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Erzwungene Endzeit | Von Felix Feistel

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Ein Standpunkt von Felix Feistel.

Viele Ereignisse auf der Weltbühne scheinen überhaupt keinen Sinn zu ergeben. Die unzähligen Kriege, obwohl alle Seiten stets versichern, sie wollen Frieden oder die Migrationsbewegungen gen Europa und Nordamerika, die in keinem Verhältnis zu dem stehen, was diese Länder anzubieten haben, und die zudem von politischen Akteuren teils massiv erzwungen werden. Das beste Beispiel für scheinbar kopflose Politik bietet das Vorgehen der israelischen Regierung in Vorderasien. Seit nun beinahe zwei Jahren führt der Staat Israel einen Krieg nicht nur gegen die Hamas – deren groß angelegten Angriff auf das israelische Staatsgebiet die Regierung bewusst zuließ, um einen Vorwand für den Krieg zu haben – sondern dieser Krieg, der hier im Westen noch immer als solcher verharmlost wird, ist längst übergegangen in einen Völkermord an der gesamten palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, aber auch dem Westjordanland.

Vor den Augen der Weltöffentlichkeit wird insbesondere der gesamte Gazastreifen in Schutt und Asche gebombt, werden die Menschen vertrieben und ausgehungert. Lebensmittellieferungen sind lediglich Fallen, um die Bedürftigen anzulocken und sie unter Beschuss zu nehmen. Längst ist von einer Auslöschung der Palästinenser, oder aber von einer Vertreibung die Rede. Sie sollen in andere, arabische Länder umgesiedelt werden, und ihnen wird keine Wahl gelassen, da ihnen im Gazastreifen nichts droht, als der Tod durch Hunger, Krankheit, Bomben- und Kugelhagel. Immer wieder verkündet Benjamin Netanjahu neue Militärinterventionen in verschiedenen Bereichen des Gazastreifens, und lässt damit die Bevölkerung von einem Ort zum nächsten flüchten, ohne, dass sie jemals zur Ruhe kommen.

All das findet vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt. Das Internet ist voll von Bildern und Videos, die das ganze Elend der Palästinenser zeigen. Außerhalb des Westens findet man diese auch in der offiziellen Berichterstattung. Und bis auf besonders engstirnige Teile des Westen und den mit ihm verbündeten Staaten nimmt diese Weltöffentlichkeit den Völkermord zur Kenntnis. Südafrika hat bereits eine Klage beim Internationalen Gerichtshof eingereicht, der sich andere Staaten angeschlossen haben. Doch damit nicht genug. Über den Völkermord hinaus erzwingen israelische Siedler im Westjordanland nicht nur die Vertreibung der dort ansässigen Palästinenser. Die israelische Intervention erstreckt sich weit darüber hinaus.

So hat das Militär des Landes innerhalb dieser zwei Jahre Angriffe auf den Libanon, den Jemen, Syrien, den Iran, Katar, und noch einige weitere Länder verübt. Ein kurzer Raketen-und Drohnenkrieg gegen den Iran hat Israel nahe an die Grenze des Zusammenbruchs befördert, und konnte nur durch die Intervention Donald Trumps vorerst beendet werden. Eine solche Ausweitung des Krieges ergibt eigentlich keinen Sinn. Das kleine Israel mit seinen etwa 7 Millionen Einwohnern ist kaum in der Lage, sich gegen so viele Länder gleichzeitig zu verteidigen. Immer wieder riskiert die Regierung aber, andere Staaten in diesen Krieg zu verwickeln. Zusätzlich sabotiert die Regierung immer wieder Verhandlungen mit der Hamas-Führung, die ein Ende des Konfliktes herbeiführen sollen.

