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August 1914: Der verzerrte Ursprung unserer Gegenwart - Teil 5 | Von Wolfgang Effenberger

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Teil 5: WKI: Debüt für die Warburg- und Dullesbrüder (1900-1919)

Ein Standpunkt von Wolfgang Effenberger. 

Der Erste Weltkrieg war für die aus New York stammenden Dulles- wie die in Hamburg aufgewachsenen Warburg-Brüder der Ausgangspunkt für ihre später außerordentlich einflussreichen Karrieren im transatlantischen Netzwerk von Banken, Geheimdienste(n) und Diplomatie. Alle spielten erstmals im Umfeld der Pariser Friedenskonferenz bzw. der internationalen Finanzwelt eine Rolle, wobei sie die dort geknüpften Kontakte systematisch für den weiteren Aufstieg und spätere politische Machtpositionen nutzten.

Warburg (Hochfinanz)

Die Hamburger jüdische Bankiersfamilie Warburg gehörte schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Familien des jüdischen Bürgertums, von denen einige schon früh in den Adelsstand erhoben worden.

Als erster Jude war am 8. März 1872 Gerson Bleichröder, Eigentümer des Bankhauses S. Bleichröder, in den erblichen Adelsstand erhoben worden. Er spielte eine wichtige Rolle als Bankier Otto von Bismarcks und war finanziell an den preußisch-österreichischen und deutsch-französischen Kriegen beteiligt. Der bedeutende Bankier und Mäzen Abraham Oppenheim wurde 1868 als erster ungetaufter Jude Preußens vom preußischen König Wilhelm I. für seinen maßgeblichen Beitrag zum preußisch-österreichischen 1866 in den Freiherrnstand (Adelung) erhoben. 1907 wurde der bedeutende Bankier Otto Mendelssohn geadelt („von Mendelssohn Bartholdy“). Im katholischen Bayern lagen die Dinge anders. Für Glaubensjuden gab es ein höheres Maß an Emanzipation. So zeigte sich das bayerische Offizierkorps liberaler, weshalb sich viele jüdische "Einjährige" (Freiwilliges Dienstjahr) bei bayerischen Truppenteilen anmeldeten. In Bayern waren somit etwa 2½% der Reserveoffiziere Juden. (1) Das lag über dem Doppelten des Bevölkerungsanteils. Noch liberaler war man in Österreich. Beim deutschen Unternehmertum und den leitenden Angestellten der Textil-, Elektro-, der Metall- und Maschinen- sowie der Fertigwarenindustrie war der jüdische Anteil nicht zu übersehen. Herausragende Beispiele sind Ludwig Loewes Maschinenbauunternehmen oder Emil Rathenaus AEG. (2) Mit den jüdischen Familien wie die Barnays, Mendelssohns, Pringsheims und den Rathenaus und waren die Warburgs vor allem in Deutschland Mitgestalter der Geschichte, der Wirtschaft und der Kultur.

Die prominenten Warburg-Brüder, insbesondere Paul, Max und Felix Warburg, spielten im Umfeld des Ersten Weltkriegs erstmals eine größere internationale Rolle:

Paul Moritz Warburg (1868-1932)

war als (in den USA lebender) deutschstämmiger Bankier einer der Schöpfer des Federal Reserve Systems und nutzte seine internationalen Kontakte während des Krieges intensiv, um Finanzströme und politische Entscheidungen zu beeinflussen.

Max Moritz Warburg (1867-1946)

Hatte sein Freiwilligenjahr bei einem erlesenen bayerischen Regiment als Unteroffizier abgeschlossen und wurde nach weiteren Übungen Offiziersaspirant der Kavallerie. Er wurde in Deutschland einer der wichtigsten Bankiers und spielte während des Ersten Weltkriegs als wirtschaftspolitischer Berater des Kaisers und Vertreter des neutralen Kapitals eine zentrale Rolle. Auch er war nach Kriegsende in transatlantischen Finanzbeziehungen und internationalen wirtschaftlichen Gremien aktiv.

Felix Moritz Warburg (1871-1937)

war ein deutsch-amerikanischer Bankier und Mäzen, dessen ehemaliges Wohnhaus heute das jüdische Museum in New York beherbergt. Felix Warburg war seit den 1890er Jahren Partner und später führender Seniorpartner des New Yorker Investmenthauses Kuhn, Loeb& Co.; seine Verbindung war sowohl beruflich (Partnerschaft und Leitung) als auch familiär (Heirat der Tochter des Seniorpartners Jacob H. Schiff) mit der Bank eng verflochten.

Dulles (US-Außenpolitik und Geheimdienst)

Der Vater der Dulles-Brüder, Allen Macy Dulles, war ein presbyterianischer Geistlicher. Die Familie lebte in einer wohlhabenden und einflussreichen Umgebung, geprägt von religiöser Disziplin und politischen Verbindungen. Im Sommer verbrachten sie oft Zeit bei ihrem Großvater John W. Foster (Bürgerkriegs-Oberst, Anwalt und Diplomat)) in Washington, D.C., und die Jungen früh in diplomatische Kreise einführte.

Als Neffen des US-Außenministers Lansing spielten sie schon auf den Friedenskonferenzen in Paris 1919 eine bedeutende Rolle. Ihr Einfluss auf die US-Politik in den 1950er Jahren kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

John Foster Dulles (1888-1959)

prägte als Außenminister der USA unter Präsident Eisenhower in den 1950er Jahren maßgeblich die Außenpolitik der Vereinigten Staaten und somit auch die der Bundesrepublik

Allen Welsh Dulles (1893-1969)

operierte Ende des 1. Weltkriegs von der Schweiz aus gegen das deutsche Kaiserreich und leitete von 1953 bis 1961 die Central Intelligence Agency (als am längsten amtierender CIA-Direktor.

Während die Dulles-Brüder unter protestantischer Strenge aufwuchsen und von ihrem Großvater, John W. Foster (Bürgerkriegs-Oberst, US-Außenminister 1892/93) und ihrem Onkel Robert Lansing (US-Außenminister 1915/20) sowohl intellektuell wie weltlich gefördert wurden, hatten die fast eine Generation älteren Warburg-Brüder schon beachtliche Karrieren in der internationalen Bankenwelt vorzuweisen. Von den großen jüdischen Bankiersfamilien hatte nur noch die Warburgs ihre Bindung zum Judentum bewahrt.

Paul Warburg mit Colonel House Motor der Fed-Gründung 1913

Die wichtigsten persönlichen und beruflichen Meilensteine, die die Debüts der Warburg-Brüder im Kontext des Ersten Weltkriegs markierten, lassen sich vor allem am Beispiel von Paul Moritz Warburg darstellen.  

Er gilt als einer der Hauptinitiatoren der Gründung der US-Zentralbank Federal Reserve im Jahr 1913. Nach dem Ersten Weltkrieg war er neben Colonel House, der rechten Hand von US-Präsident Woodrow Wilson, auch an der Gründung des Council on Foreign Relations beteiligt, ein bis heute bedeutenden, parteiübergreifenden politikberatenden Kreises in den USA. 1895 heiratete er Nina Loeb, die Tochter seines Geschäftspartners Solomon Loeb. Als Partner des Bankhauses Kuhn, Loeb und Company gehörte Paul zum sechsköpfigen Verschwörerteam von Jekyll Island. Dort hatten sich unter dem Vorsitz von John D. Rockefellers Schwiegervater, US-Senator Nelson W. Aldrich, Braham Andrew (Assistent des Bundesministers der Finanzen und Berater in der National Monetary Commission), Henry Pomeroy Davison (Partner im Bankhaus J. P. Morgan), Benjamin Strong (Vize-Präsident der Banker’s Trust Company), Frank A. Vanderlip (Präsident der National City Bank) und Paul Warburg konspirativ zur Beratung über ein Zentralbank-System versammelt. Sein Biograph Charles Seymor bezeichnete Paul Warburg als den “unsichtbaren Schutzengel” des Federal Reserve Act. In der Abfassung der Gesetzesvorlage und der notwendigen Manöver im Kongress habe House ständig in Kontakt, dem republikanischen Senator aus Massachusets, gestanden.

