Die Kanzlerin, die Kinder und die Qual | Von Bernhard Loyen

Ein Kommentar von Bernhard Loyen.

Am Dienstag dieser Woche, um 17:05 Uhr (1), hat sich die Kanzlerin während dem vorgezogenen Ministerpräsidenten-Meeting per Video-Schalte (Tagesordnungspunkt: baldige Schulöffnungen und künftige Homeoffice-Regelungen), über eine spontane Randbemerkung gegenüber Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in die bundesweiten Schlagzeilen katapultiert.

Zitiert wird mehrheitlich nur der erste Teil ihrer Echauffierung. Der gesamte Satz lautete:

»Ich lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle oder Arbeitnehmerrechte missachte«

Nun ist die Aufregung groß im Lande, die Diskussionen erhitzt, die Gemüter gereizt.

Wahrnehmungen. Nein, natürlich würde die Kanzlerin nie die Jüngsten benachteiligen, bestrafen, je nach Definitionsgrundlage regelrecht quälen, hinsichtlich der zurückliegenden und kommenden Monate. Einen Top-Job würde sie machen, weit entfernt eines belastenden massiven Eingriffs in das junge Dasein von Millionen Kindern und Jugendlichen in diesem Land.

Das sehen sehr viele Menschen jedoch inzwischen anders und so war in der gefürchteten und inzwischen gesellschaftlich tief verankerten Social-Media-Welt am gestrigen Mittwoch der #merkelquaeltkinder schnell der Aufreger des Tages.

Quält sie nun die Kinder in diesem Land? Qual steht laut Definition auch für Schmerz. Schmerz ist nicht nur ein äußeres Ereignis, d.h. die sichtbare Wunde, die nachhaltige Prägung für ein Kind, den Jugendlichen.

Wir müssen endlich wesentlich dynamischer die inneren Verletzungen unserer Kinder in der sogenannten Corona-Krise ansprechen und diskutieren. Das verletzte Seelenleben erkennen und unter Schutz stellen. Über die aktuellen Leiden, die diese Generation mit Sicherheit in ihr Leben mitnehmen und sie dadurch auch noch die nächsten Jahrzehnte in der individuellen Entwicklung entscheidend prägen wird, einen glaubwürdigen und spürbaren Schutzschirm errichten. Schutzräume schaffen, bzw. wieder öffnen.

Es finden sich jetzt schon, gut zwölf Monate nach Beginn dieser epochalen Gesellschaftskrise, erschreckend viele mahnende Worte, die jedoch kaum ihren Weg in die Öffentlichkeit, also die breite Wahrnehmung finden.

Im Jahr 2019 betrug die Anzahl der minderjährigen Kinder und Jugendlichen in Familien in Deutschland ungefähr 13,5 Millionen. Das Leid, die existierende Qual, wird auch dadurch verdeckt, dass ein überraschend, für sehr viele Menschen schockierend hoher Anteil von Eltern, die politisch verordneten Corona-Maßnahmen nicht nur still erdulden, sondern sogar vehement aktiv unterstützen und regelrecht einfordern.

Beispiel Berlin. Es ist bezeichnend, dass drei Großdemonstrationen im Jahre 2020 nachweisslich keinerlei Einfluss auf die Senats,- geschweige denn Bundespolitik bewirken konnten. Wer vor Ort war, sich mit Ruhe und Interesse den Plakaten, Losungen und Diskussionen widmete, wird bestätigen können, dass tausendfach die sich anbahnende Gefährdung des Kindeswohls thematisiert wurden. Die Angst, die Befürchtungen vor den Folgen der Corona-Politik aus dem Hause Merkel an – und ausgesprochen wurde. Die Darlegung der Folgeschäden klar und eindeutig definiert, also öffentlich sichtbar waren.

Die Berliner Politik ließ diese Mahnungen an sich abprallen. Das in Berlin ansässige Kanzleramt ließ über die Regierungssouffleure Seibert und Demmer mit Nachdruck ihr Unverständnis mitteilen. Schlimmer noch, es wurde den Teilnehmern tendenziell unterstellt, sie würden Kinder für sogenannte Verschwörungsmythen und wirre Gedanken missbrauchen (2). Ehrliche und aufrichtige Elternfürsorge wurde diskreditiert, lächerlich gemacht. Zum Ende des Jahres auch forciert kriminalisiert, also als schweres Vergehen tituliert. Tagespresse und GEZ-Medien trugen aktiv dazu bei, diese Einschätzung breit und tief in der anvisierten Zielgruppe der Corona-Versteher zu verankern (3).