Doch Israel und seine Regierung wollen keinen Frieden. Schon lange plant das Regime ein Groß-Israel zu etablieren, einen Staat, der sich nicht nur auf ganz Palästina, sondern auch Teile Syriens, des Libanons, Ägyptens, Iraks, Jordaniens und Iraks erstreckt – und damit eine riesige Landfläche abdeckt. Ein Vorhaben, das voll und ganz im Widerspruch zum etablierten Völkerrecht steht, das der Westen gerne als Monstranz vor sich her trägt. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass die betroffenen Länder und der kollektive Westen Israel nicht entschlossener in die Schranken weisen. Hinzu kommt, dass das Netanjahu-Regime diesen Krieg für sein eigenes, politisches Überleben benötigt. Denn gegen Netanjahu wird aufgrund verschiedener Delikte, etwa Korruption, ermittelt. Endet der Krieg ist ein Regierungswechsel wahrscheinlich und Netanjahu wird für viele Jahre im Gefängnis verschwinden.

Doch all das genügt noch immer nicht als Erklärung. Denn selbst wenn all dies zutrifft, so könnte Israel seine Kriege etwas dezenter führen, und seine Verbrechen nicht der Weltöffentlichkeit präsentieren. Journalisten in Gaza zu töten, Menschen auszuhungern, die Hamas-Führung in Katar zu bombardieren ist aus PR-technischen und diplomatischen Gründen wenig vorteilhaft. Und auch wenn die Verhandlungen mit der Hamas sabotiert werden sollen, so wäre es dafür nicht notwendig, ganz offenkundige Luftschläge gegen die Führung auszuführen, von denen jeder weiß, wer ihr Urheber ist. Geheime Aktionen wären sinnvoller, etwa geheime Anschläge mit Sprengsätzen oder Gift. Noch einfacher wäre es, sich gar nicht erst auf Verhandlungen einzulassen. Doch die Verhandlungen werden öffentlichkeitswirksam sabotiert, die Hamas-Führer ebenso öffentlich angegriffen, wie jene der Hisbollah oder der Huthis.

Um diese Ereignisse näher zu verstehen, muss man eine Komponente mit einbeziehen, die hier im Westen wenig berücksichtigt wird, aber zumindest eine Teilerklärung für das radikale und rücksichtslose Vorgehen des Regimes darstellt. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass ein Teil der Regierung Netanjahu gestellt wird von fanatischen Zionisten. Netanjahu selbst gehört zu diesen, doch es gibt noch extremere Vertreter. Dabei handelt es sich nicht um religiöse Juden als solche. Tatsächlich hat der Zionismus mit der Religion in spiritueller Hinsicht gar nichts zu tun, sondern leitet sich hauptsächlich von einer Endzeitlehre ab, die das jüdische Volk als auserwähltes Volk betrachtet, und diesem in einer letzten Schlacht den Sieg verspricht, der den Einzug in das gelobte Land verheißt. Es ist also ein Konflikt, der direkt der Eschatologie einer extremistischen, zionistischen Ideologie verbunden mit Endzeitprophezeiungen entspringt. (1) (2)

Diese Eschatologie sieht also eine große Endschlacht vor, die das auserwählte Volk Israels gegen die finsteren, satanischen Mächte führt. Die Manifestation dieser satanischen Mächte sind in dieser Vorstellung die Muslime in der Region, insbesondere der Iran als staatliche Entität. Die Muslime, so die Vorstellung, würden sich vor der Endzeit vereinen, um gegen das Volk Israel zu kämpfen. In dieser Schlacht solle dann, wenn der Untergang Israels bereits nahe ist, Gott persönlich auf der Seite Israels eingreifen, die finsteren Mächte vernichten und das biblische Israel wieder auferstehen lassen. Gleichzeitig findet eine Entrückung aller Christen direkt in das Himmelreich statt. Auf der Erde solle dann ein Zeitalter des Friedens eintreten. Es ist also aus der Perspektive gar nicht ganz falsch, wenn die Verantwortlichen betonen, ihnen sei an Frieden gelegen. Was sie vergessen zu erwähnen ist, dass dabei aus ihrer Sicht erst einmal ein großer Krieg vonnöten ist. Es ist sozusagen der „Krieg um alle Kriege zu beenden“ im Kontext einer zionistischen Ideologie.

