Artikel

BRICS schlagen zurück: Neues Zahlungssystem stellt westliche Dominanz infrage | Von Felix Abt

BRICS schlagen zurück: Neues Zahlungssystem stellt westliche Dominanz infrage | Von Felix Abt

Die SWIFT-Alternative CIPS der BRICS-Länder ist nun in Betrieb – eine tiefgreifende Veränderung, die der Westen offenbar übersehen hat und zu seinem eigenen Nachteil ignorierte.

Ein Meinungsbeitrag von Felix Abt.

Letzte Woche ereignete sich einer der wichtigsten geopolitischen Umbrüche des Jahres 2025 – nahezu unbeachtet von westlichen Medien: Der BRICS-Block – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – hat offiziell ein neues globales Zahlungssystem gestartet, das mehr als 180 Ländern ermöglicht, Handel in chinesischer Währung abzuwickeln und den US-Dollar vollständig zu umgehen (1). Es gab keine Eilmeldungen, keine Krisenbriefings von Think-Tanks, keine Primetime-Diskussionsrunden. Dennoch könnten die Auswirkungen dieser Entwicklung langfristig weit weitreichender sein als viele der wirtschaftlichen Schlagzeilen, die derzeit die westlichen Nachrichten dominieren.

Ein Großteil der westlichen Diskussion über China dreht sich weiterhin um vertraute Narrative – Jugendarbeitslosigkeit, demografischer Rückgang oder Chinas unaufhörlicher Drang zur Fabrikautomatisierung.

Themen wie Jugendarbeitslosigkeit oder Bevölkerungsrückgang in China sind zweifellos relevant – auch wenn sie im Vergleich zu anderen ostasiatischen Ländern nicht außergewöhnlich erscheinen. Oft verbergen sie jedoch einen tiefergehenden, global bedeutsamen Trend: China hat das letzte Jahrzehnt damit verbracht, die weltweit umfangreichste Nicht-Dollar-Finanzinfrastruktur aufzubauen (2). Was einst als peripheres Experiment abgetan wurde, hat sich still und leise zu einem weitläufigen, voll funktionsfähigen globalen System entwickelt. Dies überraschte viele Beobachter, da China nicht wie im Westen häufig der Fall von gelernten Juristen und Bankern, sondern von Ingenieuren geführt wird.

Im Zentrum dieser Transformation steht CIPS, das Cross-Border Interbank Payment System, Chinas Alternative zu SWIFT. Historisch als technische Kuriosität betrachtet, verbindet CIPS heute Tausende von Finanzinstitutionen auf fast jedem Kontinent (3) und verarbeitet jährlich mehrere Dutzend Billionen Renminbi (RMB) (4). Mit der Übernahme von CIPS als Rückgrat des neuen Zahlungsnetzwerks durch BRICS ist ein ursprünglich auf China-zentrierter Handel ausgelegtes System zur Architektur eines parallelen globalen Finanzsystems geworden – eines, das unabhängig von US-Kontrolle operieren kann.

Länder in Afrika, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Südostasien suchen zunehmend nach Alternativen zu einer dollar-dominierten Ordnung, die anfällig für Sanktionen und politischen Druck ist. Prognosen führender Wirtschaftsinstitutionen spiegeln diese Dynamik wider: BRICS+ könnte bis zur Mitte des Jahrhunderts fast die Hälfte des globalen BIP ausmachen, während der Anteil der G7 unter 20 Prozent fallen könnte (5). Selbst Frankreich, ein Gründungsmitglied der G7, hat die Idee geäußert, China zum Gipfel 2026 einzuladen – ein Gedanke, der vor zehn Jahren undenkbar gewesen wäre (6).

Auf finanzieller Ebene ist die Nachfrage nach RMB-denominierten Produkten stark gestiegen. Mehr Länder leihen, verleihen und wickeln Handel in RMB ab als je zuvor. Jahre lang argumentierten Kritiker, der RMB könne ohne vollständige Konvertierbarkeit keine echte Weltwährung werden. Doch die Daten erzählen inzwischen eine andere Geschichte. Chinesische Banken haben ihre RMB-Kredite, -Einlagen und -Anleihebestände im Ausland deutlich ausgeweitet und ihr Offshore-RMB-Geschäft in wenigen Jahren vervierfacht (7). Entwicklungsländer setzen zunehmend auf RMB-Finanzierung, um sich vor Dollar-Volatilität und US-Geldpolitik zu schützen.

Diese Verschiebung zeigt sich in konkreten Entscheidungen: Kenia, Angola und Äthiopien haben große Kredite vom USD auf RMB umgestellt; Indonesien und Slowenien haben RMB-denominierte Anleihen ausgegeben; die kasachische Entwicklungsbank hat kürzlich Milliarden RMB auf Offshore-Märkten zu wettbewerbsfähigen Renditen aufgenommen (8); China und Südkorea erneuerten ein massives Währungsswap-Abkommen, das bilateralen Handel ermöglicht, den Dollar vollständig zu umgehen (9).