Am 17. November 1913 – fünf Wochen vor der Gründung der Fed – hatte Colonel House ein Treffen mit McAdoo (Finanzminister unter Woodrow Wilson) und Warburg vereinbart, der über die Währungssituation beunruhigt war und um ein Gespräch mit Jacob Schiff und Cleveland H. Dodge nachgesucht hatte. Warburg übernahm den größten Teil des Gesprächs. Er hatte einen neuen Vorschlag zur Gruppierung der regionalen Reservebanken, um die Einheiten zusammenzuschweißen und den Kontakt zum Federal Reserve Board zu erleichtern. Jacob Schiff war mit der Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme nicht einverstanden. Er war der Meinung, dass die regionalen Reservebanken auf vier reduziert werden sollten und es dabei bleiben sollte. (3) Schon im Jahr 1913 gingen bereits siebzig Prozent des gesamten US-Exportes als Rüstungslieferungen nach Frankreich und England. Mit dem zunehmenden Rauch der Schornsteine wuchs auch die Zufriedenheit.

Am 23. Dezember 1913, dem Tag der Verabschiedung des Gesetzes, schrieb Jacob Schiff an Colonel House:

„Wir alle wissen, dass ein vollkommen perfekter Gesetzentwurf, der alle zufriedenstellt, unmöglich gewesen wäre, und ich bin mir ziemlich sicher, dass faire Menschen zugeben werden, dass wir ohne die Entschlossenheit des Präsidenten wahrscheinlich überhaupt keine Gesetzgebung gehabt hätten. Der Gesetzentwurf ist in vielerlei Hinsicht gut, jedenfalls gut genug, um damit zu beginnen und aus der Erfahrung zu lernen, in welchen Bereichen er noch verbessert werden muss, was wir dann zu gegebener Zeit auch tun werden. Auf jeden Fall haben Sie persönlich gute Gründe, mit dem Erreichten zufrieden zu sein, und ich vertraue darauf, dass dieses Gefühl Ihre Festtagsstimmung noch steigern wird.“ (4)

Zwischen Jacob Schiff und Paul Warburg bestand eine enge verwandtschaftliche Beziehung durch Heirat: Paul Warburgs Bruder, Felix M. Warburg, heiratete Frieda Schiff, die Tochter von Jacob Schiff. Paul Warburg selbst heiratete Frieda Loeb, ebenfalls aus der Bankiersfamilie Loeb, zu der auch Jacob Schiff über seine eigene Ehe Verbindungen hatte. Dadurch war Bruder Felix zugleich Schwager und Neffe.

Seinem wichtigsten Mitarbeiter verhalf Colonel House dann auch zu einem einflussreichen Posten in der Fed. Nach dem Abendessen am 28. April 1914 gingen House und sein Präsident ins Oval Office, lasen gemeinsam die mexikanischen Depeschen und machten sich anschließend an die eigentliche Arbeit des Federal Reserve Board. Wilson nahm seinen Stift und schrieb die Namen auf: zuerst Richard Olney, dann Paul Warburg, Harding, Wheeler und Miller. Er wandte sich House zu und sagte: „Wem würden Sie die zehnjährige Amtszeit geben?“ er riet ihm, sie Miller zu geben, was er auch tat. Er gab Olney die zweijährige Amtszeit, Warburg vier Jahre, Harding und Wheeler die sechs- und achtjährige Amtszeit. House sagte ihm, dass er McAdoo Hamlin bevorzugte. Wilson antwortete: „Aber ich bevorzuge Olney, und ich bin zufällig der Präsident.“ Er sagte auch: „McAdoo glaubt, wir würden einen Gesellschaftsclub gründen.“ Das lag natürlich daran, dass McAdoo konsequent auf einen Vorstand gedrängt hatte, der mit ihm harmonisch zusammenarbeiten würde. Nachdem Olney die Berufung nicht annehmen konnte, wurde gemäß McAdoos Wunsch der stellvertretende Finanzminister Hamlin ernannt, den McAdoo aus dem Finanzministerium herausholen und in den Vorstand berufen wollte.

Eine weitere Änderung in der ursprünglichen Zusammensetzung des Vorstands ergab sich aus der Unfähigkeit von Herrn Wheeler, sein Amt auszuüben. Nach einiger Verzögerung wurde der Posten an F. C. Delano aus Chicago vergeben. (5) Er stammte aus einer bekannten Familie, war Onkel von Franklin Delano Roosevelt und hatte vor seinem Dienst in der Notenbank eine bedeutende Karriere als Eisenbahnmanager in Chicago gemacht.  (6)

Während Paul Warburg mit McAdoo eine entscheidende Rolle im ersten Governing Board der Notenbank spielte (McAdoo als Finanzminister und Warburg als Finanzexperte mit internationaler Erfahrung) hatte der Bruder Max Warburg eine führende Position innerhalb der Familie und ihres Bankhauses M. M. Warburg & Co. erklommen. Er hatte nach einer fundierten Ausbildung internationale Erfahrungen in wichtigen Finanzzentren Europas gesammelt, bevor er 1893 Teilhaber des Familienbankhauses wurde. Damit begann sein Aufstieg zum bedeutenden Bankier und Wirtschaftsexperten mit internationalem Format.

Um die Jahrhundertwende erlangte er als Vorstandsmitglied im Zentralverband des Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes sowie im Zentralausschuss der Reichsbank große Bedeutung, was seinen Einfluss in der deutschen Finanzwelt enorm stärkte.

Vor dem Ersten Weltkrieg war Max Warburg bereits ein hoch angesehener Finanzier mit umfangreichen internationalen Kontakten, u.a. in die USA und Russland. Er baute das Bankhaus zu einem weltweit angesehenen Finanzinstitut aus und war zudem politischer Berater und Netzwerker in Deutschland.

Felix Moritz Warburg (1871–1931) war inzwischen Partner im amerikanischen Bankhaus Kuhn, Loeb & Co. in New York, einem der führenden Finanzinstitute der damaligen Zeit. Auch er war ein bedeutender Bankier mit internationalem Einfluss. (7) Somit gehörten die Warburg-Brüder Paul, Max und Felix (der vierte Bruder Aby Moritz Warburg war Kunsthistoriker und kein Bankier) zu den einflussreichsten Machtfiguren des 20. Jahrhunderts im Bereich der internationalen Finanzwelt. (8)

Die Warburg-Brüder prägten durch ihre Tätigkeit in den Finanzzentren Hamburg und New York die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts erheblich. Ihre Verbindungen und ihr Einfluss reichten weit in wirtschaftliche, politische und kulturelle Bereiche hinein. (9)

Der Erste Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 lehnte Max Warburg das Angebot ab, deutscher Botschafter in Washington zu werden, und konzentrierte sich stattdessen auf die Wirtschaft und die Leitung des Bankhauses M. M. Warburg & Co., das während des Krieges immer stärker in Regierungsangelegenheiten eingebunden wurde. Max Warburg war ein patriotischer Unterstützer des Deutschen Kaiserreichs und engagierte sich für die Finanzierung von Kriegsanleihen, die für die Kriegsführung essentiell waren. 1915 wurde Max Warburg in den Beirat des Kriegsernährungsamts berufen. Dort half er zusammen mit anderen, die Lebensmittelversorgung trotz Blockaden zu organisieren und Devisen für ausländische Nahrungsmittelimporte bereitzustellen. Das Bankhaus war außerdem intensiv an der Finanzierung staatlicher Projekte und strategischer Industrien beteiligt, was seine Rolle als zentrale Institution für die Kriegswirtschaft unterstrich. Durch die starke Vernetzung in Wirtschaft und Politik sowie die Präsenz in zahlreichen Aufsichtsräten übte die Warburg-Familie erheblichen Einfluss auf die deutsche Wirtschaftspolitik während des Krieges aus. Sie beeinflusste die deutsche Wirtschaft im Ersten Weltkrieg vor allem durch ihre zentrale Rolle bei der Finanzierung von Kriegsanleihen, der Organisierung der Nahrungsmittelversorgung und der engen Zusammenarbeit mit der Regierung des Kaiserreichs (10) und trug wesentlich zur Stabilisierung und Ausstattung der deutschen Kriegsmaschinerie bei. (11)