Um diese Endzeitschlacht herbeizuführen sind allerdings eine Reihe von Schritten notwendig. Einerseits muss der dritte Tempel erbaut werden. Dieser Tempel, dessen Vorgänger genau an jener Stelle standen, auf dem heute die Al-Aqsa-Moschee, eines der wichtigsten Heiligtümer des Islam, steht, muss an eben jener Stelle wieder aufgebaut werden. Dazu muss die Moschee jedoch zerstört werden. Konsequenterweise gibt es immer wieder Angriffe auf die Moschee, die darauf abzielen, die gläubigen Muslime zu vertreiben. Wir erinnern uns, dass der Angriff der Hamas auf Israel unter dem Titel „Al-Aqsa-Flut“ durchgeführt wurde. Denn dem Angriff voraus gingen Angriffe auf gläubige Muslime in und bei der Moschee, sowie Bestrebungen des Regimes, die Muslime weiter zu vertreiben.

Für die Errichtung des dritten Tempels ist die Zerstörung der Moschee notwendig, was für die muslimische Welt ein schreckliches Verbrechen darstellen würde. Dieser Akt soll die muslimische Welt vereinen und gegen Israel aufbringen, sodass ein großer Krieg entsteht. Besonders relevant in dieser Ideologie ist ein Krieg gegen den Iran. In diesen sollen auch die USA mit verwickelt werden, wobei der Krieg durch sie nicht gewonnen werden kann. Im Ergebnis beschleunigt er den Zerfall des US-Imperiums und den Abzug des US-amerikanischen Militärs aus der Region. Die zurückgelassenen Militärbasen können dann von Israel übernommen werden.

Was jedoch ebenso wichtig ist, das ist die Vereinigung des israelischen Volkes, also aller Juden in einem Staat und unter einer Regierung. Nur ein kleiner Teil des jüdischen Volkes lebt in Israel, die überwiegende Mehrheit ist in der Diaspora über die Welt verstreut. Diese Diaspora muss nach Israel zurückgeholt werden. Und das wirksamste Mittel dafür ist der Antisemitismus. Wachsender Antisemitismus und Übergriffe gegen Juden überall auf der Welt sollen dazu führen, dass die Juden sich in den propagierten Schutzraum Israel begeben, um sich dort hinter ihrer Regierung zu vereinen. Zudem soll sich ein großer Teil der Welt über die muslimische Welt hinaus gegen Israel stellen und den Staat isolieren. Das ist die Erklärung dafür, dass all diese barbarischen Akte des Völkermordes und der Kriegsverbrechen im Lichte der globalen Öffentlichkeit stattfinden. Sie sollen die Abneigung gegen Israel bewusst schüren, diese auf das Judentum an sich übertragen, und damit Antisemitismus ebenso schüren wie politische Maßnahmen gegen den Staat. Das ist auch die Erklärung dafür, dass die israelische Regierung jeden Anlass nutzt, um diese Spaltung zu verschärfen. Die Ideologie sieht vor, dass sich in der Endzeit die Welt gegen das jüdische Volk stellt. Und genau das scheint auch zu geschehen. Denn mittlerweile werden sogar im sonst so israel-freundlichen Westen Stimmen laut, die nicht nur Palästina als eigenen Staat anerkennen, sondern auch Sanktionen gegen Israel fordern.

Überzeugte Juden lehnen diese Endzeitlehre allerdings rundheraus ab. Denn die praktische Umsetzung dieser Eschatologie bedeutet, durch das Schüren von Konflikten, die Zerstörung der Al-Aqsa-Moschee und die fortwährenden Kriege und Völkermorde ein göttliches Eingreifen förmlich zu erzwingen. Doch ein Mensch kann göttliches Handeln nicht erzwingen. Eine solche Vorstellung ist Blasphemie in den Augen derjenigen, die ihre Religion ernst nehmen, und so sind orthodoxe Juden diejenigen, die dieser Ideologie auch innerhalb Israels widersprechen.

