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Ende einer Männerfreundschaft | Von Hermann Ploppa

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Standpunkte 20250607 apolut
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Die einstigen Verbündeten Donald Trump und Elon Musk drohen sich jetzt gegenseitig mit der Totalvernichtung. Das Lehrstück aus einem scheiternden Staat.

Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.

Noch vor Kurzem waren sie die dicksten Freunde. Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, konnte in Freizeitkleidung und mit Sohnemann auf den Schultern im Allerheiligsten der US-Regierungsmacht, dem Oval Office antanzen. Stehend stahl Musk dem amtierenden Präsidenten Donald John Trump die Show, wenn er den Reportern erklärte, auf welche Weise er Staatsausgaben mit seiner Pseudo-Behörde DOGE einzusparen gedenkt. Trump saß derweil schmorend an seinem Schreibtisch und ließ sich von Musks Sohnemann sagen: „Du bist doof!“ Trump bewundert Männer, die mehr Vermögen haben als er. Mit seinen lumpigen paar Milliarden Dollar Privatvermögen ist Trump natürlich ein Winzling, verglichen mit Musk mit seinen zuletzt geschätzten 420 Milliarden Dollar auf der hohen Kante <1>. Trump vertraute seinem Buddy Elon total. Denn Musk hatte alleine geschätzte 250 Millionen Dollar spendiert für den Wahlkampf von Trump.

Doch jetzt fliegen die Tassen extrem tief. Musk hatte vor kurzem noch seine Leitungsfunktion bei DOGE verabredungsgemäß nach 130 Tagen beendet. Trump hatte dem Musk einen goldenen Schlüssel als Abschiedsgeschenk vermacht. Sollte heißen: „Du kannst jederzeit im Weißen Haus vorbeischauen!“ Nun begab es sich aber, dass Präsident Trump ein Mega-Gesetzespaket durch beide Häuser des Washingtoner Kongresses peitschen will, das er zärtlich „The Big Beautiful Bill“ zu nennen pflegt. Dieses „Große Wunderschöne Gesetz“ ist explosiv. Es soll nicht nur gigantische Geldmittel aus den Bereichen Soziales, Bildung, Gesundheit und Umweltschutz umschichten in die Aufrüstung und die Errichtung einer gigantischen Mauer an der Grenze zu Mexiko. Das Gesetz soll zudem eine erneute Anhebung der Schuldenobergrenze für die US-Regierung von jetzt 36,1 Billionen Dollar auf etwa 40 Billionen Dollar legalisieren.

Da schwoll Elon Musk der Haarkamm. Denn das Unterhaus des Washingtoner Kongresses, das Repräsentantenhaus, stimmte denkbar knapp mit 215 zu 214 Stimmen für das Wunderschöne Gesetz. Musk textete auf seinem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter):

„Es tut mir leid. Aber das kann ich nicht länger ertragen. Dieser massive, unverschämte und mit Wahlgeschenken vollgestopfte Haushaltsentwurf des Kongresses ist eine widerliche Abscheulichkeit. Schande für jene, die dafür gestimmt haben. Ihr wisst, dass Ihr falsch handelt. Ihr wisst es genau.“ <2>

Und Musk deutete später noch an, er werde Abgeordneten das Leben schwer machen, falls sie bei den kommenden Zwischenwahlen im Jahre 2026 wiedergewählt werden wollen.

Aus dem Weißen Haus war ein laut vernehmliches Schweigen zu hören. Es war eigentlich schon immer allen klar: zwei Alphas – das kann auf die Dauer nicht gutgehen. Irgendwann würde der eine Vierundzwanzigender den anderen Vierundzwanzigender aus dem Revier vertreiben. Nun haben sich die beiden Leithirsche allerdings dummerweise mit ihren Geweihen ineinander verhakt. Ohne massiven Schaden kommen die beiden nicht wieder aus der Nummer heraus.

Elon Musk: Reich geworden durch grüne Politik

Zunächst mal hatte sich Musk bei Trump unentbehrlich gemacht. Nicht nur durch seine Wahlkampfspende. Ein zentrales Versprechen von Trump bestand ja darin, die Staatsausgaben massiv zu kürzen. Und so hatte Musk in der Euphorie des Wahlkampfs versprochen, mit seinem Department of Government Efficiency, dem „Ministerium“ für Regierungseffeizienz, die Staatsausgaben um zwei Billionen Dollar kürzen zu können. Sein Ministerium für Regierungseffizienz wurde allerdings nie ein echtes Ministerium. Denn dafür hätte es vom Kongress abgesegnet werden müssen. Musk bekam seine Kompetenzen stattdessen durch einen Erlass des Präsidenten <3>. Ohne demokratische Legitimation stürmten nun junge Männer ohne Berufserfahrung die Behörden und Ämter. Sie verschafften sich ohne Legitimation Zugang zu sensiblen Daten von US-Bürgern, luden diese Daten herunter und verknüpften Daten, die bislang aus Gründen des Datenschutzes streng getrennt geblieben sein sollten. Trump beauftragte nunmehr die private Spionagefirma Palantir mit der zentralen Erfassung der Daten. Das ist nichts weniger als ein kalter Putsch. Ich berichtete bereits in einer Tagesdosis ausführlich darüber <4>.

