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„Alles ist falsch, falsch, falsch!“

„Alles ist falsch, falsch, falsch!“

Die Ukraine zwischen Apathie und Kriegsrealität: Eine Gesellschaft ohne Vertrauen in die Zukunft

Ein Meinungsbeitrag von Sabiene Jahn.

Der Krieg in der Ukraine ist längst nicht mehr nur eine militärische Auseinandersetzung. Er ist ein komplexes Geflecht aus Geopolitik, wirtschaftlichen Interessen, historischen Feindbildern und einer Bevölkerung, die zwischen Angst, Apathie und Resignation schwankt. Während sich westliche und russische Narrative unversöhnlich gegenüberstehen, zerfällt die Ukraine immer mehr – nicht nur territorial, sondern auch sozial und politisch. Die Stimmen, die aus dem Land kommen, klingen düster. Ein ukrainischer Ingenieur, der aus dem Krieg im Donbas nach Deutschland floh und seinen Namen nicht genannt wissen möchte, hat der Autorin eine Nachricht geschickt. Darin beschreibt er eine Gesellschaft, die nicht mehr an eine Zukunft glaubt:

„Das ukrainische Volk ist in vollständiger Apathie gefangen. Nur ein bestimmter Teil der Westukrainer und ein kleiner Prozentsatz der pro-russischen Bevölkerung haben eine klare politische Linie. Der Rest hat in den letzten 35 Jahren einfach gelernt, nicht mehr zu hoffen. Alle ehemaligen und gegenwärtigen sogenannten Staatsführer haben das Vertrauen der Menschen verloren. Ich sehe keine neuen Anführer. Selbst die pro-russischen Politiker in den Regionen, die nun zu Russland gehören, haben sich nicht von den ukrainischen Korruptionsstrukturen befreit. Sie stehlen immer noch genauso wie vorher. Ich sage nicht, dass es alle sind, aber ein bedeutender Teil.“

Seine Einschätzungen gehen weit über den Krieg hinaus – es geht um ein Land, das sich selbst nicht mehr vertraut.

Widerstand von Beamten und Geschäftsleuten

„Im Süden der Ukraine, wo ich herkomme, hoffen etwa 60 Prozent der (Anm. der Redaktion: dort verbliebenen) Bevölkerung auf die Ankunft Russlands. Aber es gibt Widerstand, besonders von Beamten und Geschäftsleuten, die es sich bequem eingerichtet haben. Solange man mit Bestechungsgeldern jedes Problem lösen kann, warum sollte man das System ändern? Viele Menschen wollen Veränderung, aber sie haben auch Angst davor, weil es keine Jobs gibt und die Soldaten, die von der Front zurückkehren, psychisch und physisch gebrochene Menschen sein werden. Niemand wird sich um sie kümmern. Nach dem Schock über Selenskyj wird niemand mehr irgendeinem Politiker glauben.“

Sein Fazit ist bitter:

„Der Süden – insbesondere die Städte Odessa und Mykolajiw – hofft auf einen Anschluss an Russland. Doch der Rest der Ukraine wird bleiben. Und diese Teilung wird lange dauern. Die Westukrainer werden den Osten und Süden nicht hergeben – es sind die wirtschaftlich stärksten Regionen. Es wird Provokationen, Bombenanschläge, Morde geben. Sie sind ein sehr verbittertes Volk. Genau wie die Polen, die uns hassen, weil „wir“ sie (Anmerkungen Red.: zwischen 1595 bis 1610) aus Moskau vertrieben haben und ihren Traum von der Herrschaft über Russland zerstörten. Das verzeihen sie uns bis heute nicht.“

Diese Einschätzung eines Mannes, der aus dem Land kommt, deckt sich mit den jüngsten Aussagen des ehemaligen ukrainischen Oberbefehlshabers Walerij Saluschnyj und des ehemaligen spanischen Botschafters José Antonio Zorrilla – zwei Männer, die auf sehr unterschiedliche Weise das gleiche düstere Bild zeichnen.

General Saluschnyj: Der Krieg ist verloren, aber keiner will es zugeben

Walerij Saluschnyj, der erst vor Kurzem als Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee abgelöst wurde, sprach während seines Großbritannien-Besuchs eine unbequeme Wahrheit aus. Er machte deutlich, dass die militärische Lage für die Ukraine desaströs sei:

„Die russische Armee ist nicht nur stärker – sie ist strategisch und taktisch überlegen. Unser größtes Problem ist, dass wir keine Soldaten mehr haben. Wir kämpfen nicht gegen eine Guerillaarmee, sondern gegen einen mächtigen Gegner, der seine Reserven unaufhörlich auffüllt. Die Mobilisierung stößt an ihre Grenzen. Bald werden wir niemanden mehr haben, den wir an die Front schicken können.“

Seine Einschätzung macht deutlich, was in Kiew niemand offen zugeben will: Die Ukraine hat diesen Krieg faktisch bereits verloren.