Auch Trump spielt in dieser Vorstellung eine Rolle. Er ist eine Art Messias, aber nicht der letztendliche Messias, sondern nur derjenige Messias, der den richtigen Messias ankündigt. Ihm wird eine tragende Rolle bei der Entfesslung der Endzeit zugesprochen. Er war es daher auch, der die US-amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegte, und damit diese Stadt als Hauptstadt Israels anerkannte. Er arbeitet eng mit Netanjahu zusammen, trifft ihn immer wieder und stellt sich stramm an die Seite Israels. Das mag verwunderlich erscheinen, wenn man bedenkt, dass die Eschatologie des Zionismus den Untergang des US-amerikanischen Imperiums vorsieht.

Doch es wird verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es auch in radikal christlichen Kreisen hauptsächlich aber nicht ausschließlich in den USA eine Eschatologie gibt, die nicht nur komplementär zu der des Zionismus ist, sondern diesen gerade hervorgebracht hat. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Entrückung der Christen in das Himmelreich bei der Wiederkehr Gottes, hier in Form von Jesus Christus während der Endzeit. Auch für diese radikalen Kreise ist daher ein Wiedererstarken Israels sowie die letzte Schlacht gegen den Islam von entscheidender Bedeutung, da sie die Rückkehr von Christus und die Auffahrt der Christen in den Himmel zur Folge haben. Diese Ideologie sieht dabei vor, dass die Überlebenden Juden bei der Wiederkehr Christus’ augenblicklich zum Christentum konvertiert. Damit ist es eine Ideologie, die eine ganze Religionsgemeinschaft als Werkzeug missbraucht. Es handelt sich hierbei um einen christlichen Zionismus, dessen Vertreter zu den wichtigsten Unterstützern Donald Trumps gehören. Tatsächlich ist diese extremistische, christliche Lehre der Urheber des jüdischen Zionismus. Denn letzterer ist, ebenso wie der Staat Israel, ein Produkt des westlichen, insbesondere des britischen und US-amerikanischen Imperialismus. Damit ist Israel nicht allein ein kolonialistisches, imperiales Projekt, das den USA eine Militärbasis im nahen Osten eröffnet, um von dort aus die Region zu beherrschen, es geht um viel mehr. Israel ist für manche Akteure der Auslöser für die Endzeit, und ist auch bewusst als solcher installiert worden.

Dass dieses Israel mit dem historischen, biblischen Volk Israel synonym ist und dessen Wiederkehr darstellt, ist jedoch nicht viel mehr als die Überzeugung der beteiligten Akteure. Nur, weil diesem Landstrich derselbe Name gegeben wurde, und zufällig auch – aber nicht ausschließlich – Juden sich dort aufhalten macht es diesen Staat nicht zur Erfüllung einer biblischen Prophezeiung.

