medien gar nicht begreifen, was passiert. Aber nun zurück zur Chronologie der Ereignisse im April 2025.
Nach dem Besuch in Ungarn passierte Netanjahu am 7. April die europäischen Grenzen und den europäischen Luftraum und traf in Washington ein. Kurz vorher waren in Gaza einige der unaussprechlichsten Gräueltaten begangen worden – zerfetzte, ja sogar enthauptete Kinder, ein in seinem Zelt bei lebendigem Leib verbrannter Journalist, die Hinrichtung von 14 Rettungskräften, alles vor laufender Kamera. Aber keiner der wertebasierten europäischen Staaten, deren Luftraum die Maschine von Netanjahu durchquerte, hielt sie auf, um den mit Haftbefehl gesuchten Ministerpräsidenten zu verhaften. Das koloniale Projekt Israel und seine Realisierung, schien Vorrang vor der Rettung der Nachkriegsordnung und dem Völkerrecht zu haben.
6. Von Lobbyismus korrumpierte Politiker und Medien
Anfang 2025 wurde bekannt, dass jedem wichtigen US-Politiker ein Israel-Lobbyist von Aipac zugeordnete worden war, der diesen bei Entscheidungen, welche die Interessen Israels betreffen kontaktierten. Für die USA und für Großbritannien sind Zahlen von offiziellen Wahlspenden und anderen Zuwendungen bekannt.
Für die USA konnte man von 60 bis 100 Millionen US-Dollar (53) pro Jahr (54) als offizielle Zuwendungen (55) für die „Pflege der politischen Landschaft“ ausgehen (56). Aber die Politik bestand nicht nur aus Zucker, sondern auch aus Peitsche. Sowohl zu der Arbeit der Israel-Lobby in den USA, als auch in Großbritannien wurden investigative Dokumentationen erstellt, welche natürlich niemals in den Massenmedien gezeigt werden.
Für Deutschland konnte man nur erahnen, welcher Einfluss ausgeübt wurde. 2019 hatte die Times of Israel (57) über eine Kontroverse berichtet, bei der ein Spiegel-Artikel unethische Praktiken von pro-israelischen Lobbygruppen wie der "Values Initiative" und "Naffo — Middle East Peace Forum" aufdeckte. Diese Gruppen hatten die Politiker des deutschen Bundestages beeinflusst, eine nicht-bindende Resolution gegen die BDS-Bewegung im deutschen Bundestag zu verabschieden. Damit wurde diese einzige gewaltlose globale Menschenrechtsbewegung für die Rechte der Palästinenser praktisch als antisemitisch verleumdet. Was erhebliche Folgen in der deutschen Öffentlichkeit hatte. In meinem großen Israel Buch von 2021, in Erwartung der Eskalation der ethnischen Säuberung Palästinas durch Israel und der Eskalation in Gaza, hatte ich ausführlich darüber berichtet (58).
Ein Bericht von Anadolu Agency erwähnte, dass die israelische Lobby in Deutschland Politiker, Bürokraten und Medien beeinflusste, insbesondere durch die Betonung der historischen Verantwortung Deutschlands aufgrund des Holocausts. (59)
Iran
Es hatte den Anschein, dass sich Trump selbst in eine Zwickmühle gebracht hatte. Durch die massive Verlegung von Kriegsgerät als mögliche Vorbereitung eines Krieges gegen den Iran und seine Ultimaten auf welche der Iran unmöglich eingehen konnte, ohne vermutliche einen Bürgerkrieg oder einen Putsch zu verursachen, stand er bald vor der Situation, den Iran bombardieren „zu müssen“. Am 2. April berichtete der israelische Fernsehsender „Kanal 14“, dass die letzte Phase „des größten militärischen Angriffs seit dem 2. Weltkrieg“ begonnen hätte.
Der Sender zeigte potentielle Ziele der Angriffe, darunter auch Atomanlagen des Iran. Jeder sollte wissen, dass auch ein nicht nuklearer Angriff auf in Betrieb befindliche Atomanlagen zu ungeheuren Verwüstungen führen konnten, und daher gleich gestellt werden sollten mit einem Atombombenangriff. Was bedeutete, dass dann der Iran, soweit er noch in der Lage sein würde, selbst Nuklearwaffen entwickeln und gegen den Angreifer einsetzen würde, wie deutlich gewarnt worden war. Angeblich gäbe es aber einen Mitspieler am Horizont, nämlich Russland.
Scott Ritter warnte den Iran eindrücklich davor, auf die Erpressung der USA einzugehen. Andere Analysten erklärten, dass Trump vollkommen unberechenbar sei, und deshalb keine Voraussage getroffen werden könne. Einig war man sich jedoch bei der Analyse, dass die Bombardierungen des Jemens sozusagen als Übung und als Warnung an den Iran zu verstehen seien.