Umso überraschender war das schnelle Einknicken des Berliner Senats zu Beginn des Jahres, als eine Petition besorgter Lehrkräfte und Eltern ins Leben gerufen wurde, die nicht nur medial umgehend positiven Anklang fand, sondern auch beim Senat sehr schnell vermeintlich als ernsthafte und glaubwürdige Kritik anerkannt wurde.

Das Thema war die vom Senat angekündigte Öffnung der Schulen zu Beginn des neuen Jahres. Der Berliner Tagesspiegel vermeldete zuarbeitend am 07.01., Zitat: „Lotteriespiel mit der Gesundheit. Wut, Verständnis, Zweifel – das sind die Reaktionen auf die Berliner Schulöffnung“ (4). Diese Wut fand und findet sich forciert bei den Schulleitungen und Lehrern. Man sehe weiterhin in den Einrichtungen potentielle Infektions- , also Gefahrenorte.

Der Leiter eines Berliner Oberstufenzentrums beschreibt in dem Tagesspiegel-Artikel eine typische Alltagssituation, die in der allgemeinen Corona-Hysterie als nun nicht mehr akzeptabel und hinnehmbar beschrieben wird, Zitat: Denn der Schulalltag bestehe schließlich nicht nur aus Unterricht: In den Pausen treibe es die älteren Schüler zum Rauchen und Abhängen raus vor die Schulen. Dementsprechend würden in den Pausen und jenseits der Zugriffsmöglichkeit der Schule alle Regeln, Vereinbarungen und Vorschriften zum Infektionsschutz regelmäßig und äußerst gründlich missachtet: „Da wird sich vor die Füße gespuckt, aus einer Flasche getrunken, miteinander gelacht, sich gegenseitig der Rauch ins Gesicht gepustet, sich angeschrien, miteinander gerangelt, im Auto gemeinsam Musik gehört usw. Natürlich alles ohne die lästige Mund-Nasen-Bedeckung“.

Welch Anmaßung dieser Jugendlichen, oder auch erfreulich normale, anstrengende und altersentsprechende Schüler und Schülerinnen. Das Problem für sie, sie stellen eben die „Alte Normalität“ dar. In der „Neuen Normalität“ bedeuten „vor die Füße spucken, aus einer Flasche trinken, Rauch ins Gesicht pusten, sich anschreien, miteinander rangeln, zusammen im Auto Musik hören annähernd vorsätzliche Körperverletzung. Erste Lehrerpflicht bedeutet aktuell jugendlich hormongesteuerte Lebensfreude zu unterbinden. Entsprechende Schüler und Schülerinnen zu disziplinieren. Sie voneinander zu trennen und das geht am besten, in dem man die Schulen schließt, bzw. geschlossen hält. Soziale Interaktion, egal. Sozialkontakte, unwichtig. Verliebtsein, verschieben. Grenzen austesten, jetzt aber mal richtig verbieten.

Sehr viele Lehrkräfte und Eltern sehen daher die Schulschließungen als angebrachte Notwendigkeit und so konnte am 08.01. vermeldet werden, dass eine Online-Petition nach kurzer Zeit mehr als 29.000 Unterschriften zu verzeichnen hatte (5). Die Petition hatte den Titel: Kein Präsenzunterricht in Berlin, solange Covid-19 nicht unter Kontrolle ist. Am Ende reichten 40000 Unterzeichner und nicht einmal 48 Stunden, um den Senat sehr schnell zu beeindrucken und umzustimmen. rbb24 vermeldete ebenfalls schon am 08.01., Zitat: Nach massiver Kritik: Senat verschiebt Schulöffnungen in Berlin auf Ende Januar (6). Die Petition läuft noch und hat aktuell knapp 52000 Unterzeichner (7).

Der interessierte Bürger staunt und lernt. 40000 Online-Protestler gegenüber weit mehr als einer Million Demo-Teilnehmer auf den Straßen der Hauptstadt des Jahres 2020, bedeutet zum Thema: Erfolgreiche Bürgerproteste gegen Maßnahmen der Politik – 1:0 für die Corona-Versteher.