Doch es drängt sich die Frage auf, warum andere politische Akteure der USA diesen Prozess mitmachen. Nicht alle sind überzeugte Zionisten und glauben an diese Endzeitprophezeiung. Doch es ist gut möglich, dass lange nicht alle überhaupt in diese Idee eingeweiht sind. Wie in Europa auch sind viele politische Eliten in den USA schlichtweg ignorant gegenüber diesen Ideologien und verstehen die eigentlichen Ziele nicht. Hinzu kommt, dass die durch die zionistische Propaganda so indoktriniert sind, dass sie einfach glauben, das jüdische Volk vor der Auslöschung beschützen, und dieses bei ihrer Selbstverteidigung unterstützen zu müssen. Doch es gibt noch einen weiteren Faktor, der wenig mit Propaganda und Ideologie zu tun hat: Das Alter der Politiker. Diese gehören einer Generation an, die einen großen Teil des Reichtums auf sich vereinen konnte, und nicht weiter denkt, als an die Bewahrung des eigenen Lebensstandards. Ob das US-amerikanische Imperium nach ihrem Ableben untergeht, ist ihnen schlichtweg egal. Derzeit setzen sie einfach alles daran, ihre Macht und ihren Reichtum zu erhalten, und der Weg, über den es ihnen in den vergangenen Jahrzehnten seit Ende des Zweiten Weltkrieges gelungen ist, diese überhaupt zu erlangen, sind fortwährende Kriege, die den militärisch-industriellen Komplex gefüttert, und sie selbst reich gemacht haben. Dieses Rezept wenden sie also auch jetzt wieder an in der Annahme, es tauge weiterhin zur Bewahrung von Reichtum und Macht. Letztlich führt es aber zur Überdehnung des Imperiums und zu dessen Untergang. Die gigantische Schuldenlast der USA ist nur ein Hinweis auf dieses nahende Ende.

Ein weiterer Hinweis ist der Widerstand, den Russland den Interessen der NATO in der Ukraine entgegensetzt. Tatsächlich hat Russland nicht nur die Ukraine faktisch bereits besiegt, sondern darüber hinaus auch die NATO-Staaten zu großen Teilen entwaffnet und die EU in einen ökonomischen Kollaps geschickt – beziehungsweise diesen hat die EU ihren Sanktionen zu verdanken – den dieses Konstrukt wohl kaum überleben wird. NATO und EU sind im Begriff, auseinanderzubrechen und die verwickelten Staaten dabei, in den Kollaps zu rutschen. Zivile Unruhen, Wahlmanipulationen und eine Entwicklung hin zum Totalitären sind kaum zu übersehende Anzeichen dafür.

Dabei gibt es auch in der orthodoxen Religion Vertreter einer Eschatologie, einer Endzeitlehre, die sich genau in diesem Wirken ausdrückt. Dieser Lehre zufolge ist Moskau das dritte Rom – nach der Stadt Rom und Konstantinopel – und damit der Vertreter Gottes auf Erden. In dieser Sichtweise gilt der russische Präsident Wladimir Putin als eine Art Messias, eine göttliche Kraft, welche die orthodoxe Welt vereinen, den Satan besiegen, und damit Frieden auf Erden herstellen soll. (3) Diese Prophezeiung sieht vor, dass die Endschlacht zwischen Russland und dem Westen um Odessa herum stattfindet. Hier trifft Russland direkt auf die NATO, soll diese aber besiegen, was die Ukraine vollkommen vom schwarzen Meer abschneidet. Interessant ist, dass der Westen aktuell alles daran setzt, Moldawien, das nicht weit entfernt von Odessa an die Ukraine grenzt, in die westliche Einflusssphäre zu ziehen, die abtrünnige Region Transnistrien, die unter russischem Schutz steht, und in der russische Soldaten ebenso stationiert sind, wie große Munitionsdepots, zu zerschlagen, um das ganze Moldawien wahlweise in die EU zu überführen, oder zu einem Teil Rumäniens zu machen, womit es ebenfalls EU-Staat würde.

Auch Rumänien liegt nämlich in dieser Region und beherbergt die größte NATO-Basis am schwarzen Meer. Hier wurden die Wahlen im vergangenen und diesem Jahr durch Wahleinmischung von außen so manipuliert, dass der NATO-kritische Kandidat Georgescu nicht an die Macht gelangen konnte. Auch in Moldawien findet derzeit aktive Wahleinmischung durch die EU statt. (4) (5) Die ganze Region rund um Odessa wird vom Westen offenbar als eine wichtige Schlüsselregion betrachtet. Hier laufen möglicherweise schon Vorbereitungen für diese kommende Endschlacht. Nachdem die NATO, so die Prophezeiung, diese verloren hat, wird ein Krieg zwischen Russland und der Türkei ausgelöst. Dabei muss Russland diesen Krieg nicht gewinnen. Es genügt, ihn zu beginnen. Denn der Krieg soll, so die Vorstellung, die Türkei destabilisieren und auf diese Weise die Übernahme durch Russland ermöglichen. Russland gibt dann Konstantinopel, das heute Istanbul heißt, an die Griechen zurück, sodass es wieder das Zentrum der orthodoxen Gemeinde werden kann.