Paul Warburg, von Wilhelm II. 1912 ausgezeichnet, nutzte während des Krieges seine transatlantischen Verbindungen, um deutsche Interessen in den USA zu vertreten und sich in internationalen Finanzkreisen zu positionieren. Damit markierte der Erste Weltkrieg für die Warburg-Brüder ihr Debüt als einflussreiche Akteure im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und internationaler Finanzwelt. Sie etablierten sich nun dauerhaft als zentrale Figuren in den transatlantischen Netzwerken, die auch die Weimarer Republik und das folgende Jahrzehnt prägten.

Für John Foster und Allen Welsh Dulles bot der erste Weltkrieg die Chance, auf großer Bühne zu debütieren. John Foster war aufgrund seiner Sehschwäche kriegsuntauglich. Sein »Onkel Bert«, der US-Außenminister Lansing sorgte dafür, dass er als Hauptmann Rechtsberater des neu installierten War Trade Board (WTB) wurde. Es hatte die Aufgabe, die Streitkräfte effizient mit Kriegsmaterial zu versorgen. John Foster sorgte insbesondere dafür, dass amerikanische, aber auch alliierte Versorgungsrouten nicht durch deutsche Aktivitäten gefährdet wurden. Seine Leistungen brachten ihm die Aufmerksamkeit einflussreicher Wirtschaftskreise und herausragender Persönlichkeiten ein.

Ein halbes Jahr später wurde das Board unter einem der bekanntesten Finanziers der damaligen Zeit, Bernard M. Baruch (1870–1965), reorganisiert. Foster fand in ihm einen Mentor, ein Vorbild und einen Seelenverwandten. Später gab ihm Baruch den entscheidenden Impuls für den Aufstieg an die Spitze der internationalen Diplomatie.

Allen Dulles begann seine Karriere ebenfalls im Dienst der Regierung.

Schon 1917 wurde er als Spionage-Koordinator auf eine geheime Mission nach Wien geschickt, um Österreich-Ungarn zur Abkehr vom Deutschen Reich zu bewegen. Nach dem Kriegseintritt der USA wechselte er als US-Diplomat nach Bern in die Schweiz. Seine Aufgabe lag vorrangig in der Informationsbeschaffung und Übermittlung zwischen der amerikanischen Regierung und verschiedenen europäischen Akteuren. Er kam dabei aber auch mit der komplizierten politischen Gemengelage um das Ende des Kaiserreichs und die Revolution in Deutschland in Berührung. Während dieser Zeit stand Dr. George D. Herron als wichtigster inoffizieller Vertrauter von US-Präsident Woodrow Wilson in Genf im Zentrum informeller Kontakte zwischen amerikanischen und deutschen Kreisen.

Herron galt als "persönlicher Emissär Wilsons", hatte aber einen eigenständigen Wirkungsbereich und war selbst der deutschen Regierung zeitweise verdächtig, Kontakte zu exilierten republikanischen Deutschen zu pflegen und gegen das Kaiserreich zu agitieren. (12) Es existieren Hinweise darauf, dass Allen Dulles und George Herron beide zur gleichen Zeit in der Schweiz daran arbeiteten, das Ende des Kaiserreichs und den politischen Wandel in Deutschland zu unterstützen. Am 17. November 1918 verlangte Herron vom bayerischen Revolutions-Ministerpräsidenten Kurt Eisner den Nachweis einer deutschen Kriegsschuld, dem 6 Tage später Eisner in der Bayerischen Staatszeitung nachkam, indem er die Berichte des Geheimrats von Schoen verfälschte. (13) Konkrete gemeinsame konspirative Aktionen zur aktiven Förderung der Revolution sind jedoch nicht eindeutig nachgewiesen, ihr Wirken lief vielmehr parallel und ergänzte sich im amerikanischen Interesse am Systemwechsel in Deutschland.

Kämpfe zwischen den beiden größten USA-Finanzgruppen Morgan und Warburg

Im Schatten der offiziellen Neutralität der USA im Ersten Weltkrieg bis April 1917 hatten in Wirklichkeit erbitterte Kämpfe zwischen den beiden größten USA-Finanzgruppen Morgan und Warburg und ihren Verbündeten getobt. Sie vertraten unterschiedliche Standpunkte im Verhalten zu den kriegführenden Staaten in Europa. J.P. Morgan war england-freundlich und unersättlich.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte J.P. Morgan beschlossen, die Nordatlantikrouten zu monopolisieren. Im März 1902 kontrollierte Morgans Gruppe bereits alle bedeutenden Schifffahrtsgesellschaften beiderseits des Atlantiks. Die beiden großen deutschen Gesellschaften waren fest in Morgans Hand, und den größten englischen Rivalen, die White Star Line, schluckte er schließlich im Dezember 1902 (1912 Untergang der TITANIC).

Bereits im August 1914 arrangierte Henry Davison, Partner bei J.P. Morgan, in London ein Abkommen mit der Bank of England, das Morgan zum offiziellen Sponsor aller Kredite der britischen Regierung auf dem amerikanischen Markt machte.

J.P. Morgan & Co. unterzeichnete während des Krieges Kriegskredite in Höhe von etwa 1,5 Milliarden US-Dollar für Großbritannien. Außerdem fungierte die Bank als Kredit-Vermittler auch für Frankreich, Russland, Italien und andere Entente-Staaten. Für diese Dienste erhielt die Bank eine Kommission von 8,3%, was über 200 Millionen Dollar Gewinn einbrachte. Die Londoner Finanzwelt koordinierte dabei die Verteilung der Kredite, während die US-Märkte vor allem als Geldquelle dienten. (14)

Diese transatlantische Finanzzusammenarbeit war entscheidend für die Kriegsführung der Entente, da ohne amerikanische Kredite die Alliierten nicht in der Lage gewesen wären, ihre umfangreichen militärischen Operationen über mehrere Fronten zu finanzieren. Gleichzeitig schloss J.P. Morgan & Co. durch Kooperationen mit den Alliierten deutsche Finanzierungsquellen in den USA aus.

Erst mit dem Kriegseintritt der USA 1917 wechselte die Finanzierung der Entente zunehmend von privaten zu staatlichen amerikanischen Krediten. (15)

Eine ganz andere Politik verfolgte das amerikanische Bankkollektiv mit den Bankhäusern Kuhn, Loeb & Co., den bedeutsamen Brüdern Paul M. Warburg und Felix M. Warburg (der u.a. an den europäischen Rothschild-Banken beteiligt war) sowie den Bankiers Otto H. Kahn, Jakob H. Schiff und Moritimer Schiff einigte nicht nur gleiche Interessen, sondern auch verwandtschaftliche Beziehungen. Zu ihnen hatte sich ein Mitglied der Guggenheim-Familie gesellt, an deren Spitze der „Kupferkönig“ stand. Alle standen in Konkurrenz zu Morgans Politik. Paul Warburg war zu der Zeit Leiter des USA-Federal Reserve Boards und faktisch der maßgebende Finanzdirektor. Aus dieser Position heraus versuchte er, die Morgan-Politik zu verhindern. Warburg war Deutschamerikaner. Das Stammhaus der Warburgs befindet sich in Hamburg, wo sein Bruder Max Warburg residierte, der pikanterweise Leiter des kaiserlichen deutschen Spionagedienstes war.