Doch was bedeutet das für die Zukunft des Landes? Saluschnyj warnte, dass die derzeitige Regierung darauf setzt, den Krieg zu verlängern, ohne eine realistische Perspektive zu haben:

„Ohne ein massives Eingreifen des Westens – und ich meine damit nicht nur Waffenlieferungen, sondern Soldaten – können wir nicht gewinnen. Aber niemand im Westen wird seine Armeen für uns opfern. Das bedeutet, dass wir in einem Krieg feststecken, der uns innerlich zermürbt und das Land endgültig zerreißt.“

Was Saluschnyj nicht offen sagt, aber durchblicken lässt: Die strategischen Entscheidungen für die Ukraine werden längst nicht mehr in Kiew getroffen. Der Krieg ist zu einem politischen Spiel geworden – und die Ukraine ist darin lediglich eine Spielfigur.

José Antonio Zorrilla: „Das große Geheimnis: Europa will diesen Krieg gar nicht beenden“

Ähnlich kritisch äußerte sich der ehemalige spanische Botschafter José Antonio Zorrilla. In einem brisanten Interview [1] sprach er offen aus, was viele vermuten, sich aber kaum jemand zu sagen traut: „Das große Geheimnis ist, dass niemand diesen Krieg wirklich beenden will – weder die USA noch Europa.“

Seine Erklärung:

„Die USA profitieren militärisch und wirtschaftlich von diesem Krieg. Sie haben ihre geopolitische Kontrolle über Europa gefestigt, Nord Stream wurde zerstört, die europäischen Staaten hängen militärisch und wirtschaftlich an Washingtons Tropf. Die Rüstungsindustrie verdient Milliarden. Und Europa? Für Europa ist die Ukraine nichts weiter als ein Puffer gegen Russland. Ein zerfallender Staat, der niemals Mitglied der EU werden soll, aber als wirtschaftliches und geopolitisches Druckmittel dient.“

Zorrilla wirft der EU dabei eine besonders perfide Strategie vor:

„Indem wir die Ukraine als künftiges EU-Mitglied darstellen, lassen wir sie weiterkämpfen. Aber jeder in Brüssel weiß, dass das eine Lüge ist. Es gibt keine realistische Perspektive für eine ukrainische EU-Mitgliedschaft. Warum? Weil die Ukraine in ihrem derzeitigen Zustand ein gescheiterter Staat ist.“

Aleksander: „Dieses Land hat keine Zukunft“

Eine noch schärfere Perspektive zeichnet Aleksander [2], ein in der Ukraine verfolgtes Mitglied der kanonischen orthodoxen Kirche:

„Meiner Meinung nach sollte die Ukraine als Staat aufhören zu existieren und ihre historische Integrität, Kultur und familiären Bindungen wiederherstellen. Alle Parteien, die seit 2004 an der Macht waren, haben die Ukraine nur verkauft und ausgeplündert. Heute gibt es keinen Politiker, der dieses Land noch retten könnte.“

Alexsander beschreibt, dass viele Ukrainer längst resigniert haben:

„Mehr oder weniger kluge Leute, die den Krieg wirklich verstehen, wollen Russland beitreten. Andere hoffen auf das Ende des Krieges, egal unter welchen Bedingungen. Aber es gibt auch jene, die immer noch an den Sieg der Ukraine glauben – an die Grenzen von 1991, den NATO-Beitritt, den EU-Beitritt. Doch das ist eine Illusion.“

Seine düsterste Prognose betrifft die politische Zukunft:

„Der nächste Präsident wird entweder Saluschnyj oder ein Vertreter des Asow- oder Kraken-Bataillons sein – oder eine Übergangsregierung wird eingesetzt. Die vernünftigen Menschen warten auf Russland. Andere wollen nur, dass dieser Krieg endlich endet. Aber das ist nicht im Interesse aller.“

Mit diesen Einschätzungen aus verschiedenen Blickwinkeln verdichtet sich ein Bild: Die Ukraine ist kein souveränes Land mehr – und ihr Schicksal wird in Washington, Moskau und Brüssel entschieden.

Falsche Narrative und die Notwendigkeit einer ehrlichen Berichterstattung

Die Europäische Union – allen voran Deutschland – verfolgt weiterhin ein gefährliches Narrativ über den Ukraine-Konflikt, das sich auf politische Konstrukte stützt, die von ehemaligen US-Regierungschefs und transatlantischen Denkfabriken verbreitet wurden. Dieses Narrativ, das Russland als Aggressor und die Ukraine als unschuldiges Opfer darstellt, ist nicht nur historisch falsch, sondern hat auch gezielt das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung vergiftet.

Der ehemalige spanische Botschafter José Antonio Zorrilla spricht in diesem Zusammenhang von einem „teuflischen Plan“, den die westlichen Medien und Politiker über Jahre hinweg mitgetragen haben:

„Alles ist falsch, falsch, falsch - dieser Krieg wurde provoziert – nicht durch Russland, sondern durch jene, die es in die Ecke gedrängt haben. Die NATO-Erweiterung, die Sabotage von Minsk II, der Maidan-Putsch – all das führte zu einer Eskalation, die vorhersehbar war. Doch anstatt die Wahrheit zu akzeptieren, hält die EU an Lügen fest, um sich selbst zu rechtfertigen.“

Auch der ehemalige Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, hat mehrfach angedeutet, dass Kiew nie eine realistische Chance hatte, den Krieg militärisch zu gewinnen, und dass westliche Strategen genau das wussten. Doch anstatt eine diplomatische Lösung anzustreben, wurde die ukrainische Bevölkerung durch massive Propaganda ermutigt, an einen illusorischen Sieg zu glauben.

