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EU stagniert, andere wachsen | Von Thomas Röper

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Letzte Woche fand ein Treffen der Eurasischen Wirtschaftsunion, worüber in Deutschland praktisch nicht berichtet wurde, weil das zu den Meldungen gehört, die zeigen, wie sehr die EU auf einem selbstmörderischen Holzweg unterwegs ist.


Ein Standpunkt von Thomas Röper.

In Deutschland hat kaum jemand von der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) gehört. Das ist ein Wirtschaftsverband ehemaliger Sowjetrepubliken, der international immer mehr Aufmerksamkeit und Interesse weckt, weil er ein erfolgreiches Model einer rein wirtschaftlichen und nicht etwa politischen Zusammenarbeit ist, von der alle beteiligten Länder stark profitieren.

Letzte Woche fand in Minsk das jährliche Gipfeltreffen der EAWU statt und weil deutsche Medien das Thema de facto verschwiegen haben, übersetze ich hier einen Bericht aus dem wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens über das Treffen.

Beginn der Übersetzung:

Die militaristische Raserei treibt Europa in den wirtschaftlichen Kollaps

Die militaristische Raserei trifft unweigerlich die Wirtschaft und den Sozialbereich der Alten Welt. Dies sind nur einige Schlagzeilen aus westlichen Medien: The Economist: „Die Lage auf dem Kontinent wird immer düsterer“, Bloomberg: „IWF signalisiert Stagnation des Wirtschaftswachstums in der Eurozone“.

Das sind weitere Daten: Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete Deutschland mit 11.900 eine Rekordzahl an Unternehmensinsolvenzen, das ist der höchste Wert der letzten zehn Jahre. Und Politico schreibt schließlich: „Frankreich wird seine Ausgaben in diesem Jahr um 4,7 Milliarden Euro kürzen, da die Verschuldung einen neuen Rekordwert erreicht“.

Die Probleme mit der Migration nehmen zu. Die Europäer haben bei diesem Thema schlicht aufgegeben und wissen nicht, was sie dagegen tun sollen.

Die Weltwirtschaft und andere aktuelle internationale Angelegenheiten wurden auch auf dem Gipfel in Minsk diskutiert, wo die Staats- und Regierungschefs der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), zu der Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Russland gehören, zusammenkamen. Aus Minsk berichtet unser Korrespondent.

Die Eurasische Wirtschaftsunion feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. In dieser Zeit ist das kombinierte BIP der fünf Länder von 1,5 auf 2,6 Billionen Dollar gestiegen. Dabei wird mit 92 Prozent die überwiegende Mehrheit der gegenseitigen Zahlungsabwicklungen in Landeswährungen abgewickelt. Das bedeutet, dass es keine Abhängigkeit mehr vom Dollar gibt.

Auf dem Gipfel wurde viel über die Offenheit unserer Eurasischen Union gesprochen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Niemand zwingt irgendwem etwas auf, wie in der EU, wo widerspenstige Länder, die sich beispielsweise nicht an der Regenbogenagenda beteiligen oder Sanktionen gegen Russland nicht mitmachen wollen, einfach bestraft werden. Man will Ungarn das Stimmrecht entziehen, nur weil es sich weigert, neue anti-russische Maßnahmen umzusetzen und den Preis für Öl aus Russland auf 45 Dollar zu begrenzen.

Dafür plädierte der französische Präsident Macron diese Woche und Putin antwortete ihm auf der Pressekonferenz im Minsk: „Je mehr Sanktionen, desto schlimmer für die, die sie verhängen. Das gilt für Frankreich, das gilt für die europäische Wirtschaft insgesamt. Wie hoch ist der Gaspreis in der EU heute, über 400 Euro pro tausend Kubikmeter? Der Ölpreis ist zwar etwas gesunken, nicht nur etwas, sondern er schwankt ständig von 75 auf 65 oder 66. Und was passiert, wenn im Nahen Osten noch etwas passiert? Der weltweite Verbrauch von Öl und Ölprodukten steigt aufgrund des Wirtschaftswachstums. Dem kann man nicht entgehen. Und die Produktion steigt nur in dem Umfang, den wir im Rahmen der OPEC+ vereinbart haben, und das ist auf eine steigende Nachfrage ausgelegt, insbesondere im Sommer. Schauen Sie, ich sehe hier nichts, was der europäischen Wirtschaft nützen würde.“