„Russland spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Laut Andrej Pintschuk, dem ersten Minister für Staatssicherheit der DVR und politischen Beobachter von Zargrad, werde Russland nicht außen vor bleiben. Er erinnert daran, dass Moskau und Teheran ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft unterzeichnet haben, das zwar kein offenes Militärbündnis bedeutet, aber dennoch politische und diplomatische Zusammenarbeit erfordert.“ (60)
Die Entwicklung Show Down schien von den USA vorangetrieben werden, weil das Abkommen über eine Strategische Partnerschaft, also auch eine Art Verteidigungspartnerschaft zwischen Russland und dem Iran noch nicht von der russischen Staatsduma ratifiziert worden war. Der Kreml hatte es quasi erst zu diesem Zeitpunkt eingebracht. Sollte dies der Fall sein, begriffen die US-Strategen nicht, dass Russland keinen Vertrag benötigte, wenn führende Politiker „ihr Wort“ gaben. Anders als im Westen hatte der Kreml ein außerordentliches Gefühlt für „Ehre“, was schon Adenauer in einem Interview erklärt hatte. D.h. Russland würde auf keinen Fall tatenlos zusehen, wenn die Region in Flammen aufgehen sollte.
„Anders als in den Vorjahren, als Russland versuchte, zwischen seinen Beziehungen zu Israel und dem iranischen Bündnis zu balancieren, verändert sich die Lage nun. Die neue Position der USA unter der Trump-Administration, die Verschärfung der Beziehungen zu China und eine aggressivere Diplomatie gegenüber Russland – all dies drängt Moskau zu einer klareren Entscheidung. ‚Wenn Israel den Iran verfolgt und Washington dies unterstützt, wird Russland nicht tatenlos zusehen können. Nicht, weil es Krieg will, sondern weil es die Interessen seiner Einflusszone schützen muss‘, sagt Pinchuk und fügt hinzu: ‚Moskau hat heute eine stärkere Stimme als je zuvor, denn es ist das einzige Land, das noch echte diplomatische Beziehungen sowohl zum Iran als auch zu Israel unterhält. Das ist ein großes Kapital.‘ (61)
Die unberechenbare Politik Trumps, so argumentierten Analysten im April 2025, hatte die Türkei an einen Scheideweg gebracht. Mit dem Jemen bombardiert, dem Iran bedroht und türkischen Interessen in Syrien angegriffen, wurde Ankara gezwungen, sich zu entscheiden. Denn nach dem Iran könnte die Türkei als regionaler Rivale Israels, das nächste Ziel sein. Ein Schwenk zu Russland, China und vielleicht sogar einem geschwächten Iran wäre dann weniger eine Wahl als ein Überlebensmechanismus, um dem Schicksal Saddam Husseins zu entgehen.
Die nächsten Entwicklungen in dieser Krise konnten darüber entscheiden, ob die Türkei in der NATO blieb oder sich anderweitig orientierte, soweit Trump nicht wieder einen Entspannungsschwenk machte. Laut Daily Mail vom 2. April sollte das nicht der Fall sein. Dort las man: „Trump steht kurz davor, den Iran zu bombardieren: Israelische Spitzenquellen enthüllen geplanten Angriff auf Atomanlagen und sprechen eine erschreckende Warnung aus: ‚Ein Krieg steht bevor‘.“ (62)
Laut dem Autor Dan Hodges war es diesmal mehr als eine der üblichen leeren Drohungen gegen den Iran und sein angebliches Atomwaffenprogramm, von dem alle Geheimdienste melden, dass es nicht existierte. Hodges erwähnt die Stationierung von B2 „Spirit“-Bombern auf Diego Garcia, welche auch die größten Bunker Buster-Bomben GBU-57 abwerfen konnten. Dort sollten nun also 1/3 der Bomberflotte dieser Super-Bomber, die angeblich für Radar unsichtbar waren, stationiert sein, um gegen den Iran eingesetzt zu werden. Allerdings war die Unsichtbarkeit nur „von unten“ gegeben. Von Satelliten oder hochfliegenden Aufklärungsflugzeugen, so Experten, seien die Bomber durchaus sichtbar.