Die Türkei unter Erdogan verfolgt derzeit eine wackelige Balance zwischen der NATO und Russland. Zwar gehört die Türkei zur NATO, hat sich aber nicht auf Sanktionen gegen Russland eingelassen und arbeitet weiter mit dem Land zusammen. Auch innerlich ist das Land kaum befriedet, man denke nur an den schwelenden Konflikt mit den Kurden, den die Türkei auch in Syrien ausficht. Erdogan gelingt es derzeit sehr gut, das Land zusammenzuhalten und einen Kurs zu verfolgen, der auch außenpolitisch verschiedene Interessen ausbalanciert. Doch was passiert, wenn Erdogan irgendwann das Amt aufgeben muss, ist sehr ungewiss. Von daher ist die Erfüllung der Prophezeiung zumindest im Bereich des Möglichen.

Die orthodoxe Eschatologie sieht zudem vor, dass Russland Eurasien wieder vereint, und damit auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Moskau und Berlin. Diese wird seit über einem Jahrhundert vom angloamerikanischen Imperium sabotiert. Die Heartland-Doktrin des geostrategischen Vordenkers MacKinder sieht vor, Russland und Deutschland voneinander zu trennen, und bis heute ist dies durch zwei Weltkriege, den Kalten Krieg, die Teilung Deutschlands und den neuen Kalten Krieg sehr gut gelungen. Deutschland und Russland sind sich heute nicht näher, als vor einhundert Jahren. Putin hingegen hat Westeuropa und insbesondere Deutschland immer die Hand ausgestreckt. Er hat im deutschen Bundestag auf deutsch und auf der Münchener Sicherheitskonferenz zu den westlichen Regierungsvertretern gesprochen, und dabei stets betont, einen gemeinsamen Raum von Lissabon bis Wladiwostok aufbauen zu wollen.

Auch sieht die orthodoxe Eschatologie vor, dass Moskau und Teheran sich miteinander verbünden – sie spielt also auch eine Rolle bei der muslimischen Eschatologie, wie sie im Iran zumindest von manchen geglaubt wird, und die lediglich die Umkehrung des Zionismus ist. Moskau ist seit Jahrzehnten ein Verbündeter des Iran und setzt einiges daran, diesen Staat aufrechtzuerhalten. Passenderweise wird die Achse Moskau-Teheran derzeit im Kaukasus hintertrieben. Hier haben sich Armenien und Aserbaidschan auf einen Friedensvertrag geeinigt – mutmaßlich auf westliche Vermittlung hin, da Armenien sich schon seit einiger Zeit dem Westen zuwendet. Dieser Frieden sieht vor, Aserbaidschan mit seiner Exklave Nachitschewan durch eine Trump-Korridor genannte Landverbindung ganz im Süden Armeniens miteinander zu verbinden. Dieser Korridor würde jedoch unter Verwaltung der USA stehen und schneidet damit den Iran, der südlich an Armenien grenzt, von Russland ab – und unterbricht damit auch die Landverbindung zwischen Moskau und Teheran, die unter Anderem durch eine transkaukasische Zugverbindung bereits in der Sowjetunion geplant wurde. (6)

