Eine Rezension von Christian Wagner.
In einer Ära des globalen politischen Umbruchs präsentiert die von Gabriele Gysi kuratierte Sammlung eine eingehende Analyse, verfasst von Heike Egner, Anke Uhlenwinkel, Christoph Lövenich und Roberto De Lapuente. Das Werk, betitelt "Der Fall Ulrike Guérot – Versuch einer öffentlichen Hinrichtung", wirft einen reflektierten Blick auf eine der essenziellen Fragestellungen unserer Zeit: die Abgrenzung zwischen objektiver, faktenbasierter Wahrheit und politisch motivierter, subjektiver Beeinflussung.
Die Autoren zeichnen ein schockierendes Bild davon, wie im Fall Ulrike Guérot eine herausragende Akademikerin aufgrund vermeintlich "falscher" Meinungen gezielt aus dem akademischen Kontext verdrängt wird. Die fundierte Analyse stützt sich auf empirische und akademische Untersuchungen, wodurch deutlich wird, dass seit 2020 vermehrt "ideologische Unbotmäßigkeiten" als maßgeblicher Grund für Entlassungen und Degradierungen gelten. Diese Entwicklung erzeugt eine Atmosphäre der Unsicherheit und betont die Instrumentalisierung von falschen Werten als Rechtfertigung für disziplinarische Maßnahmen.
Die Autoren heben die Bedeutung herausragender Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Galileo Galilei, Marie Curie oder Alfred Wegener hervor, die gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Perspektiven maßgeblich zum gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen haben. Nun werden im Kontext von Genderfragen, Migration, Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie und Klimawandel "ideologische Unbotmäßigkeiten", also Meinungen, die nicht der herrschenden Unterworfen sind, als Ursache für Entlassungen identifiziert. Der Einfluss der Cancel Culture auf den öffentlichen Diskurs wird dabei deutlich dargestellt.
Besonderes Augenmerk wird auf den Plagiatsvorwurf gegen Ulrike Guérot gelegt, den Christopher Lövenich als strategisches Instrument zur Marginalisierung und Beseitigung ihrer Position interpretiert. Dies unterstreicht die Suche nach alternativen Gründen, um Akademiker mit abweichenden Meinungen zu eliminieren, wie die Rezensentin durch Beispiele wie falsche Reisekostenabrechnungen und Steuerfehler verdeutlicht. Ulrike Guérot ist nicht nur eine Akademikerin, sondern eine profilierte Persönlichkeit, die sich durch zahlreiche TV-Auftritte und fundierte Positionen zu gesellschaftlichen Konflikten ausgezeichnet hat. Trotz ihrer fachlichen Kompetenz wurde sie angegriffen, was in einer öffentlichen Hinrichtung und dem Ende ihrer Karriere gipfelte.
Insgesamt liefert "Der Fall Ulrike Guérot – Versuch einer öffentlichen Hinrichtung" eine tiefgehende Analyse über den Umgang mit Dissens in der heutigen Zeit. Das Werk regt zu einer kritischen Reflexion über die Mechanismen der öffentlichen Meinungsbildung und deren Auswirkungen auf individuelle Freiheiten an.
Neue Überwachungsstrukturen in Deutschen Hochschulen: Beispiel Anhand chinesischer Studenten
Die jüngsten Veröffentlichungen der Bundesregierung und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) bieten einen aufschlussreichen Einblick in die Kreation von neuen Strukturen in deutschen Hochschulen, die zur Überwachung von chinesischen Studenten dienen.
So werfen die im Januar 2024 veröffentlichten Handlungsempfehlungen des DAAD für deutsche Hochschulen über „Die akademische Zusammenarbeit mit China realistisch Gestalten“ kritische Fragen auf. Die vorgeschlagene Prüfung und transparente Durchleuchtung der Finanzierung chinesischer Stipendiaten an deutschen Hochschulen, wie auf Seite 14 empfohlen, deutet auf einen verstärkten Fokus auf Überwachung hin. So wird zudem vorgeschlagen, bürokratische Hürden zu erhöhen. So kann Bürokratie zur Vermeidung der Kooperation genutzt werden. Und genau dieses Beispiel wirkt wie eine Reaktion auf die vermeintliche Gefahr ideologisch unkorrekter Studierender aus China, oder gar angeblicher Spione. Nach über 40 Jahren akademischer Kooperation zwischen China und Deutschland treten reine Spekulationen zutage, indem sämtliche Studierende unter den Generalverdacht der Spionage gestellt werden. Das zeigt sich auch am Beispiel der getrennten Städtepartnerschaft zwischen Kiel und Qingdao, wo Qingdao angeblich die Städtepartnerschaft für militärische Zwecke nutzt. Diese Begründungen erscheinen als reine Spekulationen und emotionalisierte Argumentationen, um neue Strukturen gegen ideologische Feinde zu schaffen.
Die Ideologisierung und emotionale Überwachungsmentalität werden besonders deutlich bei den Fragen 21 bis 24 der Kleinen Anfrage der CDU in der Drucksache 20/9815 an die Bundesregierung. Die Bundesregierung unterstreicht die Notwendigkeit, das "Risikomanagement" deutscher Hochschulen zu intensivieren, mit der Behauptung, dass chinesische Stipendiaten zwangsläufig mit militärischen Komplexen in Verbindung gebracht werden könnten. Interessanterweise nutzen deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen bereits intensiv die Sensibilisierungs- und Austauschangebote der Nachrichtendienste des Bundes, um sich umfassend im Kontext China zu informieren.
Überwachungsstrukturen auch gegen eigene Leute?
In einem abschließenden Fazit wird deutlich, dass die Darstellung chinesischer Studierender und die institutionelle Untersuchung im Zusammenhang mit dem Fall Ulrike Guérot aufzeigen, dass institutionelle Organisationen in Deutschland und die Regierung selbst aktiv danach streben, Überprüfungen und Kontrollen gegenüber deutschen Staatsbürgern selbst, sowie internationalen Studierenden zu intensivieren. Diese Entwicklungen suggerieren, dass ideologische Feinde gezielt ausgeschlossen und angegriffen werden sollen, um die herrschende Meinung und Vormachtstellung beizubehalten.
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Hier der Link zum Buchkauf: https://www.westendverlag.de/buch/der-fall-ulrike-guerot/ Hier der Link zum Interview mit Ulrike Guérot bei apolut: https://staging.apolut.net/im-gespraech-ulrike-guerot/ +++
Christian Wagner, Jahrgang 1995, lebt in Peking. Er hat bereits viele Jahre für die deutsche Maschinenbauindustrie gearbeitet und absolviert nun den Master of Laws in chinesischem Recht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Volksuniversität Chinas. In seiner letzten Position hat er wirtschaftliche, politische und akademische Kooperationen zwischen der Volksrepublik China und anderen asiatischen Staaten auf der einen Seite sowie Europa und Deutschen Unternehmen auf der anderen Seite ermöglicht.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: apolut
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