Friedensdemonstrationen in Kalkar und Essen

Oktober: Friedensdemonstration gegen Nato-Militärstrategen aus Kalkar, die sich den Atomkrieg offenhalten[1].

von Bernhard Trautvetter.

Für den 10. bis 12. Oktober haben Nato-Militärs eine höchstrangige Konferenz in der Messe Essen vorgesehen:  Das Kalkarer >Joint Air Power Competence Centre [JAPCC]< lädt ein.

Die JAPCC-Jahreskonferenzen sind seit der Gründung 2005 wiederholt in den Bereich, der dem internationalen Recht entgegensteht, gegangen:

Das Thema der 2007er Jahreskonferenz “Expeditory Warfare” steht für die Kriegs-Führung ohne Kriegserklärung und damit für eine Routine des Völkerrechtsbruchs, Länder in Friedenszeiten mit ‘Operationen’ anzugreifen und dann wieder zu verschwinden – bis zur nächsten Expedition.

Passend dazu das Thema der 2008erKonferenz: “Schlachtfeld-Management”; im Staat, dessen Grundgesetz die Vorbereitung eines Angriffskrieges unter Strafe stellt, wirft das Geschehen in Kalkar neben den menschlichen zumindest auch verfassungsrechtliche Fragen auf.

Die 2012er Jahreskonferenz unter dem Thema “Kriegsführung [Warfare] im 21. Jahrhundert” ist ebenfalls schwer mit dem Friedensgebot von Völkerrecht und Grundgesetz vereinbar.

Auf ihrer 2014er-Konferenz “Future Vector” erklärten die Verantwortlichen einen großen Krieg in Europa für möglich: “The two decade long assumption that there will not be a major war in Europe is in some doubt.”[2] Übersetzung: Die zwei Jahrzehnte lang andauernde Annahme, es gäbe keinen großen Krieg in Europa mehr, ist anzuzweifeln.

Statt eine solche Katastrophe zu verhindern fordern die Militärs auf S. 70 des Kalkarer Future Vector-Manuskripts einen “angemessenen Mix konventioneller und nuklearer Kapazitäten”.

Seit 2015 finden die Konferenzen in Essen statt. Die erste Essener Konferenz hatte “Strategic Communication” zum Inhalt.

Es ging um die Manipulation der Öffentlichkeit durch Propaganda. Man kritisierte die Legitimierung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen den Irak durch die USA unter der Regierung G.W. Bush: Hätte er doch statt der Falschaussage über die Massenvernichtungsmittel Husseins auf dessen Grausamkeit gesetzt! Dann hätte sein Kriegsverbrechen mehr Zustimmung gewonnen![3]

Letztes Jahr befasste man sich in Essen mit der Operationsfähigkeit der Militärs in einer ‚degradierten Umgebung‘ – dass es dabei um Handlungsfähigkeit im Schlachtfeld geht, da, wo das Kriegsgeschehen heiß ist heißt, kann man hier sehen.

Im Oktober dieses Jahres ist die Jahreskonferenz  des JAPCC in der Messe Essen zum Thema „Abschreckung…“ geplant. Im Vorbereitungsmanuskript heißt es im Widerspruch zum Friedensgebot des Völkerrechts und der Verfassung:

Eine „unbenutzbare Waffe, nuklear oder nicht, wird niemanden abschrecken. Das ist der Grund dafür, dass…die Notwendigkeit für Nuklearstaaten besteht, Doktrinen und Pläne für ihre Anwendung zu haben.“[4] 

Das nukleare Inferno wird hier Option der Doktrin und der Pläne. Dem entsprechend ging es auch auf den bisherigen JAPCC-Konferenzen wiederholt um „Operationen“ im Nuklearkrieg.

Die Friedensbewegung protestiert gegen diese geplante Konferenz, in der wir völkerrechtswidrige Inhalte finden, u.a. durch eine Demonstration am 7.10. aus dem Bereich der Rüttenscheider Str. in Sichtweite der Messe Essen bis zum Willy Brandt-Platz, wo wir an dessen Ausspruch erinnern, “ohne Frieden ist alles nichts”.

Ich stelle der unverantwortlichen Strategie-Überlegung der Militärs, die sich damit gegen das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes und  gegen das UNO-Verbot nuklearer Militär-Potentiale stellen, auch Altpräsident Gustav Heinemanns Worte entgegen. Er sagte im Verlauf der Diskussion über die Atombewaffnung der Bundeswehr 1958 im Bundestag:

Das Völkerrecht setzt wenigstens zwei Grenzen in der Handhabung des Krieges – wörtlich weiter: „Erlaubt ist keinesfalls Gewalt gegen Nichtkombattanten… Die neuen sogenannten Waffen sind … das Ende aller Errungenschaften abendländischer Kultur. … Es ist eben die Frage, … ob irgend ein Grund die Anwendung von Massenvernichtungsmitteln rechtfertigt, Sie sagen: Aber wir wollen ja diese Massenvernichtungsmittel nur zur Abschreckung, zur Drohung! … Sie müssen dennoch letzten Endes sagen, dass Sie den Atomkrieg wollen, weil sie ihn ja wollen müssen, wenn Ihre Drohung wirksam sein soll. … Dann aber sind Sie in der Bedrängnis der Frage, ob Sie solches tun dürfen und tun können.“[5]    

Gedanken’spiele’ über den Atomkrieg – zumal in einer Zeit, in der die internationalen Spannungen die Gefährlichkeit der Kuba-Krise erinnern – widersprechen den Lebensinteressen der Menschen und stellen eine Negation der Zivilisation dar.

Da gibt es nur mit Wolfgang Borcherts Wort ein „Nein“[6] als ein „Ja“ zum Leben.

[1] https://www.japcc.org/conference/exhibit/

[2] http://www.japcc.org/wp-content/uploads/Future_Vector_II_web.pdf   S. 141

[3] https://www.japcc.org/wp-content/uploads/JAPCC_Conf_Read_Ahead_2015_web.pdf    S. 44

[4] https://www.japcc.org/wp-content/uploads/JAPCC_Conf_RA_2017_screen.pdf  S. 40, Übersetz.: B.T.

[5] Dieses Zitat habe ich aus dem Archiv des Bundestages

[6] http://www.bo-alternativ.de/borchert.htm

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

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