Gerade weil die ganze Welt gesehen hat, wie die westlichen Sanktionen wirken und wie die russische Wirtschaft ihnen zum Trotz wächst, und die Volkswirtschaften von Russlands Partnerländer wachsen, streben immer mehr Länder aus verschiedenen Regionen der Welt einen Beitritt zur EAWU an, wie Putin auch sagte: „Wir hatten im vergangenen Jahr ein Wirtschaftswachstum von 4,3 Prozent, im Jahr davor von 4,1 Prozent. Dieses Jahr wird es deutlich moderater ausfallen, um die Inflation zu bekämpfen. Aber wir gehen zielgerichtet vor. In der Eurozone liegt das Wachstum bei 0,9 Prozent. In den führenden Volkswirtschaften und Industriezentren Europas, in Deutschland und Frankreich, stehen alle am Rande der Rezession.“

Myanmar und Nicaragua haben Beobachterstatus in der Eurasischen Wirtschaftsunion beantragt und sind zu diesem Zweck nach Minsk gekommen. Die Mongolei und die Vereinigten Arabischen Emirate haben Freihandelsabkommen unterzeichnet. Russische Waren werden zollfrei in die Emirate geliefert, Putin traf bei dem Gipfel den Kronprinzen von Abu Dhabi. Die Volkswirtschaften der EAWU-Länder wachsen fünfmal so schnell wie der EU.

Auf der Plenarsitzung sprach der weißrussische Präsident über die Bedeutung der Bewahrung des sowjetischen Erbes: „Wir dürfen den Binnenmarkt, den wir geerbt haben und der noch aus der Sowjetunion stammt, nicht verlieren. Unsere heutige Produktion ist Hightech. Und wir dürfen nicht nach anderen schauen. Niemand wartet irgendwo auf uns.“

Und in Weißrussland sind viele sowjetische Marken lebendig und erfolgreich. Der Veranstaltungsort des Gipfels ist nicht zu übersehen. Dort befindet sich eines der wichtigsten Aushängeschilder des Gastgeberlandes Weißrussland: der BelAZ 75710, der größte Steinbruchmuldenkipper der Welt.

Der Laster steht im Guinness-Buch der Rekorde und wiegt 360 Tonnen. Er wurde zerlegt angeliefert und vor Ort zusammengebaut. Alle Gäste machten Fotos mit dem Muldenkipper und besichtigten die übrigen Exponate: Landmaschinen, Waffensysteme, Flugzeuge und Autos. All dies wird mittlerweile stolz als „Made in Belarus“ gekennzeichnet.

Am Freitag fand das Treffen in Lukaschenkos Residenz statt, neben der die größte Flagge des Landes weht. Erneut begrüßte der weißrussische Präsident jeden Gast. Anschließend gab es zwei separate Fototermine. Zunächst nur mit den EAWU-Mitgliedsländern, dann mit den Gästen, Beobachtern und Partnern: den Präsidenten Kubas, Usbekistans, dem Prinzen der Vereinigten Arabischen Emirate und dem stellvertretenden Premierminister der Mongolei. Sie alle waren zur Sitzung des Obersten Rates im erweiterten Format eingeladen.

Der Präsident des Iran, ein Beobachterstaat, der aufgrund der bekannten Ereignisse im Nahen Osten nicht teilnehmen konnte, sandte eine Videobotschaft.

Als noch keiner der Staats- und Regierungschefs im Saal eingetroffen war, war der armenische Premierminister Nikol Paschinjan bereits auf zwei Dutzend Bildschirmen zu sehen. Er wartete darauf, per Videokonferenz an dem Gespräch teilzunehmen.