Diese Finanzströme spiegeln eine umfassendere Neuordnung wider, besonders deutlich in Asien. Nach einer Welle US-amerikanischer diplomatischer Aktivitäten in Südostasien hat die ASEAN stillschweigend ihr Freihandelsabkommen mit China aufgewertet – ein klares Zeichen für die tiefe wirtschaftliche Integration der Region mit Peking.

Mit einer Gesamtbevölkerung von 670 Millionen und einer Wirtschaftskraft von über 10 Bio. USD in Kaufkraftparität (KKP) zählt die ASEAN zu den 5.–6. größten Wirtschaftsregionen weltweit und ist seit mehreren Jahren Chinas größter Handelspartner, mit einem bilateralen Handel von mehr als 770 Mrd. USD (10). Kurz nach Unterzeichnung des Abkommens gab Indonesien seine erste große RMB-“Dim-Sum”-Anleihe aus. Die Nachfrage der Investoren übertraf die Erwartungen bei weitem und verdeutlicht, wie weit RMB-Instrumente inzwischen in aufstrebendem Asien normalisiert sind (11).

Auch die institutionelle Infrastruktur, die diesen Wandel stützt, wächst schnell. Globale Zahlungsdaten zeigen, dass der Anteil des RMB am Handelsfinanzierungsvolumen in den letzten Jahren vervierfacht wurde und nun hinter dem Dollar weltweit den zweiten Platz einnimmt (12). Grenzüberschreitende RMB-Zahlungen erreichen Rekordwerte, und CIPS ist inzwischen in mehr als 180 Ländern aktiv. BRICS-Entwicklungsbanken vergeben zunehmend Kredite in RMB und verankern die Währung in multinationalen Infrastrukturprojekten. China und Südafrika haben kürzlich den ersten BRICS-Entwicklungskredit vollständig in RMB abgeschlossen – eine Vereinbarung, die unter der alten dollarzentrierten Ordnung nahezu unmöglich gewesen wäre (13).

Zusammen betrachtet deuten diese Entwicklungen auf einen unmissverständlichen Trend hin: Etwa eine von zwölf globalen Handelsgeschäften wird inzwischen in RMB abgewickelt, und dieser Anteil wächst schnell (14). Mit der Inbetriebnahme des BRICS-Zahlungssystems dürfte sich die Diversifizierung weg vom Dollar noch beschleunigen.

Für viele aufstrebende Volkswirtschaften markiert dieser Moment den Beginn echter finanzieller Autonomie – eine Gelegenheit, sich zu entwickeln, zu finanzieren und Geschäfte abzuwickeln, ohne auf eine einzige Währung oder eine einzige geopolitische Sphäre angewiesen zu sein. Diese Länder bilden das Rückgrat globaler Lieferketten und sind entscheidende Lieferanten von Energie, Rohstoffen und Fertigprodukten. Ihre finanzielle Entwicklung ist nicht nur für ihre eigene Zukunft relevant, sondern für die wirtschaftliche Stabilität der gesamten Welt.

Die Ära des Dollars wird nicht über Nacht enden – doch still und stetig entsteht ein multipolares Finanzsystem, vorangetrieben vom Globalen Süden oder der Globalen Mehrheit. Die Welt verändert sich: Der Dollar mag noch herrschen, doch die Zukunft gehört diesem neuen System.

Quellen und Anmerkungen

Felix Abt ist ein in Vietnam ansässiger Unternehmer, Autor und Reiseblogger (youtube.com/@lixplore).

(1) MeObserver. BRICS Expands Yuan Payments Network to 185 Nations. 2025.

(2) SWP Berlin. China’s Currency Campaign and Global Financial Strategy. 2024.

(3) China Daily. CIPS Cross-Border Payments System Annual Report. 2024.

(4) Ibid.

(5) Financial Times. China’s Global RMB Loans Quadruple in Five Years. 2025.

(6) The Guardian. France Floats Inviting China to 2026 G7 Summit. 2024.

(7) Financial Times. China’s Global RMB Loans Quadruple in Five Years. 2025.

(8) MeObserver. BRICS Expands Yuan Payments Network to 185 Nations. 2025.

(9) Jamestown Foundation. Hong Kong’s Pivotal Role in RMB Internationalization. 2023.

(10) MeObserver. BRICS Expands Yuan Payments Network to 185 Nations. 2025.

(11) Financial Times. Indonesia Issues First RMB ‘Dim Sum’ Bond. 2025.

(12) SWIFT Institute. Global Trade Finance Currency Usage Report. 2025.

(13) MeObserver. BRICS Expands Yuan Payments Network to 185 Nations. 2025.

(14) SWIFT Institute. Global Trade Finance Currency Usage Report. 2025.

+++

Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

+++

Bild: KI-generiertes Bild: Illustration zeigt Bedrohung des US-Dollars als Weltleitwährung: Geschäftsleute mit den Flaggen der BRICS-Staaten in der Hand zeigen auf Geschäftsmann mit US-Flagge auf der anderen Seite eines Grabens

Bildquelle: rudall30 / shutterstock


+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit der:

Spenden-Kryptowährung „Nackte Mark“: https://apolut.net/unterstuetzen/#nacktemark

oder mit

Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoin

Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/

+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.

+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/

+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut

SWIFT CIPS China Renminbi Cross-Border Interbank Payment System US-Dollar