Kommen wir zur traurigen Realität. Zu den fatalen Nebenwirkungen der Corona-Maßnahmen bei den Kindern und Jugendlichen. Resultierend der Ereignisse in Millionen Familien quer durch das Land in den zurückliegenden Monaten.

Bei der Pressekonferenz am Dienstag formulierte die Kanzlerin die Gründe für die erneute Verlängerung des Lockdowns. Die aktuellen Zahlen an Neuinfektionen, sowie der Situation auf den Intensivstationen sprächen dafür, dass die harten Einschnitte, die die Menschen in Deutschland weiterhin stillschweigend ertragen und umsetzen, sich langsam auszuzahlen beginnen würden.

Findet sie ein Wort zur Situation der Kinder? Nein (8). Die Bundesregierung veröffentlichte den Beschluss der Videoschaltkonferenz unmittelbar online auf zehn Seiten in schriftlicher Form. Findet sich dort ein Wort zur Situation der Kinder? Ja. Zitat: Der Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen hat höchste Bedeutung für die Bildung der Kinder und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Eltern. Geschlossene Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, ausgesetzte Präsenzpflicht bzw. Distanzunterricht in Schulen über einen längeren Zeitraum bleiben nicht ohne negative Folgen für die Bildungsbiographien und die soziale Teilhabe der Kinder und Jugendlichen (9).

Das Problem ist also nachweislich erkannt. Warum wird nicht umgehend entsprechend reagiert, also entsprechende wichtige Entscheidungen zu dieser Problematik getroffen? Zitat aus dem Beschluss, Punkt 5: Dennoch gibt es ernst zu nehmende Hinweise, dass die Mutation B.1.1.7 des SARS-CoV2-Virus sich auch stärker unter Kinder und Jugendlichen verbreitet, als das bei dem bisher bekannten Virus der Fall ist. Deshalb ist eine Verlängerung des Beschlusses vom 13. Dezember 2020 bis 14. Februar notwendig, sowie eine restriktive Umsetzung.

Es gibt also Hinweise. Markus Söder erläutert auf der Presskonferenz die beeindruckende Unwissenheit der Politik, Zitat: Die mögliche Virus-Mutation ist gefährlich und verbreitet sich schneller. Nur das Reduzieren von Kontakten kann das verhindern (10). Wir, die Bürger, bekommen erneut bestätigt, sie, die Politik weiß erneut nichts Genaues. Sie ahnt, sie mutmaßt. Sie hofft, sie vermutet. Sie irrt durch das Dickicht des Viren-Labyrinths.

Was sagen englische Wissenschaftler zu den angesprochenen Hinweisen der Deutschen Regierung? Die britische Seite MedicalNewsToday bestätige am 12.01. diesen Jahres, dass einige Wissenschaftler die Vermutung geäußert hätten, dass bei Kindern die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit B.1.1.7 höher ist als bei früheren Varianten von SARS-CoV-2. Es gibt jedoch bislang keinerlei Konsens in der wissenschaftlichen Gemeinschaft gäbe (11). Die Daten seien derzeit noch unklar. Weitere Studien wären unbedingt erforderlich.

Diese Vorgehensweise kann so nun noch Monate weiter praktiziert werden. Kommen die Argumente für einschneidende Maßnahmen aufgrund schlichter saisonaler Virenphänome langsam abhanden, zaubert die politische Gemeinschaft eine Mutation aus dem Wissenschafts-Zauber-Köfferchen und schon verlagern sich die Probleme passend von den ehemals alten zu den nun jungen Risikogruppen. Wie schön, für die Politik. Wie fatal für die Kinder und Jugendlichen.

In einem Interview am 07.01. warnt der Schulpsychologe Uwe Sonneborn vor den Folgen des Lockdowns. Der Titel des Artikels lautet, Zitat: Schulen im Lockdown: Viele Schüler sagen, ich kann nicht mehr…Verhaltensauffälligkeiten und Suizidgefahr nehmen enorm zu“ (12, hinter Bezahlschranke). Uwe Sonneborn ist im Vorstand des Landesverbands Schulpsychologie in Nordrhein-Westfalen. Die Zahl der Kinder mit psychischen Auffälligkeiten hätte enorm zugenommen. Andeutungen einer Suizid-Neigung sei derzeit ein großes Thema – auch bei den Schulsozialarbeitern.