„Eine zweite hochrangige diplomatische Quelle erklärte: ‚Aus israelischer Sicht ist dies mit Trump im Weißen Haus der optimale Zeitpunkt, um mit dem Iran zu verhandeln. Eine bessere Gelegenheit wird es nicht geben.‘ Die Entscheidung, sich auf eine solch massive Eskalation vorzubereiten, ist teilweise auf den Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vom Februar zurückzuführen, in dem es heißt, Irans Vorräte an angereichertem Uran seien deutlich angestiegen. ‚Der Iran ist der einzige Nicht-Atomwaffenstaat, der Uran auf diesem Niveau anreichert, was mir ernsthafte Sorgen bereitet‘, sagte Generaldirektor Rafael Mariano Grossi. Die diplomatische Quelle erklärte: ‚Genaue Informationen darüber zu erhalten, wie weit das iranische Atomprogramm fortgeschritten ist, war schon immer schwierig. Aber die Realität ist, dass sie viel, viel näher dran sind, als irgendjemandem lieb sein kann. Und das schon seit einiger Zeit.‘ Ein ebenso wichtiger Faktor ist jedoch, dass Israel den Iran mittlerweile als den eigentlichen Täter der Anschläge vom 7. Oktober betrachtet. ‚Sie sind der Kopf der Schlange‘, behauptete ein israelischer Politiker.“ (63)
Aus diesem Grund habe Israel in den letzten Monaten den Weg für größere Luftangriffe geebnet, erklärte der Autor. Eine hochrangige israelische Militärquelle habe gesagt: „Im vergangenen Jahr haben wir drei oder vier Angriffe im Jemen durchgeführt und drei Luftangriffe im Iran durchgeführt. Dabei haben wir die meisten Luftabwehrsysteme in Syrien, dem Irak und dem Iran ausgeschaltet. Sie waren das Haupthindernis für eine große Luftoperation auf dem Weg nach Iran – ihre Stellvertreter-Luftabwehrsysteme.“ Die Annahme, dass der Iran nun freies Operationsfeld für US- und Israel-Bomber wäre, wird allerdings von Analysten vehement bestritten.
Der Artikel führte weiter aus, dass Israel davon ausgegangen war, dass der Iran sowohl auf dem Land über die Hisbollah, als auch in der Luft mit Raketen, im Falle eines israelischen Angriffs würde zurückschlagen können. Daher habe man zunächst die Hisbollah ausgeschaltet, dann die syrischen, und angeblich auch die iranischen Radaranlagen. Daher sei jetzt der Weg frei gewesen für die Bombardierung des Irans, ohne dass dieser in der Lage war, zurückzuschlagen. Auch der Jemen sei als möglicher Teil einer Vergeltung erfolgreich reduziert bzw. „neutralisiert“ worden.
Wenn man dies las, stellte man sich die Frage, warum Länder und Widerstandsgruppen warteten, bis ihre Möglichkeiten reduziert wurden, bevor sie gegen Israel bzw. die USA vorgingen. Es könnte durchaus dazu führen, dass mehrere Gruppen, die sich im Widerstand gegen die US-israelische Aggression sehen, nun jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung verloren, und damit jede Hemmung, mit allen Mitteln gegen Israel vorzugehen. Schließlich hatte bisher weder die Hisbollah, noch der Iran zum Beispiel die israelische Elektrizitätsversorgung angegriffen. Was verheerende Folgen für die Verteidigungsfähigkeit und Wirtschaft Israels gehabt hätte.
Für den Iran war die Säule Syrien als Abschreckung weggebrochen. Die iranischen Kräfte in Syrien waren immerhin eine ständige Abschreckung gegenüber Israel gewesen, sollte der Iran angegriffen werden. Nachdem diese Truppen abzogen waren, und ein freundliches Regime aus ehemaligen Terroristen die Macht übernommen hatte, war diese Säule der Abschreckung weggebrochen. Und im Iran fragten die Falken nun, warum man darauf gewartet hatte, statt präventiv Israel unfähig zu diesem Vorgehen zu machen.
Der bereits erwähnte Artikel verbreitet eine Falschinformation. Der Autor behauptete, dass die Angriffe des Iran gegen Israel in 2024 ein totaler Misserfolg gewesen seien. Was eindeutig nicht der Fall war. Weiter erklärte er, dass der Zeitplan für einen geplanten Angriff Anfang April noch im Fluss war. Donald Trump hatte den Iranern eine Frist bis Ende Mai gesetzt, um mit dem Abbau ihrer Atomwaffenkapazitäten zu beginnen. Und – analog zur Vorbereitung auf den Irak-Krieg – um die 2023 aus dem Iran ausgewiesenen Atominspektoren wieder aufzunehmen.
Richtigerweise wies Dan Hodges darauf hin, dass Donald Trump lediglich vor Kernwaffen, der „Atombombe“ Respekt habe. Was dazu führte, dass der Druck der Falken im Iran immer größer auf die klerikale Führung des Landes war, eine Bombe zu entwickeln. Dies war jedoch immer noch entgegen der Politik des bewussten Verzichts auf Massenvernichtungswaffen jeder Art. Mit anderen Worten: Durch die extrem aggressive Politik der USA und Israels wurde der Iran förmlich dazu gezwungen, „die Bombe“ zu entwickeln.