Am 16. März 1917 war Paul Warburg der erste Anrufer bei Colonel House. Was war vorgefallen?

Am 15./16. März 1917 stand US‑Präsident Woodrow Wilson im Zeichen zweier eng verknüpfter Entwicklungen: außenpolitisch die Eskalation durch den uneingeschränkten deutschen U‑Boot‑Krieg und die Zimmermann‑Depesche (Annäherung des Deutschen Reiches an Mexiko), innenpolitisch die Vorbereitung des Kriegseintritts gegen Deutschland, während zeitgleich in Russland der Zar abdankte und die Provisorische russische Regierung entstand. Die Kombination aus U-Boot‑Krieg, Zimmermann-Depesche und der russischen Februarrevolution schuf in der zweiten Märzhälfte den politischen Korridor, in dem Wilson den Kurswechsel von „Frieden ohne Sieg“ hin zur aktiven Kriegsbeteiligung vollzog; ohne die Abdankung des Zaren wäre die demokratische Legitimation schwächer gewesen. In der Folge formulierte Wilson die US‑Kriegsziele in seiner 14‑Punkte‑Rede vom 8. Januar 1918 programmatisch als Kampf für Selbstbestimmung, Freihandel und eine internationale, auf das Völkerrecht gestützte Friedensordnung. Nun konnte Wilson gegen das „autokratische“ Deutschland noch stärker argumentieren. (16) Den Anruf von Paul Warburg fasste House in seinen Memoiren in zwei Sätzen zusammen:

„Er ist sehr fair, obwohl er in seinen Sympathien pro-deutsch ist. Er weiß, dass es im Moment für dieses Land [die Vereinigten Staaten, W.E.] von Vorteil ist, mit den Alliierten zusammenzuarbeiten.“ (17)

Zeitgleich bereitete Wilson den Schritt vor, den Kongress um die Kriegserklärung zu ersuchen, was er am 2. April tat; die Kriegserklärung folgte am 6. April 1917, getragen von der Argumentation, die Freiheit der Seewege und demokratische Prinzipien zu verteidigen.

Christliche und Jüdische Banken stellen ihren Kampf ein

In der berühmten Eisenbahnaktienspekulation zu Beginn des 20. Jahrhunderts rivalisierten Jakob H. Schiff und die Harrimans scharf mit dem „Finanzkönig“ John Pierpoint Morgan I. Es wurde zwar nur ein Remis (verloren hatte nur das breite Publikum), aber Jakob H. Schiff hatte bei dem Star aller Spekulanten einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Mit weiteren erfolgreichen Pokerrunden näherte sich Jakob Schiff und sein Kollektiv langsam, aber bedächtig der Augenhöhe des Riesen. Und mit Kriegsbeginn sollte der entscheidende Coup gelingen: die dauerhafte Verbindung mit Morgan & Co., dem größten Finanzkonzern der Welt. Damit konnte die bisher größte globale Vermögensakkumulation den Giganten Rockefeller mit seiner Standard Oil überflügelt werden.

Morgan war ein Hauptvertreter der sogenannten „christlichen“ Banken, die es darauf angelegt hatten, durch Lieferungen und Anleihen am Krieg gegen Deutschland zu verdienen. Störungen waren nicht erwünscht.

Morgan drängte darauf, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abzubrechen und Vorkehrungen zur Vernichtung des deutschen Kreditmarktes zu treffen. Dieser Kampf tobte jedoch nicht nur zwischen den verschiedenen Bankierspalästen und Regierungsämtern, sondern auch in der amerikanischen Öffentlichkeit. Jeder suchte die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen. Jeder mobilisierte seine Beziehungen, Kräfte und Verbündeten: die „christlichen Banken“ um Morgan für den Krieg gegen Deutschland, die mit Deutschland verbundenen Banken um Warburg gegen den Krieg. Jede Seite zog dazu auch die ihr nahestehenden Kirchen und Religionsgemeinschaften heran. Um die zum Krieg gegen Deutschland drängenden „christlichen Banken“ scharten sich große Kreise der Geistlichkeit der christlichen Kirchen. Für die finanzkapitalistischen Gruppen wie Warburg, die an einem Krieg gegen Deutschland nicht interessiert waren, trat u. a. die Wachtturmgesellschaft (WTG) auf den Plan mit der Aufgabenstellung, gegen jene christlichen Kirchen öffentlich aufzutreten, die zum Krieg gegen Deutschland trieben.

Im Frühjahr 1917 hatte sich die Politik der Kreise um Morgan, die die USA zum Eintritt in den Krieg gegen Deutschland gedrängt hatten, durchgesetzt.

Trotz seiner gewaltigen Geldmacht und der unglaublichen Gewinne, die Morgan als „offizieller Finanzagent der Alliierten“ durch das unvorstellbare Gemetzel jenseits des Ozeans nur so scheffelte, war er in die Bredouille geraten. Seine vermittelten Kredite hatten zwar die traumhafte Höhe von eineinhalb Milliarden Dollar erreicht. Doch für Morgan wurden sie bald zum Alptraum. Die deutschen Kriegserfolge schienen die schwindelerregenden Summen in Rauch aufzulösen. Daneben war der schleppende Absatz von Eisenbahnaktien in Höhe von 400 Millionen Dollar schon vergleichbar harmlos. Morgan handelte und akzeptierte jetzt zähneknirschend die Partnerschaft seines langjährigen und zähen Konkurrenten Kuhn, Loeb & Co. Hatte das Bankenkollektiv angesichts verlockender Gewinne seiner Friedenspolitik über Bord geworfen oder hoffte man so Deutschland nach der nicht mehr aufzuhaltenden Niederlage besser helfen zu können? Den nächsten Zug auf dem Schachbrett machte Morgan oder, genauer, der von diesem für ein Jahressalär von 25.000 Dollar patriotisch eingestimmte Gesandte in London, Walter Hines Page. Der in Morgans Diensten stehende Diplomat schickte seinem Präsidenten am 5. März 1917, einen Monat vor der Kriegserklärung an Deutschland, aus London jene berüchtigte Zimmermann-Depesche. Pages hielt nun den Kriegseintritt der USA zur Rettung der Alliierten, des amerikanischen Geldes und der amerikanischen Wirtschaft für unerlässlich und beschwor andernfalls den augenblicklichen Zusammenbruch.

Die USA erklärten am 6. April 1917 dem Deutschen Reich den Krieg

Der Eintritt der USA in den Krieg 1917 brachte für die transatlantisch aktiven Warburgs wirtschaftliche und familiäre Herausforderungen. Das Federal Reserve Board musste von seinen prodeutschen Mitgliedern gesäubert, das heißt Paul Warburg zum Rücktritt gezwungen werden. Zielstrebig wurde die Vorherrschaft der Finanzkapitalisten um Warburg in der amerikanischen Regierung gebrochen, ihre politische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Deutschland aufgerollt und zerschlagen. Im Ergebnis wurde Paul Warburg als oberster USA-Finanzdirektor gezwungen, sein Amt niederzulegen, und zwar auf Grund seiner geheimdienstlichen und sonstigen Verbindungen zu Deutschland.

