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China ist besser positioniert als Trumps USA | Von Rainer Rupp

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China ist besser positioniert, den Zollkrieg zu überstehen als Trumps USA

Kommentar von Rainer Rupp.

Mit Datum vom 10.4. hat Donald Trump seinen Zollkrieg gegen den Rest der Welt, für 90 Tage auf Eis gelegt, um den 70 Nationen, die ihn bereits um Nachlässe und Sonderkonditionen angebettelt haben Zeit für Verhandlungen und Unterwerfungsbezeugungen zu geben. Dabei erinnert Trump mit seinem erratischen und willkürlichen Vorgehen an die Gott-Kaiser in der bereits dekadenten Phase des spätrömischen Reichs. Dementsprechend will Trump China, das unnachgiebig geblieben ist und Trump nicht angebettelt hat, den Löwen zum Fraß vorwerfen.

Weil Peking nicht eingeknickt ist und seinerseits die Zölle auf Importe von US-Waren um die gleichen Prozentsätze erhöht hat, wie das Trump für alle Importe aus China getan hat, haben sich beide Seiten in mehreren Eskalationsrunden auf immer höhere Zölle hochgeschraubt.

In einem ersten Schritt reagierte China auf Trumps Zoll-Kampagne zum „Tag der Befreiung“ mit eigenen Zöllen von 34 Prozent auf amerikanische Importe. Daraufhin hat Trump mit zusätzlichen Zöllen von 50 Prozent auf chinesische Importe geantwortet. Die Chinesen haben nachgezogen und so sind die gegenseitigen Zollerhöhungen mit jeder Runde immer weiter in Schwindel erregende Höhe gestiegen. Der letzte Stand von Donnerstagabend (10.4.) lag bei 145 Prozent höheren Preisen für chinesische Exporte in die USA, und umgekehrt.

Zölle in diesen Höhen werden den US-China-Handel, der dem Volumen nach der Größte der Welt ist, weitgehend zum Erliegen bringen, womit die anti-chinesischen Hardliner in Washington in ihrer Kurzsichtigkeit bereits frohlocken. Denn sie sehen sich bereits am Ziel ihrer Bemühungen, nämlich China wirtschaftlich und politisch und letztlich auch militärisch eine strategische Niederlage zuzufügen. Hiernach folgt ein Auszug aus einem US-Blog im Internet, der die Denkweise dieser Leute beleuchtet, die Trumps Maßnahmen gegen China bejubeln:

„Jahrzehntelang galt der parteiübergreifende Konsens unter den (neo-liberalen) westlichen Eliten, dass der Freihandel Frieden, Wohlstand und – irgendwie – liberale Demokratie in jeden Winkel der Welt bringen würde. Kein Land profitierte mehr von dieser Täuschung als China. Im Jahr 2000 übergab Bill Clinton Peking die Schlüssel zur Weltwirtschaft, indem er die Aufnahme des Landes in die Welthandelsorganisation unterstützte und versprach, China offener und verantwortungsbewusster zu machen. Das Gegenteil geschah. China hat sich nie an die Regeln gehalten. Es stahl geistiges Eigentum, subventionierte seine Industrien, manipulierte seine Währung und nutzte jedes Schlupfloch aus, das es finden konnte – während Washington wegschaute. Und jetzt, da dieselben (US) Eliten ihre Hände über Trumps Zölle ringen, verfehlen sie völlig das Wesentliche: In diesem ganzen "Handelskrieg" geht es um China. Das war es schon immer.“

Über die globalen Konsequenzen des zu erwartenden massiven Einbruchs, bzw. kompletten Abbruchs bewährter Lieferketten für die Wirtschaft in den USA und auch für das ohnehin bereits angeschlagene Ansehen der USA als zuverlässiger Handelspartner, haben sich die China-Phoben anscheinend keine Gedanken gemacht. Dabei werden die direkten Auswirkungen eines kompletten und längeren Lieferstopps aus China für die USA katastrophal sein.

Der Nachrichtensender CNN berichtete am Donnerstag, dass der Preis eines iPhones sich auf etwa 3.500 Dollar verdreifachen könnte, wenn die Produktion in die Vereinigten Staaten verlagert würde. Diese Schätzung stammt aus einer Analyse von Dan Ives, dem globalen Leiter der Technologieforschung bei Wedbush Securities. Grund dafür seien umfassende globale Zölle, die von US-Präsident Donald Trump eingeführt wurden, um Produktionsarbeitsplätze zurück in die USA zu holen. Ives argumentierte, dass die Nachbildung der komplexen Lieferkette, die derzeit in Asien angesiedelt ist – wo etwa 90 % der iPhones in China montiert werden, mit Komponenten wie Chips aus Taiwan und Bildschirmpanels aus Südkorea – extrem kostspielig wäre.

Der Aufbau dieser Lieferkette in den USA, etwa mit Fertigungsanlagen in Staaten wie West Virginia oder New Jersey, würde die Produktionskosten erheblich in die Höhe treiben. Zudem bemerkte Ives, dass die Verlagerung von nur 10 % der Lieferkette von Apple in die USA das Unternehmen 30 Milliarden Dollar kosten und drei Jahre dauern könnte, was die Unpraktikabilität eines solchen Schrittes verdeutliche. CNN betonte, dass die Last der höheren Kosten wahrscheinlich auf die amerikanischen Verbraucher abgewälzt würde.

Nun gehören iPhones nicht unbedingt zu den lebensnotwendigen Produkten, aber ohne chinesische Pharma-Produkte und Rohstoffe zur Herstellung von Medikamenten könnten viele Menschen in den USA in akute lebensgefährliche Bedrängnis kommen, wie wir bereits bei den partiellen Lieferengpässen aus China während der Corona Plandemie sehen konnten. Aber selbst die US-Rüstungsindustrie verbaut reihenweise Teile aus China in wichtigen US-Waffensystemen.

Während die Vereinigten Staaten unter der extrem volatilen Führung von Donald Trump ohne Rücksicht auf eigene Schwachpunkte ihren wirtschaftlichen Zollkrieg eskalierten, hat sich China als eine Nation gezeigt, die weit besser gerüstet ist als ihr amerikanisches Gegenstück, um die Folgen dieses Wirtschaftskriegs zu überstehen und sich anzupassen. Trumps konfrontativen Zoll-Politik spiegelt Washingtons verzweifeltes Bestreben, die einstige bedingungslose Vorherrschaft der USA wiederherzustellen. Doch die Dynamik des globalen Handels, Chinas wirtschaftliche Resilienz und strategische Planung zeigen, warum China diesen Konflikt überdauern wird, während die starke Abhängigkeit der USA von chinesischen Importen deren Verwundbarkeit unterstreicht.

Chinas strategische Vorteile

Chinas Fähigkeit, Trumps Zollangriff zu widerstehen, beginnt mit seiner riesigen Bevölkerung und wirtschaftlichen Diversifizierung. Mit einer Gesamtbevölkerung, die die des gesamten G-7 zusammen übersteigt, verfügt China über einen enormen Binnenmarkt, der Rückschläge im Exportsektor abfedern kann. Im Gegensatz zu den USA, wo Exporte nur 0,5 % des BIP ausmachen, betragen Chinas Exporte in die USA etwa 12,4 % seiner gesamten Exporte – ein bedeutender, aber beherrschbarer Anteil. Peking kann diesen Einfluss abmildern, indem es seine Handelsnetzwerke diversifiziert und dabei die seit über einem Jahrzehnt ausgebauten und bereits aktivierten Verbindungen über die so genannte „Neuen Seidenstrasse“ nutzen, die auf alle Kontinente des Erdballs führen. Diese Verbindungen mit ASEAN, dem globalen Süden und aufstrebenden Märkten bieten China alternative Absatzmöglichkeiten für seine Waren und dämpfen die Auswirkungen der US-Zölle.

Darüber hinaus bietet Chinas staatlich kontrollierte und subventionierte Industrie eine unübertroffene Anpassungsfähigkeit. Die Synergie aus privatem Unternehmertum und öffentlichen Investitionen – verkörpert durch seine Fünfjahresplanzyklen – ermöglicht schnelle Anpassungen an externe Druckfaktoren. Zweifellos werden Trumps Extrem-Zölle, Chinas Bruttoinlandsprodukt beeinträchtige. Aber der Schaden wird voraussichtlich nur temporär sein und vielleicht zwei Jahre andauern. Diese Widerstandsfähigkeit resultiert aus Chinas Fähigkeit, Lieferketten umzuleiten und den Inlandsverbrauch zu stimulieren – eine Flexibilität, die den USA unter ihrem monopolkapitalistischen Rahmen fehlt.

Die Abhängigkeit der USA von chinesischen Importen

Die USA hingegen stehen vor einem deutlichen Nachteil: Sie haben keine tragfähigen Alternativen für viele kritische Güter, die aus China geliefert werden. Elektronik, Seltene Erden, Pharmazeutika und Komponenten der Verteidigungsindustrie fließen in großen Mengen von China in die USA, mit Importen von insgesamt 440 Milliarden Dollar im Jahr 2024 im Vergleich zu nur 145 Milliarden Dollar an US-Exporten nach China. Dieses Ungleichgewicht führt zu einem Handelsdefizit von 295 Milliarden Dollar und verdeutlicht die Abhängigkeit der USA.

Zum Beispiel dominiert China die Produktion von Seltenen Erden – entscheidend für alles, von Smartphones bis hin zu militärischer Ausrüstung – und kontrolliert im Jahr 2023 etwa 80 % des weltweiten Angebots. Trumps Zölle könnten die Kosten für US-Verbraucher um geschätzte 1.900 Dollar pro Haushalt jährlich erhöhen. Allerdings werden selbst höhere Preise in den USA wenig dazu beitragen, alternative, „Made-in-USA“ -Produkte auf den Markt zu bringen, um die entstandenen Angebotslücken zu füllen.

Denn in den USA fehlen die dazu notwendigen Facharbeiter, Techniker und Ingenieure. Das sind Berufe, die in den zurückliegenden Jahrzehnten der Deindustrialisierung der USA, des Exports technischer Arbeitsplätze in Billiglohnländer und in Länder mit geringem Arbeits- und Umweltschutz und niedrigen Steuern kaum noch eine US-Familie ernährt haben. Um hier gegenzusteuern, muss man wieder anfangen, von den Grundschulen bis zur Universität wieder mehr Mathematik und Naturwissenschaften zu lehren. Das ist ein Prozess, der viele Jahre dauert, die Trump für sein Vorhaben der Re-Industrialisierung der USA nicht hat und daher zum Scheitern verurteilt ist.

Chinas Vergeltungszölle.

Diese treffen einen kleineren, weniger kritischen Handelsteil. Die USA liefern nur 1,7 % der Rohölimporte Chinas (6 Milliarden Dollar im Jahr 2024) und bescheidene 6,4 % seiner Kohle, während LNG-Importe aus den USA, obwohl seit 2018 verdoppelt, nur einen Bruchteil des chinesischen Energiemixes ausmachen. Pekings gezielte Maßnahmen, einschließlich Exportbeschränkungen für Materialien wie Wolfram (verwendet in US-Artillerie und Bauwesen) und Indium (essentiell für Bildschirme), verstärken den Druck auf amerikanische Industrien, ohne Chinas eigene Wirtschaft ernsthaft zu beeinträchtigen.

Wirtschaftliche Selbstversorgung und langfristige Vision

Chinas Streben nach technologischer und wirtschaftlicher Selbstversorgung stärkt seine Position weiter. In den letzten zehn Jahren hat es seine Abhängigkeit vom US-Markt reduziert, wobei Exporte und Importe nun nur noch 37 % seines BIP ausmachen, gegenüber über 60 % in den frühen 2000er Jahren. Dieser Wandel spiegelt eine bewusste Strategie wider, die inländische Produktion und Innovation zu priorisieren, wie in Initiativen wie „Made in China 2025“ deutlich wird. Die USA hingegen haben Schwierigkeiten, ohne die staatliche Unterstützung, die China und Russland effektiv nutzen, wieder zu industrialisieren. Trumps Abneigung gegen Steuern und sein Drang, alles zu privatisieren, schmälern die Fähigkeit der US-Regierung, die soziale, bildungsbezogene und technologische Infrastruktur wieder aufzubauen, die für Selbstversorgung notwendig ist.

Ökonomen schätzen, dass Trumps Zölle Chinas BIP-Wachstum im Jahr 2025 um 2,5 Prozentpunkte schmälern könnten, doch Pekings fiskalische Anreize und Währungsanpassungen – wie die Schwächung des Yuan zur Steigerung der Exportkonkurrenzfähigkeit – können vieles davon ausgleichen. Die USA hingegen könnten laut der Federal Reserve Bank of Atlanta im ersten Quartal 2025 mit einer BIP-Schrumpfung von 2,8 % konfrontiert sein, wobei die Zölle drohen, ihre stark integrierten nordamerikanischen Lieferketten zu stören und die Inflation anzuheben.

Zusätzliche Beweise für die Verwundbarkeit der USA

Die Importabhängigkeit der USA geht über Schlagzeilen hinaus. Smartphones, die 9 % der US-Importe aus China ausmachen, haben keine unmittelbaren inländischen oder alternativen Beschaffungsmöglichkeiten. Ebenso sind Batterien für Elektrofahrzeuge – ein wachsender Sektor – stark auf chinesische Produktion angewiesen. Im Jahr 2024 übertrafen US-Importe chinesischer Elektronik und Konsumgüter die chinesischen Importe von US-Sojabohnen (14 Milliarden Dollar) und Pharmazeutika bei weitem, was eine Asymmetrie unterstreicht, die Zölle eher verschärfen als lösen. Chinas Fähigkeit, Exporte über Länder wie Vietnam umzuleiten, wie während Trumps erster Amtszeit gesehen, verdünnt die Wirkung der Zölle weiter, während die USA Schwierigkeiten haben, verlorene Lieferketten zu ersetzen.

Fazit

Trumps Zollkrieg scheint in einer „beggar thy neighbor“-Mentalität, verwurzelt. Dabei wird Chinas Widerstandsfähigkeit unterschätzt und der Einfluss der USA überschätzt. Chinas diversifizierter Handel, staatlich gestützte Anpassungsfähigkeit und reduzierte Abhängigkeit vom US-Markt positionieren das Riesenland, diesen Sturm, ohne die staatliche Existenz bedrohenden Probleme zu überstehen. Die USA, die auf vielerlei Weise von chinesischen Importen abhängig sind und keinen klaren, und vor allem, keinen schnellen Weg zur Selbstversorgung haben, riskieren wirtschaftliche Isolation und Niedergang.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: AndryDj / Shutterstock.com


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