
Ungern erinnern die Mainstream-Medien an die Waffenbruderschaft von Amerikanern und Russen im Zweiten Weltkrieg. Doch Frieden ist die einzig vernünftige Option.
Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.
Es ist April 1945. Eigentlich ist die deutsche Wehrmacht reif für die Kapitulation. Die US-amerikanischen und britischen Einheiten sind im Westen weit in deutsches Gebiet vorgedrungen. Die Rote Armee hat ihrerseits schon weite Teile des deutschen Ostens aufgerollt. Doch immer noch wehren sich fanatische Nazi-Truppen und Wehrwölfe gegen den unvermeidlichen Untergang. Die Zivilbevölkerung muss dafür die Folgen tragen.
Und da treffen sich in Nordsachsen bei Leipzig amerikanische Truppen an der Elbe mit der sowjetischen Roten Armee. Rücksichtslos sprengt die Wehrmacht noch zahlreiche Brücken, die die Elbe überqueren, um die Sowjets am Vormarsch nach Westen zu hindern. Am 25. April 1945 treffen sich Verbände der USA und der Sowjetunion an der zerstörten Elbe-Brücke im sächsischen Strehla. Das Treffen wird schnell abgebrochen. Denn die Szenerie ist grausig. Die zerstörte Elbbrücke ist übersät mit den Leichnamen unzähliger deutscher Zivilisten, die bei der Sprengung der Brücke den Tod gefunden hatten. Also treffen sich Amerikaner und Sowjets im nahegelegenen Kreinitz, um hier auch Pressebilder und Filme zu machen. Für die Sowjets wird das Ganze dann noch einmal einen Tag später in Burxdorf pressetauglich inszeniert.
Die Geschichtsschreibung ist hart aber ungerecht. Denn in die Geschichtsschreibung wurde nicht die Burxdorfer Begegnung aufgenommen als offiziell, sondern erst die Begegnung sowjetischer und amerikanischer Soldaten in Torgau am 26. April. Und weil auch dort nicht sofort gute Filmsequenzen gemacht werden konnten, wurde das Treffen am 27. April für die Kameras nachgespielt. Immerhin schon in Farbe. Und so sehen wir gut gelaunte GIs und sowjetische Soldaten, die zunächst noch sehr beherrscht wirken, dann aber auch ausgelassen Kasatschok tanzen. Große Amerikaner umarmen fesche Rotgardistinnen. Das Akkordeon ventiliert. Die Stimmung wird immer ausgelassener. Hoch die Tassen. Und in dem Film, den wir heute noch bewundern können, erzählt uns der amerikanische Kameramann, wie er sich mit seinem russischen Kollegen Kornikow angefreundet hat. Und der amerikanische Kameramann berichtet uns:
„Wir prosteten uns zu und amüsierten uns. Dann brachte er (Kornikow) einen Tost auf die großartigen US-Soldaten aus. Klar, wir waren gut, aber ohne sie wären wir nie so weit gekommen.“ <1>
Das ist richtig. Das ist immerhin ehrlicher als alles, was später aus US-amerikanischen Propaganda-Abteilungen auf uns herunter geregnet wurde. Tatsache ist allerdings auch, dass die sowjetischen Militärs und die betroffene Zivilbevölkerung fast die gesamte Last des Antifaschistischen Widerstands zu schultern hatten. Wobei die westliche Sowjetunion von der Wehrmacht in eine Mondlandschaft umgewandelt wurde, und 28 Millionen Sowjetbürger den Tod fanden. Die Westmächte griffen mit der Invasion in der Normandie erst Mitte 1944 in den Krieg ein. Zu einer Zeit, als die Sowjetunion den Krieg bereits für sich entschieden hatte und somit die Wehrmacht westwärts vor sich her trieb. Die Amerikaner und Briten hatten erst einmal zugeschaut, wer diesen Krieg gewinnt, um sich dann im Endspurt frisch und ausgeruht einzuschalten, als es um die Verteilung der Kriegsbeute ging. Und als es darum ging, den Vormarsch der Roten Armee an die Atlantikküste aufzuhalten <2>.
Streit der US-Oligarchen
Immerhin. Damals in Torgau im April 1945 sah es ja doch ganz so aus, als wenn die Sowjetunion und die USA friedlich vereint wären im Kampf gegen die Nazis. Wir wissen aber ja leider nur zu genau, dass Jahrzehnte des Kalten Krieges zwischen USA und Sowjetunion den Fortschritt der Zivilisation gelähmt hatten. Wie konnte es zu so einer fatalen Kehrtwende kommen? Die Beantwortung dieser Frage bringt uns ganz schnell in die Tatsachen unserer gegenwärtigen geopolitischen Lage. Denn im Augenblick sehen wir ja auch massive Meinungsverschiedenheiten in den USA, wie man mit dem Nachfolger der Sowjetunion, Russland nämlich, umgehen soll. Das Lager um den regierenden Präsidenten Donald Trump sieht große Wachstumspotentiale in einer Zusammenarbeit mit Russland. Während das Lager um die so genannten „Demokraten“ nach wie vor voll auf einen Krieg gegen Russland setzt. Wobei die alte Garde um Ex-Präsident Biden und Nancy Pelosi unübersehbar abgewirtschaftet hat.
