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Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg | Von Wolfgang Effenberger

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Das Kriegsende 1945 sollte Anlass zum umfassenden Gedenken sein. 1914 bis 2025 – Europa nach zwei Weltkriegen kurz vor der Vernichtung

Teil 4: "Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg" (Walter Benjamin): Voraussetzungen für einen tragfähigen Frieden


Ein Standpunkt von Wolfgang Effenberger.

Die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8./9. Mai 1945 bedeutete zunächst einmal nur Waffenstillstand, zumindest in Europa. Im Pazifik ging der Krieg ja bis zum 2. September 1945 weiter. Alle amerikanischen Staaten hatten den Achsenmächten – Deutschland, Italien und Japan sowie Ungarn, Rumänien, der Slowakei und Bulgarien – den Krieg erklärt. Aktiv gekämpft hatten nur Kanada, die Vereinigten Staaten, Mexiko und Brasilien.

Deutschland wurde nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung

Das Verhalten der US-Streitkräfte in Deutschland gab die Direktive der US-amerikanischen „Joint Chiefs of Staff“ (JCS) vor. Im April 1945 trat JCS 1067/6 in Kraft. In 52 Paragraphen waren politische, wirtschaftliche und militärische Hintergründe, Ziele und Pflichten des Oberbefehlshabers der US-Truppen hinsichtlich seiner Verantwortung für die Verwaltung und die militärische Besetzung sowie als Mitglied des Alliierten Kontrollrats aufgelistet. Die Grenzen für den Umgang mit den Deutschen wurden klar formuliert:

„Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung, sondern die Besetzung Deutschlands, um gewisse wichtige alliierte Absichten zu verwirklichen. Bei der Durchführung der Besetzung und Verwaltung müssen Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein. Die Verbrüderung mit deutschen Beamten und der Bevölkerung werden Sie streng unterbinden.“ (1)

Die Wirtschaft sollte dezentralisiert und mit Hilfe deutscher Behörden kontrolliert werden. Ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg Deutschlands über das zur Versorgung der Besatzungstruppen und zum Leben der Bevölkerung unbedingt Notwendige hinaus war nicht erwünscht. Amerikanische Zuschüsse zur Versorgung sollten soweit erfolgen, dass nicht Hunger, Ausbruch von Krankheiten und zivile Unruhen eine Gefahr für die Besatzungsmacht darstellten. (2) Den Militärgouverneuren wurde auferlegt, „nichts zu unternehmen, was

 (a) zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands führen könnte oder

 (b) geeignet ist, die deutsche Wirtschaft zu erhalten oder zu stärken.“ (3)

Die Direktiven wurden bald nur noch in abgeschwächter Form angewandt, da sie den Interessen der USA zuwiderliefen. Am 6. September 1946 hielt der US-amerikanische Außenminister James F. Byrnes in Stuttgart die „Rede der Hoffnung" und kündigte darin einen grundlegenden Wechsel der Besatzungspolitik zugunsten der Bevölkerung an – notfalls auch ohne die sowjetische Seite. Die Direktive JCS 1779/1, die am 15. Juli 1947 die Direktive 1067/6 ablöste, enthielt die Vorgaben zu dieser neuen Besatzungspolitik. (4)

Der unterbrochene Krieg von 1914 bis 1945 ein Zweiter Dreißigjähriger Krieg?

Was die Verheerungen, die Intensität, die Leiden der Bevölkerung und die ideologische Verblendung angeht, ist kaum ein Unterschied auszumachen. General de Gaulle, Teilnehmer an beiden Weltkriegen, sprach im September 1941 in einer Radioansprache in London von „la nouvelle Guerre de Trente Ans“. (5)Und Churchill, ebenfalls Zeitzeuge in exponierter Stellung in beiden Weltkriegen, schrieb 1944 an Stalin von einem „dreißigjährigen Krieg von 1914 an“. (6)Nach dem Zweiten Weltkrieg benutzte Raymond Aron ihn im Vergleich mit dem Krieg zwischen 1618 und 1648 und dem Westfälischen Frieden zur Beschreibung des Weltkriegsgeschehens 1914–1945. (7) Der amerikanische Historiker Arno J. Mayer führte 1988 den Begriff als Gegenstand einer ausführlichen Diskussion und Definition in die Wissenschaft ein; er wurde von Ralf Dahrendorf und Eric Hobsbawm aufgegriffen. Neuerdings wird er bei Enzo Traverso neben dem Begriff des „Europäischen Bürgerkriegs 1914–1945“ zur Beschreibung der europäischen Krise verwendet.

