Das Spiel mit dem Feuer: die Trump-Administration und der Iran

Von Petra Wild.

Wie es angesichts der anti-muslimischen und anti-iranischen Positionen des neuen US-Präsidenten nicht anders zu erwarten war, hat Trump bereits begonnen, die Grundlagen für neue Spannungen und Eskalationen in der arabischen Welt zu legen. Die ersten Schritte der neuen US-Administration richten sich besonders gegen den Iran und den Jemen.

Der Iran im Fadenkreuz der USA

Kaum hatte die neue US-Administration am 20. Januar die Macht übernommen, verschärfte sie auch schon den Ton gegenüber dem Iran. Bereits während seines Wahlkampfes hatte Trump das Nuklearabkommen mit dem Iran als „katastrophal“ bezeichnet und versprochen, es aufzukündigen.  Im Repräsentantenhaus zirkulierte vor Trumps Amtseinführung eine Resolution, die den Präsidenten ermächtigen soll, militärisch gegen den Iran vorzugehen, falls er das für notwendig erachten sollte. Als der Iran dann am 29. Januar einen Raketentest durchführte, war das für Washington ein willkommener Anlaß, um Sanktionen zu verhängen. Begleitet wurde dies von heftigem verbalem anti-iranischem Trommelfeuer.

Trump erklärte auf Twitter: „Der Iran spielt mit dem Feuer – sie schätzen nicht, wie „freundlich“ Präsident Obama zu ihnen war. Ich nicht!“  Auf die Frage, ob zukünftig auch die militärische Option möglich sei, erklärte Präsident Trump, dass alle Optionen auf dem Tisch lägen. Trumps kürzlich zu Fall gebrachter Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn erklärte: „Die Tage des Wegschauens in Bezug auf die feindseligen und kriegerischen Aktionen des Irans gegen die USA und die Weltgemeinschaft sind vorbei.“ Verteidigungsminister James Mattis, der eigentlich als „Realist“ und Teil der gemäßigteren Kräfte innerhalb der US-Administration gilt, stieß ins gleiche Horn und bezeichnete den Iran als „den größten staatlichen Sponsor von Terrorismus weltweit.“  Der Sprecher des Weißen Hauses Sean Spicer und Vize-Präsident Pence versicherten vollmundig, dass Trump einen völlig anderen Weg einschlagen werde als seine Vorgänger. 1

Während mancherorts schon über die Möglichkeit eines Krieges spekuliert wird, zeigt sich der Iran selbst unbeeindruckt. Der Iran werde auf Drohungen nicht reagieren und sein Raketenprogramm fortsetzen, erklärten unisono hochrangige Politiker und Militärs. Der Iran verhängte als Antwort auf die Sanktionen seine eigenen Sanktionen gegen die USA. Die Iranischen Revolutionsgarden führten direkt nach der Verhängung der Sanktionen ein dreitägiges militärischen Manöver durch, um angesichts der Drohungen der USA ihre eigene Drohkulisse aufzubauen. „Der Feind sollte keinen Fehler machen in seiner Einschätzung, und falls er einen solchen Fehler macht, wird er einen heftigen Schlag ins Gesicht bekommen,“ erklärte General Muhammad Pakpour von den Revolutionsgarden.2  Am 26. Februar begann auch die iranische Marine mit Manövern.

Die lange Geschichte der US-Aggression gegen den Iran

Seit der Revolution von 1979 ist der Iran mit der Feindseligkeit der USA konfrontiert. Die USA haben den Verlust ihres neben Israel wichtigsten regionalen Verbündeten – dem Schah, der als regionaler Gendarm im Dienste der USA agierte – nie verwunden. Die mehr als ein Jahr anhaltende Besetzung der US-Botschaft in Teheran und die Geiselnahme des Botschaftspersonals war eine beispiellose Demütigung für die Weltmacht. Es wurde zwar eine US-Spezialeinheit zur Geiselbefreiung losgeschickt, aber die Operation „Eagle Claw“ geriet zu einem Desaster mit mehreren toten US-Soldaten und abgestürzten Hubschraubern.

Die USA taten in der Folgezeit alles, um die Islamische Republik zu Fall zu bringen. Sie unterstützten Saddam Husseins achtjährigen Krieg gegen den Iran (1980 bis 1988) und griffen gegen dessen Ende selbst ein. Im Persischen Golf attackierten sie iranische Schiffe und 1988 schossen sie ein iranisches Passagierflugzeug ab. Schon 1979 verhängte der damalige US-Präsident Jimmy Carter die ersten Sanktionen gegen den Iran. Seit den 1990er Jahren wurden diese kontinuierlich verschärft.3

In der Amtszeit George W. Bushs wurde das Land der „Achse des Bösen“ zugerechnet. Begründet wurde das damit, dass es den „Terrorismus unterstütze und versuche, sich „Massenvernichtungswaffen“ anzueignen. Beweise dafür gab es nicht.

Der Iran gehörte neben Syrien zu den Ländern, in denen die USA beabsichtigten zur Durchsetzung ihres „Greater Middle East“-Projekts in den 2000er Jahren mit militärischen Mitteln „Regime-Change“ zu erreichen. Doch nach 2007 wurde ein Krieg gegen den Iran immer unwahrscheinlicher. Der starke irakische Widerstand gegen die US-Besatzung sowie die Niederlage Israels im Krieg gegen die libanesische Hizbolllah 2006 führten zu einem Umdenken. Zudem  hatte der Iran klar gemacht, dass er eine militärische Aggression nicht untätig hinnehmen würde. Er drohte damit, im Kriegsfall, die US-Stützpunkte in den Golf-Staaten anzugreifen und die strategisch wichtige Straße von Hormuz, durch die etwa 40% des weltweit konsumierten Erdöls transportiert werden, dichtzumachen. Die verschiedenen Kriegssimulationen, die von westlichen Think tanks und Militärs durchgeführt wurden, ergaben, dass die Risiken eines militärischen Angriffs auf den Iran zu groß sind. So blieb die US-Administration bei ihrer verdeckten Kriegsführung mit niedriger Intensität. Die Bush-Administration unterstützte bewaffnete Gruppen im Iran, die das Land destabilisieren sollten, unter Obama gab es Cyberangriffe gegen die islamische Republik.4 Da ein Krieg gegen den Iran als zu riskant eingeschätzt wurde, ließen sich die USA und ihre westlichen Verbündeten schließlich auf Verhandlungen zur Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm ein. 2015 wurde das internationale Nuklearabkommen zwischen dem Iran und sechs internationalen Mächten unterzeichnet. Im Gegenzug für das Zurückfahren des Nuklearprogramms wurden die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben, was durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates bestätigt wurde.

Irans regionale Verbündete im Visier

Da der Iran heute politisch und militärisch sehr viel stärker ist als vor 10 Jahren, während die USA sehr viel schwächer sind,  ist ein heißer Krieg gegen das Land eher unwahrscheinlich.

Wahrscheinlicher sind neue Kriege gegen regionale Verbündete des Iran, vor allem gegen die libanesische Hizbollah. Das Klima zwischen Israel und der Hizbollah hat sich im Februar verschärft. Der zum saudischen Medienimperium gehörende Tageszeitung „al-Hayat“ zufolge ließ Israel der Hizbollah über arabische Mittelsmänner die Warnung zukommen, dass jedwede Aggression gegen Israel, egal ob sie aus Syrien oder dem Libanon komme, mit massiver Gewalt beantwortet würde. Die Hizbollah ihrerseits ließ dem gut unterrichteten arabischen Fernsehsender „Almayadeen“ zufolge der US-Administration die Warnung zukommen, dass im Falle eines neuen israelischen Krieges gegen den Libanon, auch US-Interessen in Israel angegriffen würden.5

Im Visier der US-Administration steht außerdem die Ansar Allah-Bewegung im Jemen – hier besser bekannt als Houthis.  Diese Bewegung stürzte, getragen von einer Massenbewegung, Anfang 2015 das Regime Abed-Rabbu Mansour Hadis, das nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Ali Abdullah Saleh 2012 von Saudi-Arabien und den USA eingesetzt worden war. Deswegen führt Saudi-Arabien mit Unterstützung der USA und des UK seit März 2015 einen blutigen Krieg gegen das Land, in dem bereits mehr als 10.000 Zivilisten getötet wurden. Die Houthis werden von Saudi-Arabien und den USA als Marionette Irans dargestellt, obwohl sie nur eine sehr lockere Verbindung zur Islamischen Republik haben. So wie während des Kalten Krieges jede nationale Befreiungsbewegung der Welt als Moskau-gesteuert betrachtet wurde, so wird heute der Iran für einen großen Teil der Unruhen und Instabilität in der arabischen Welt verantwortlich gemacht. Als Ausdruck ihres stärkeren Engagements im Jemen entsandte die neue US-Administration unter anderem ein zusätzliches Kriegsschiff vor die Küste des Jemen.

Ein israelisch-arabisches Militärbündnis gegen den Iran? 

Große Hoffnungen setzen die USA  auf ein anti-iranisches, anti-schiitisches Bündnis Israels mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Jordan und Ägypten. De facto besteht bereits seit Jahren ein Bündnis zwischen diesen Staaten. Nun bemühen sich die USA, dieses Bündnis in die Form einer gemeinsamen Militärallianz zu bringen. Allerdings wäre die politische Bedeutung dieser Allianz größer als ihr militärischer Wert. Saudi-Arabien verfügt kaum über eigene Bodentruppen, die zudem zusammen mit den Bodentruppen der VAE im derzeitigen Krieg gegen den Jemen hohe Verluste erleiden. Ob Jordanien und Ägypten sich angesichts der starken innenpolitischen Ablehnung des kolonialen Siedlerstaates Israel wirklich an einer solchen Allianz beteiligen werden, ist fraglich. Falls sie es doch tun sollten, so wird das die Kluft zwischen Herrschenden und Beherrschten in diesen Ländern in hohem Maß vertiefen.6

