Ein Meinungsbeitrag von Dirk C. Fleck.
Sie sehen, mir fehlen die Worte. Tief durchatmen, Fleck, wird schon wieder. Ich fürchte nur, dass die Worte, die ich dann finden werde, bis ins Mark vergiftet sind. Jedes einzelne von ihnen ein Attentatsversuch, von denen hoffentlich einer erfolgreich sein wird. MORD IN DOWNING STREET, hach, wäre das eine Headline!
Träum weiter, Schwachkopf. Erstens ändert das überhaupt nichts, weil der enthaupteten Hydra sofort neue Köpfe nachwachsen würden und zweitens haben Worte noch nie getötet, jedenfalls nicht direkt. Und trotzdem würde ich mich über einen Mord in Downing Street freuen, schon deshalb, weil er den anderen Polit-Verbrechern gehörig in die Glieder fahren würde. Aber es bräuchte schon einen motivierten Killer, um die Tussi ins Jenseits zu befördern. Meinen Segen hätte er. Damit schließe ich mich dem Herausgeber der ZEIT an. Josef Joffe plädierte im Presseclub der ARD für einen Mord im Weißen Haus. Wen hatte er gemeint? Donald Trump hatte er gemeint, der im Gegensatz zu den Gewohnheiten eines US-Präsidenten, in seiner Amtszeit nie einen Krieg geführt hatte. Und wen meine ich? Liz Truss meine ich, die neue britische Premierministerin, die kürzlich in Birmingham vor der Führung ihrer konservativen Partei erklärte, dass sie einen Atomschlag gegen Russland durchführen würde, auch wenn das Ergebnis die „weltweite Vernichtung“ wäre.
Das sagte sie kurz vor ihrer Wahl, quasi als Bewerbungsstatement. Der Journalist John Pienaar vom Times Radio machte sie darauf aufmerksam, dass man ihr im Falle ihrer Wahl zur Premierministerin schnell die Verfahren zum Abschuss von Atomraketen von den britischen Trident-U-Booten zeigen würde. „Das würde die globale Auslöschung bedeuten“, fügte er hinzu und fragte: „Wie fühlen Sie sich bei diesem Gedanken?“ Mit leerem Blick und emotionslosem Gesichtsausdruck antwortete Truss: „Ich denke, es ist eine wichtige Aufgabe des Premierministers, und ich bin bereit, sie zu erfüllen. Ich bin bereit, das zu tun“, wiederholte sie, und erntete dafür Applaus von den versammelten Tories. Die Lady sprach auch im Namen der gesamten britischen herrschenden Klasse. Nicht nur ihr Rivale in der Führungsriege, Rishi Sunak, hätte diese Frage bejaht, sondern auch jedes andere Mitglied des politischen Establishments des Vereinigten Königreichs, das sich um das höchste Amt des Landes bewarb.
Truss' roboterhafte und sofortige Antwort muss als finale Warnung verstanden werden, wie nah die Menschheit an einem nuklearen Armageddon steht. Liz Truss, der ich so gerne ins Handwerk pfuschen würde, ist die führende Propagandistin für einen direkten militärischen Konflikt mit Moskau. Und dabei steht ihr unser(e) Baerbock fest zur Seite.
Wir erinnern uns: im Februar versetzte der russische Präsident Wladimir Putin die russischen Atomstreitkräfte in höchste Alarmbereitschaft. Sein Sprecher Dmitri Peskow sprach von „inakzeptablen“ Äußerungen „verschiedener Vertreter auf verschiedenen Ebenen“ über mögliche „Zusammenstöße“ zwischen der Nato und Moskau:
„Ich möchte die Autoren dieser Äußerungen nicht beim Namen nennen, wenngleich es die britische Außenministerin war.“
Und die hieß damals Liz Truss.
Truss und alle anderen Kriegstrommler wissen genau, dass moderne Atomwaffen weitaus leistungsfähiger sind als die, die 1945 auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Nur 50 davon könnten 200 Millionen Menschen töten, das entspricht der Bevölkerung von Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland und Deutschland zusammen. Aber das wäre nur der Anfang. Ein groß angelegter Atomkrieg hätte massive Brände und Rußwolken zur Folge, die das Sonnenlicht blockieren und die Ernten vernichten würden. Eine anschließende nukleare Eiszeit würde für drei Viertel der Menschen den Hungertod bedeuten und innerhalb von zwei Jahren bis zu fünf Milliarden Menschen töten. Selbst ein „kleinerer“ Nuklearkonflikt würde wahrscheinlich zu 2,5 Milliarden Toten führen. Aber Liz Truss wäre dazu bereit. Wacker, wacker, kleiner Kacker haben wir in der Schule gesagt, wenn sich jemand zu großspurig in Szene setzte.
Nun muss man sich natürlich fragen, warum die NATO unter Federführung der USA diese hochbrisante Drohkarte spielt. Ganz einfach: es geht um die Neuaufteilung der Welt. Die Regierungen der USA und Europas reagieren nicht auf eine russische Aggression, wie die „freien Medien“ des Westens nicht müde werde zu propagieren. Sie versuchen, die seit der Auflösung der UdSSR im Dezember 1991 verfolgte Politik der militärischen Einkreisung zu vollenden, um den Sturz des Putin-Regimes vorzubereiten und im Namen des Finanzkapitals die Kontrolle über die riesigen Ressourcen Russlands zu übernehmen. Nicht mehr und nicht weniger.
Wo bleiben wir dabei? Wo bleiben die Menschen, die ganz andere Sehnsüchte haben? Für die ein friedliches Miteinander auf diesem Planeten noch ein hehres Ziel ist, für das es sich zu kämpfen lohnt, insbesondere, wenn sie sich in demokratischen Verhältnissen wähnen, in denen ihr Protest noch Gewicht haben sollte. Seit Jahrzehnten haben wir uns mit immer neuen Parolen rüsten müssen: rettet unsere Erde, rettet den Regenwald, rettet die Nordsee, rettet das Nashorn, die Bienen, Elefanten und Kröten. Rettet alles Mögliche. Und täglich kommen neue Parolen hinzu. Das seltsame ist nur, dass all diese aus unserem Entsetzen erwachsenen Forderungen mit der Zeit zu hohlen Phrasen verkommen, bis sie ihre Bedeutung vollständig verloren haben. Sie verschwinden einfach unter einem Berg nachgeschobener Schweinereien, für die es erst noch wohlfeile Worte der Empörung zu finden gilt. Aktueller Spitzenreiter auf den Transparenten von uns Verarschten: FREE ASSANGE. Aber auch dieser Aufschrei wird vermutlich im Mahlwerk der Mächtigen zerrieben werden und den Massen schon bald so viel Aufmerksamkeit abringen wie eine weggeworfene Zigarettenschachtel. Vielleicht hilft ja nur noch eines: Rette sich wer kann! Aber wohin denn noch …?
+++ Dirk C. Fleck ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Er wurde zweimal mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis ausgezeichnet. Sein Roman "Go! Die Ökodiktatur" ist eine beklemmend dystoptische Zukunftsvision. +++ Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Grossinger / shutterstock.com
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