
Nachdem Selensky am Dienstag ein Gesetz durch die Rada gebracht hat, mit dem er das bisher von den USA kontrollierte NABU unter seine Kontrolle bringen will, begannen vom Westen organisierte Proteste und auch die Staaten des Westen machen Druck und drohen sogar mit einer Einstellung der Ukraine-Hilfen.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
Am Dienstag hat der ukrainische Machthaber Selensky ein Gesetz durchs Parlament gebracht und sofort unterzeichnet, dass das Anti-Korruptionsbüro der Ukraine (NABU) unter die Kontrolle des Generalstaatsanwaltes stellt, der wiederum unter Selenskys Kontrolle steht. Das war das Ergebnis eines schon länger andauernden Machtkampfes in der Ukraine, in dessen Verlauf das NABU begonnen hat, wegen Korruption gegen Vertraute von Selensky zu ermitteln. Darüber habe ich schon am Dienstag ausführlich berichtet.
Das NABU ist jedoch keineswegs unabhängig, wie deutsche Medien nun behaupten, sondern wurde von den USA gegründet und von ihnen über die US-Botschaft in Kiew kontrolliert. Das NABU war nie eine „Anti-Korruptionsbehörde“, sondern wurde von dem damaligen US-Vizepräsidenten Biden als Machtinstrument der US-Regierung gegründet, um alle Gegner der US-Politik in der Ukraine mithilfe von (bei Bedarf auch konstruierten) Korruptionsvorwürfen aus dem Verkehr zu ziehen.
Dass das NABU nicht gegen die Korruption in der Ukraine vorgegangen ist, sieht man daran, dass die Korruption in der Ukraine seit seiner Gründung 2015 nicht etwa zurückgegangen, sondern gestiegen ist. Korruption in der Ukraine, vor allem in deren Regierung, war der US-Regierung sogar sehr recht, denn damit hatte sie praktisch jeden Abgeordneten, Minister und sogar den Präsidenten in der Hand, weil sie, auch dank des NABU, über die korrupten Machenschaften eines jeden einzelnen bescheid wusste.
Das ist nicht übertrieben, denn die Korruption in der Ukraine war auch den europäischen Politikern bekannt, wie diese Beispiele belegen.
Die Aufregung im Westen rührt also nicht daher, dass Selensky den Kampf gegen Korruption stört, sondern daher, dass Selensky dem Westen sein vielleicht wichtigstes Instrument nehmen will, mit dem der Westen die Ukraine kontrolliert. Dass das NABU nun gegen Selenskys Umfeld ermittelt, könnte ein Zeichen dafür sein, dass der Westen Selensky selbst loswerden will, weshalb Selensky nun alles auf eine Karte setzt und hofft, dass den westlichen Politikern der Krieg gegen Russland wichtiger ist, als die totale Kontrolle über die Ukraine. Das ist eine verständliche, aber riskante Wette.
Um zu zeigen, wie sehr der Westen nun Druck macht, fasse ich hier kurz die Reaktionen vom Mittwoch zusammen.
Der Druck aus dem Westen
Paris forderte Kiew am Morgen auf, die Beschränkungen der Antikorruptionsdbehörden zu überdenken. Der deutsche Außenminister Wadephul erklärte, die Einschränkung der Unabhängigkeit des NABU erschwere den Weg der Ukraine in die EU. Der litauische Außenminister betrachtet die Antikorruptionsgesetze als Grundlage für die Integration der Ukraine in die EU. Die EU-Kommission forderte von Selensky Erklärungen über seinen Kampf gegen die Antikorruptionsbehörden. Die EU-Erweiterungskommissarin forderte Kiew auf, das Gesetz aufzuheben. Und der polnische Außenminister erklärte gar, eine korrupte Ukraine habe in der EU keinen Platz.
Auch westliche Medien brachten unter Berufung auf alle möglichen genannten und nicht genannten Quellen Warnungen in Richtung Kiew heraus. Dazu nur einige Beispiele: Die Washington Post schrieb, die Liquidierung des NABU könnte Militärhilfen für Kiew gefährden. Politico schrieb, die EU kritisiere Kiew am härtesten für die Liquidierung der Antikorruptionsbehörden. Die Financial Times schrieb, der französische Präsident Macron und EU Ratspräsident Costa würden von Selensky fordern, das Gesetz nicht zu verabschieden. Und Axios meldete, das Gesetz könnte Trump zu neuer Kritik an Kiew provozieren.
Das sind also harte Drohungen, es geht immerhin darum, die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland einzustellen und auch den EU-Beitrittsprozess zu blockieren.
Die Proteste in der Ukraine
Wie schon beim Maidan haben vom Westen finanzierte NGOs umgehend die Menschen auf die Straßen gebracht. In der Nacht zum Mittwoch habe ich bereits aufgezeigt, wer dahinter steckt. Rädelsführer scheint eine von der US-Regierung, der EU und ihren Mitgliedstaaten und von westlichen Stiftungen finanzierte NGO namens AntAC zu sein, deren Geschäftsführerin eine Teilnehmerin des Young Global Leaders Programmes des Weltwirtschaftsforums von Klaus Schwab war. Sie ist im Westen bestens vernetzt und hat Zugriff auf Kontakte zu Medien und Geldtöpfen.
Und es sind genau diese Dame namens Daria Kalenjuk und ihr Mit-Geschäftsführer bei AntAC Witali Schabunin, die in praktisch allen westlichen Medienberichten erwähnt oder interviewt werden. Sie werden von über 60 weiteren ukrainischen, aber vom Westen finanzierten NGOs unterstützt, die ebenfalls zu Protesten aufrufen. So bekommen sie die Menschen auf die Straße und es entstehen die Bilder von Protesten, die in der nächsten Zeit für breiten Zulauf bei den Protesten sorgen werden, wenn das als nötig erachtet wird.
Wie schon am Dienstag, sind auch am Mittwoch wieder in einem halben Dutzend ukrainischen Städten Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Selenskys Vorgehen gegen das NABU zu protestieren. Bisher sind es recht wenige Menschen, aus Kiew wurden am Dienstag und Mittwoch nur tausend bis zweitausend Demonstranten gemeldet, aber der Maidan begann im November 2013 mit einigen hundert Demonstranten. Die breite Berichterstattung westlicher und ukrainischer Medien und die Arbeit der NGOs vor Ort sorgte damals dafür, dass daraus innerhalb von zehn Tagen zehntausende wurden.
Genau dieses Muster sehen wir nun wieder.
Ein neuer Maidan?
Ob tatsächlich ein neuer Maidan droht, ist fraglich. Der Westen will keine Unruhe in der Ukraine, weil das dem Krieg gegen Russland schaden könnte. Auch ein übereilter Sturz Selenskys könnte unkalkulierbare Folgen haben.
Andererseits will der Westen aber auch nicht zulassen, dass Selensky ihm das wichtigste Instrument zur Kontrolle der Ukraine aus der Hand nimmt.
Wir erleben also wohl gerade eine Machtprobe, eine Art Pokerspiel. Die Frage ist, wer die stärkeren Nerven hat: Selensky oder der Westen.
Selensky hat bereits angedeutet, demnächst ein neues Gesetz über das NABU vorzulegen, das die Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden stärken soll. Aber was darin stehen soll und ob dem Westen das ausreichen würde, ist bisher Spekulation.
Quellen und Anmerkungen
Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 24. Juli 2025 bei anti-spiegel.ru
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Bildquelle: paparazzza / shutterstock
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