Auch befinden sich Aserbaidschan und Russland in einem unausgesprochenen Konflikt miteinander. (7) Das ist verwunderlich, weil Aserbaidschan und Russland eigentlich seit langer Zeit Verbündete sind. Moskau hat nichts getan, um diesen Konflikt mit Baku zu provozieren. Allerdings hat die EU bereits 2022 beschlossen, zukünftig große Mengen Erdgases aus Aserbaidschan zu beziehen, und russisches Gas zu ersetzen, und die EU hat auch immer wieder Charmeoffensiven gegenüber Baku unternommen. Hier wird also aktiv ein Keil zwischen Russland und den Iran getrieben. Aserbaidschan steht zudem eng an der Seite der Türkei – und ist damit ein Verbündeter des Staates, gegen den Russland der Prophezeiung nach in den Krieg ziehen wird.

Überraschenderweise sieht die orthodoxe Endzeitlehre auch vor, dass Russland und China sich gegeneinander wenden. Denn China ist nicht nur absolut kein christliches Land, sondern zudem viel zu abhängig von Exporten in den Westen. China kann sich gar nicht vom Westen unabhängig machen, da es viel zu sehr auf den Export von Gütern dorthin angewiesen ist. Russland kann die schiere Menge dieser Exporte gar nicht aufnehmen. Derzeit ist von einer Spaltung zwischen China und Russland zumindest offiziell nichts zu merken. Im Gegenteil, die Präsidenten beider Länder betonen immer wieder, dass sich beide Staaten auf dem Höhepunkt der Freundschaft befinden. Hier ist also noch nichts von der Erfüllung dieser Endzeitprophezeiung zu erkennen – zumindest offiziell. Dennoch ist auch Wladimir Putin in seinem Handeln vom orthodoxen Glauben geprägt, wie man immer wieder merken kann. (8) Wie sehr er dabei die orthodoxe Eschatologie vertritt und ob er sich auch selbst als eine Art Messias sieht, ist allerdings schwer zu sagen.

Ein ganz anderer Aspekt ist die katholische Endzeitlehre, die ebenfalls eine Rolle spielt. In der katholischen Vorstellung ist das große Zeitalter bereits angebrochen – denn die katholische Kirche als Institution ist bereits gegründet. Sie steht über der Geschichte und über der Welt und gilt als ewige Institution, die bereits das Jahrtausendreich Gottes errichtet hat. Ihre Vorherrschaft ist seit über einem Jahrtausend ungebrochen – auch heute noch ist sie auf dem größten Teil der Welt präsent. Von einem Zusammenbruch der westlichen Welt und des US-Imperiums würde sie möglicherweise am meisten profitieren. Denn sie verfügt über Netzwerke überall und hat ihr Personal in allen Ländern in Stellung gebracht. Durch den Niedergang des Westens könnte sie sich als neue Instanz etablieren, die nicht nur eine moralische Ausrichtung gibt, sondern auch politische Macht übernehmen könnte. Sie ist einfach schon überall. Im Westen findet zudem gerade eine Rückkehr zum Glauben statt. Gerade in den USA konvertieren viele – auch junge – Menschen zum Katholizismus. (9) Zudem ist der derzeitige Papst ein US-Amerikaner. Das kann Zufall sein – muss es aber nicht.

Ebenfalls ist in diesem Kontext die gigantische Migration in die USA relevant. Denn die Menschen, die dort einwandern, kommen zu einem großen Teil aus den streng katholischen Ländern Südamerikas – und sind selber streng katholisch. Sie stellen damit einen Machtfaktor der katholischen Kirche dar und destabilisieren die USA.

Dass es diese Endzeitlehren auf allen Seiten gibt, ist unbestritten. Die Frage ist nur, inwiefern sie das Handeln der politischen Akteure tatsächlich bestimmen. Für Israel und den Iran ist es ziemlich evident, dass sie zumindest zum Teil Motivation für das Vorgehen der Regierungen sind. Daher sind auch beide Seiten fest entschlossen, einen Krieg gegeneinander zu führen. Er ist in beiden Endzeitlehren so vorgesehen. Auch in Bezug auf die katholische und die orthodoxe Eschatologie gibt es Anzeichen, die darauf hindeuten, dass sie das Weltgeschehen zumindest zum Teil beeinflussen. Teile der Prophezeiungen scheinen sich zu bewahrheiten, andere Teile lassen noch auf sich warten.