Zugegeben: man kann in nur 130 Tagen keine gravierenden Einsparungen generieren. Dennoch liegen jene 165 Milliarden Dollar, die die Regierung durch DOGE einspart, weit unter den Erwartungen <5>. Möglicherweise ist Musk tatsächlich enttäuscht, dass Trump jetzt eine Schuldenorgie anstößt, die alles in den Schatten stellt, was Biden in seinen vier Amtsjahren verzapft hat. Aber sich jetzt gegen Trump aufzulehnen, birgt für Musk ein existentielles Risiko.

Und tatsächlich: nachdem Trump jetzt einige Tage im Oval Office vor sich hin gebrütet hatte, kam jetzt der entscheidende Stoß, als er auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social textete:

„Die einfachste Art, Staatsgelder zu sparen, und zwar Milliarden um Milliarden, besteht darin, Elons Subventionen und Staatsverträge zu kappen. Ich habe nie verstanden, warum Biden das nicht schon gemacht hat!“ Und weiter: „Elon war etwas dünnhäutig, ich forderte ihn auf, zu gehen, ich habe ihm sein Mandat für Elektro-Autos entzogen, das jeden zwang, Elektro-Autos zu kaufen, die niemand sonst wollte (wo doch jeder wusste, das ich das tun würde). Und da ist er durchgedreht!“

Dieses etwas wirre Geschreibsel des amtierenden US-Präsidenten müssen wir ein bisschen aufdröseln. Denn der Widerspruch ist doch offenkundig: Donald Trump ist unverkennbar ein Politiker, der voll und ganz auf fossile Energieträger wie Öl und Fracking-Gas setzt. Sein Motto: „Drill, baby, Drill!“ Also gnadenlos Öl und Gas auch in den letzten Naturschutz-Reservaten bohren. Und gleichzeitig die erneuerbare Energie möglichst auf Null zurückfahren.

Elon Musk hatte sich aber im Jahre 2004 bei der Autofabrik Tesla eingekauft und Tesla zum führenden Hersteller von Elektrofahrzeugen gemacht. Eine respektable unternehmerische Leistung. Denn während althergebrachte Automobilhersteller wie Ford oder General Motors international schon lange nicht mehr konkurrenzfähig sind und diese Auto-Saurier nur noch Bestandsschutz durch amerikanischen Protektionismus genießen, sind die ästhetisch ansprechenden Tesla-Karossen überall auf der Welt noch attraktiv. Möglich war der Erfolg der Tesla-Autos allerdings nur durch Wettbewerbsverzerrungen, die eine grüne Verkehrspolitik durchgesetzt hat. Elektroautos gelten in jenen Kreisen irrtümlicherweise als besonders umweltschonend.

Schon Ende der 1980er Jahre ging man dazu über, Umweltverschmutzung nicht durch Verbote zu sanktionieren, sondern durch künstlich erhöhte Preise unattraktiv zu machen. Das erreichte man durch Tributzahlungen auf Umweltverschmutzung. So genannte Emissionszertifikate. Mit diesen Ablasszahlungen wurden dann – zumindest in der Theorie – Umweltprojekte finanziert. Und so müssen seitdem Autohersteller, die mit Verbrennermotoren die Luft verpesten, Abgaben zahlen an Hersteller von Elektroautos. Der größte Profiteur dieses gar nicht so umweltfreundlichen Ablasshandels ist unser guter Elon Musk. Ein Drittel seines Profits fließt ihm zu aus den Taschen der Käufer von Autos mit Verbrenner-Motoren <6>. Eine sichere, steuerfreie Extra-Einnahme, die Musk nicht nur in den USA in die Taschen fließt, sondern auch in Europa durch entsprechende EU-Richtlinien.

Das ist die Quelle von Elon Musks schier unausschöpflichem Reichtum. Das führt auch dazu, dass Musks Firma Tesla an der Börse maßlos überbewertet ist. Tesla gehört mit seiner Marktkapitalisierung von vor Kurzem noch 829,10 Milliarden Dollar zu den berühmten „Magnificent Seven“ – also zu jenen sieben Unternehmen mit dem höchsten Marktwert <7>. Und das als einziges Autounternehmen neben lauter Internetplattform-Unternehmen wie Nvidia oder Alphabet. Und aus diesen Börsen-Schätzungen resultiert auch die Taxierung von Musks Privatvermögen von 420 Milliarden Dollar. Stellt sich also die Frage: warum hat Musk als Profiteur einer grünen Mobilitätspolitik ausgerechnet den radikalsten Totengräber eben dieser grünen Politik so massiv mit seinem Prestige als cooler Unternehmer-Popstar und massiven Wahlkampfspenden ins Weiße Haus gehebelt? Wollte er mit seinen Tribut-Zahlungen den Fossil-Präsidenten dazu bringen bei ihm eine Ausnahme zu machen?