Diese Begriffe ermöglichen zwar eine Einordnung und können auf Parallelen verweisen, müssen aber nicht stimmig sein. So hat Churchill den von ihm definierten dreißigjährigen Krieg noch 1945 weiterführen wollen – mit offenem zeitlichen Rahmen. (8) Will man diese Nomenklatur fortzusetzen, dann könnte sich Europa aktuell im 3. Dreißigjährigen Krieg befinden.

Weitere Schatten des Kalten Krieges werden erkennbar

Am 20. August 1948 – nur wenige Monate nach der Gründung der NATO (4. April) und des "American Committee on United Europe" (9) (23. April)– wurde Lucius Clay als Kommandierender General der US-Besatzungstruppen und als Militärgouverneur in Deutschland eine Direktive in die externe Restitution aus Deutschland betreffend, zugestellt. (10) Die folgenden Absätze enthalten u.a. spezifische Anweisungen, die mit den Zielen der NATO in einem engen Zusammenhang stehen und gegen die Sowjetunion gerichtet sind. Als Grundsätze wurden postuliert:

-       bestimmten Ländern des sowjetischen Einflussbereichs bestimmte Produkte vorzuenthalten. Grundsatz: die Restitution von Eigentum an die Sowjetunion oder an ein sowjetisches Satellitenland zu vermeiden.

Dazu wurden weitere Anweisungen angekündigt, welche Produkte die US-Regierung dem Wirtschaftskreis der Sowjetunion und ihrer Satellitenländer vorenthalten möchte.

Technokratie als Voraussetzung für den immerwährenden Krieg (Omniwar)

Auf dem Kongress "Krieg und Frieden" der "Neuen Gesellschaft für Psychologie" hielt die Wiener Hochschullehrerin Corinna Oesch am 12. April 2025 ihren erhellend-bestürzenden Vortrag "Das Omniwar Konzept und die gegenwärtige Friedensbewegung". In Ihrem ersten Teil ging sie vor allem auf die von Patrick Wood in seinem Vortrag " Technocracy’s War Cry: 'We Will Assimilate' gemachten Erklärungen zu Technokratie (11), den Verbindungen zum modernen Transhumanismus (12), sowie den aktuellen Entwicklungen der Technokratie und deren gesellschaftlichen Folgen ein.

Ursprünglich war die technokratische Bewegung in den 1930er Jahren in den USA und Kanada entstanden und hatte dort Hunderttausende Anhänger finden können. Ihr Ziel war es, Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr von gewählten Politikern, sondern von Ingenieuren und Wissenschaftlern steuern zu lassen. Bereits damals arbeiteten Technokraten eng mit Unternehmen wie IBM zusammen, deren Technologien später auch im Nationalsozialismus für bevölkerungspolitische Zwecke genutzt wurden.

Technokratische Denkweisen und Instrumente – etwa Überwachung, Steuerung und Kontrolle der Bevölkerung – wurden im Nationalsozialismus vielfältig adaptiert, wie an Gesundheitspässen, dem Ariernachweis, der Kriegswirtschaft, Massendeportationen, Zwangsarbeit und eugenischen Programmen nachgewiesen werden kann. Der Architekt Albert Speer, NS-Rüstungsminister, bezeichnete sich selbst als Technokraten.