Außerdem hatte der Iran gelernt, dass Verträge und gemachte Zugeständnisse durch die USA mit leichter Hand wieder zerstört werden konnten, wie man an dem JCPOA, dem mit mehreren Staaten vereinbarten Atomforschungs-Beschränkungs-Vertrag, der von Trump in seiner ersten Amtszeit gebrochen wurde, erkennen konnte. Und dass sich Israel nicht an Waffenstillstands- oder sonstige Verträge hielt, war nun auch in Gaza oder dem Libanon offensichtlich.
Alles konnte davon abhängen, welche Maßnahmen Russland, und evt. China im Hintergrund, ergriffen, um einen Krieg zu verhindern, oder einen Angriff zumindest abzuwehren. Aber eines war sicher: Wenn der Krieg Israels und der USA gegen den Iran sich entfalten sollte, wäre Gaza nur noch eine Randnotiz.
So sehr Scott Ritter auch vor der destruktiven Macht der US-Luftstreitkräfte, und der wahnsinnigen Besessenheit von Netanjahu, den Iran zu vernichten, warnte, konnte man Anfang August einfach nicht glauben, dass die USA mit Israel diesen Luftangriff wagen würden. Ein solcher Krieg würde definitiv eine neue Seite in der Geschichte aufschlagen, und niemand konnte vorhersagen, was passieren würde. Wie Scott Ritter meinte, wäre es ein Krieg zur Zerstörung des Irans. Ähnlich wie man es in Syrien gesehen hatte, aber dort durch die Stellvertreterarmeen von al-Kaida und ISIS. Er wies immer wieder darauf hin, dass niemand gedacht hatte, dass Syrien beim Angriff der von der Türkei unterstützten Terroristengruppe HTS so schnell aufgeben würde. Aber, so seine Erklärung Die Sanktionen und der anhaltende Krieg seit 2011 hatten das Land mürbe gemacht.
Das Gegenargument war, dass der Iran, anders als Syrien, von essentieller Bedeutung für Russland und einen alternativen Wirtschaftskorridor und China und seine neue Seidenstraße war. Und dass deshalb beide Länder die Zerstörung der Staatlichkeit bzw. einen Regime Change durch einen militärischen Angriff, nicht akzeptieren würden.
Trilaterales Atomtreffen
Am 7. April überraschte dann die Meldung, dass am 8. April ein Treffen zwischen dem Iran, Russland und China in Moskau stattfinden sollte, um die Frage des iranischen Atomprogramms zu besprechen.
Schon am 14. März hatten sich die stellvertretenden Außenminister von China (Ma Zhaoxu), Russland (Sergej Rjabkow) und dem Iran (Kasem Gharibabadi) in Peking getroffen, um das iranische Atomprogramm zu diskutieren. Vor dem Treffen hatte es übrigens gemeinsame Marineübungen im Golf von Oman gegeben, was ihre Zusammenarbeit unterstrich. Danach war es noch einmal am 2. April zu Gesprächen zwischen China und Russland zu dem Thema gekommen. Offensichtlich sollte nun die harmonisierte Haltung der beiden Supermächte dem Iran nahe gebracht werden.
Ich hatte kurz die Neigung zu glauben, dass sich vielleicht Russland darauf einlassen würde, Kernwaffen auf dem Gebiet des Iran zu stationieren, ähnlich wie in Weißrussland. Das System der „nuklearen Teilhabe“ war ja schon vor Jahrzehnten von den USA entwickelt, und in einigen Staaten Europas umgesetzt worden. Warum sollte Russland und/oder China nun nicht das Gleiche tun? Was dann der Iran zum Anlass nehmen könnte, sein Atomprogramm zurückfahren, das auf über 60% angereicherte Material an China oder Russland zu verkaufen, und sich zukünftig wieder auf die Anreicherung wie zur Zeit des JCPOA zu beschränken.
Wenn der Krieg eintreten sollte, so konnte man im April 2025 sicher sein, würde für die ganze Welt eine bedrohliche Situation entstehen. Und nicht nur wegen der möglichen drastischen Preis-Steigerungen von Energielieferungen wegen der möglichen Zerstörung von Öl- und Gasfördereinrichtungen, sondern auch wegen der potentiellen Gefahr der Eskalation hin zur Beteiligung von anderen Großmächten an einem Krieg, der die ganze Region in Flammen setzen könnte. Europäische Länder wie Deutschland, welche bereits zu dem Zeitpunkt kaum Wirtschaftswachstum oder negative Wirtschaftszahlen aufwiesen, würden am meisten leiden, während die USA durch die weitgehende Selbstversorgung mit Öl und Gas letztlich sogar wieder als Profiteur aus der Krise hervor gehen könnten.
