Ein Kommentar von Norbert Häring.
Die Europäische Zentralbank (EZB) begründet Ihre Absicht, einen digitalen Euro einzuführen, unter anderem mit dem Ziel, die Abhängigkeit des europäischen Zahlungsverkehrs von amerikanischen Anbietern zu reduzieren. Doch gleichzeitig will die Notenbank ihre Daten an amerikanische Cloud-Anbieter auslagern.
Wie das Handelsblatt am 6. Juni berichtete, gab es auf der Handelsblatt-Tagung „Zukunft IT“ deutliche Kritik an der Absicht der EZB einen Teil ihrer IT-Anwendungen in die Cloud zu verlagern und dabei auch auf Dienste großer amerikanischer Dienstleister wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google zu setzen.
Claudia Plattner, damals noch EZB-Generaldirektorin für Informationstechnik, sagte auf der Tagung, auf die amerikanischen Konzerne könne man nicht verzichten, weil die leistungsfähigsten Cloud-Anbieter aus den USA kämen.
Cloud-Dienste ist eine schönfärberische Umschreibung für ein Geschäftsmodell, bei dem Daten und Programme nicht auf eigenen Servern liegen, sondern auf den Servern fremder Firmen.
Wie das Handelsblatt schreibt, sehen europäische Datenschutzbehörden und viele Politiker die Nutzung der amerikanischen Cloud-Dienstleister kritisch. Aufgrund des CLOUD-Gesetzes haben US-Behörden Zugriff auf Daten, die auf Servern von US-Firmen liegen, auch auf solche im Ausland.
„Die letzten zwei EU-US-Datenschutzabkommen waren illegal, aktuell gibt es keines, und das nächste Abkommen wurde vom Europäischen Parlament bereits als unzureichend abgeschmettert“,
zitiert die Zeitung den FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner:
„Unter diesen Umständen die EU-Finanzdaten an US-Big-Tech-Unternehmen auszulagern, ist fahrlässig und kurzsichtig.“
Plattner aber erklärte, die Auslagerung auf US-Server sei sicher, weil die Daten unter alleiniger Kontrolle der EZB verschlüsselt würden.
Es liegt kein kleiner Widerspruch in den Plänen der EZB: Einerseits will sie den digitalen Euro erklärtermaßen auch mit dem Ziel einführen, den europäischen Zahlungsverkehr unabhängiger von US-Firmen wie Mastercard und Visa zu machen, die Daten absaugen können und bei Ausfall oder Boykott große Teile des europäischen Zahlungsverkehrs lahmlegen können.
Andererseits will sie sich gleichzeitig massiv abhängig von noch mächtigeren Firmen wie Amazon und Microsoft machen, die die Daten der EZB bekommen und bei Ausfall oder Boykott die EZB und damit die Schaltzentrale des europäischen Zahlungsverkehrs lahmlegen können.
Dass die US-Geheimdienste und ihre Zulieferer wie Palantir nicht in der Lage sein sollten, Verschlüsselungen von Daten, die ihnen wichtig sind, zu knacken, mag ich nicht glauben. Und sollte es tatsächlich nicht gelingen, sind sie mächtig genug, sich den Schlüssel zu besorgen.
Ich sehe in diesem Widerspruch eine weitere Bestätigung meiner These, dass es beim digitalen Euro in Wahrheit vor allem um Vorbereitung und Beschleunigung der Bargeldbeseitigung geht und um Intensivierung der Kontrolle über die Bürger.
Claudia Plattner hat zwischenzeitlich die EZB verlassen um neue Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu werden. Sie ist dort Nachfolgerin von Arne Schönbom, der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgrund falscher Anschuldigungen des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann zu seinen Russlandkontakten abberufen wurde. Wir dürfen also sicher sein, dass keinerlei Gefahr droht, dass unsere Bundesbehörden versuchen könnten, sich der engmaschigen US-Überwachung und -Abhängigkeit zu entziehen.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 10. Juli 2023 bei norberthaering.de
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Bildquelle: metamorworks/ shutterstock
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