Noch ärger traf es den beliebten Kriegsgegner Bob LaFollette; er war im Präsidentenwahlkampf 1912 durch eine Intrige von Theodore Roosevelt Wilson unterlegen. LaFollette widersprach den vorgetragenen Kriegsgründen des Präsidenten und verwies die Lansing-Doktrin, dass die Anwesenheit amerikanischer Staatsbürger an Bord, gleich welchen Schiffs, diesem Immunität verleihe, in den Bereich der Fabel. Er machte öffentlich bekannt „Vier Tage, bevor die Lusitania auslief, wurde Präsident Wilson persönlich von Außenminister Bryan darüber informiert, dass die Lusitania 6.000.000 Schuss Munition geladen hatte, vom Sprengstoff abgesehen; und dass die Passagiere, die mit dem Schiff zu fahren gedachten, dies unter Verletzung der Bestimmungen unseres Landes taten“, wobei LaFollette dann den Sinn des Passagiergesetzes von 1882 erläuterte.

Die Rede löste im Weißen Haus und im Senat Empörung aus. Ein Komitee wurde gebildet, das den Ausschluss des Senators herbeiführen sollte. Um sich vor dem Senat zu rechtfertigen, verlangte Bob LaFollette die vollständigen Ladepapiere der Lusitania. Damit wäre alles ans Licht der Öffentlichkeit gekommen. So wurden die Ladepapiere flugs zu Geheimdokumenten gemacht und der Ausschlussantrag fallen gelassen. Dafür stimmte am 21. September 1917 Präsident Wilson einer bundesweiten „Wachsamkeits-Kampagne“ gegen Bob LaFollette und seine Anhänger zu.

Russische Revolution 1917

Im Juli 1914 hatte Woodrow Wilson angesichts der Kriegsgefahr in Europa einen zwar wohlhabenden, aber gänzlich unbedarften Banker aus St. Francisco, den 57-jährigen George T. Marye, zum US-Botschafter in St. Petersburg ernannt. Die Russen selbst waren nach den zurückliegenden Spannungen mit Amerika an einer Wiederakkreditierung von Botschaftern nicht interessiert. Der Kriegsausbruch veränderte die Einstellung. Brauchte Russland doch von den Vereinigten Staaten Kriegsmaterialien und einen Zugang zu deren Märkten. So hatte der Zar als russischen Botschafter Boris Bakhmeteff nach Washington geschickt.

Ende April 1916 wurde Marye durch den 65-jährigen und gesundheitlich angeschlagenen David Francis als Botschafter abgelöst. Als ältester Botschafter war er in den russischen Revolutionswirren der Doyen des Petersburger Diplomatischen Corps. Das Scheitern der 1. Brussilow-Offensive und die explosionsartig angestiegene Unzufriedenheit der hungernden Massen, führte am 8. März 1917 zum Aufstand in St. Petersburg. Exekutivkomitees des Arbeiterdeputiertenrats wurden gegründet. Die erfolgreiche „Märzrevolution“ von 1917 brachte eine Provisorische Bürgerliche Regierung unter Georgi J. Fürst Lwow hervor. Der Zar musste am 15. März zugunsten seines Bruders, des Großfürsten Michail Alexandrowitsch (1878-1918) abdanken und bereits 24 Stunden später endete mit dem Thronverzicht Michails die über 300-jährige Herrschaft der Romanow-Dynastie.

Während die aus Demokraten und Menschewiken bestehende bürgerlichen Regierung den Ex-Zaren Nikolaus und seine Familie verhaften und in Zarskoje Selo internieren ließ, wurde andererseits ein umfangreiches System von zivilen Freiheiten etabliert. Fundamentale soziale und wirtschaftliche Änderungen sollten von einer zukünftigen konstituierten Versammlung vorgenommen werden. Unter dem sozialistischen Minister Alexander F. Kerenski wurden große Anstrengungen zur Verlängerung des Krieges unternommen. Das konnte zwar die Alliierten zufrieden stimmen, aber keinesfalls die russische Bevölkerung. Der über die Entwicklung erfreute U.S.-Gesandte in Russland, David R. Francis (74), schickte am 19. März 1917 ein Telegramm an Außenminister Lansing:

„Finanzielle Hilfe jetzt von Amerika wäre ein Meisterstück. Vertraulich: Unermesslich wichtig [...], dass die Revolution gelingt.“

Wilson vom Triumph der Subversion in Russland und dem Sturz des alten Zarentums fasziniert, reagierte prompt und schickte bereits drei Tage später als erstes Land seinen Botschafter Davis R. Francis zur Provisorischen Regierung:

„Ich habe die Ehre, als Botschafter und Vertreter der Regierung der Vereinigten Staaten in Russland gemäß den Anweisungen zu erklären, dass die Regierung der Vereinigten Staaten die neue Regierung Russlands anerkannt hat, und ich werde als Botschafter gern den Austausch mit Russland über die neue Regierung fortsetzen.“

Die amerikanischen Regierung verfolgte nun zwei Ziele: Als erstes musste Russland auf Seiten der Alliierten gegen das imperialistische Deutschland den Krieg weiterführen und in zweiter Linie sollten die demokratischen Entwicklungen gefördert werden, wobei die radikalen Bolschewiken mit ihrem Verlangen nach Frieden und ihren fragwürdigen Eigentumsvorstellungen niedergehalten werden mussten. Die von diesen Wünschen des Weißen Hauses geformte Politik musste scheitern, weil das amerikanische Hauptanliegen, die Forstsetzung des Krieges, vom russischen Volk nicht mehr mitgetragen werden konnte. Finanzielle Hilfe wurde angeboten und die notwendigen Verhandlungen in die Wege geleitet, die dann Alexander Kerenski mit einer Reihe von Anleihen (Gesamtsumme von über $190.000.000) erfolgreich abschließen konnte.

Russische Revolution 1917, eine Revolution, die viele Väter hatte 

Im Frühjahr 1917 machte der Name Warburg im Zusammenhang mit Leo Trotzki und W. I. Lenin Schlagzeilen: In den ersten beiden Aprilwochen 1917 strebten zwei bolschewistische Revolutionäre Richtung Petersburg. Sie sollten dort gleichzeitig ankommen. Am 27. März lief in New York das Dampfschiff Kristianiafjord mit Kurs auf Petrograd aus. An Bord Leo Trotzki, mit Geburtsnamen Lew Dawydowitsch Bronstein, und seine kleine Revolutionsgarde, die von Trotzki ihren letzten Schliff auf dem Gelände der Rockefeller’schen Standard Oil in New Jersey erhalten hatte. Im Gepäck 20 Millionen US-Dollar, eine Spende von Jacob Schiff vom Bankhaus Kuhn & Loeb. (18)

Diese Hintergründe deckte der amerikanische Historiker Dr. Antony Sutton auf. Dazu führte Sutton erschöpfende Recherchen in den Archiven der Regierungen von Amerika, Kanada und Deutschland und legt unwiderlegbare, peinlich genau dokumentierte Beweise vor. Aus ihnen wird deutlich, dass viele amerikanische Kapitalisten an der finanziellen Unterstützung der bolschewistischen Revolution interessiert waren. An erster Stelle J. P. Morgan (US Steel), gefolgt von William B. Thompson, dem Direktor der Chase National Bank und der US Federal Reserve Bank of New York.

Am 3. April lief die Kristianiafjord den kanadischen Hafen Halifax (Nova Scotia) an und auf Befehl der britischen Admiralität wurden Trotzki und seine Männer ergriffen und in das Gefängnis von Amherst verbracht. In ihrem Besitz wurden 20.000.000 US-Dollar entdeckt und beschlagnahmt. Die beachtliche Summe hatte der internationale Banker Jacob Schiff, einer der wichtigen Drahtzieher im Hintergrund des Federal Reserve Systems, beigesteuert. Inzwischen freigegebene Berichte der kanadischen Regierung lassen erkennen, dass Trotzkis Absichten bekannt waren „"socialists leaving for the purposes of starting revolution against present Russian government...". Die Kanadier waren besorgt, dass Lenin Russland übernehmen könnte. In diesem Fall drohte ein Friedensvertrag und damit verbunden die Einstellung der Kämpfe mit Deutschland. Die freiwerdenden deutschen Kräfte könnten dann eine Offensive gegen die USA und Kanada inszenieren. Die britisch-amerikanische Propaganda muss da ganze Arbeit geleistet haben, denn so kühn dachte nicht einmal die deutsche Oberste Heeresleitung.