Am 8. April sollte nicht nur ein Gespräch über die Atomforschung des Irans in Moskau zwischen Russland, China und dem Iran stattfinden, sondern, wie man hörte, gab es auch indirekte Gespräche zwischen den USA und dem Iran im Oman. Dort saßen für die USA der Sonderbeauftragte Steve Witkoff in einem Raum, und der iranische Außenminister mit seinem Team in einem anderen Raum. Und die Kommunikation erfolgte über Beamte des Oman (64).
Der bekannterweise dem „Widerstandslager“ zuzurechnende Analyst und Journalist Pepe Escobar, enthüllte in seinem Artikel vom 8. April die angeblich zwischen Russland, Iran und China abgesprochenen Fahrplan:
Im Wesentlichen hat das RIC einen Fahrplan für den ‚nuklearen Iran‘ entwickelt. Hier die wichtigsten Punkte:
Dialog. Keine Eskalation. Kein ‚maximaler Druck‘. Schrittweises Vorgehen. Aufbau gegenseitigen Vertrauens.
Während der Iran sein Veto gegen die Entwicklung von Atomwaffen bekräftigt, erkennt die viel diskutierte ‚internationale Gemeinschaft‘, genauer gesagt der UN-Sicherheitsrat, erneut Irans Recht auf friedliche Nutzung von Atomenergie gemäß dem Atomwaffensperrvertrag an.
Zurück zum JCPOA – und dessen Neustart. Um Trump wieder an Bord zu holen, wird dieser Neustart äußerst schwierig sein.
Dieser Fahrplan wurde am Dienstag in einer zweiten Runde trilateraler Gespräche des RIC in Moskau ratifiziert. Hochrangige Vertreter der verbündeten Nationen erörterten dort gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung der Herausforderungen, vor denen der Iran steht.“ (65)
Ob dies eine zu optimistische Wahrnehmung von Escobar war, konnte man zu dem Zeitpunkt noch nicht zu erkennen.
Jemen
Am 7. April berichteten nicht nur CNN sondern verschiedene andere Quellen, dass die USA angeblich Saudi-Arabien überredet hatten, noch einmal an einer Bodeninvasion gegen den Jemen teilzunehmen. Diesmal sollte es besser gehen, als in den 10 vorherigen Kriegsjahren, von denen der Jemen die letzten 3 in einem relativ stabilen Waffenstillstand dank Vermittlung durch China verbracht hatte. Diesmal sollten die unschlagbare US-Armee bzw. die US-Marines unter der Deckung von 2 Flugzeugträgerverbänden gemeinsam mit Soldaten Saudi-Arabiens die Invasion eines der ärmsten Länder der Welt durchführen. Wieder würde es einer dieser Angriffskriege sein, von denen die deutschen Medien als Normalität berichteten.
Es war spannend zu sehen, ob die saudische Monarchie den vereinbarten Waffenstillstand nach 7 Jahren der Bombardierung und 3 praktisch gescheiterten bzw. nur an der Küste erfolgreichen Invasionsversuchen darauf einging. Dabei litten sie bis heute unter den Folgen der Bombardierung durch den Jemen, da immer noch nicht alle Ölförderanalgen zu 100% repariert werden konnten.
USA
Am 6. April 2025 fand in Washington ein „Nationaler Marsch“ für ein freies Palästina statt. Dieser Marsch folgte einer Reihe ähnlicher Proteste, darunter ein bemerkenswerter am 4. November 2023, der 100.000 bis 300.000 Menschen angezogen hatte, und den größten Solidaritätsprotest für Palästina in der US-Geschichte darstellte. Die Demonstranten hatten damals einen Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert und den Angriff Israels mit dem Ziel der Vernichtung der Palästinenser „Völkermord“ genannt. Der neue Marsch von 2025, wie die Bilder zeigten (66), verdeutlichte die zunehmende antizionistische Stimmung auch innerhalb von jüdischen Gruppen und stand im Einklang mit immer breiteren pro-palästinensischen Bewegungen.
Am gleichen Tag traf der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in den USA ein, und wurde vom Präsidenten Trump begrüßt. Eigentlich hätte er am nächsten Tag vor einem israelischen Gericht wegen eines Korruptionsverfahrens erscheinen sollen, stattdessen ließ er sich vom US-Vizepräsidenten erklären, dass die derzeitige US-Regierung die beste Freundin Israels aller Zeiten war. Das letzte Mal, als eine Gerichtsvorladung anstand, hatte er sich entschlossen, den Waffenstillstand mit der Hamas endgültig zu brechen, was damals der Grund war, nicht zu erscheinen. Auf diese Art und Weise hatte Netanjahu schon unzählige Male das Gerichtsverfahren gegen ihn herausgezögert. Immer ging es dann um einen „nationalen Notstand“.
