Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Ach, die alte Leier: Die Regierungsmedien – allen voran die ARD-Sender, das ZDF und natürlich der Deutschlandfunk (DLF) – biegen sich ihre Nachrichtenprogramme mit einer solchen Kreativität zurecht, dass man glauben könnte, die Wahrheit sei ein elastisches Band.
Doch wehe dem, der diese angeblichen „Kreativitäten“ der „Qualitätsmedien“ anspricht. Der wird flugs in die Ecke der Verschwörungstheoretiker oder gar der Rechtsradikalen verbannt. Schließlich darf die „Glaubwürdigkeit unserer Demokratie“ – ohnehin ein seltener Schmetterling – nicht beschädigt werden. Dass Dank der selbsternannten „Qualitätsmedien“, die besagte Glaubwürdigkeit bei einer wachsenden Zahl von Menschen schon lange auf der Strecke geblieben ist, wird ignoriert. Ach, was solls!
Manipulation für Fortgeschrittene
Die hohe Kunst der Manipulation besteht natürlich darin, dass Otto Normalverbraucher, der nach einem langen Arbeitstag die Nachrichten eher nebenbei konsumiert, die Schummelei, wenn überhaupt, nur schwer erkennt. Hier ein jüngstes Paradebeispiel: Das „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks vom 04.01.2025 in dem hochtrabend der „Trump-Berater Weinstein“ präsentiert wurde.
Welch ein Glückstreffer für den DLF! Solch einen bedeutenden Mann aus dem Umkreis von Trump bekommen zu haben. Dumm nur, dass Weinstein gar kein Trump-Berater ist, sondern ein nicht ganz unbekannter, neokonservativer Kriegstreiber, den die Qualitäts-Journalisten aus Deutschland zum „Trump-Berater“ gemacht haben.
Und was bekamen die geneigten Hörer des DLF zu hören? Weinstein, so fasste DLF das Interview auf seiner Webseite zusammen, rechne damit, dass die USA unter Trump den Druck auf Russland erhöhen würden. Hier der Text der Zusammenfassung (1) des Interviews wie es auf der DLF-Webseite veröffentlicht ist:
"Im Interview der Woche des Deutschlandfunks sagte Weinstein, Trump wolle den russischen Präsidenten Putin durch mehr Druck zu Verhandlungen bewegen. Ziel sei dann ein Friedensplan, der mit erheblichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine verbunden sein müsse. Da die Ukraine in absehbarer Zeit nicht Mitglied der NATO werden könne, müsse der Frieden von einer europäischen Sicherheitstruppe garantiert werden. Diese Einheit könne unter der Kontrolle der OSZE oder einer anderen Institution stehen, so Weinstein. Sollte sich Russland nicht zu Verhandlungen bereiterklären, wolle Trump die Ukraine massiv mit Waffen ausstatten. Der Republikaner hatte im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt, den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden“.
Ergänzend fügte DLF hinzu: „Der Politikwissenschaftler Kenneth Weinstein hatte Trump schon in dessen erster Amtszeit außenpolitisch beraten. Er arbeitet für das Hudson Institute in Washington."
In der Zusammenfassung fällt bereits auf, dass die darin enthaltenen „Kerngedanken“, die der DLF aus dem Interview herausdestilliert hat, sich wie die Wunschliste der europäischen Kriegstreiber lesen:
- Ziel muss ein Friedensplan mit erheblichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine sein,
- Vorzugsweise unter Aufsicht einer europäischen Sicherheitstruppe in der Ukraine.
- Sollte Russland nicht mitspielen, so drohte Weinstein – pardon, Trump natürlich – mit endlosen massiven Waffenhilfen für die Ukraine.
Nur, die NATO-Arsenale sind leer. Die NATO-Rüstungsindustrien sind in den letzten Jahrzehnten umstrukturiert worden, ausgerichtet auf die Unterdrückung von bettelarmen Aufständischen in fernen Ländern rund um den Globus, die sich sinnbildlich „mit Pfeil und Bogen“ verteidigt haben. Daher sind die Produktionskapazitäten von Waffen, die für den Kampf gegen einen gleichwertigen oder militärtechnologisch sogar überlegenen Gegner wie die Russen notwendig wären, im ganzen kollektiven Westen nicht vorhanden. Sie müssten erst noch aufgebaut werden.