Also schiebt man den immerhin auch schon 83-jährigen Bernie Sanders vor, der jetzt gerade die Massen zum Kochen bringt mit seiner Kampagne „gegen die Oligarchen“. Und dabei niemanden im Unklaren lässt, dass auch er einen Krieg gegen Russland befürwortet und die Exzesse des Netanyahu-Regimes in Israel unterstützt <3>. Aktuell entfaltet sich in den USA ein Kampf zweier Oligarchen-Cliquen. Die eine will Russland aus dem lockeren Staatenbündnis BRICS heraustrennen, um sich voll und ganz auf einen Krieg gegen China zu konzentrieren. Die andere Oligarchen-Clique will sich zuerst Russland zur Brust nehmen, um sich dann auf China zu stürzen. Beide Cliquen verkennen dabei, dass die USA viel zu große eigene Probleme im Inneren haben, um sich nach außen hin noch einen Krieg leisten zu können. Ob sich in den USA noch eine echte Basisbewegung formieren wird, die den kriegerischen und selbstzerstörerischen Wahnvorstellungen der Superreichen einen Riegel vorschiebt, bleibt abzuwarten.
Nach Torgau: der große Reibach mit dem Großen Krieg
Insofern war die schöne Begegnung von US- und Sowjetsoldaten für uns sehr lehrreich. Denn auch damals spielte sich ein Machtkampf der Oligarchenfraktionen ab. Schon seit den 1920er Jahren gab es eine Fraktion von Finanziers an der Wall Street, die Deutschland als militärische Ausgangsbasis für einen Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion ausersehen hatten. Sie förderten die Nazis massiv mit Geld und Know-how. Es gab andere Finanzkreise, die sich auch einen Krieg gegen die Nazis als lukratives Gewinnmodell vorstellen konnten. Die Pro-Nazi-Oligarchen setzten auf einen Sieg der Nazis gegen die Sowjetunion, um dann auch Präsident Franklin Delano Roosevelt aus dem Weg räumen zu können. Bei Eintritt der USA in den Krieg mussten die Nazi-Freunde an der Wall Street sich den Gegebenheiten fügen. Sie verdienten nun auch ganz gut am Krieg gegen Nazi-Deutschland. Präsident Roosevelt paktierte mit der Sowjetunion und war bemüht, alle Vereinbarungen mit Stalin gewissenhaft einzuhalten. Währenddessen hatte Roosevelts Regierung bereits eine Nachkriegsordnung entworfen, in die die Sowjetunion einbezogen werden sollte. Eine konfliktfreie Weltordnung war zumindest am Reißbrett entworfen worden. Eine friedliche Integration der Sowjetunion war fester Bestandteil dieser Ordnung. In diesem Geist trafen sich auch die amerikanischen und sowjetischen Soldaten in Torgau.
Kleiner Schönheitsfehler: zwei Wochen vor der Umarmung in Torgau war Präsident Roosevelt gestorben. Roosevelt hatte das überwältigende Votum der US-Wähler. Aber er hatte nicht wirklich eine eigene Machtbasis bei den Reichen und Mächtigen der USA. So kam es, dass die Pro-Nazi-Fraktion an der Wall Street nach dem Tod von Roosevelt sofort alle seine Mitstreiter von den Schaltstellen der Macht zu vertreiben wusste. Diese Entmachtung der Roosevelt-Mitstreiter ging mit der McCarthy-Hysterie bis weit in die 1950er Jahre immer weiter in die Tiefe. Der neue Präsident Harry Truman hatte von Außenpolitik Null Ahnung und überließ das Regieren den Wall Street-Akteuren. Stellvertretend für diese Clique nennen wir hier John McCloy, der zunächst Mussolini beraten hatte, dann den Finanzfluss zu den Nazis regelte, um dann als Statthalter der US-Besatzungsmacht nach dem Krieg dafür zu sorgen, dass die Interessen der Wall Street in der Nachkriegs-Bundesrepublik optimal vertreten waren.
Und in der führenden Denkfabrik der US-Hochfinanz, dem Council on Foreign Relations, wurde heiß diskutiert, ob die Wall Street in die Sowjetunion investieren sollte, oder ob ein Krieg profitabler sei <4>. Immerhin hatte der sowjetische Staatschef Josef Stalin schon wegen eines sechs-Milliarden-Kredits für den Wiederaufbau der Sowjetunion nachgefragt. Man entschied sich für die kriegerische Variante. Immerhin hatte man ja den Kriegsapparat extrem hochgefahren. Und so schrieb der Sowjet-Experte George Kennan, dass die Sowjetunion weiterhin am Ziel des Weltkommunismus festhalte. Man müsse die Sowjetunion eindämmen. Die Eskalation ging weiter mit dem Geheimpapier NSC-68 aus dem Jahre 1950, das als Konsequenz eine Steigerung der US-amerikanischen Kriegsausgaben um 350 Prozent hatte. Und dem geheimen Kriegsszenario Operation Dropshot. 85 Prozent der Sowjetunion sollten durch atomare oder konventionelle Waffen im Jahre 1957 verbrannt werden. Zum Glück für uns alle scheiterte dieser Wahnsinn an der technischen Undurchführbarkeit.
Was wir aus diesem Beispiel deutlich erkennen können: es ist gefährlich, sich auf irgendwelche Oligarchen zu verlassen. Wir müssen selber den Frieden erzwingen. Wir müssen uns massenhaft zeigen und selber Konzepte erarbeiten, wie wir den Frieden entwickeln. Wir dürfen uns auf niemanden verlassen außer auf uns selbst.
Quellen und Anmerkungen
<1> https://www.youtube.com/watch?v=ye_Elz8C3u8
<2> Hermann Ploppa: Der Griff nach Eurasien – Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland. Marburg 2019.
<3> https://www.wsws.org/de/articles/2025/04/17/pers-a17.html
<4> https://apolut.net/history-der-council-on-foreign-relations-teil-1/
+++
Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
+++
Bildquelle: Dirtymono / shutterstock
+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung
Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/
+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.
+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/
+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut