Tagesdosis

Friedrich Merz, das unbekannte Wesen | Von Paul Clemente

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Ein Kommentar von Paul Clemente.

Friedrich Merz – wer oder was ist das eigentlich? Wer ist dieser spindeldürre Nosferatu, der als Black-Rocker Millionen geschaufelt hat? Wer ist dieser Upper-Class-Vertreter, der glaubt, dass Arbeitslose mit ein paar Euro ausreichend versorgt seien? Der ohne Schamröte erklärte, bei solchen Leuten wäre weniger mehr? Wer schrieb ein Horrorbuch mit dem Titel „Mehr Kapitalismus wagen“? Wer ist dieser Bundestagsabgeordnete, der eine deutsche Leitkultur postulierte, um sich bei den Konservativen einzuschleimen? Und wer will den Weltfrieden durch Taurus-Lieferungen gefährden? – Merz. Alles Friedrich Merz, transatlantischer Finanzkapitalist, Kriegsspieler und Zyniker gegenüber sozialem Elend. Kurzum, der perfekte Kandidat für Deutschland 2.0. Da kriegt eine Gesellschaft, was sie verdient.

Vor wenigen Tagen löste Merz ein lautes Gegacker im Hühnerstall der Mainstream-Medien aus. Hatte er doch kürzlich erst versprochen, dass eine ewige Brandmauer seine Bonzen-Partei von Alice Weidels Bonzen-Verein trenne. Letztere verglich er mit einer gefährlichen Schlange:

„Wenn man sich eine solche Natter an den Hals holt, dann wird man von dieser Natter erwürgt.“

Deshalb setze er auf eine AfD-freie Mehrheitsregierung. Ob Merz sich selbst geglaubt hat? Schwer zu sagen. Musste er doch bemerkt haben, wie die CDU im Bundesland Thüringen schadlos von der AfD profitiert, ihre Gratis-Unterstützung genießt. Weshalb sollte das nicht ebenso auf Bundesebene funktionieren? Zumal der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt erklärt hatte:

„Wir können die Lösung von Problemen nicht davon abhängig machen, dass die falsche Seite mit Zustimmung droht.“

Na also, geht doch. Man muss nur Alternativlosigkeit behaupten. O-Ton-Merz: „Die Zeit für Gespräche, für Arbeitskreise und für Diskussionsgruppen ist jetzt vorbei. Es ist jetzt die Zeit für Entscheidungen.“ Da wisse er „die ganz große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland" hinter sich. Übersetzt heißt das: Die Brandmauer war für Merz nur richtig, solange der Ernstfall ausblieb.

Für Merz ist Politik ein Markt, wo man mit Wählerstimmen handelt. Das Problem solcher Flexibilität ist jedoch: Irgendwann kapieren selbst kritiklose Mitstreiter, dass Merz über Null Substanz verfügt! Mit seiner Kampagne zur Verschärfung von Migrations-Politik reagierte März auf zwei Aufreger der letzten Wochen. Erstens: Bei einem Messerangriff in Aschaffenburg wurde ein zweijähriger Marokkaner und ein erwachsener Mann getötet. Beim zweitenVorfall, im niedersächsischen Sande, verprügelten afghanisch-syrische Mädchen eine vierzehnjährige Schülerin. Das Opfer liegt derzeitig mit Lungenschaden im Krankenhaus. Zwei Vorfälle, die starke Emotionswellen auslösten. Auf ihnen beschloss Merz zu surfen:

„Ich weigere mich anzuerkennen, dass die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und jetzt Aschaffenburg die neue Normalität in Deutschland sein sollen. Das Maß ist endgültig voll. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik. Es ergeben sich aus meiner Sicht nun endgültig einige Schlussfolgerungen, die eine von mir geführte Bundesregierung sofort zu ergreifen hat.“

Friedrich Merz' großer Plan: Ein Gesetz gegen illegale Migration und diverse Resolutionen. Dazu zählen fünf Punkte:

  1. Die Zurückweisungen von illegal Einreisenden an der Staatsgrenze. Das soll sogar für Personen mit Schutzanspruch gelten. EU-Recht? Zählt nicht. In Notsituationen hat nationales Recht für Merz klare Priorität.
  2. Die Bundespolizei müsse das Recht erhalten, eigenständig Haftbefehle zu beantragen.
  3. Ergreift man eine ausreisepflichtige Person, dürfe man sie nicht mehr auf freien Fuß lassen – bis zur Abschiebung.
  4. Mehr Unterstützung durch den Bund für die einzelnen Länder beim Abschiebegeschehen. Und ...
  5. ... soll man „das Aufenthaltsrecht so ändern, dass jeder ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder in zeitlich unbefristeten Ausreisearrest genommen werden kann, bis er die ihm mögliche freiwillige Ausreise antritt oder die zwangsweise Abschiebung gelingt“.

Beneidenswert schambefreit erklärt die Merz-Partei im Entschließungsantrag, dass sie das Themenfeld Migration nicht länger den Populisten überlassen wolle. Nach dem Motto: Was die AfD dem Wähler kredenzt, hat Merz schon lange im Angebot.

Natürlich reagierte die AfD nicht gerade begeistert: So kritisierte Alice Weidel, dass Merz angestrebte Resolution lediglich Appellcharakter besitze und keine rechtliche Verbindlichkeit. Dennoch dürfte die AfD dem CDU-Antrag zustimmen. Bei den Mainstreamparteien wäre dies allerdings zweifelhaft. So flutet die SPD zahlreiche Internetkanäle mit dem Slogan:

„Keine Zusammenarbeit mit Nazis. Seit 1863."

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ließ sich nicht lumpen. Auf X schrieb er: „Heute, am Tag 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, führen wir die Vogelschiss-Debatte und Friedrich Merz hofiert die AfD. Als erster Demokrat sagt er im Prinzip: wo es mir hilft, lasse ich mich auch von Nazis unterstützen. Moralisch bankrott." Es entbehrt nicht der Ironie, dass ausgerechnet Lauterbach diesen Vorwurf erhoben hat. Schließlich erinnerte seine Lockdown-Diktatur wirklich an finstere Zeiten.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch donnerte ähnlich: „Was Merz und die Union scheinbar vorhaben, ist ein beispielloser Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland." Auch der SPD-Bundestagsabgordnete Lars Klingbeil spielt Betroffenheitskomödie: „Vor wenigen Tagen hat er noch gesagt, er werde niemals mit der rechtsextremen AfD von Alice Weidel und Björn Höcke gemeinsame Sache machen.“ Außerdem habe Merz versprochen, keinen Antrag einzubringen, der nur mit AfD-Hilfe durchkomme. Ja:

„Friedrich Merz hat sein Wort gebrochen.“

Die Co-Vorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, hingegen hält Merz für ein Opfer: „Was sollen wir der Union eigentlich noch glauben, wenn das Wort des CDU-Parteivorsitzenden nicht einmal zwei Monate gilt?“ Merz sei naiv, wenn er annehme, dass eine Prise AfD-Bashing im Antrag ausreiche, um sie von der Zustimmung abzuhalten. Wie das Narrenspiel auch ausgehen mag: Sein Image als Beschaffer einer Mainstream-Mehrheit dürfte damit erledigt sein.

Ebenso aufgeschreckt wie Politiker der Altparteien sind die linksgrünen Zeilenschinder. So jammert die Taz, Merz bediene „einefaktenfreie, alarmistische Notstandsrhetorik. Wenn die politische Mitte solche Botschaften sendet, kommen die bei Rechtsextremen oft als Ermächtigung an, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Merz spielt mit dem Feuer.“ Was die Mainstreamer besonders ängstigt: Trump macht in den USA gerade vor, dass konsequente Rückführungs- und Abschiebepolitik möglich ist. Besonders wenig Hetz-Hemmung zeigte der Polizeiverein “PolizeiGrün” auf X:

„Nie wieder ist jetzt, denn die fckafd mit ihren Faschisten und Nazis sitzt schon in den Parlamenten und Merz will gemeinsame Sache mit ihnen machen!”

Bebildert wurde der Post mit einem Foto, dass Schienen zum KZ Auschwitz-Birkenau zeigen. Nach Protesten gegen solche Instrumentalisierung des Holocausts wurde der Post gelöscht.

Besonders peinlich ist jedoch: Selbst Mitglieder aus eigenen Reihen kündigen dem CDU-Parteichef die Solidarität. Schließlich besitzt die CDU einen linken Flügel. Der ist randvoll mit Mutti-Merkel-Fans. Zu ihnen zählt der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. Der befand laut BILD-Zeitung: Es gebe keine Notwendigkeit, so kurz vor der Wahl noch Gesetzesänderungen durchzudrücken. Nur bei der FDP weiß man Merzsche Flexibilität zu goutieren. Christian Lindner erklärte lässig, es sei ihm egal, ob das Vorhaben von der AfD unterstützt werde oder nicht. Passt schon. Schließlich ist die FDP ständigen Kurswechsel gewohnt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders bizarr, dass morgen, Donnerstag, wieder ein AfD-Verbot im Bundestag debattiert werden soll...

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Juergen Nowak / shutterstock


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