Aber im DLF-Interview der Woche hört sich das alles so schön seriös an: Trumps Berater spricht vom Friedensplan des neuen US-Präsidenten, der die Ukraine mit „erheblichen Sicherheitsgarantien“ absichern würde, und dann auch noch eine europäische Sicherheitstruppe unter OSZE-Führung in die Ukraine schickt, was ja in der Vergangenheit – siehe Minsk II – so wahnsinnig gut funktioniert hat. Und wenn die bösen Russen nicht wollen, dann gibt es für die Ukraine natürlich Waffen, Waffen, Waffen. Von denen gibt es aber nicht genug, weder in den USA noch im Rest der NATO und – ironischer Weise – selbst wenn mehr Waffen kämen, die Ukraine hat keine Männer mehr, um diese Waffen zu bedienen!
Man möchte applaudieren. Nicht etwa dem Hochstabler Weinstein, sondern der journalistischen Brillanz, mit der der DLF (...) dessen Unsinn verpackt hat, ohne auch nur eine richtige Frage zu stellen. Stattdessen lautet die Botschaft des DLF an Hörer und Leser: Seht her, selbst Trump wird den Ukraine-Krieg weiterführen, wenn die Russen nicht kuschen! Darauf folgt natürlich, dass die Kriegspolitik – pardon – „Friedenspolitik“ der europäischen Machteliten absolut auf dem richtigen Kurs war und weiterhin ist. Der Sieg des Westens ist nur noch eine Frage der Zeit. Aber fragt nicht, wann.
Dumm, dümmer, DLF?
Für ausgeklügelte Beiträge wie diesen wird der DLF immer wieder mit Medienpreisen ausgezeichnet. Nicht von uns, sondern von jenen, die mit den von uns erpressten Zwangsgebühren ihre journalistischen Exzesse feiern und sich gegenseitig mit Lob überschütten. Unterm Strich bezahlen wir diese Leute, damit sie uns für dumm verkaufen.
Die Frage ist: Sind die DLF-Journalisten, die dieses Interview der Woche mit Ken Weinstein vorbereitet und durchgeführt haben, tatsächlich dumm oder sind sie bösartig und perfide oder sind sie einfach nur zu faul, um eine anständige Arbeit abzuliefern. Eine kleine Recherche zur Person von Ken Weinstein hätte sie aufklären können. Denn er ist ein alter Bekannter aus der neokonservativen Kaderschmiede des Hudson Institute, ein Think Tank der mit seinen Arbeiten vornehmlich den „Rüstungsindustriellen Komplex“ und andere Dienstleister im Kriegsgeschäft befördert. Auf diesem Gebiet gehört Weinstein zu den Besten, die Krieg und Chaos geschickt neuverpackt dem Volk als Frieden, Ordnung und Sicherheit verkaufen.
Aus dieser Hudson-Kaderschmiede sind namhafte Neokonservative hervorgegangen, z.B.:
- Scooter Libby, der mehrere bedeutende Positionen in der US-Regierung bekleidete, u.a. als Stabschef des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, Dick Cheney von 2001 bis 2005. Im Hudson Institut war er selbst viele Jahre der Vizepräsident bei Hudson. Wegen seiner Rolle in der kriminellen „Plame-Affäre“ wurde er strafrechtlich verurteilt. Er ist ein Beispiel für die Verbindungen des Instituts zu den Top neokonservativen Politikarchitekten aus der Bush-Junior-Ära.
- Elliott Abrams ist ebenfalls ein schillernder neokonservativer Paradiesvogel aus dem Hudson-Institut. Elliott Abrams hatte ebenfalls zahlreiche bedeutende Positionen in US-Regierungen und politischen Organisationen. Wegen seiner Rolle in der kriminellen Iran-Contra-Affäre wurde er ebenfalls strafrechtlich verurteilt, was seiner späteren Karriere aber nicht im Wege stand.