In den 1970er Jahren erhielt die Idee der Technokratie durch die Gründung der "Trilateralen Kommission" einen neuen Schub. Zbigniew Brzezinski, Mitbegründer der Kommission, prognostizierte in seinem Werk "America’s Role in the Technetronic Era" das Ende der liberalen Demokratie. Er sah eine Zukunft voraus, in der diejenigen, die über die fortschrittlichsten Technologien verfügen, auch die politische Macht innehaben, da sie die Massen durch Überwachung und Manipulation kontrollieren könnten. Brzezinski beschrieb zudem die Entstehung eines militärisch-wissenschaftlichen Komplexes und neue Methoden der Aufstandsbekämpfung.

Der heutige Transhumanismus ist nach Patrick Wood eine Neuauflage der Eugenik. Ziel ist die „Verbesserung“ und „Erweiterung“ des Menschen durch technologische Mittel – ein Gedanke, der bereits von Julian Huxley, dem Begründer des Begriffs „Transhumanismus“, vertreten wurde. (13) Huxley wollte nach dem Zweiten Weltkrieg die diskreditierte Eugenik unter neuem Namen weiterführen und verankerte diese Ideen auch in der UNESCO. Im transhumanistischen Manifest wird der Mensch als biologisch-technologischer Organismus beschrieben, der sich mithilfe von Technologie weiterentwickelt. (14) Wood warnt: Wo eine Ideologie einen „Übermenschen“ schaffen will, sollten die Alarmglocken läuten.

Technokratie und Transhumanismus beruhen auf dem Glauben, Wissenschaft und Technik könnten Gesellschaft und Menschheit perfektionieren. In der Praxis führen sie laut Wood jedoch zu einer totalitären Herrschaft einer technokratischen Elite. In den USA hätten sich mittlerweile beide großen Parteien und auch populistische Bewegungen von technokratischen Ideen vereinnahmen lassen. Ein Präsident Trump könnte diesen Trend durch seine Nähe zu Technologieunternehmern wie Elon Musk weiter verstärken.

So ist laut Wood zu befürchten, dass das eigentliche Ziel der Technokratie darin bestehe, die natürliche Natur durch eine vom Menschen geschaffene „übernatürliche“ Natur zu ersetzen. Entwicklungen wie Gentechnik, Massentierhaltung, Laborfleisch und Insektenfarmen in der Landwirtschaft zeigen, wie technokratische und kapitalistische Prinzipien traditionelle, auf Natur und Tierwohl ausgerichtete Wirtschaftsformen verdrängen. Diese Tendenzen werden nun auf den Menschen übertragen: Neue Technologien sollen programmierbare, steuerbare Mensch-Maschinen erschaffen. So verbinden sich kapitalistische Ausbeutung und technokratische Herrschaft zu einem umfassenden Projekt der Kontrolle über Mensch und Natur –  ideale Voraussetzungen, um permanent Kriege zu führen.

Geschichtsmanipulation im Dienst kommender Kriege

In den Handreichungen des wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses vom 15. November 2022 ist zu lesen:

„Um regionale Hegemonie in Eurasien zu verhindern, sind anscheinend viele militärische Operationen der USA im 1. und 2. Weltkrieg und zahlreiche militärische Kriegseinsätze und alltägliche Operationen der USA seit dem 2. Weltkrieg zu einem nicht geringen Teil zur Unterstützung dieses Ziels durchgeführt worden."

Dominiert  heute der Terroranschlag vom 11. September 2001 auf die Wahrzeichen des US-Kapitalismus – die Twin-Tower in Manhattan – die Narrative seit 24 Jahren, so ist der Terroranschlag auf den österreichisch-ungarischen Thronfolgen Franz-Ferdinand vom 28. Juni 1914 in Sarajewo kaum geschichtsrelevant, obwohl in der Bedeutung und in den Auswirkungen durchaus vergleichbar.

Wer stand hinter dem Terroranschlag, für den der serbische Geheimdienst junge Oberschüler einsetzte?

