Ein Kommentar von Thomas Röper.
Nachdem das georgische Parlament das Gesetz gegen ausländischen Einfluss auf die georgische Politik angenommen hat, startete der Westen eine mediale und politische Kampagne gegen die georgische Regierung. Hier fasse ich die Ereignisse der letzten Tage zusammen.
Ich berichte ausführlich über die Lage in Georgien, weil ich das Thema für wichtig halte. Zuletzt habe ich die Ereignisse nach der Annahme des Gesetzes gegen ausländische Einflussnahme durch das georgische Parlament am 17. Mai zusammengefasst <1>. Hier zeige ich auf, wie sich die Ereignisse seit dem weiterentwickelt haben.
Die Präsidentin legt Veto ein
Nach der Annahme des Gesetzes hat die georgische Präsidentin Surabischwili, eine radikal pro-westliche Politikerin mit französischer Staatsbürgerschaft, am 18. Mai erwartungsgemäß ihr Veto gegen das Gesetz eingelegt <2>. Das Prozedere in Georgien sieht vor, dass die Präsidentin ihr Veto begründet und Änderungen an einem Gesetz vorschlägt, die dann mit der Regierung und dem Parlament besprochen werden. Allerdings hat sie das abgelehnt und erklärt <3>:
„Dieses Gesetz zu verbessern, ist nicht möglich. Das Gesetz ist in seinem Inhalt völlig verfassungswidrig und entsprechend nicht georgisch, nicht europäisch und nicht demokratisch. Daher kann man es nicht durch Änderungen verbessern. Sein Wesen, sein Inhalt und seine Grundsätze sind inakzeptabel. Daher ist die Aufhebung des Gesetzes alternativlos und entspricht dem Willen des Volkes. In Anbetracht all dessen schlage ich vor, das Gesetz so schnell wie möglich, also am Tag nach seiner Inkraftsetzung, abzuschaffen.“
Der Mehrheitsführer im Parlament, Mamuka Mdinaradse, reagierte darauf, indem er erklärte, dass Surabischwili damit gezeigt habe, dass sie keine Argumente gegen das neue Gesetz hat:
„Salome Surabischwili hat uns das Gesetz mit der einzigen Änderung zurückgegeben, dass es nur einen Tag lang gültig sein soll. Sie hat kein einziges anderes Wort geändert! Damit hat sie die Möglichkeit der Diskussion geschlossen und endgültig bestätigt, dass es keine echten Argumente gegen das Gesetz gibt!“
Das Veto wird das Gesetz jedoch nicht verhindern können, da das Veto der Präsidentin vom Parlament überstimmt werden kann. Die Regierung hat die dafür nötige Mehrheit im georgischen Parlament und hat angekündigt <4>, das Veto überstimmen und das Gesetz in Kraft setzen zu wollen.
Druck aus dem Westen
Schon unmittelbar nach der Annahme des Gesetzes durch das Parlament sind mehrere europäische Außenminister demonstrativ nach Georgien gereist. Jedoch nicht etwa, um sich mit der Regierung zu treffen und über das strittige Thema zu sprechen, sondern um die regierungsfeindlichen Demonstranten zu unterstützen und bei einer Demo aufzutreten. Diese Dreistigkeit der westlichen Politiker zeigt einmal mehr deren Doppelmoral, denn man stelle sich einmal vor, wie laut der Aufschrei im Westen wäre, wenn der chinesische Außenminister nach Europa fliegen würde, ohne eine Regierung zu besuchen, sondern um protestierende Landwirte oder Querdenker anzufeuern.
Die georgische Präsidentin setzt daher voll und ganz auf den Westen und hat den französischen Präsidenten Macron am 19. Mai aufgefordert <5>, nach Georgien zu kommen und ihn für den 26. Mai eingeladen. Eine Reaktion Macrons darauf ist derzeit nicht bekannt, aber da Macron mit den Protesten in Neukaledonien und der schlechten Sicherheitslage in Frankreich unmittelbar vor der anstehenden Olympiade genug eigene Probleme hat, dürfte die Einladung unbeantwortet bleiben.
Allerdings haben die deutsche und die französische Regierung eine „Gemeinsame Botschaft von Deutschland und Frankreich zur Lage in Georgien <6>“ veröffentlicht, in der sie der georgischen Regierung offen drohen, dass das Gesetz die Gespräche über eine EU-Mitgliedschaft gefährde:
„Wir nehmen mit tiefem Bedauern die Entscheidung der georgischen Regierung und regierenden Partei zur Kenntnis, von diesem Pfad abzuweichen, indem sie gegen unsere gemeinsamen europäischen Werte und die Bestrebungen der georgischen Bevölkerung handelt, unter anderem durch Annahme des so genannten Gesetzes zur „Transparenz ausländischer Einflussnahme“.“
Auch das zeigt die Doppelmoral des Westens, denn auch die EU hat ein derartiges Gesetz auf den Weg gebracht, um sich vor ausländischer Einflussnahme zu schützen. Das Recht räumt die EU Georgien jedoch nicht ein.
Auch die USA, die schon 1938 als erstes Land der Welt ein „Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten“ eingeführt haben, um ausländischen Einfluss auf die Politik der USA zu verhindern, drohen der georgischen Regierung. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Verhängung von Sanktionen gegen georgische Politiker, die für die Verabschiedung des Gesetzes über ausländische Agenten verantwortlich sind, ist im US-Kongress in Arbeit
Medien berichten <7>, dass der Gesetzentwurf die Einführung von US-Sanktionen gegen georgische Politiker vorsieht, die „materielle Verantwortung für die Schädigung der Demokratie, der Menschenrechte und der Sicherheit Georgiens tragen“. Geplant seien unter anderem das Einfrieren von Vermögenswerten und ein Einreiseverbot für Politiker, die für die Verabschiedung des Gesetzes „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ verantwortlich sind, sowie für deren Familienangehörige.
