Ein Meinungsbeitrag von Dirk C. Fleck.
Auf der Autobahn bekommen wir das sinnentleerte Gestrampel um Aufmerksamkeit, welches der Konsumgesellschaft im Blut liegt, am deutlichsten demonstriert. Wo sich Automarken aus aller Welt gegenseitig lustvoll ihre Hinterteile vorführen, haben die Herrschaften, die für die blecherne Hässlichkeit verantwortlich zeichnen, alles auf Rot gesetzt. Und so ziehen die roten Bänder ohne Unterlass über Berg und Tal, die Reihen fest geschlossen.
Ich erinnere mich an Zeiten, da die Rücklichter eines Autos drei schlichte Funktionen zur erfüllen hatten: Anzuzeigen, wo das Fahrzeug aufhört, zu blinken, wenn abgebogen werden soll und hell aufzuleuchten, wenn gebremst wird. Soweit war alles gut, das ergab Sinn. Heute sind die Heckpartien mit roten Girlanden geschmückt, mit ausufernden Balken, die mal quer, mal senkrecht verlaufen. Beim Ausscheren oder Abbiegen glaubt man sich auf einen Jahrmarkt versetzt und die Bremslichter treffen den Hintermann wie Lasergeschosse. Nach stundenlanger Fahrt mit irrwitzigen Überholmanövern und endlosem Geruckel im Stau, in dem sich unsere Gesichter bei Nacht immer wieder gespenstisch rot färben, möchte man den Rest der Strecke am liebsten auf stillen Feldwegen zurück legen und sich an den im Scheinwerferlicht aufblitzenden Augen von Rehen und Hoppelhasen erfreuen. Nur raus aus der albernen Kirmeswelt mit ihren Lichtorgeln, raus aus dem Blickwinkel der Heckschützen.
Design oder Nichtsein - das ist hier die Frage. Was genau versteht man unter dem Begriff?
„Design ist der Prozess der bewussten Gestaltung mit einem bestimmten Zweck oder Ziel,“
verrät chatGPT,
„es geht darum, Form und Funktion in Einklang zu bringen. Dabei spielen sowohl künstlerische als auch technische Aspekte eine Rolle.“
Von Alfa Romeo bis Aston Martin, von Bentley bis Bugatti, von Fiat bis Ford, von Honda bis Hyundai, von Lada bis Lamborghini, von Mercedes bis Mitsubishi, von Peugeot bis Porsche, von Skoda bis Subaru, von Tesla bis Toyota, von Volvo bis VW und allen anderen Autoschmieden, überall findet er statt, der Prozess der bewussten Gestaltung. Schließlich ist Design
„die absichtliche Formgebung von Funktion, Ästhetik und Benutzererlebnis, um ein Ziel zu erreichen.“
Welches Ziel ist gemeint? Man weiß es nicht. Jedenfalls ist es nicht zu erkennen. Zu erkennen ist eine dauerhafte Weiterentwicklung roter Lichtorgeln, die uns einst als Rücklichter bekannt waren. Damit nicht genug. Autodesigner werden auf ganzer Linie übergriffig. Den Felgen geht es ebenso an den Kragen, wie den Scheinwerfern und den Frontpartien im Allgemeinen.
Ist es nicht faszinierend zu sehen, was man einer Radkappe alles antun kann? Von simplen Speichen ist man schon lange abgerückt, sie werden nur noch angedeutet. Zwischen fünf und zwanzig sind es. Manche laufen in gerader Linie auf das Zentrum zu, andere verbiegen sich in aberwitziger Weise, liegen durchlöchert über Kreuz oder tun so, als würden sie ein Orakel legen. Ich will auf den Kappenirrsinn nicht weiter eingehen, jede Automarke stellt sich anders auf die Räder. Radkappen haben keine Funktion, sie sind reine Zierde. Seht was wir mit den runden Dingern alles anstellen können! brüsten sich ihre Designer und schicken eine Peinlichkeit nach der anderen auf die Straße.
Scheinwerfer hingegen haben eine Funktion. Aber da sie inzwischen mit der Karosserie verschmelzen, kann man nur noch erahnen, was ihr eigentlicher Zweck ist. Der Druck, immer Neues kreieren zu müssen, treibt Designer offensichtlich in den Wahnsinn. Das ist ihren krampfhaften Versuchen deutlich anzusehen. Von kleinen Schlitzen, in denen sie die Halogene verstecken, bis zu monströsen, die Kotflügel erschlagenden Heimstätten derselben, ist alles vertreten, was uns bei Nacht den Weg ebnen soll. Und die Standlichter, mein Gott, die irrlichternden Standlichter! Seitdem es Pflicht ist, sie bei Tag einzuschalten, sehen wir die aberwitzigsten Verrenkungen auf uns zukommen. Was sich im Gegenverkehr offenbart, erinnert an ein Atelierbesuch, bei dem wir dem Künstler dabei zusehen dürfen, wie er mit virtuosen Lichtlinien und Klecksen nur so um sich wirft. Manchmal knallt er in Zorro-Manier ein Z auf die bewegliche Leinwand, dann wiederum schneidet er das Licht in schmale Streifen, stapelt es übereinander oder drückt es auf Bodennähe um es kurz darauf im Zickzack seitlich in die Höhe zu führen.
Und jetzt zu den Frontpartien, die früher als Kühlergrill bezeichnet wurden. Sie bilden das Gesicht eines Autos. Die Gesichter sind inzwischen zu Fratzen mutiert, seitdem Audi und BMW dazu übergegangen sind, das geriffelte Maul weit aufzureißen. Panzer im Straßenverkehr, das sind sie, das passt in die Zeit. Aber Gemach, es gibt ja noch Elons Tesla und einige andere, die bescheiden den Blick senken oder schmallippig daherkommen.
Dennoch: Wo ist die Ästhetik eines BMW V8 geblieben, wo die des RO 80, des 280 SE mit Doppelscheinwerfer, der Ford-Badewanne oder des Citroen DS 90 - allesamt starke Persönlichkeiten, die den Konkurrenzkampf selbstbewusst bestritten, ohne sich mit billigem überflüssigen Tand anzubiedern. Es gebe noch eine Reihe anderer Fahrzeuge zu nennen, die in den Autoschmieden zu ansehnlicher Schönheit fanden. Die dem Straßenbild einen individuellen Ausdruck verliehen, während es heute trotz aller herbei gequälter Unterschiede nur noch einen Ausdruck kennt. Man spürt den uninspirierten Geist, der den merkwürdigen Stilblüten innewohnt. Es ist der Scheingeist, der scheinheilige Geist, der längst nicht mehr seiner eigentlichen Aufgabe nachkommt, nämlich schlicht, einfach und elegant umzusetzen, was eine Automarke im Kern ausmacht. Die heutigen Designer sind ausgetreten aus dieser Verpflichtung, sie peppen nur noch auf. Und natürlich klauen sie voneinander wie die Raben, bis die Charakteristika der einzelnen Marken so geschliffen sind, wie die ihrer Besitzer schon seit langem in The World of Woke.
+++
Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
+++
Bildquelle: Foto Eston / shutterstock
+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit der:
Spenden-Kryptowährung „Nackte Mark“: https://apolut.net/unterstuetzen/#nacktemark
oder mit
Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoin
Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/
+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.
+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/
+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut