Tagesdosis

Die Merz-Debatte: Realität vs. Propaganda | Von Paul Clemente

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Ein Kommentar von Paul Clemente.

Seit Angela Merkels Kanzlerschaft verfolgen deutsche Mainstream-Politiker ein anspruchsvolles Projekt. Es ist das zentrale Vorhaben der Postdemokratie: Aus den Bürgern soll jegliches Realitätsprinzip verschwinden! Wer hat sich nicht über die schrägen Entscheidungen der Regierungen in Sachen Corona, Energie- und Friedenspolitik gewundert? Wer glaubt sich nicht im Irrenhaus, wenn freiheitliche und rationale Bestrebungen als „rechts“ und „faschistisch“ denunziert werden, während man dadaistischen Propagandamüll  als hochmoralisch verkauft?

Beispiele? Aber ja doch: Seit einigen Jahren gilt es als menschenverachtend und der sozialen Todesstrafe würdig, wenn jemand ängstlich flüstert, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Ein unwiderlegbares Statement, trotzdem gilt: Wer es ausspricht, gilt als unmoralisch. Oder gleich als Hardcore-Nazi, dessen Bude man morgens um 5 Uhr stürmen darf, um sie nach Hakenkreuzfähnchen und Hitlerbüsten zu durchsuchen. 

Ein ähnliches Schicksal drohte jenen, die Corona nicht als zweite Pest begriffen und die mRNA-Brühe nicht als ungefährlich abnickten. Wie gesagt: solche Leugnung des empirisch kaum Bestreitbaren hatte Methode: Der Bürger soll den Bezug zur Realität verlieren. Wahrheit ist, was linksgrüne Autoritäten verzapfen.  Der ideale Staatsbürger für Ampel-Politiker, das ist ein isoliertes, in jeder Hinsicht dekonstruiertes Individuum. Eines, das dem Christian Drosten, dem Karl Lauterbach oder dem Robert Habeck mehr glaubt als der eigenen Erfahrung. Pädagogische Unterstützung findet die Massenmanipulation durch professionelle Verwirrer, prangernde Stiftungen, Corretiven und Zensoren auf Social Media. Zu den gehypten Narrativen zählt auch der Mythos von der unbegrenzten Aufnahmekapazität eines Landes. Die Rede ist nicht von Gastfreundschaft oder regulierter Zuwanderung, sondern von der linksgrünen Behauptung, dass unbegrenzte Aufnahme möglich sei. Daran haben Sie Zweifel? Dann sind Sie ein Rassist! 

In der Ära Merkel eignete sich die CDU viele woke Grundsätze an – und damit auch die erpresserische Durchsetzungsmethodik. Ihre Vertreter sitzen weiterhin auf hohen Posten. Ein besonders krasses Beispiel ist der Ex-Schlapphut-Chef Thomas Haldenwang. Dieser Christdemokrat baute den Verfassungsschutz um zur Denunziationsbehörde gegen Regierungskritiker. Der Glaube ans Irrationale wurde zur Bürgerpflicht erhoben.

Vor diesem Hintergrund ist das aktuelle Großprojekt des CDU-Chefs und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz wahrhaft tollkühn: Er forderte nämlich eine Rückbesinnung auf das Realitätsprinzip. Ein Bekenntnis, dass es in der physikalischen Welt kein Grenzenloses, kein Endloses gibt. Nirgendwo. Auch nicht in der Aufnahmekapazität eines Landes. Ein Losreissen von Mutti Merkels Leine also. Das hat natürlich pragmatische Gründe: Nach dem Wahlsieg von Trump in den USA dürfte dem Transatlantiker Merz klar geworden sein, dass seine CDU bald das Schicksal der SPD teilen wird: Die Sozialdemokraten hatten ebenfalls ihr Klientel verraten, sich vom Arbeiter abgewendet und stattdessen dem woken Hipster angedient. Schnell schrumpfte die ehemalige Volkspartei zum marginalen Splitterverein. Ein Schicksal, das auch der CDU droht. Kontinuierlich verliert sie konservatives Klientel an die AfD. Der Kabarettist Dieter Nuhr spöttelte,

„Frau Merkel hat nun wirklich den allergrößten Anteil daran, dass die AfD so groß geworden ist.“

Deshalb solle Weidels Partei ihr eine Ehrenmitgliedschaft verleihen.

Friedrich Merz hatte irgendwann begriffen, dass die Flucht ehemaliger CDU-Wähler durch Rückkehr ins vormerkelsche Zeitalter zu stoppen ist. Und welcher Themenbereich bietet optimale Möglichkeiten, den eigenen Gesinnungswandel kurz vor der Wahl zu demonstrieren? Richtig. Die Zuwanderung. Schließlich hatte die steigende Kriminalitätsrate unter Migranten viele Wähler zur Abkehr von den Altparteien genötigt. Also zog Merz ein „Zustrombegrenzungsgesetz“ aus dem Hut. Das ist ein „unverbindlicher Entschließungsantrag“, der die Bundesländer zwar zu nichts verpflichtet, aber auf symbolpolitischer Ebene von hohem Wert ist. Eins, das für reichlichen Wirbel sorgt und manchen Wähler zur reuigen Umkehr treiben könnte.