Welche Gründe finden sich? Vielen Schülern fehle die Perspektive und die Sicherheit der gebenden schulischen Strukturen. Sie steigen irgendwann aus und sagen: ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Man dürfe nicht vergessen, es gehe auch um Noten und Abschlüsse. Schaffe ich das? Wird ein „Notabitur“ überhaupt anerkannt? Kann ich damit studieren? Viele Jugendlichen haben große Sorgen um ihre Zukunft.

Diese Ängste werden mitgenommen in ein Elternhaus, wo sie auf die Eltern, etwaig alleinerziehend, ebenfalls von Zukunftsängsten gelähmt, treffen. Im Bestfalle, für beide Seiten unbefriedigend und belastend, geht man sich emphatisch aus dem Weg. Bleibt aber mit den akuten Sorgen und Ängsten alleine. In einer zusehends von Armut und Perspektivlosigkeit geprägten Gesellschaft kann die Stimmung aber auch sehr schnell kippen. Gewalt kommt ins Spiel. Der Vater schlägt den Sohn, die Tochter, vielleicht noch die Mutter. Der betroffene Jugendliche die jüngeren Geschwister.

Nimmt die Gewalt in sich auf. Möchte sie loswerden, außerhalb der stressigen vier Wände. Aber der Sportklub muss politisch verordnet pausieren. Das Café, der Nachtklub, als Ablenkung vom Stressalltag geschlossen, weil insolvent. Ersatzdroge shoppen nicht möglich. Die Flucht in die Kinowelt nicht möglich. Der Späti als Jugendtreffpunkt der Gegenwart darf nicht genutzt werden. Das Ordnungsamt verfolgt die Clique bis in den Park. Anwohner rufen die Polizei. Eine Ansammlung von Jugendlichen, das geht gar nicht. Parkverbot. Teufelskreis. Wie bloß da wieder rauskommen? Eine letzte Chance der Selbstmord? So abwegig, so übertrieben, diese Darstellung? Für sehr viele Eltern in diesem Land, aus gesellschaftlichen Bereichen der Wohlstandsverwahrlosung, anscheinend schon.

Wie schaut es mit den jüngeren Schülern und Schülerinnen aus? Welche Folgen hatte das zurückliegende Jahr für diese Kinder? “Drittklässler werden weder richtig lesen können noch die Buchstaben kennen“, so prognostiziert Bernd Siggelkow vom Berliner Kinder- und Jugendhilfswerk “Die Arche“ in einem Interview in der Süddeutschen (13). Diese Einrichtung liegt in einem sogenannten Problembezirk. Das Homeschooling funktioniere so gut wie gar nicht. Theorie und Praxisprobleme, erdacht und verordnet im Kanzleramt. Natürlich per Zoom-Meeting. Die Probleme? Blanke Ohnmacht in den Familien. Ob aus ärmeren oder reicheren Familien, von nahezu überall höre man, dass sie einfach nicht mehr weiterkommen, so Siggelkow im Interview. Wozu erläutern, wenn ein Mensch, ein Sozialarbeiter, die desaströse Situation, seine Erfahrungen symptomatisch für Millionen Kinder und Jugendliche nüchtern zusammenfasst. Deutschland 2021, Zitat:

Und die Kinder, die wir in der Arche betreuen, also die Kinder, die sozial benachteiligt sind, deren Eltern Hartz IV beziehen oder die vielleicht aus Migrantenfamilien stammen, wo die deutsche Sprache nicht so gesprochen wird, dazu die vielen Kinder von Alleinerziehenden, kurzum alle, die es ohnehin schon vor der Pandemie schwer hatten: Die werden jetzt endgültig abgehängt.

Diese Kinder hatten schon zu normalen Zeiten Schwierigkeiten, im Unterricht mitzukommen. Jetzt sind sie alleine. Sie sind zu Hause und wissen oft überhaupt gar nicht, was sie machen müssen. Vielen von ihnen fehlt ein funktionierendes Internet oder überhaupt ein Laptop. Oft haben sie auch gar keinen Kontakt zu ihren Lehrern. Theoretisch müssten die Lehrkräfte jeden Tag bei jedem Kind anrufen und sich nach dem Stand der Dinge erkundigen. Wir haben hier aber teilweise erlebt, dass sich Lehrer sechs Wochen bei ihren Kindern nicht gemeldet haben.

Bei vielen Schülern ist ohne den Präsenzunterricht die komplette Tagesstruktur zusammengebrochen. Wir haben es mit Kindern zu tun, die zum Teil viel zu lange aufbleiben. Eine unserer Schülerinnen hat neulich morgens um halb drei am Handy noch Filmchen hochgeladen – von draußen auf der Straße. Dann haben wir ganz viele Kinder, die hocken nur noch vor dem Computer und zocken. Da beobachten wir eine regelrechte Spielsucht. Sie bewegen sich nicht mehr, weil auch der Sportunterricht fehlt. Sie ernähren sich falsch, denn das Schulessen fällt ja weg. Unsere Kinder haben im ersten Lockdown teilweise zwischen zehn und zwanzig Kilo zugenommen.

Diese Entwicklung, diese Stimmung, diese Nicht-Perspektiven werden die kleinen Menschen nachhaltig prägen. Ihr Leben, ihre Seele einfärben. Ihr Dasein formen. Es kümmert sich niemand um mich. Ich bin alleine mit meinen Sorgen und Ängsten. Erste Selbstgespräche, Reflektionen, Erkenntnisse. Sieh zu, wie Du alleine klarkommst. Merk dir das, für dein weiteres Leben. Was ist Vertrauen? Was bedeutet Sicherheit?

Der jetzt so wichtige Sozialkontakt ist nicht möglich, verboten. Das Gefühl von Verzweiflung als tägliche Dosis Seelenschmerz. Als Qual? Ich lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle, entfuhr es der Kanzlerin. Nun, zumindest schafft sie mit ihrer Politik den Nährboden seelischer Irrgärten.

In Dresden wird das Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) geführt. Dort melden alle Kinderkliniken des Landes ihre stationären Fälle, freiwillig, aber es kann als flächendeckende Bestandsaufnahme gewertet werden. Die Zahl der Kinder, die seit Beginn der Pandemie in Deutschland mit dem Coronavirus im Krankenhaus waren, also in Dresden gemeldet wurden, überrascht bei der Vehemenz der seit Monaten geführten Diskussion, über die Rolle von Kindern als Infektionsträger, lautet ganze – 800. 800 von knapp 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in diesem Land (14).

Die Aktualisierte Stellungnahme der DGPI und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) vom 18.01.2021 stellt eindeutig klar (15), Zitat:

Schulen und KiTas sind für Kinder und Jugendliche systemrelevant, denn sie treffen im Kern ihre sozialen und intellektuellen Grundbedürfnisse und bestimmen entscheidend ihre psychosoziale Entwicklung.

Jedwede Einschränkung der Grundrechte von Kindern und Jugendlichen, die ihnen fremdnützig auferlegt werden, bedarf einer strengen ethischen Abwägung und v.a. auch einer wissenschaftlich konkret belegbaren Rechtfertigung. Schulschließungen können nur das letzte Mittel sein.

Gibt es aktuell seitens der Wissenschaft eine konkret belegbare Rechtfertigung? Nein, es gibt Vermutungen. Gibt es die elementare Behinderung von Millionen Kindern und Jugendlichen hinsichtlich einer Vorenthaltung sozialer und intellektueller Grundbedürfnisse durch rein subjektive politische Maßnahmen? Eindeutig, Ja.

Mindestens acht Ministerpräsidenten sollen diese Woche darauf gedrängt haben Schulen – und KiTa-Schließungen nicht zu verlängern, mit Hinweis auf die zurückliegenden und kommenden Folgen für Kinder und Familien (16). Wer hat diese Hinweise negiert, hat sie Macht des Amtes beiseite geschoben? Ich lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle, kann nachweislich als rein subjektive Wahrnehmung einer kinderlosen Frau gewertet werden.

Markus Söder twitterte am 19.01., Zitat: Lockdown-Verlängerung bis 14. Februar: Wir dürfen die Therapie nicht frühzeitig abbrechen, sonst gibt es einen Jojo-Effekt (17). Von welcher Therapie spricht er. Ist die Gesellschaft krank, das ganze Land? Ist der verlängerte Lockdown für ihn eine Therapiemaßnahme? Therapien sollen heilen, gesund machen.

