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100.000 Bürger sagen Nein zum Digitalzwang

100.000 Bürger sagen Nein zum Digitalzwang

Ein Meinungsbeitrag von Hakon von Holst.

100.000 Menschen fordern das Europa-Parlament auf, das Geldautomaten- und Bankfilialnetz zukunftsfest zu machen. Zugleich soll die Politik die Akzeptanz von Bargeld in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Behörden und in den Läden sicherstellen. »Zwar ist Bargeld derzeit vor der Abschaffung geschützt, mit seiner Nutzbarkeit als Zahlungsmittel kann es aber schnell zu Ende sein«, warnt der 54-Jährige Finanzberater Hansjörg Stützle, der den Appell an die EU-Abgeordneten mit initiiert hat.

Der Bürger verliert an vielen Orten die Option, anonym mit Banknoten und Münzen zu bezahlen. Die Verkehrsbetriebe in Düsseldorf wollen Bargeld bis 2027 vollständig abschaffen, wie erstmals die Rheinische Post am 5. Januar berichtete. Die Deutsche Bahn stellte im September 2024 im Raum Dresden erste Fahrscheinautomaten auf bargeldlosen Betrieb um. Bereits seit Ende 2023 sind Sparpreisangebote bundesweit nicht mehr am Automat verfügbar. In Rostock und Leipzig ersetzen die Nahverkehrsbetriebe aktuell alle Ticketdrucker in Bus und Straßenbahn durch bargeldlose Modelle; Förderung für die Umstellung kommt vom Bundesverkehrsministerium. Kritisch äußern sich die Verbraucherzentralen, die Diakonie und der Journalist Norbert Häring.

Neben Schwimmbädern, Bäckereien, Hotels und Cafés lehnen auch Bürgerämter zunehmend das einzige staatliche Zahlungsmittel ab: Düsseldorf verabschiedete sich zum 1. November 2024 vom Bargeld. Nach einer Befragung der Deutschen Bundesbank sieht sich die Bevölkerung inzwischen in 50 Prozent ihrer Behördenangelegenheiten gezwungen, digital zu bezahlen. Zwei Jahre zuvor waren es 37 Prozent.

Im europäischen Ausland laufen ähnliche Entwicklungen: In den Niederlanden lehnten 2021 noch 10 Prozent der Apotheken Bargeld ab, 2022 dann 12 Prozent und 2023 16 Prozent. Zuvor sank der Anteil der Barzahlungen in dem Land bis 2020 mit vier Prozentpunkten pro Jahr recht schnell. Inzwischen fällt die Bargeldnutzung ebenso in Deutschland um jährlich vier Prozentpunkte.

Probleme drohen auch von anderer Seite: Ende Oktober 2024 warnte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Handelsverbands, Stefan Genth, der Umgang mit Bargeld werde für die Unternehmen durch den Abbau von Bankzweigstellen zunehmend kostenintensiver. Wenn »immer mehr Bankfilialen schließen, droht der Bargeldkreislauf zusammenzubrechen«, so Genth. Zwischen 2017 und 2023 haben die Geldinstitute jede dritte Zweigstelle geschlossen.

Der EU-Ministerrat und das EU-Parlament diskutieren derzeit einen Gesetzesvorschlag zur Rolle von Bargeld als Zahlungsmittel. Der Entwurf der EU-Kommission sieht keinen konsequenten Annahmezwang für Bargeld vor. Stattdessen würden die Euroländer verpflichtet, den Umfang der Ablehnung von Bargeld nach bisher unbekannten Kriterien der EU-Kommission zu beobachten. Bei zu niedriger Akzeptanz müssten die Staaten Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Verordnung macht keine Vorgaben, ob in diesem Fall alle Unternehmen oder nur bestimmte wie Apotheken und Supermärkte bei Strafe auf die Annahme von Bargeld zu verpflichten wären. Für den geplanten digitalen Euro sieht Brüssel dagegen eine unmittelbare Akzeptanzpflicht mit Sanktionen vor.

Die nunmehr 100.000 Unterzeichner der Petition fordern von der Politik Nachbesserungen und eine Gleichstellung mit dem digitalen Euro. Im MDR-Fernsehen stellte Initiator Hansjörg Stützle im November 2024 heraus, dass ein schleichender Verlust von Bargeld als Zahlungsmittel soziale Krisen verschärft: In Studien habe sich gezeigt, dass man »viel besser mit Geld umgehen« könne, wenn man bar zahle. Schon heute explodiere die Jugendverschuldung, so Stützle.

Auch der bekannte Neurowissenschaftler und Digital-Kritiker Manfred Spitzer gehört zu den Unterzeichnern der Petition. Der Universitätsprofessor bemerkt: »Mit Bargeld bezahlen ist etwas sehr Menschliches: Man tauscht es im Rahmen einer direkten Begegnung gegen Ware oder eine Dienstleistung. Ökonomisch ist eine Buchung das Gleiche, psychologisch nicht.«

Kontakt zu Hansjörg Stützle
Tel.: 07556/920215
E-Mail: info@bargelderhalt.eu

Zur Person: Hansjörg Stützle arbeitete über mehrere Jahrzehnte in der finanziellen Sanierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Als Schuldenberater erlebte er immer wieder, welches Potenzial in Bargeld steckt, damit Menschen aus einer Schieflage herausfinden oder gar nicht erst in die Not geraten. In der Vergangenheit sprach er auch in Schulklassen über den guten und verantwortungsvollen Umgang mit Geld. Seit 2016 widmet er sich aktiv dem Erhalt von Bargeld als Zahlungsmittel. 2024 trat er im SWR- und im MDR-Fernsehen auf. Hansjörg Stützle arbeitet in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Camilo Concha / shutterstock


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