Paschinjan erschien ohne Angabe von Gründen nicht. Gleichzeitig strebt Armenien offen in Richtung EU; das Parlament hatfür ein Gesetz gestimmt, das den Kurs auf einen EU-Beitritt proklamiert.

Das Verhalten Armeniens kommentierte der russische Vizepremier Alexej Overtschuk wie folgt: „Wir verstehen, dass es für Armenien unmöglich ist, gleichzeitig der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Europäischen Union anzugehören. Waren, die unseren Anforderungen nicht entsprechen, können in den Binnenmarkt der Eurasischen Wirtschaftsunion gelangen. Ich werde einen Brief an meinen Kollegen Gera Gerbertowitsch schreiben, in dem ich darlege, dass diese Maßnahmen unserer Meinung nach den Normen der Eurasischen Wirtschaftsunion widersprechen.“

Die EAWU hat Freihandelsabkommen mit Vietnam, Singapur, Serbien, dem Iran, Usbekistan, der Mongolei und den Emiraten, und Indonesien bereitet die Unterzeichnung solchen Abkommens vor. Das bedeutet freien Warenverkehr.

Doch die EU lässt niemanden auf ihren Markt. Sie kann sogar ein wirtschaftliche Assoziationsabkommen mit einem Land abschließen und dessen Produkte trotzdem nicht auf ihren Markt lassen. So war es im Fall der Ukraine. Der EU kann man schon lange nicht mehr vertrauen, wie auch Putin sagte:

„Ein erheblicher Teil unserer russischen Gold- und Devisenreserven ist in westlichen Banken eingefroren. Und sie behaupten ständig, unser Geld stehlen zu wollen. Sobald das geschieht, wird sich die Regionalisierung der Zahlungssysteme mit Sicherheit beschleunigen und unumkehrbar werden. Und das ist grundsätzlich gut für die Weltwirtschaft. Vielleicht lohnt es sich, dafür zu bezahlen. Übrigens, ich denke gerade – schließlich habe ich eine juristische Ausbildung –, dass ich ich vom ‚Diebstahl unserer Gold- und Devisenreserven‘ gesprochen habe. Diebstahl ist ein heimlicher Vorgang. Aber das passiert offen. Das ist Raub.“

Minsk hat in diesen Tagen Delegierte aus mehr als 30 Ländern empfangen. Wladimir Putin zeigte sich gesprächsbereit, denn als er nach einem möglichen Treffen mit Donald Trump gefragt wurde, antwortete er:

„Ich habe großen Respekt vor dem amtierenden US-Präsidenten Er hat einen sehr schwierigen, komplexen und unsicheren Weg zurück an die Macht und ins Weiße Haus beschritten. Wir alle wissen das, wenn man nur bedenkt, dass er ein Attentat und mehrere Mordanschläge überlebt hat. Er ist ein mutiger Mann, das ist klar. Ich glaube, Präsident Trump bemüht sich ernsthaft um eine Lösung des Ukraine-Problems. Ich glaube, er selbst sagte kürzlich, es sei schwieriger, als es von außen betrachtet schien. Genau wie im Nahen Osten, denke ich. Das wirkliche Leben ist immer komplizierter als die Vorstellung davon. Ich bin immer offen für Kontakte und Treffen, und ich weiß, dass auch Herr Trump über die Möglichkeit von Treffen gesprochen hat. Ich bin wie er der Meinung, dass solche Treffen vorbereitet werden müssen. Und basierend auf den Ergebnissen sollten wir bei der Zusammenarbeit neue Grenzen erreichen.“

Diese Worte wurden umgehend von allen weltweiten Medien zitiert und Trump reagierte darauf, indem er die an ihn gerichteten Aussagen als angenehm bezeichnete.

Ende der Übersetzung


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Dieser Beitrag erschien zuerst am 30. Juni 2025 auf anti-spiegel.ru.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Asatur Yesayants/ shutterstock


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