Es gibt so viele Momente des Alltags, die sich in kleine Seelen einbrennen werden. In einem Supermarkt, einer U-Bahn sind kleine Kinder umgeben von Menschen mit Masken im Gesicht. Keine Mimik zu erkennen. Was bewirkt dieser Anblick, diese Erlebnisse?

Im November 2020 ließ Bundesbildungsministerin Anja Karliczek wissen, dass sie eine allgemeine Maskenpflicht im Unterricht in einer Phase hoher Infektionszahlen selbst an Grundschulen für zumutbar halte, auch wenn das Maskentragen über den Tag natürlich lästig ist. Lästig? Eher eine Qual. Sprechen, Lachen, Mimik alles eingeschränkt, in dieser so elementar wichtigen Entwicklungsphase. Zum Essen und Trinken bitte nur kurz die Masken abnehmen.

Kleine Kinder wachsen aktuell mit permanenter Skepsis auf. Sie beobachten eine körperlose Begrüßung. Herzlichkeit, Körperkontakt wird vermieden, wird verboten. Ist zumindest in der Alltagswahrnehmung wesentlich reduziert. Was bewirkt dieser Anblick, diese Erlebnisse? Was brennt sich da ein für spätere emotionale Wünsche und Unsicherheiten?

Angela Merkel zieht ihre Linie gnadenlos durch. Seit Monaten. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten, wird sie für die Ursachen benannt werden müssen. Für die Umsetzung, den Schaden, die Qual der Kinder der Gegenwart finden sich jedoch andere Verantwortliche. Auch sie mehrheitlich Leidtragende einer fatalen Politik. Die Eltern. Die Mütter und Väter.

Quellen:

  1. https://www.focus.de/politik/deutschland/corona-gipfel-lasse-mir-nicht-anhaengen-dass-ich-kinder-quaele-wie-streitthema-schule-beinahe-zum-eklat-fuehrte_id_12888409.html
  2. https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/kinder-im-visier-von-verschwoerungsglaeubigen,SFrIRbL
  3. https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/querdenken-kinder-instrumentalisierung-polizei-leipzig-problem
  4. https://www.tagesspiegel.de/berlin/lotteriespiel-mit-der-gesundheit-wut-verstaendnis-zweifel-das-sind-die-reaktionen-auf-die-berliner-schuloeffnung/26775608.html
  5. https://www.welt.de/politik/deutschland/article223983744/Ab-Montag-Berliner-Eltern-protestieren-scharf-gegen-Schuloeffnung.html
  6. https://www.rbb24.de/politik/thema/corona/beitraege/2021/01/berlin-schueloeffnung-senat-verschiebt-praesenzunterricht.html
  7. https://www.change.org/p/michael-m%C3%BCller-kein-pr%C3%A4senzunterricht-in-berlin-solange-covid-19-nicht-unter-kontrolle-ist
  8. https://twitter.com/RegSprecher/status/1351645411363213312
  9. https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1840868/1c68fcd2008b53cf12691162bf20626f/2021-01-19-mpk-data.pdf?download=1
  10. https://twitter.com/Markus_Soeder/status/1351648877984808962
  11. https://www.medicalnewstoday.com/articles/antibodies-fight-off-the-new-coronavirus-but-what-do-t-cells-do#What-do-killer-T-cells-do?
  12. https://www.waz.de/politik/landespolitik/lockdown-viele-schueler-sagen-ich-kann-nicht-mehr-id231284432.html
  13. https://www.sueddeutsche.de/politik/schule-corona-fernunterricht-1.5176453
  14. https://www.waz.de/politik/infektiologe-kinder-sind-nicht-die-treiber-der-pandemie-id231276964.html?utm_source=Twitter&utm_medium=Social&utm_campaign=share
  15. https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/DGKH_DGPI%20Empfehlung_18_01_2021.pdf
  16. https://twitter.com/ZDFheute/status/1351805361821515776
  17. https://twitter.com/Markus_Soeder/status/1351648877984808962

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Danke an den Autoren für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Halawi / shutterstock

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