Warum die Aufregung?
Man fragt sich zwangsläufig, warum der Westen so einen Aufstand macht. Es geht schließlich nur um ein Gesetz, das NGOs zu Transparenz verpflichtet. Ist es nicht der Westen, der ständig von allen Transparenz fordert? Und sind des nicht die NGOs, also die internationalen Stiftungen, die sich selbst ständig ihrer Transparenz rühmen?
Der Grund für die Panik im Westen ist, dass der Westen seine politischen Interessen in anderen Ländern durch NGOs ausübt. Die bezahlen angeblich unabhängige Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“, die alle die gleiche Meinung vertreten und der Öffentlichkeit vorgaukeln, die Positionen des Westens würden von einer Mehrheit unterstützt. Wenn all diese angeblich unabhängigen Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“ plötzlich offenlegen müssten, dass sie alle von den gleichen Sponsoren finanziert werden, würde die von ihnen geschaffene Illusion in sich zusammenbrechen.
Davor fürchtet der Westen sich, weshalb er nun alles daransetzt, das Gesetz noch zu verhindern. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass es in Georgien zu Gewalt kommt und dass der Westen versucht, einen Putsch gegen die georgische Regierung zu organisieren.
Daher zeigen die Reaktionen des Westens, dass Georgien, wenn es ein souveränes Land sein und bleiben will, mit dem Gesetz eine richtige Entscheidung getroffen hat. Georgien ist nicht gegen den Westen oder die EU, es will seine Entscheidungen nur ohne Beeinflussung aus dem Ausland treffen. Und genau dagegen hat der US-geführte Westen etwas, weil ein Land dann ja auch mal Entscheidungen treffen könnte, die der US-Regierung nicht gefallen.
Die Mutter aller Gesetze über ausländische Agenten
Da es im Westen immer noch nur die wenigsten Menschen wissen, erkläre ich hier noch einmal, was Gesetze über ausländische Agenten sind und ob sie tatsächlich eine russische Erfindung sind, wie die westlichen Medien und Politiker behaupten.
Westliche Medien kritisieren Russland, weil es 2012 so ein Gesetz eingeführt hat. Was die westlichen Medien dabei immer verschweigen, ist die Tatsache, dass es sich dabei nicht um eine russische Erfindung handelt, sondern um eine US-amerikanische. Die USA haben schon 1938 den FARA-Act <8> (Foreign Agents Registration Act, auf deutsch Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten) eingeführt. Nach dem Gesetz drohen jedem, der in den USA mit ausländischer Finanzierung politisch tätig wird und sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert, Geld und/oder Gefängnisstrafen. Außerdem müssen „ausländische Agenten“ ihre Veröffentlichungen als vom „ausländischen Agenten“ stammend kennzeichnen.
Das FARA-Gesetz wird in den USA sehr restriktiv angewendet. Die damalige russische Studentin Maria Butina <9> zum Beispiel wurde in den USA 2018 aufgrund dieses Gesetze zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, als Waffennärrin Kontakte zur US-Waffenlobby geknüpft zu haben. Dass sie mit einigen US-Waffenlobbyisten gesprochen hat, reichte schon aus, um zu über einem Jahr Gefängnis verurteilt zu werden.
Russland hat das FARA-Gesetz der USA im Grunde nur abgeschrieben, wobei jedoch die Strafen in der russischen Kopie des US-Gesetzes weniger streng sind, als im amerikanischen Original. An dem FARA-Gesetz der USA hatten und haben die deutschen „Qualitätsmedien“ nichts zu kritisieren. Sie teilen ihren deutschen Lesern nicht einmal mit, dass es in den USA so ein Gesetz gibt, das sehr streng angewendet wird.
Außerdem verschweigen die deutschen Medien ihren Lesern, dass auch die EU <10> inzwischen an einem solchen Gesetz über ausländische Agenten arbeitet, das sie als Teil eines „Paketes zum Schutz der Demokratie“ bezeichnet. Und ganz aktuell wurde so ein Gesetz auch in Frankreich ins Parlament gebracht <11>.
Quellen
<1> https://anti-spiegel.ru/2024/georgische-regierung-wirft-westlichen-aussenministern-unterstuetzung-bei-regierungsumsturz-vor/ <2> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20839693 <3> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20843269 <4> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20848093 <5> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20841973 <6> https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/gemeinsame-botschaft-von-deutschland-und-frankreich-zur-lage-in-georgien-2284386 <7> https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/20847807 <8> https://www.justice.gov/nsd-fara <9> https://anti-spiegel.com/2021/navalny-wurde-von-journalisten-und-aktivisten-im-gefaengnis-besucht/ <10> https://anti-spiegel.com/2023/die-eu-kommission-hat-die-eu-richtlinie-ueber-auslaendische-agenten-mit-dem-namen-demokratieschutzpaket-verabschiedet/ <11> https://anti-spiegel.com/2024/nun-bekommt-auch-frankreich-ein-gesetz-ueber-auslaendische-agenten/ +++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 21 Mai 2024 bei anti-spiegel.ru +++ Bildquelle: rarrarorro / shutterstock
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