Dieses Korruptionsverfahren hatte nichts mit den Kriegsverbrechen Israels zu tun, von denen die absolute Mehrheit der israelischen Bürger meinte, es seien keine, sondern Notwehr. Es ging um Verfahren wegen Korruption. Und das Verfahren wegen deutschen U-Boot-Lieferungen (Fall 3000), in dem er allerdings noch nicht als Beschuldigter galt, hatte noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen (67).
Am 8. April wurden folgende Aussagen des US-Präsidenten Trump im Internet verbreitet:
"Der Gazastreifen … ist ein unglaublich wichtiges Stück Land.“ „Wenn man die Palästinenser in verschiedene Länder umsiedelt – und viele Länder sind dazu bereit –, entsteht eine Freiheitszone … Sie wissen, wie ich das nenne, ein großartiger Ort, an dem niemand leben will … Ich verstehe nicht, warum Israel ihn jemals aufgegeben hat. Er gehörte Israel. Sie haben Land am Meer genommen und es den Menschen für den Frieden gegeben.“ (68)
Zur Erinnerung noch mal ein kurzer geschichtlicher Rückblick auf die Vergangenheit des Gaza-Streifens:
„Hier noch mal für jene, welche die Geschichte nicht kennen die korrekte Version ‚wem der Gaza-Streifen gehörte‘:
1917–1948: Britisches Mandat Palästina Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Großbritannien die Kontrolle über Palästina, einschließlich des Gazastreifens, durch das Völkerbundmandat. Der Bevölkerung wurde die Selbstbestimmung vorbehalten. Großbritannien hatte zuerst Arabern versprochen, ihnen das Land selbstbestimmt zu überlassen, wenn sie gegen Deutschland kämpften, dann Zionisten, welche es als großartiges koloniales Projekt bewarben, versprochen, dort eine Heimstatt für sie zu erlauben. Dadurch begann der Konflikt zwischen zionistischen Einwanderern, die eine nationale Heimstätte anstrebten, und dort seit Generationen lebenden Juden und der arabischen Bevölkerung, die Selbstbestimmung forderte.
1948-1967 Nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948, und der Ermordung und Vertreibung von Palästinensern (Nakba) wurde der Gazastreifen nicht Teil des neu gegründeten Staates Israel. Stattdessen übernahm Ägypten die Verwaltung des Gebiets, ohne es formell zu annektieren. Es wurde als Teil des ‚All-Palästina-Regierung‘-Projekts betrachtet, aber Ägypten behielt die militärische und administrative Kontrolle. In dieser Zeit wurde der Gazastreifen nicht als souveräner Staat anerkannt, sondern als von Ägypten verwaltetes Gebiet.
1967–2005: Israelische Besatzung Im Sechstagekrieg 1967, der ein lange geplanter ‚präventiver‘ Angriffskrieg Israels war‘ (69), eroberte Israel den Gazastreifen (zusammen mit der Westbank, Ostjerusalem und anderen Gebieten). Von da an stand der Gazastreifen unter israelischer militärischer Besatzung. Israel errichtete Siedlungen im Gazastreifen und kontrollierte das Gebiet vollständig, einschließlich der Grenzen, des Luftraums und der Küste. Wegen des Widerstandes gegen die Besatzung wurden dann die Siedlungen Israels aufgegeben und eine Belagerung des Gaza-Streifens begonnen, der bis 2025 anhielt, weshalb der Streifen auch ‚größtes Freiluftgefängnis der Welt‘ genannt wird. Oder von englischsprachigen Analysten, die weniger von deutscher Geschichte betroffen sind, und mehr an die Anfänge dieser Art von Gefangenenverwahrung in Afrika durch die Briten denken, ‚concentration camp‘.“ (70)
Großbritannien
Der britische Guardian (71) und die Seite Middle East Eye (72) verbreiteten Anfang April die Nachricht, dass britische Staatsbürger, welche in Gaza an Kriegsverbrechen beteiligt waren, nun angezeigt wurden. Ein Team unter der Leitung des renommierten Menschenrechtsanwalts Michael Mansfield KC hatte bei der Metropolitan Police eine umfangreiche Anzeigenkampagne wegen Kriegsverbrechen eingereicht. Sie richtete sich gegen zehn britische Staatsbürger, die bei den israelischen Streitkräften in Gaza gedient hatten.
