
Während immer mehr Details darüber bekannt werden, wie Jens Spahn als Gesundheitsminister Milliarden bei Maskenbestellungen verschwendet hat, bemüht sich der Spiegel, das Thema vor seinen politisch interessierten Lesern zu verstecken.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
Ich finde es immer wieder spannend, mit welchen Tricks deutsche Medien über politisch nicht ins gewollte Bild passende Themen zwar berichten, die Artikel aber so platzieren, dass die politisch interessierten Leser sie trotzdem höchstwahrscheinlich nicht zu sehen bekommen.
Der Trick mit den Rubriken
Der Spiegel (und die meisten anderen Medien) haben Rubriken, in denen die Artikel erscheinen, sie werden nie in mehreren Rubriken gleichzeitig veröffentlicht. Das schafft einerseits objektive Schwierigkeiten, wenn es zum Beispiel darum geht, zu entscheiden, ob der Spiegel einen Artikel, der sich mit neuen Erkenntnissen der Computertechnik beschäftigt, in der Rubrik „Wissenschaft“ oder in der Rubrik „Netzwelt“ veröffentlichen soll. Beide Rubriken würden zu dem Thema passen.
Diese Einteilung in Rubriken ist andererseits aber auch ungeheuer praktisch, wenn man unliebsame Meldungen zwar vor den Lesern verstecken, aber trotzdem den Vorwurf vermeiden möchte, den Lesern etwas verheimlicht zu haben. Daher findet man beim Spiegel politisch brisante Themen sehr oft in der Rubrik „Panorama“, in der es eigentlich um Stars und Sternchen und andere Belanglosigkeiten geht. Die meisten politisch interessierten Leser meiden diese Rubrik, weil sie sich für diese Meldungen eher nicht interessieren. So versteckt der Spiegel politisch brisante Themen vor seinen politisch interessierten Lesern.
Aber es geht auch anders herum. Wenn der Spiegel bei seinen politisch interessierten Lesern für eine Person oder ein Thema Sympathie oder Antipathie erzeugen will, dann kann er vollkommen banale Meldungen, die mit Politik nichts zu tun haben und bestenfalls in der Rubrik „Panorama“ einen Platz hätten, in der Rubrik „Politik“ veröffentlichen, damit die politisch interessierten Spiegel-Leser sie finden.
Im April habe ich berichtet, wie der Spiegel die Linken-Politikerin Heidi Reichinnek mit diesem Trick gehypt hat, indem der Spiegel in der Rubrik “Politik” über Reichinneks neue Tattoos berichtet hat, was mit Politik nun wirklich nichts zu tun hat. Aber die Spiegel-Redaktion fand es wichtig, Reichinnek medial zu unterstützen und war der Meinung, ein sympathischer Artikel über ihre Tattoos würde ihr bei den politisch interessierten Spiegel-Lesern Sympathien einbringen.
Der Spiegel als Beschützer von Jens Spahn
Im Juni 2022 hat der Spiegel berichtet, dass in der Amtszeit von Gesundheitsminister Spahn kein Interesse an funktionierenden Kontrollen von Coronatest-Einrichtungen bestand. Stattdessen wurde mehr als eine Milliarde Euro an Betrüger ausgezahlt.
Und wo hat der Spiegel die Meldung darüber veröffentlicht?
Natürlich nicht in der Rubrik „Politik“, sondern in der Rubrik „Panorama“, weil der Spiegel keine kritische Diskussion über Corona-Themen wollte und will, und weil Jens Spahn von den Medien generell geschützt wurde und wird, wie seine Korruptionsskandale gezeigt haben.
Und so haben die Medien auch diese Verschwendung von Milliarden von Euro schnell wieder vergessen.
In letzter Zeit macht ein Untersuchungsbericht des Bundesgesundheitsministeriums über die Maskenbestellungen unter Spahn Wellen. In dem Bericht kommt Spahn gar nicht gut weg, denn dabei ist so ziemlich alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Und Spahns Misswirtschaft (oder sogar Korruption) bei den Maskenbestellungen haben den Bund Milliarden gekostet.
Der Bericht wurde inzwischen, wenn auch noch stark geschwärzt, veröffentlicht. Trotz der massiven Schwärzungen ist der Bericht politischer Sprengstoff.
Überraschend hat der Spiegel darüber unter der Überschrift “Maskengeschäfte der Bundesregierung – Das steht in dem Bericht, der Jens Spahn gefährlich werden kann” einen sehr langen und auch durchaus guten und kritischen Artikel über die Machenschaften in Spahns damaligem Ministerium veröffentlicht, den Sie bei Interesse trotz Paywall hier lesen können (dass ich mal einen Spiegel-Artikel empfehle, kommt wirklich selten vor).