Die Gefahr von verblendete Ideologen und Fanatikern an der Spitze

An einigen Punkten zeigt sich eine gewisse Mäßigung der US-Adminstration gegenüber dem Iran, so deutet alles darauf hin, dass sie das Nuklearabkommen – vorläufig – weiterhin respektiert. Grenzen setzen der Trump-Administration Teile des Staatsapparates, die bei deren abenteuerlicher Außenpolitik nicht mitziehen wollen. Auch die anhaltenden Proteste im Land, die sich im Falle eines neuen Krieges intensivieren würden, könnten die Regierung unter Druck setzen. Ganz auszuschließen ist die Gefahr eines Krieges gegen den Iran dennoch nicht. Eines der größten Probleme mit der neuen US-Administration ist, dass sie in Bezug auf die arabische Region ein solches Ausmaß an Inkompetenz, ideologischer Verblendung und Fanatismus in sich vereint, dass es durchaus zu irrationalen Entscheidungen kommen kann. Auch in der Vergangenheit war die US-Politik gegenüber der arabischen Welt oft genug von „wishful thinking“ und fatalen politischen Fehleinschätzungen gepaart mit Selbstüberschätzung und imperialer Arroganz geprägt und führte wiederholt zum Desaster, etwa 1983 im Libanon, wo bei einem Bombenanschlag über 240 US-Marines getötet wurden oder 2003 im Iraq. Aber in der neuen US-Administration scheint die ganz normale Verblendung sich zu blindem Fanatismus zu steigern. Der ehemalige Betreiber der rechtsradikalen Internet-Publikation „Breitbart-News“ Steve Bannon, der einen großen Krieg zwischen „dem Westen“ und „dem Islam“ herbei fantasiert, wurde von Trump zum Chefstrategen im Weißen Haus ernannt. CIA-Direktor Mike Pompeo sieht den Krieg gegen den Terrorismus als einen Krieg zwischen dem Islam und dem Christentum. Trumps hochrangiger Berater Stephen Miller spricht von „Islamo-Faschismus“ und  der ebenfalls von „Breitbart-News“ kommende Assistent des Präsidenten Sebastian Gorka sieht im Islam die Ursache für den Terrorismus. 7

Bei soviel Fanatismus ist alles möglich.

Quellenhinweise

FN 1: McLaughlin, Jenna, Trump is following Obama Administration’s Lead on Sanctions against Iran; The Intercept, 3.2.2017; Revesz, Rachael, New Iran Sanctions announced by US Treasury Department after Ballistic Missile Test, Independent, 3.2.2017;  Revesz, Rachael, Iran is “World’s biggest Sponsor of State Terrorism”, says US Defence Secretary James Mattis, Independent, 4.2.2017; Dorsey, James, Tackling Iran, Trump fuels the Fire, Daily News Egypt, 7.2.2017; The New Arab, Khamenei sarcastic Comment sparks spice US Comeback, 8.2.2017

FN 2: Middle East Eye, Iran threatens US with “Slap in the Face” at the End of War Games, 22.2.2017: Aljazeera, Velayati: US does not dare carry out Attack on Iran, 9.2.2017

FN 3: Shahidsaless, Shahir, Trump versus Iran: Three Flashpoints that could spark War, Middle East Eye, 3.2.2017; The New Arab, Is Trump heading to War with Iran ?, 9.2.2017

FN 4: Sanger, David, Obama Order sped up Wave of Cyberattack against Iran, The New York Times, 1.6.2012; Hersh, Seymour M., Preparing the Battlefield, New Yorker, 7.7.2008; Shahidsaless, a.a.O.

FN 5: Browning, Noah, Trump risks deeper Entanglement in Yemen’s murky War, Reuters, 7.2.2017; Akram, Sophia, If Trump keeps this up, Yemen’s Quagmire could become a real Proxy War, Middle East Eye, 10.2.2017

FN 6: Middle East Eye, Arab States considering Alliance with Israel, say Arab Officials, 16.2.2017; Irish, John; Shalal, Andrea, Saudi Arabia, Israel present de facto United Front against Iran, Reuters, 19.2.2017

FN 7: Cockburn, Patrick, Baiting Iran: How Trump risks Inflaming the Middle East, Counterpunch, 6.2.2017; Cockburn, Patrick, Trump will ignite War with Iran, which will be great News for ISIS, Counterpunch, 13.2.2017; Jilani, Zaid; Murtaza, Hussein, H.R. MaMaster isn’t a Bigot making him an Outlier on Trump’s National Security Team, The Intercept, 22.2.2017; Werleman, CJ, Meet Trump’s new Counter-Terrorism Czar. He’s an anti-Muslim Extremist, Middle East Eye, 23.2.2017

Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.

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