Die Juristen hatten ein 240 Seiten umfassende Dossier verfasst, das von Rechtsexperten in Großbritannien und Den Haag sorgfältig vorbereitet worden war und schwerwiegende Vorwürfe enthielt. Hier eine Auswahl:
- Gezielte Tötungen von Zivilisten und Hilfskräften, auch durch Scharfschützenfeuer
- Wahllose Angriffe auf zivile Gebiete, darunter Krankenhäuser
- Koordinierte Angriffe auf geschützte Stätten wie historische Denkmäler und religiöse Gebäude
- Zwangsvertreibung und -umsiedlung palästinensischer Zivilisten
Die Erwartungen wuchsen, dass es zumindest für die „kleinen Fische“ keine Straflosigkeit geben würde.
Andererseits wurden die Abgeordnete Abtisam Mohammed und Yuan Yang der regierenden Labour-Partei am 6. April in Israel am Flughafen festgenommen, und zurück geschickt. Ihre Sünde? Sie hatten vor, sowohl Israel als auch Palästina zu besuchen, um sich ein eigenes Bild vor Ort zu verschaffen. Die Times of Israel erklärt, dass die Behörden der Meinung waren, die Politiker wollten „Hassreden“ verbreiten (73). Israel verhinderte also nicht nur ausländische Journalisten, Palästina zu besuchen, sondern auch Abgeordnete von Parlamenten befreundeter Länder.
Quellen und Anmerkungen
Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschka
[1] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[2] https://opiniojuris.org/2021/06/25/out-of-place-being-anti-colonial-in-law-school/
[3] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[4] https://www.jstor.org/stable/10.13110/discourse.35.1.0124
[5] https://digitalcommons.lmu.edu/ilr/vol31/iss1/5/
[6] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/1467-923X.12682
[7] https://www.wiley.com/en-us/What+is+Genocide%3F%2C+2nd+Edition-p-9780745687100
[8] https://www.jstor.org/stable/656487
[9] https://contrapoder.net/wp-content/uploads/2021/05/08.-AMIN.pdf
[10] https://www.marxists.org/ebooks/nkrumah/nkrumah-neocolonialism.pdf
[11] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[12] https://www.ohchr.org/en/instruments-mechanisms/instruments/protocol-additional-geneva-conventions-12-august-1949-and
[13] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[14] https://thisweekinpalestine.com/the-constitution-of-dispossession/
[15] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[16] https://theanarchistlibrary.org/library/audre-lorde-the-master-s-tools-will-never-dismantle-the-master-s-house
[17] https://mondoweiss.net/2025/04/palestine-beyond-the-colonial-logic-of-international-law/
[18] https://x.com/mehmedkoenig/status/1907778691662229925
[19] https://x.com/DropSiteNews/status/1908003029460078749
[20] https://x.com/realstewpeters/status/1908002422858928416
[21] https://www.theguardian.com/world/2025/apr/02/evidence-execution-style-killings-palestinian-workers-israeli-forces-doctor-says?utm_term=67ee0b46d82a56768cfe7217f088d84e&utm_campaign=GuardianTodayUK&utm_source=esp&utm_medium=Email&CMP=GTUK_email
[22] https://www.nytimes.com/2025/04/04/world/middleeast/gaza-israel-aid-workers-deaths-video.html
[23] Ebd.
[24] https://www.972mag.com/slow-quiet-death-gaza-hospitals/
[25] https://x.com/warfareanalysis/status/1909080959204327684
[26] https://www.972mag.com/israel-gaza-concentration-camp-expulsion/
[27] https://x.com/JSNahost/status/1908079757486346366
[28] https://www.972mag.com/jinba-pogrom-israeli-settlers-soldiers/
[29] https://www.972mag.com/palestinian-students-israeli-campuses-schizophrenic-existence
[30] https://www.haaretz.com/opinion/editorial/2025-04-07/ty-article/ben-gvir-handed-out-thousands-of-guns-to-israeli-citizens-then-the-murders-began/00000196-0cbb-d37c-a5b7-5dbbcaca0000
[31] Ebd.
[32] https://thecradle.co/articles/russia-iran-china-all-for-one-and-one-for-all
[33] Ebd.
[34] https://x.com/abierkhatib/status/1909817615557501210
[35] https://x.com/i/status/1909782910544019736
[36] https://x.com/CoastSyrianMoni/status/1907372250648735751
[37] https://t.me/CoastSyrian24/1266
[38] https://x.com/redstreamnet/status/1907745687736844749
[39] https://www.youtube.com/watch?v=L26glZzATus
[40] https://thecradle.co/articles-id/29827
[41] Ebd.