Vielleicht hatte Musk größere Pläne. Denn mit seinem Weltraumunternehmen Space X war Musk zum wichtigsten Partner der staatlichen US-Raumfahrt aufgestiegen. Satelliten liefert Musks Unternehmen mittlerweile in industrieller Massenfertigung. Ja, sogar den Mars wollte Musk erobern und besiedeln. Neuer Chef der US-Raumfahrtbehörde NASA sollte nach den Wünschen von Musk sein Freund und Multimilliardär Jared Isaacman werden. Doch da legte Trump schon vor dem großen Streit sein Veto ein <8>. Denn Isaacman hatte bei früheren Wahlen die Demokraten finanziell unterstützt. Das geht nun gar nicht.

Der Schaden für Trump

Nun kämpfen die beiden Alphas also mit harten Bandagen. Sie haben sich richtig festgebissen. Trump will also dem Elon Musk die Lebensgrundlagen entziehen. Daraufhin hat Musk sogar angekündigt, sich aus dem US-amerikanischen Raumfahrtprogramm zurückzuziehen. Die Börsenwerte von Musks Imperium stürzen gerade ins Bodenlose.

Doch auch Trump geht jetzt ein großes Risiko ein. Denn sein Big Beautiful Bill hat zwar mit Ach und Krach die Hürden des Repräsentantenhauses übersprungen. Doch ob sein Bill auch im Senat durchkommt, ist ungewiss. Die demokratischen Senatoren werden definitiv mit Nein stimmen. Doch auch der republikanische Senator Josh Hawley aus Missouri hat Bedenken angemeldet. Die Bill sei eine „schlechte Politik für die arbeitende Bevölkerung.“ <9> Diese Bedenken hat der republikanische Senator Rand Paul nun gar nicht. Paul, ein Anhänger des extremen Libertarismus, würde alle Kürzungen mit Kusshand absegnen. Aber durch das Gesetz würde die Schuldenobergrenze weiter nach oben verschoben. Das wird Rand Paul nicht mittragen <10>. Auch der republikanische Senator Ron Johnson will nicht für Trumps Gesetz stimmen. Es sei „unmoralisch, was wir alten Fürze den jungen Leuten antun“. <11>

Der Kampf der Titanen ist gnadenlos. Trumps Replik auf Musk hat dessen Tesla-Imperium in wenigen Stunden um 150 Milliarden Dollar entwertet. Musk kontert: die Akten über den Pädophilen-Ring-Betreiber Epstein würden nur deswegen nicht veröffentlicht, weil dort auch der Name von Donald Trump vorkomme <12>.

Wer wird die Zeche für diese Mafia-Operette in einer Bananenrepublik mit Atomwaffen zu zahlen haben? Mit Sicherheit müssen zunächst die Leute darunter leiden, die den maßlosen Reichtum dieser Giganten mit ihrer Hände Arbeit tatsächlich erwirtschaftet haben.

Quellen und Anmerkungen

<1> https://de.statista.com/statistik/daten/studie/181482/umfrage/liste-der-top-25-milliardaere-weltweit/

<2> https://x.com/elonmusk/status/1929954109689606359?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet

<3> https://www.wired.com/story/doge-elon-musk-leadership-administrator/

<4> https://apolut.net/die-gar-nicht-so-geheime-machtergreifung-der-paypal-mafia-von-hermann-ploppa/

<5> https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/musk-bilanz-100.html

<6> https://www.politico.com/news/2025/01/18/musk-tesla-climate-credits-trump-00198794

<7> https://www.google.com/search?q=Marktwert+Tesla... (Link aufgrund der Länge gekürzt)

<8> https://www.heise.de/news/Wegen-Wahlkampfspenden-fuer-Demokraten-Trump-laesst-designierten-NASA-Chef-fallen-10421632.html

<9> https://www.nytimes.com/2025/05/12/opinion/josh-hawley-dont-cut-medicaid.html

<10> https://www.youtube.com/watch?v=mryGhZ9oP4w

<11> https://www.cnbc.com/2025/06/04/ron-johnson-republican-spending-bill-elon-musk-trump.html

<12> https://www.bild.de/politik/offene-schlammschlacht-trump-gegen-musk-jetzt-wirds-schmutzig-6841e9e138400475b42f385d

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bild: KI-generiertes Bild von US-Präsident Donald Trump und Tesla-Gründer Elon Musk

Bildquelle: Shutterstock AI / shutterstock


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