Ich will hier nicht auf den Bericht und Spahns Korruption eingehen, das sollen Portale machen, die sich mit deutscher Innenpolitik befassen, für die ist das ein wahres Leckerchen. Mir geht es darum, wie die Medien manipulieren und ihren Lesern Informationen vorenthalten.
Denn wo würde ein Artikel über dieses Thema Ihrer Meinung hingehören – in die Rubrik “Politik” oder in die Rubrik “Panorama”? Der Spiegel meint, dass dieser lange Artikel, in dem Spahn gar nicht gut wegkommt, in der Rubrik “Panorama” am besten aufgehoben ist, wo ihn nur wenige politisch interessierte Leser finden.
Nun will ich noch ein paar andere Beispiele für den Trick mit den Rubriken aufzeigen.
Der Pegasus-Skandal
Juli 2021 wurde bekannt, dass eine israelische Firma eine Software entwickelt hat, die Handys in Echtzeit komplett überwachen, also Telefonate mitschneiden, Chats mitlesen, die Kamera einschalten, den Speicher durchsuchen und noch vieles andere kann. Medien und Politik haben darüber unter dem Narrativ berichtet, die israelische Firma habe die Software quasi gewissenlos an Diktaturen (unter anderem arabische Staaten) und sogenannte „Autokraten“ (wie beispielsweise Ungarn) verkauft, die mit der Software Regierungskritiker, kritische Journalisten und so weiter abhören können. Und sogar um Spionage ging es, denn die Software wurde auch auf Handys europäischer Politiker bis hin zum französischen Präsidenten Macron gefunden.
Aber im September 2021 wurde bekannt, dass auch die Bundesregierung diese Software einsetzt. Deutsche Behörden hatten heimlich die Spionagesoftware gekauft und eingesetzt, die Bundesregierung wollte das jedoch auf Anfragen aus dem Parlament nicht einmal eingestehen. Die Menschen in Deutschland sollten den Behörden und der Regierung blind vertrauen, dass sie die Software nur im gesetzlich erlaubten Maße benutzen und auf die Nutzung anderer, in Deutschland illegaler, Funktionen verzichten.
Und was hat der Spiegel getan?
Für den Spiegel war das ein Computer-Thema (und nicht etwa ein politisches), daher hat der Spiegel seinen Artikel darüber in der Rubrik „Netzwelt“ veröffentlicht. Das ist eine Rubrik, die im Vergleich zu anderen Rubriken im Spiegel nur wenige Leser hat. Das hat dazu geführt, dass politisch interessierte Spiegel-Leser, die sich aber nicht für Computer interessieren, davon nichts erfahren haben. Die Details dazu finden Sie hier.
Danach wurde der Skandal schnell wieder vergessen und niemand hat die Bundesregierung danach gefragt, wen sie denn mit der Spionage-Software ausspioniert.
Das leidige Thema Jeffrey Epstein
Ebenfalls im Juni 2022 wurde Ghislaine Maxwell verurteilt, die mit Jeffrey Epstein den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen organisiert hat, bei dem den Eliten der USA bis hin zu Bill Clinton und Bill Gates minderjährige Mädchen als Sexobjekte zur Verfügung gestellt wurden. Das Thema mögen die westlichen Medien überhaupt nicht und versuchen, es möglichst aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu halten.
Um das zu erreichen, hat der Spiegel auch seinen Artikel über die Verurteilung von Maxwell in der Rubrik „Panorama“ veröffentlicht und ihn so vor seinen politisch interessierten Lesern versteckt.
Merkel und Obama in einem positiven Licht darstellen
Im Juni 2022 war Merkel noch nicht lange aus dem Amt und sie bekam damals noch immer durchweg positive Presse. Im Juni 2022 haben Ex-Kanzlerin Merkel und Ex-Präsident Obama gemeinsam ein Museum besucht und der Spiegel hat über diese „Meldung, die die Welt nicht braucht“ in einem gesonderten Artikel berichtet. Natürlich wurden Merkel und Obama in dem Artikel sympathisch und positiv dargestellt.
Und wo hat der Spiegel den Artikel veröffentlicht?
Nicht etwa in der Rubrik „Panorama“, wo er hingehört hätte, sondern in der Rubrik „Politik“, damit die politisch interessierten Spiegel-Leser mit Merkel und Obama auch weiterhin positive Gefühle verbinden.
Da diese Beispiele vom Juni 2022 innerhalb von zwei Tagen veröffentlicht wurden, habe ich über sie damals in einem Artikel berichtet, in dem Sie alle Links und Informationen zu diesen Beispielen finden.
Die Twitter-Files
Die Twitter Files, die im Dezember 2022 veröffentlicht wurden, waren wohl einer der größten Skandale der letzten Jahrzehnte, denn darin wurde belegt, wie die US-Regierung der Demokraten mit Hilfe von FBI und CIA alle unschönen Informationen über den Biden-Clan und seine korrupten Geschäfte gedeckt und auf Medien und soziale Netzwerke Druck gemacht hat, diese Informationen zu zensieren. Die Twitter-Files haben anhand von internen Dokumenten von Twitter gezeigt, wie das bei Twitter abgelaufen ist. Sie können das alles hier im Detail nachlesen.
Für die westlichen Medien war das natürlich peinlich, weil sie alle Teil der Vertuschungs- und Zensuroperation waren.
Und wo, glauben Sie, hat der Spiegel seinen Artikel darüber, der den Skandal auch noch nach Kräften heruntergespielt und verharmlost hat, veröffentlicht?
Natürlich nicht in der Rubrik „Politik“, wo normalerweise über politische Skandale berichtet wird, sondern in der Rubrik „Netzwelt“, die nur wenige Spiegel-Leser besuchen. Auch darüber habe ich seinerzeit berichtet, den Artikel mit allen Quellen finden Sie hier.
Die Weihnachtsfeier der AfD
Im Dezember 2022 gab es Berichte, die AfD-Fraktion in Brandenburg solle eine wilde Weihnachtsfeier gefeiert und den Raum danach in einem „inakzeptablen Zustand“ hinterlassen haben.
Ich kann darin keinerlei politische Meldung erkennen, aber da die AfD für den Spiegel eines seiner Feindbilder ist, wurde der Artikel prominent in der Rubrik „Politik“ veröffentlicht, und nicht in der Rubrik „Panorama“, wo er hingehört hätte, wenn man das überhaupt als berichtenswerte Meldung betrachten möchte.
Eine unbekannte iranische Schauspielerin
Im Januar 2023 hat der Spiegel einen Artikel mit der Überschrift „Schauspielerin Nazanin Boniadi über ihr Iran-Engagement – »Ich protestierte schon im Bauch meiner Mutter«“ veröffentlicht. Dabei ging es um ein Interview mit der genannten (mir übrigens vollkommen unbekannten) Schauspielerin, die 1980 im Iran geboren wurde, deren Eltern aber nach London ausgewandert sind, als sie noch ein Baby war. Heute lebt sie in Hollywood.
Aber sie engagiert sich für die Proteste im Iran und der Spiegel hat ein Interview mit ihr geführt, in dem sie sich ausführlich über den Iran auslassen durfte.
In welcher Rubrik würden Sie ein Interview mit einer in Deutschland vollkommen unbekannten Schauspielerin veröffentlichen?
Der Spiegel fand das so wichtig, dass er das Interview in der Rubrik „Politik“ veröffentlicht hat, anstatt in der Rubrik „Panorama“, in der der Spiegel normalerweise über all die Nichtigkeiten berichtet, die Stars und Sternchen den ganzen Tag von sich geben.
Der Papst in Afrika
Ebenfalls im Januar 2023 hat der Papst Afrika besucht, wo er die Politik des Westens in Afrika sehr deutlich kritisiert hat. Der Papst sagte, der afrikanische Kontinent leide immer noch unter Ausbeutung und nach dem politischen Kolonialismus habe sich ein ebenso versklavender „wirtschaftlicher Kolonialismus“ entfesselt. Deshalb könne Afrika nicht von seinen Ressourcen und Bodenschätzen profitieren. Der Papst forderte, Afrika und nicht der Westen solle über Afrikas Schicksal entscheiden.
Das sind genau die Thesen über den westlichen Neokolonialismus, die man überall im Globalen Süden hört, mit denen man die Öffentlichkeit im Westen aber nicht behelligen möchte.
Daher ist es logisch, dass der Spiegel seinen Artikel über die Kritik des Papstes an der westlichen Politik nicht in der Rubrik „Politik“ veröffentlicht hat, damit die politisch interessierten Spiegel-Leser davon erfahren. Stattdessen hat der Spiegel den Artikel vor seinen politisch interessierten Lesern in der Rubrik „Panorama“ versteckt.
Über die letzten Beispiele aus der Zeit des Jahreswechsels 2022/2023 habe ich damals mit allen Quellen in einem Artikel berichtet, den Sie bei Interesse hier finden.
Die Liste solcher Beispiele ließe sich noch lange fortsetzen…
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 26. Juni 2025 auf anti-spiegel.ru.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild: Spiegel-Zentrale in Hamburg
Bildquelle: YASEMIN OZDEMIR / shutterstock
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