Die britische Regierung vertreten durch den Geheimdienstsoffizier Sir William Wiseman und späterem Partner von Kuhn, Loeb and Co. und die amerikanische Regierung in Gestalt von Col. House, drängten auf Freilassung Trotzkis. Er und seine Männer wurden nach zwei Wochen unter Aushändigung der 20.000.000 US-Dollar freigelassen. Antony Sutton führt dieses Wunder auf den direkten Einfluss von US-Präsident Woodrow Wilson zurück: „President Wilson was the fairy godmother who provided Trotsky with a passport to return to Russia [...] This American passport was accompanied by a Russian entry visa and a British transit visa“. (19) Wer hätte außer Wilson sonst Trotzki einen amerikanischen Pass, ein britisches Transportvisa und ein russisches Einreisevisa verschaffen können? Erhärtet wird Suttons Aussage auch durch den Umstand, dass Charles Crane von der Westinghouse Company, zugleich Vorsitzender des demokratischen Finanzausschusses, Trotzki begleitete.

Mit Wissen des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg und Unterstützung von Max M. Warburg bestiegen am 9. April 1917 an der deutsch-schweizerischen Grenze zwei deutsche Offiziere den exterritorialen Sonderwaggon, in dem der Stratege der heraufziehenden Weltrevolution Wladimir Iljitsch Lenin samt Lebensgefährtin Nadeshda Krupskaja und 32 Revolutionären einem mehr oder weniger plombierten Eisenbahnwaggon aus ihrem Schweizer Exil über Skandinavien in die russische Revolution geschleust werden sollten. Rittmeister Arved von der Planitz sorgte weniger für die Bewachung als für die Bedienung des erlauchten „Diplomatentransportes“. (20) An der schwedisch-finnischen Grenze wurden Karl Radek-Sobelsohn und Fritz Platten zurückgewiesen, während Lenin unerkannt passieren konnte. Am Montag, dem 16. April 1917, abends um 22.30 Uhr traf Wladimir I. Lenin und sein Stab nach dieser abenteuerlichen Reise auf dem Finnländischen Bahnhof in St. Petersburg ein. Doch von Trotzki keine Spur.  Er kam erst am 17. Mai 1917 in Petersburg an.

Zu den amerikanischen Partnern des Bankhauses Kuhn, Loeb & Co. gehörten Felix M. Warburg und Paul M. Warburg. Über Bruder Max Warburgs Banken wurde die deutsche Finanzhilfe zugunsten der Revolution an die Nye-Bank in Stockholm überwiesen, die das Geld den Bolschewisten transferierte – insgesamt sechs Millionen Dollar in Gold. In New York war Felix Warburg, Bruder von Max und Paul, über seinen Schwiegervater Jacob Schiff an dem Geldtransfer für Trotzki beteiligt. Schiff erhoffte sich die Niederlage Russlands und soziale Veränderungen, die endlich die Knechtschaft der Juden in Russland beenden würden. Aber auch andere namhafte Gönner leisteten namhafte finanzielle Beiträge. So Sir George Buchanan, die Rockefellers, Olaf Aschberg (von der Nye Bank in Stockholm, Schweden), und Albert H. Wiggin, Präsident der Chase National Bank. Was waren deren Gründe? Es ist doch kaum anzunehmen, dass hier gleiche Interessen mit der Obersten deutschen Heeresleitung vorlagen. Die Krisengeschüttelte Provisorische Regierung Russlands musste am 18. Mai in Absprache mit den Arbeiter- und Soldatenräten und unter Beteiligung von Sozialdemokraten neu gebildet werden, wobei der Sozialrevolutionär Alexander Kerenski Kriegsminister wurde.

Während auf der einen Seite die bolschewistischen Revolutionäre vielseitige amerikanische Unterstützung erfahren, bemühen sich Präsident Woodrow Wilson und hohe Regierungsbeamte um eine Doppel-Strategie: die Provisorische Regierung von Alexander Kerenski soll zunächst stabilisiert und eine bolschewistische Revolution unter Lenin und Trotzki vorerst verhindert werden. Anscheinend ein Drahtseilakt auf hohem politischen Niveau. Dazu wurde von Wilson am 1. Juni 1917 eine Botschaft mit den amerikanischen Kriegszielen an die provisorische russische Regierung verfasst und eine Kommission unter dem ehemaligen Staatssekretär Elihu Root zur moralischen Unterstützung der Provisorischen Regierung nach Petersburg entsandt, wo sie am 3. Juni eintraf. Daneben sollten auch die dringend zur Fortsetzung des Krieges benötigten Hilfsgüter erfasst und eine bessere Kommunikation unter den Alliierten sichergestellt werden.

Am 24. Juli 1917 konnte der Konsul von Petrograd, North Winship, Außenminister Lansing mitteilen, dass der Ministerpräsident Kerenski die Bolschewiken demaskiert und offiziell als Agenten des Deutschen Reiches gebrandmarkt hatte. Nun, das konnte auch nur die halbe Wahrheit sein. Für Trotzki traf sie in keinem Fall zu. In der russischen Bevölkerung schlugen jedoch die Handlangerdienste Lenins für Deutschland in einen Zorn gegen die Bolschewiken um. Trotzki landete im Gefängnis und Lenin war gezwungen, aus Finnland zu agieren. Inzwischen kollabierte Kerenskis Wirtschaftspolitik. Massenarbeitslosigkeit und Hunger führten zu weiteren Streiks. Im gleichen Maße, wie das Vertrauen in die provisorische Regierung verloren ging, wagten sich die bolschewistischen Demonstrationen auf die Straße.

Die Warburgs und die russische Revolution

Unleugbar spielten Max und Felix Warburg im Zusammenhang mit der Russischen Revolution eine bedeutende, wenn auch bis heute in den gängigen Narrativen umstrittene Rollen. Max Warburg war als hoher deutscher Geheimdienstoffizier während des Ersten Weltkriegs tätig und stand im Dienst der deutschen Regierung. Felix Warburg war als Partner des amerikanischen Bankhauses Kuhn, Loeb & Co. in New York aktiv.

Im Zuge der deutschen Strategie, Russland zu destabilisieren und die Ostfront zu entlasten, wurde der Transport Lenins organisiert.

Felix Warburg hingegen wird in einigen Quellen als Teil der jüdisch-amerikanischen Finanzkreise genannt, die trotz der politischen Gegensätze die Bolschewiki finanziell unterstützten, darunter auch Trotzki persönlich, der über familiäre Verbindungen solche Mittel erhielt. Dies steht im Kontext einer komplexen Verflechtung von Kapitalismus und Kommunismus in dieser Zeit. (21) Beide trugen auf unterschiedliche Weise zum Gelingen der Russischen Oktober-Revolution 1917 bei, was im historischen Diskurs oft kontrovers diskutiert wird. In den deutschen Narrativen wird häufig nur der deutsche Generalstab und Wilhelm II. genannt. Tatsächlich hat der Kaiser Anfang April 1917 dem Kanzler einen Brief mit einem derartigen Vorschlag geschrieben. Doch dieser Brief erreichte Bethmann-Hollweg, als Lenin schon auf der Fähre nach Schweden war. Hat Max Warburg im vorauseilenden Gehorsam gehandelt? Hat er seinen Bruder Felix benutzt?