Im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum war ein aufschlussreiches Beweisdokument aus-gestellt. Neben anderen Requisiten dieses Terroranschlags lag in einer Glasvitrine eine Anfang Juni 1914 vom damaligen serbischen Regierungschef Nikola Pašic handschriftlich gefertigte Anweisung aus. Auf informellem Papier wurden der Pašic-Vertraute General Jankovi, der Major Tankosi sowie der Narodna Odbrana-Resident Boda Milanovi angewiesen, den Schülern Waffen und Munition auszuhändigen: 

Offizieller Übersetzungstext der Pašic-Anweisung: „2 Schüler des Ober-Realgymnasiums Triša des Mladen.....6 Bomben, 4 Revolver von der Narodna Odbrana dem Jankovi dem Boda Milanovi und dem Tankosi, Vertrauensmann des zweiten, und dieser des dritten, in Trnovo, in Priboj, in Tuzla, in Sarajewo“. (15)

Am 1. Juli 1914 veröffentlichte das königlich serbische Pressebüro eine Erklärung der serbischen Regierung. Sie gab darin dem Abscheu Serbiens über die in Sarajewo verübten Morde und dem Willen der serbischen Regierung Ausdruck, die Umtriebe verdächtiger Elemente mit Aufmerksamkeit zu verfolgen und nichts zu unterlassen, was zur Beruhigung der Geister beizutragen vermöchte. (16) Alle Angriffe der Wiener und der Budapester Presse wurden im Namen der serbischen Regierung und im Namen des offiziellen Serbien zurückgewiesen und es wurde unterstrichen, dass die Schuld an dem Sarajevo-Attentat nur einen einzigen Menschen treffe, der noch dazu ein Staatsangehöriger der habsburgischen Monarchie sei: den muslimischen Bosnier Gavrilo Princip.

101 Jahre später enthüllte Serbiens Regierung in der Innenstadt von Belgrad eine zwei Meter hohe Statue des serbischen(?) Nationalisten Gavrilo Princip. „Heute haben wir keine Angst vor der Wahrheit“, sagte Präsident Tomislav Nikolic. „Gavrilo Princip war ein Held, ein Symbol für die Idee der Freiheit, der Mörder eines Tyrannen und ein Träger der europäischen Idee der Befreiung von der Sklaverei“. (17) Auch so lässt sich Geschichte aufarbeiten.

Einen Tag nach Sarajewo folgte das Attentat auf den am Zarenhof wirkenden russischen Seher, Pazifisten und Wunderheiler Rasputin.

In diesem Zusammenhang muss auch der Londoner Geheimvertrag vom 26. April 1915 gesehen werden. Die darin gemachten Versprechungen brachten Italien auf die Seite der Entente. Wenige Tage später, am 1. Mai 1915, gründete der kroatische Politiker Ante Trumbic im Pariser Exil das „Jugoslawische Komitee". Es siedelte nach London über und vertrat dort die territorialen Interessen der Monarchieslawen. Am 20. Juli 1917 unterzeichnete der serbische Ministerpräsident Nikola Pašic gemeinsam mit Ante Trumbic die so genannte „Deklaration von Korfu". Darin wurde – mit dem Segen Großbritanniens - als Ziel ein Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen als konstitutionelle Monarchie formuliert, die den Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn ersetzen sollte. Wenige Tage zuvor hatte Pašic mittels einer Verleumdungsklage den Chef des serbischen Geheimdienstes, den serbischen Patrioten Oberst Dimitrijevic-Apis und dessen Stabsoffiziere nach einem Gerichtsverfahren in Saloniki erschießen lassen. Unter Staatschef Tito wurde der Prozess 1953 aufgerollt, die Offiziere rehabilitiert.
Im gleichen Jahr, als die Opfer des Justizmordes von 1917 rehabilitiert wurden, begannen in Belgrad die Bauarbeiten für die Umgestaltung des Terazije-Platzes in den „Marx-und-Engels-Platz" zu Ehren der beiden kommunistischen Ideologen, architektonisch dominiert von massiven Gewerkschaftsgebäuden im Stil des sozialistischen Klassizismus. Als die kommunistische Ideologie an Zugkraft verloren hatte, dachte man in Belgrad wieder über Namensänderungen von Straßen und die Umgestaltung von Plätzen nach. Und so wurde 1998 auf dem Platz eine Statue des überführten Justizmörders Nikola Pašic errichtet und der Platz nach ihm benannt („Trg Nikole Pašica")! Was war passiert? 