Darüber hinaus hat das Hudson Institute erhebliche Überschneidungen mit anderen neokonservativen Organisationen wie dem "American Enterprise Institute" und dem "Project for the New American Century (PNAC)", durch gemeinsame neokonservative Persönlichkeiten der Oberklasse wie Robert Kagan, William Kristol und andere– die Schreibtischtäter, die die Invasion in den Irak vorbereiteten.
An dem Interview der Woche ist auch auffällig, dass der DLf ausgerechnet Weinstein zum Thema Ukraine und Russland interviewt hat. Erstens hatte Weinstein noch nie ein wichtiges Regierungsamt inne. Lediglich gegen Ende der ersten Trump-Administration im Jahr 2020 wurde er als möglicher US-Botschafter in Japan gehandelt. Zweitens ist sein Fachgebiet Japan und Asien, nicht Europa, nicht die Ukraine und auch nicht Russland. Auch hat Weinstein noch nie für Trump gearbeitet. Und aktuell gibt es auch keinen einzigen Hinweis dafür, dass er für einen Posten in der neuen Trump-Regierung in Betracht gezogen wird. Dennoch wurde er vom DLF als angeblicher Trump-Berater zum Thema Ukraine und Russland interviewt. Ist der DLF auf einen Hochstabler reingefallen oder hat das DLF-Team in Ermangelung eines richtigen Trump-Beraters den Ken Weinstein für das Interview kurzerhand zum Berater „befördert“?
Auch eine Netzsuche mit Elon Musks sehr effizienter KI-Software „Grok2“ zeigt, dass Weinstein zum Zeitpunkt des Interviews nirgends als Trump-Berater oder potenzieller Amtsträger in einer Trump-Regierung in Erscheinung tritt. Es wäre seltsam, wenn es anders wäre, denn Trump selbst hat in der Vergangenheit klar gemacht, dass er die neokonservativen Kriegstreiber – zu denen Weinstein zweifellos gehört – entmachten will. In einer Rede aus dem Jahr 2023 sprach er davon, wie er den „Washingtoner Morast“ des Tiefen Staates trockenlegen will, sobald er wieder im Amt ist.
In seiner aufrüttelnden Rede (2) vom 21. Februar 2023 in Mar-a-Lago, seinem Anwesen in Florida, hatte Ex-Präsident Trump das wahre Übel für den Niedergang der USA beim Namen genannt und scharf attackiert. Er versprach alles zu tun, um die Kriegstreiber und Globalisten des „Deep State“, egal ob im Pentagon, im Außenministerium oder im Sicherheitsindustriellen Komplex, denen die Interessen der amerikanischen Bevölkerung schnurz egal sind, zu entmachten. Denn diese Leute würden ständig auf neue, unnötige Kriege drängen, nur um eigene finanzielle Gewinne zu erzielen.
Die Biden-Administration beschuldigte er gar – vollkommen zurecht –, die Vereinigten Staaten an den Rand des Dritten Weltkriegs gebracht zu haben. Wörtlich sagte er:
"Seit Jahrzehnten sind es dieselben Leute, wie z.B. Victoria Nuland und viele andere, die wie besessen davon sind, die Ukraine in die NATO zu drängen, ganz zu schweigen von der Unterstützung des US-Außenministeriums für die Kämpfe und Aufstände in der Ukraine. … Diese Leute suchen schon seit langem die Konfrontation, ähnlich wie im Irak und in anderen Teilen der Welt, und jetzt stehen wir am Rande des Dritten Weltkriegs. Viele Leute sehen das nicht, aber ich sehe es, und ich hatte in vielen Dingen recht."
Aber warum sollte der DLF solche Feinheiten beachten oder sogar echt recherchieren? Warum soll der „Qualitätssender“ sich seine schöne Geschichte von der Fortführung des Ukraine-Kriegs durch Trump von Fakten kaputt machen lassen?
Quellen und Anmerkungen
(2) https://www.donaldjtrump.com/news/c449de3b-6538-4f43-8943-92562cceafdd
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: beast01 / shutterstock
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