Die USA unter Donald Trump und J.D. Vance haben bereits begonnen, diese Propaganda zu demaskieren. Trump erklärte mehrfach, dass der Krieg durch amerikanische Provokationen eskaliert wurde, und Vance stellte öffentlich infrage, warum Europa blind den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der USA folge, ohne eine eigene, souveräne Position zu entwickeln. Diese Einordnung sorgt insbesondere in Westeuropa für Unbehagen, denn viele Menschen müssen sich nun eingestehen, dass sie jahrelang über die wahren Hintergründe des Ukraine-Krieges belogen wurden.

„Ich muss vorsichtig sein“ – Eine Meinung zu haben, kann tödlich sein

Der Ingenieur aus dem Donbass wägt jedes Wort ab. Es ist nicht nur die Unsicherheit über die Zukunft seines Heimatlandes, die ihn dazu bewegt – es ist die Angst um seine Familie. Seine Kinder leben noch im Westen der Ukraine. Würde bekannt, dass er pro-russisches Verständnis aufbringt, könnte das für sie gefährlich werden.

„Ich kann nicht riskieren, dass meine Worte Konsequenzen für sie haben“, sagt er schließlich. „Selbst hier in Deutschland muss ich aufpassen.“ Er erzählt von einem Vorfall im November vergangenen Jahres. Damals wollte er sich eine Filmvorführung des russischen Kinofilms „Nürnberg“ ansehen. Doch schon vor dem Kino standen pro-ukrainische Gruppen – mit Kameras, bereit, Gesichter zu fotografieren.

„Wenn jemand mich erkannt hätte – wenn ein Bild von mir auftaucht, das zeigt, dass ich diesen Film besucht habe – könnte das meine Familie in Gefahr bringen“, sagt er. „Man würde sofort sagen, ich sei ein Verräter. Dass ich Russland unterstütze. Und in der Ukraine würde das Konsequenzen haben.“

Es ist ein grausamer Gedanke: Ein Mann, der sein Land verlassen musste, weil seine Stadt im Donbas im Krieg zerstört wurde und er sich für Deutschland entschied, weil seine Wurzeln hier liegen und seine Frau schwer krank war, muss nun in Deutschland aufpassen, dass seine Ansichten nicht bekannt werden – aus Angst um seine Kinder.

Besonders in Deutschland ist der mentale Graben tief. Während in Ostdeutschland eine realistischere Sichtweise auf Russland und eine pragmatische wirtschaftliche Kooperation favorisiert wird, herrscht in den westlichen Bundesländern noch immer das NATO-Narrativ vor, das Russland als ewigen Feind sieht. Die Wahlergebnisse in den neuen Bundesländern zeigen eine deutliche Präferenz für Parteien, die eine diplomatische Lösung und eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland fordern – eine direkte Abkehr vom westdeutschen Mainstream.

Die Lügen über den Ukraine-Krieg müssen aufhören – sofort

Die Narrative über Butscha, die angeblich „völlig unprovozierte“ russische Invasion und die angebliche Bedrohung durch Russland sind Produkte eines militärisch-industriellen Komplexes, der sich mit jedem neuen Konflikt bereichert. Die Medien und die politische Elite in Deutschland haben jahrelang bewusst die Realität verzerrt, um eine militaristische Politik zu legitimieren. 

Nun stellt sich die Frage: Kann Deutschland diesen Fehler korrigieren, ohne sein Gesicht zu verlieren? Oder wird weiterhin an einer Geschichtsverfälschung festgehalten, die das Land nur weiter ins wirtschaftliche und diplomatische Abseits führt? Fakt ist: Eine Zukunft mit einer ehrlichen politischen Analyse ist nur möglich, wenn das transatlantische Dogma beendet wird. Die jüngere Generation der Republik hat längst erkannt, dass die geopolitischen Konflikte nicht so simpel sind, wie sie von der alten Garde in CDU, CSU und SPD dargestellt werden. Diese Parteien – gefangen in einem Denken aus der Ära des Kalten Krieges – müssen Platz machen für eine neue Politikergeneration, die sich an der Realität orientiert und nicht an den Lügen der vergangenen Jahrzehnte.

Die Wahrheit über den Ukraine-Krieg ist unbequem. Aber sie ist tatsächlich mal „alternativlos“. Und sie muss endlich auch in Deutschland ausgesprochen werden.

Quellen und Anmerkungen:

[1] https://frenchdailynews.com/society/geopolitics/11648-ukraine-revelations-from-a-spanish-ambassador?

[2] Der Name wurden in Rücksicht auf die Person von der Autorin geändert

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Wir danken der Autorin für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Svet foto / shutterstock


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