Natürlich wusste Friedrich Merz: Eine Mehrheit für diese Empfehlung ist nur mit Hilfe anderer Parteien zu haben. Und die AfD sollte besser nicht darunter sein. Die Regel „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ duldet keine Ausnahme. Also warb Merz bei den Ampel-Parteien für sein Vorhaben. Resultat: No chance! Am Tag der Abstimmung hatte Bundeskanzler Olaf Scholz sogar ein Exemplar von Merkels Autobiographie auf seinem Pult platziert: Ein diskretes Zeichen dafür, was er sich von der CDU wünscht.

Folglich war Merz auf die Stimmen der AfD angewiesen. Und die ergriffen die Chance, eines ihrer Hauptthemen zu unterstützen. Am Freitag donnerte Parteichefin Alice Weidel direkt gegen Olaf Scholz.

„Ihre rot-grüne Restregierung auf Abruf ist ein Konzentrat all jener negativen Kräfte, die unser Land zugrunde richten. Das auf die Spitze getriebene Migrations-Chaos, das Sie zu verantworten haben, übertrifft noch die katastrophalen Auswirkungen der willkürlichen Aufgabe der Kontrolle über unsere Grenzen durch die frühere CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Dieser politisch gewollte Kontrollverlust kostet Menschenleben und hinterlässt verletzte, geschundene, traumatisierte Körper und Seelen Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, nunmehr seit zehn Jahren.“

Womit Merz vielleicht nicht gerechnet hatte: Sein Projekt scheiterte an der eigenen Partei: Es waren die Merkelianer, die seinen Rückgang zum verlorenen Inhalt boykottierten. Einer meldete sich krank, ein weiterer konnte nicht anreisen und zehn weitere Abgeordnete haben gegen die Pläne des Black-Rockers votiert. Diese Querschießer belegen vor allem eins: Dass die grüne CDU-Kanzlerin noch drei Jahre nach ihrem Abgang über ihre Gegner triumphiert. Schließlich hatte Merkel ihren Nachfolger Merz für seinen Vorstoß scharf kritisiert – was ihr wiederum ein dickes Lob vom Wirtschaftsminister Robert Habeck einbrachte. Und auch die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt  schrieb auf X: "Danke Angela Merkel". Ähnliche Probleme hatte Wolfgang Kubicki mit seiner FDP. Auch deren Abgeordnete stimmten keinesfalls geschlossen für den Entwurf. Bezüglich der Bundestagswahl kommentierte der FDP-Vizechef im Intern-Chat: „Ich räume schon mal mein Büro auf.“...

Friedrich Merz versucht derweil eine Schadensbegrenzung. Zumal diese Dolchstoß-Aktion bei der kommenden Wahl manch unentschlossenden CDU-Wähler in die Arme der AfD treiben könnte. Also startete Merz eine Umdeutung des Projekts. Im ARD-„Brennpunkt“ erklärte der Black-Rocker zur pädagogischen Aktion: Diese Abstimmung habe dem Wähler gezeigt, wer eine wirkliche Wende in der Einwanderungspolitik intendiert und wer nicht. Außerdem wolle er an dem Projekt festhalten. Eine zeitnahe Umsetzung nach dem Wahlsieg sei geplant.

Tatsächlich scheint der Schock bei den Woken tief zu sitzen. Propaganda-Medien wie n-tv schicken sogleich ihre „Experten“ in die Schlacht: So erklärt der Gewaltforscher Dirk Baier, „In der Forschung können wir keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Merkmal Migration und Kriminalität feststellen." Vor 15 Jahren sei die Kriminalitätsrate ebenso hoch gewesen wie heute. Es handele sich also nicht um eine absolute Ausnahmesituation. Eine völlig gewaltfreie Gesellschaft sei ohnehin eine Utopie. Den Versuch, die Gewaltkriminalität an das Migrationsthema zu knüpfen,  halte er für puren Populismus.

SPD-Chef Lars Klingbeil bedauerte, dass Merz nach dem Scheitern seines Gesetzentwurfs keine Besserung gelobt habe.

„Er hat heute nicht klar gesagt, dass er das nicht wieder tun wird, dass er nicht wieder auch Mehrheiten mit der AfD künftig suchen will.“

Es muss schlimm sein, so viel Angst vor der Realität zu haben. Eine dritte Option, die vielleicht demokratischste, kam in diesen Tagen von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Nur bei ihr steht nicht die eigene Karriere, nicht die eigene Partei im Vordergrund, sondern die Bevölkerung. Sie forderte,

„Für eine Migrationspolitik, die von der Bevölkerungsmehrheit getragen wird, braucht es eine Volksabstimmung, die der Bundesregierung die grundsätzliche Richtung vorgibt. Zum Beispiel sollte über die Frage entschieden werden, ob die Zuzugszahlen deutlich abgesenkt werden sollen oder nicht."

Das Problem ist nur: Der politische Mainstream fürchtet nichts so sehr wie Volksabstimmungen. Aus gutem Grund...

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: penofoto / shutterstock 


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