Beide spielten jedenfalls eine unterschiedliche Rolle bei der Beschaffung von Finanzmitteln für die Flucht der Bolschewisten. (22) Felix Warburgs Einfluss als Partner eines großen amerikanischen Bankhauses (Kuhn, Loeb & Co.) lag nachweisbar eher in der Bereitstellung von Kapital aus Amerika für revolutionäre Aktivitäten, was auch indirekt die Flucht und politische Aktivitäten der Bolschewiki unterstützte. (23)

Wie erhofft, konnte das Kaiserreich Ende Februar 1918 mit den Bolschewiken in Brest-Litowsk einen Separatfrieden unterzeichnen. Dieser "Brotfriede" sollte die Lebensmittelversorgung der Mittelmächte sichern. Zugleich wurde die Ukraine wirtschaftlich eng an das Deutsche Reich gebunden. Doch dadurch wurde nur der Krieg verlängert. Anfang November 1918 traten die Alliierten mit mehr als einer Million amerikanischer Soldaten zur entscheidenden Offensive im Westen an, die den Durchbruch durch die vielgerühmte Hindenburglinie bewirkte. Am 7. November 1918 siegte in Bayern die Revolution unter Kurt Eisner, der mit dem von Genf aus operierenden US-amerikanischen Geheimdienstmann Herron in Verbindung stand. Am 8. November 1918 nahm um 10:00 Uhr der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger in französischen Compiegne die Waffenstillstandsverhandlungen auf.

Während der deutsche Generalsstab anscheinend kopflos handelte, zeigten Max M. Warburg und der deutsch-jüdische Großindustriellen Walther Rathenau Nerven. Rathenau, der ab 1914 die Rohstoffabteilung im preußischen Kriegsministerium leitete und als Verwaltungsratsmitglied in weit über hundert Firmen saß, war mit Max M. Warburg, der einen größeren Einfluss auf das Rheinisch-Westfälische Syndikat als manche Großindustrielle wie Thyssen, Stinnes oder Hugenberg hatte, eng befreundet. Aus diesem Syndikat floss der Goldstrom für den bolschewistischen Umsturz in Russland. Max M. Warburg gab über seine Banken das deutsche Geld an die Nye-Bank in Stockholm, deren Leiter Oscar Ahlströmes den Bolschewisten transferierte. Insgesamt sechs Millionen Dollar in Gold. Lenin erweist sich auch als dankbar und arbeitsam. Einen Tag nach seiner Rückkehr, stellte er die „ Thesen vom 4. April“ auf.

Rathenau fand das Vertrauen der Regierung in Wilson ungerechtfertigt und verlangte nun in Zeitungsartikeln Festigkeit:

„Wir haben unser unberührtes Land, unser Heer, unsere Versorgung und unsere Rüstung. Das übrige hängt vom Willen ab“ (24)

In seiner analytischen Lagebeurteilung stellte er nur fest, dass die westliche Front eingebuchtet und die Hoffnung zerstört, durch den Besitz von Calais oder Paris den Frieden zu erzwingen. Für Rathenau war das keine Hoffnung, sondern nur eine kurzsichtige, unpolitische Illusion. Der Krieg mit See- und Überseemächten würde nicht durch die Lage Frankreichs entschieden. Abschließend stellt er fest:

„wir halten den Krieg beliebig lange aus, an Rohstoff, Nahrung, Menschen zahl, Kraft und Willen, mit mehreren, mit wenigen, mit keinen Genossen.“ (25)

Aber auch der am 3. Oktober im Vorwärts, dem offiziellen Organ der SPD, vebreitete Hinweis "Wehe dem Volk, das seine Waffen fünf Minuten zu früh an die Wand stellt", konnte das Drängen der OHL auf eine Formulierung der Friedensnote nicht hinauszögern. Am 07. Oktober 1918 ließ Rathenau in der Ullsteinschen Vossischen Zeitung unter der Chefredaktion Georg Bernhards mit der Überschrift "Ein dunkler Tag!" seinen Aufruf zur "levée en masse", zur Volkserhebung erscheinen, um die feindlichen Invasionsheere in einem letzten Heldenkampf auf deutschem Boden abzuwehren – ein Aufruf, den der Reichskanzler Prinz Max von Baden den "Herzensschrei eines großen Patrioten" nannte. Für Rathenaus war die Kapitulation übereilt. Seine Überzeugung nach hat man sich im unreifen Augenblick zu einem unreifen Entschluß hinreißen lassen. Verhandlungen dürfen nicht im Weichen begonnen werden, vorher sind die Fronten zu befestigen, so Rathenaus Credo:

„Wir wollen nicht Krieg, sondern Frieden. Doch nicht den Frieden der Unterwerfung.“ (26)

Dazu forderte er die Auskämmung aller Betriebe, um noch einmal eine Armee von 500.000 Mann aufzustellen und den Feinden Deutschlands entgegenzuwerfen. Diese Forderung fand der gesellschaftskritische Verleger Wilhelm Herzog und Freund Kurt Eisners instinktlos. Herzog, mit Rathenau persönlich bekannt, fand den Aufruf durch Rathenaus Eitelkeit und dessen Ehrgeiz verursacht, sich als nervenstarker deutscher Patriot und Staatsmann zu zeigen. Dagegen beschwor der umsichtige Bankier Max M. Warburg – dank seiner Familienbande ein exzellenter Amerikakenner – den Vertreter der OHL zum Aushalten. Als Warburg damit keinen Erfolg hatte, erklärte er dem Reichskanzler:

Es kommt mir seltsam vor, daß ich als Zivilist den Militärs heute zurufen muß: Kämpfen Sie weiter! Ich weiß, daß mein einziger Sohn, der jetzt ausgebildet wird, in vier Wochen im Schützengraben sein wird, aber ich beschwöre Sie, machen Sie jetzt nicht Schluß!“ (27)

Denn wenn Deutschland sich jetzt demütige, dann würde nicht der gute Typ von Amerikanern die Lage beherrschen, sondern der andere. Zu der Kopflosigkeit der Obersten Heeresleitung meinte er

„Wenn die Militärs die Lage so ansehen, dann lassen Sie sie selbst mit der weißen Fahne herübergehen. (28)

Noch erschienen in den Zeitungen Aufrufe, um Kriegsanleihen zu zeichnen. Dazu bemühte die Zeitung des Centralvereins der Juden sogar Friedrich den Großen:

Es wird das Jahr stark und scharf hergehen. Aber man muß die Ohren steif halten, und Jeder, der Ehre und Liebe fürs Vaterland hat, muß alles daran setzen.“

Mit diesen Worten Friedrichs vor Augen müsse bis zum ehrenvollen Ende mit allen Kräften weitergekämpft werden, denn

Es geht ums Ganze, um Heimat und Herd, um Sein“. (29)

 Kriegsende und Versailles

So verwundert es kaum, dass die Warburgs aufgrund ihrer deutschen Beziehungen die Neugierde des amerikanischen Geheimdienstes auf sich zogen. Ein Bericht vom 12. Dezember 1918 des Marine-Geheimdienstes hält über Warburg fest: „Warburg, Paul, New York, Stadt […] wurde 1912 durch den Kaiser ausgezeichnet, war stellvertretender Vorsitzender des Federal Reserve Boards […] Er hatte einen Bruder, welcher Leiter des deutschen Spionagedienstes ist.“ Das hätte auch in jedem „Who is Who“ nachgelesen werden können. Die führenden Köpfe der Bankhäuser waren, und sind es wohl heute noch, den meisten Politikern geistig weit überlegen und in vielen Fällen noch hochgebildet. Die Warburgs stellten namhafte Vertreter des geistigen Lebens, so den Kunst- und Kulturhistoriker Aby Warburg, den Begründer der Warburg-Bibliotheken in Hamburg und London, den Botaniker Otto Warburg und den Zellphysiker und Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg.