Dabei wird der Eintritt dieser Prophezeiungen zum Teil aber eher erzwungen, als dass sie sich natürlich entfalten – was aber wiederum auch innerhalb der prophetischen Ideologie sinnvoll sein kann. Die Akteure nutzen diese heiligen Schriften entnommenen, symbolhaften Erzählungen und übertragen sie in wörtlicher Auslegung auf die materielle Welt, um sie in eine greifbare Wirklichkeit zu zwingen. Damit zerstören sie ihren eigentlichen Wert als universelle Erzählungen, die überall und in allen Situationen zu einer Deutung inspirieren, und erzwingen eine einseitige Deutung, die allen Menschen gleichermaßen aufgezwungen wird. Es handelt sich um die direkte Übertragung archetypischer Erzählungen, die tiefere Wahrheiten zum Ausdruck bringen sollen, auf die materielle Welt – wodurch die Erzählungen falsch werden. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass sich die Prophezeiungen so ereignen wie vorgesehen. Tatsächlich ist das bei den vielen, sich zum Teil widersprechenden Prophezeiungen, die sich gegenüberstehen, schon nicht möglich. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht dennoch das Handeln der politischen und ökonomischen Mächte bestimmen.

Diese Dimension jedoch wird bei der Berichterstattung und der Analyse, auch in der freien Medienlandschaft, nicht mit berücksichtigt. Hier beschränkt man sich immer noch zu sehr auf geopolitische und nationale Aspekte, die jedoch immer weniger zu erklären vermögen, warum einzelne Akteure handeln, wie sie es tun. Die verschiedenen Vorstellungen von der kommenden Endzeit hingegen erklärt vieles, das auf den ersten, geopolitischen Blick hin keinen Sinn zu ergeben scheint. Für ein umfängliches Verständnis der Ereignisse ist die Berücksichtigung dieser Ideologien daher unerlässlich.

Quellen und Anmerkungen

Felix Feistel, Jahrgang 1992, studierte Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Völker- und Europarecht. Schon während seines Studiums war er als Journalist tätig; seit seinem Staatsexamen arbeitet er hauptberuflich als freier Journalist und Autor. So schreibt er für manova.news, apolut.net, die [freie Medienakademie](https://www.freie-medienakademie.de/columns/2) sowie auf seinem eigenen Telegram-Kanal. Eine Ausbildung zum Traumatherapeuten nach der Identitätsorientierten Psychotraumatheorie und -therapie (IoPT), erweiterte sein Verständnis von den Hintergründen der Geschehnisse auf der Welt.

(1) https://www.youtube.com/watch?v=DsbEMlmDYrQ

(2) https://www.youtube.com/watch?v=YQ-xg1nIbMs

(3) https://www.youtube.com/watch?v=ZgvAHZqaawA

(4) https://anti-spiegel.ru/2025/die-vorbereitete-wahlfaelschung/

(5) https://anti-spiegel.ru/2025/die-vorbereitungen-fuer-die-manipulation-der-wahlen-in-moldawien-laufen-auf-hochtouren/

(6) https://anti-spiegel.ru/2025/was-das-abkommen-zwischen-armenien-und-aserbaidschan-fuer-den-iran-bedeutet/

(7) https://anti-spiegel.ru/2025/eskaliert-hinter-den-kulissen-der-konflikt-zwischen-russland-und-aserbaidschan/

(8) https://www.theosthinktank.co.uk/comment/2022/02/16/essay-on-vladimir-putin

(9) https://www.youtube.com/watch?v=Su1pWqZFqWI

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: Sanduhr
Bildquelle: zef art / shutterstock


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