[42] https://youtu.be/L26glZzATus?si=8E2q3ykVFAJAZRyD
[43] https://x.com/ju_khatib/status/1908998868424892497/photo/1
[44] https://www.972mag.com/germany-deport-foreign-residents-palestine-activism/
[45] https://www.un.org/unispal/document/human-rights-council-draft-resolution-human-rights-situation-in-the-occupied-palestinian-territory-including-east-jerusalem-and-the-obligation-to-ensure-accountability-and-justice-a-hrc-58-l-30-re/#
[46] https://pbs.twimg.com/media/Gnm69rJWgAAAyxz?format=jpg&name=large
[47] https://www.un.org/unispal/document/human-rights-council-draft-resolution-human-rights-situation-in-the-occupied-palestinian-territory-including-east-jerusalem-and-the-obligation-to-ensure-accountability-and-justice-a-hrc-58-l-30-re/#
[48] Ebd.
[49] https://x.com/UN_HRC/status/1907435194623123665
[50] https://jacobin.de/artikel/gaza-israel-palaestina-genozid-voelkermord-medien-berichterstattung
[51] Ebd.
[52] https://www.welt-der-bibel.de/bibliographie.1.5.roemerbrief.179.html
[53] https://www.opensecrets.org/fara/countries/73
[54] https://www.opensecrets.org/industries/indus.php?ind=Q05
[55] https://www.theguardian.com/us-news/2019/feb/15/pro-israel-donors-spent-over-22m-on-lobbying-and-contributions-in-2018
[56] https://www.opensecrets.org/industries/indus?ind=Q05
[57] https://www.timesofisrael.com/german-jewish-group-slams-speigel-article-on-pro-israel-lobby-as-anti-semitic/
[58] https://der-politikchronist.blogspot.com/p/deutschland-israel-palastina.html
[59] https://www.aa.com.tr/en/analysis/opinion-why-is-germanys-gaza-policy-so-excessively-pro-israel/3043162
[60] https://x.com/onlydjole/status/1907543876472390096
[61] https://x.com/onlydjole/status/1907545887989014770
[62] https://www.dailymail.co.uk/news/article-14562745/Trumps-bomb-Iran-DAN-HODGES-nuclear-chilling-War-coming.html
[63] https://www.dailymail.co.uk/news/article-14562745/Trumps-bomb-Iran-DAN-HODGES-nuclear-chilling-War-coming.html
[64] https://x.com/sentdefender/status/1909507892241113130
[65] https://thecradle.co/articles/russia-iran-china-all-for-one-and-one-for-all
[66] https://x.com/voiceofrabbis/status/1908988550042747305
[67] Der Fall 3000 bezieht sich auf den Kauf von U-Booten und Patrouillenbooten von der deutschen Firma ThyssenKrupp, mit einem Vertragswert von über 1,5 Milliarden Euro. Es gab Vorwürfe, dass Netanjahu den Kauf gegen den Willen des israelischen Militärs und des Verteidigungsministeriums vorangetrieben habe. [Die deutsche Bundesregierung hatte die ersten beiden U-Boote INS Dolphin und INS Leviathan vollständig aus Steuergeldern finanziert, folgende Käufe waren lediglich subventioniert worden. Die Torpedorohre wiesen die ungewöhnlich große Abmessung von 650mm auf, und waren für nukleare Marschflugkörper geeignet. Insofern half die Bundesregierung, Trägersystem für Kernwaffen bereit zu stellen.] Im Fokus der Korruptions-Ermittlungen standen der persönliche Freund, Anwalt und Cousin David Schimron sowie der Vertreter von ThyssenKrupp in Israel, Miki Ganor. Beide wurden beschuldigt, Bestechungsgelder und Provisionen in Millionenhöhe erhalten zu haben, um den Deal zu ermöglichen. Ganor wurde später Kronzeuge, was die Ermittlungen vorantrieb. Obwohl Netanjahu in diesem Zusammenhang befragt wurde, galt er im Fall 3000 (anders als in den Fällen 1000, 2000 und 4000) nicht als Hauptverdächtiger.
[68] https://x.com/RealPepeEscobar/status/1909536795874017639
[69] https://orientxxi.info/magazine/how-the-israeli-generals-prepared-the-conquest-long-before-1967,1904
[70] https://x.com/jochen_mitschka/status/1909592378744136062
[71] https://www.theguardian.com/law/2025/apr/07/ten-britons-accused-of-committing-war-crimes-while-fighting-for-is-isreal-in-gaza
[72] https://www.middleeasteye.net/en/article/ten-britons-accused-war-crimes-gaza-referred-met-police
[73] https://www.theguardian.com/law/2025/apr/07/ten-britons-accused-of-committing-war-crimes-while-fighting-for-is-isreal-in-gaza
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: tayifmukta / shutterstock
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