Am 11. November 1918 trat der Waffenstillstand in Kraft: in der elften Stunde des elften Tages im elften Monat. Sechs Tage später hörte John Foster Dulles, dass Präsident Wilson die amerikanische Delegation zur Friedenskonferenz in Paris höchstpersönlich anführen wollte, und bat Lansing darum, in die Delegation aufgenommen zu werden. Sein Onkel war aber über die Entscheidung seines Präsidenten, die Delegation zu leiten, mit Wilson in Zwist geraten und konnte nichts für seinen Neffen tun. Doch Bernard Baruch, Wilsons Berater für die Gespräche, nahm ihn als seinen Assistenten mit. Dulles spielte während der Überfahrt unter anderem mit dem stellvertretenden Marinesekretär Franklin Roosevelt Bridge. Sein Bruder Allen, frisch zum politischen Offizier befördert, machte sich ebenfalls in Paris nützlich.

Baruch als amerikanischer Delegierter in der Reparationskommission hatte mit über die Strafen für Deutschland zu entscheiden. Also stürzte sich John Foster Dulles in die Arbeit und klügelte geheime Details der Schuldenfinanzierung aus und engagierte sich vor allem für wirtschaftliche Fragen und war einer der Stimmen für Abrüstung und Völkerrechtsinstitutionen. (30)

Dort war schon seine spätere Kompromisslosigkeit als Politiker zu erkennen: Er spielte tatsächlich eine zentrale Rolle bei der Ausformulierung von Artikel 231 des Versailler Vertrages, dem sogenannten "Kriegsschuldartikel" nach dem Ersten Weltkrieg. Dulles formulierte die Klausel juristisch und verfolgte damit das Ziel, die Rechtsgrundlage für die umfassenden Reparationsansprüche der Alliierten gegenüber Deutschland zu schaffen.

Dieser Artikel wurde insbesondere in Deutschland sehr politisch aufgeladen, da er als Festschreibung einer alleinigen deutschen Kriegsschuld verstanden wurde.

Noch während des Krieges hatte John Foster als Verbindungsmann wichtige Kontakte in Wirtschaft und Politik gesammelt, die seine spätere Karriere als Anwalt und Außenminister grundlegend beeinflussten. Nach Kriegsende nutzte er diese Erfahrungen und Kontakte als Anwalt der renommierten Kanzlei Sullivan & Cromwell, die sich vor allem auf internationale Wirtschaftsbeziehungen konzentrierte. (31)

Auch Allen Dulles gehörte zur US-Delegation bei den Pariser Friedensverhandlungen, trat dann in die von seinem Bruder mitgeführte Kanzlei ein und verknüpfte Diplomatie mit transatlantischer Finanzwelt. Diese Erfahrung bereitete den Boden für sein späteres Wirken im Geheimdienst- und Finanzbereich und prägte sein Verständnis von internationaler Politik und Wall-Street-Interessen. (32)

Als Sachverständiger beteiligte sich Max Warburg an den Friedensverhandlungen von Versailles, wobei er die deutschen Interessen vertrat und sich gegen den Versailler Vertrag aussprach.

Die von den USA und von Europa aus international tätigen Warburg-Brüder waren während des Ersten Weltkriegs in zentrale wirtschaftliche und politische Rollen eingestiegen, was die Grundlage für ihren späteren Einfluss in der Finanzwelt und Politik ermöglichte. (33)

 Teil 1: Vergangenheit zur Ideologie wird: Britanniens unaufgearbeitete Erblast

Teil 2: Deutschland im Zangengriff der Entente: Vom Industriemotor zum belagerten Staat. Wohlstand, Null-Auswanderung und die große Heimkehr

Teil 3: Die deutsche Ur-Angst vor einem neuen Dreißigjährigen Krieg (1618-48)

Teil 4: Den Siegern gelingt die Verankerung des Narrativs vom imperialen Deutschland

Teil 5: WKI: Debüt für die Warburg- und Dullesbrüder (1900-1919)

Teil 6: WKI: Debüt für die Warburg- und Dullesbrüder (1919-1959)

Anmerkungen und Quellen

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)

1) Wolfgang Effenberger/Reuven Moskovitz: Deutsche und Juden vor 1939, Ingelheim a.Rh. 2013, S. 159f.

2) Einige Repräsentanten der Spitzenfirmen im Bankwesen, Handel und Industrie hatten Zutritt zum Kaiser – im Volksmund »Kaiserjuden« genannt. Als wichtigster ist der Generaldirektor der Hapag, Albert Ballin, zu nennen. Bei Hamburgbesuchen pflegte Wilhelm II. bei ihm zu speisen. Weiter sind zu nennen Eduard Arnhold, James Simon, Carl Fürstenberg, Ludwig Max Goldberger, Emil und Walther Rathenau und in zweiter Linie Georg Solmssen, Wilhelm Herz, Franz v. Mendelssohn, Max Steinthal, Maximilian Kempner, Max M. Warburg, Heinrich Grünfeld, Benjamin Liebermann und der schlesische Kohlenbaron Fritz von Friedländer-Fuld.

3) Charles Seymour: The Intimate Papers of Colonel House, Cambridge 1926, Bd. 1, S. 165

4) Ebda. S. 174

5) Ebda. S. 165

6) https://www.federalreservehistory.org/essays/reserve-banks-open

7) https://www.mmwarburg.de/de/bankhaus/historie/

8) https://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/warburg-familie

9) https://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/warburg-familie

10) https://www.bpb.de/themen/erster-weltkrieg-weimar/ersterweltkrieg/155311/kriegswirtschaft-und-kriegsgesellschaft/

11) https://www.bpb.de/themen/erster-weltkrieg-weimar/ersterweltkrieg/155311/kriegswirtschaft-und-kriegsgesellschaft/

12) https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1971_1_1_schwabe.pdf

13) Wolfgang Effenberger: Europas Verhängnis 14/18, Revolution, Rätewirren und Versailles. Höhr-Grenzhausen 2019, S. 51

14) https://encyclopedia.1914-1918-online.net/article/war-finance/

15) https://www.academia.edu/31858282/J_P_Morgan_The_Man_Who_Loaned_the_United_States_to_the_Allies_in_World_War_I

16) https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf/kriegseintritt-der-usa-1917

17) Seymour, Bd 2, S. 445

18) Jacob Schiff, ranghöchster Partner in der Kuhn&Loeb Co. – half bei der Finanzierung Trotzkis. Nach dem New York Journal American vom 3. Februar 1949 wurden nach Aussage seines Enkels an die 20 Millionen Dollar für den endgültigen Triumph der Bolschewisten in Russland investiert.

19) Effenberger/Moskovitz 2024. S. 241 und 320

20) Sein Bericht über die Lenin-Schleusung ist zu unbekannter Zeit von unbekannter Hand aus den Akten der Abteilung III B des Generalstabes des Feldheeres entfernt worden und seither verschwunden.

21) https://das-wunder-aus-ungarn.eu/die-finanzierung-der-oktoberrevolution-1917-durch-warburg-und-die-kontrolle-der-russischen-zentralbank-durch-rothschild/3008/

22) Ebda.

23) https://www.freitag.de/produkt-der-woche/buch/leo-trotzki-oder-sozialismus-gegen-antisemitismus/revolutionaer-und-gegner-stalins

24) Der Schild Nr. 17 vom 2. Mai 1927, S. 134

25) Herzog 1959, S. 23f. duj

26) Der Schild Nr. 17 vom 2. Mai 1927, S. 134

27) Ebda.

28) Effenberger/Moskovitz 2024, S. 256

29) Ebda. 257

30) https://www.americanheritage.com/bred-power-dulles-brothers

31) https://www.hdg.de/lemo/biografie/john-foster-dulles.html

32) https://www.ruhr-uni-bochum.de/agnse/wiki-Dulles.html

33) https://www.deutsche-biographie.de/sfz139057.html

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: imagoDens / shutterstock  


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