82 Jahre nach der „Deklaration von Korfu" zerschlug England im Bündnis mit den USA den von ihm selbst 1917 geschaffenen Vielvölkerstaat Jugoslawien. Stand das serbisch dominierte Rest-Jugoslawien der NATO-Osterweiterung im Weg? Oder hatte es sich zu sehr an China gebunden, wie der Angriff auf die chinesische Botschaft in Belgrad vermuten lässt? Nach Christopher Clark hat die NATO im Frühjahr 1999 die Serben viel stärker unter Druck gesetzt als Österreich-Ungarn im Juli 1914 - er fragt: „Lag das vor allem daran, dass Russland als Großmacht aus dem Spiel war?“(18) Nicht zuletzt ging es wohl darum, Serbien zwecks Sicherstellung einer US-Militärpräsenz im Kosovo auf Dauer aus der europäischen Entwicklung auszuklammern. (19) 

„Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg.“ (20)

Am 11. April 2025 eröffnete der Sozialwissenschaftler, Publizist, Bildender Künstler und von 1972 bis 2002 Professor für Sozialpädagogik an der Universität Bremen, Rudolph Bauer, seinen Vortrag anlässlich des Kongresses "Krieg und Frieden" der "Neuen Gesellschaft für Psychologie" im Berliner "Haus der Demokratie" mit Walter Benjamins Satz:

„Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg.“

Walter Benjamin – er lebte 1892 bis 1940 – flüchtete im September 1933 aus Nazi-Deutschland in das französische Exil. Nach der Besetzung Frankreichs nahm er sich1940 auf der Flucht vor den deutsch-faschistischen Truppen an der Grenze zu Spanien das Leben. Vor diesem Hintergrund findet es Bauer bestürzend und ebenso infam wie charakteristisch für den gegenwärtigen, den Bunten Totalitarismus, wenn am Eingang zum Panzermuseum Munster in der Lüneburger Heide das eingangs erwähnte Benjamin-Zitat zu lesen ist – aus dem Zusammenhang gerissen und kriegstüchtig verstümmelt.

Aus diesem Zitat liest Bauer Benjamins Mahnung, dass ernsthaftes Eintreten für den Frieden voraussetzt, sich mit den Realitäten und Ursachen des Krieges auseinanderzusetzen. Frieden könne nicht durch bloße Beschwörungen oder symbolische Handlungen erreicht werden, sondern nur durch eine schonungslose Analyse und Diskussion der Kriegsursachen und -mechanismen.

Was es bedeutet, über den Krieg zu sprechen

Bauer listet eine Vielzahl von Aspekten auf, über die gesprochen werden muss, wenn man den Krieg thematisiert:

·       Die zerstörerische Gewalt des Krieges und das Leiden von Soldaten und Zivilbevölkerung.

·       Die sozialen, psychischen und transgenerationalen Folgen von Krieg, wie Traumatisierung, Vertreibung und Hunger.

·       Die Rolle von Hass, Feindbildern und kognitiver Kriegsführung.

·       Die historischen Wurzeln heutiger Kriegspolitik, die bis zum Ersten Weltkrieg reichen.

·       Die Militarisierung der Gesellschaft, die Spaltung durch Misstrauen, Ideologie und Desinformation.

·       Die Durchdringung ziviler Bereiche durch militärische Logik, etwa durch Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ), die das Gesundheitswesen, den Katastrophenschutz und viele andere Bereiche auf Kriegstauglichkeit trimmt.

·       Die gigantischen Rüstungsausgaben, moderne Waffentechnologien (Drohnen, Cyberwaffen, Biowaffen), sowie die Rolle von Rüstungsindustrie und Militäretat auf Kosten sozialer Bereiche.

·       Die geopolitischen Interessen, die Rolle von Rohstoffen, Finanzmärkten und die Verflechtung von Wirtschaft und Krieg.

·       Die Komplizenschaft von Kirchen, Medien, Wissenschaft, Stiftungen und Think Tanks bei der Rechtfertigung und Vorbereitung von Kriegen.

·       Die ideologische Aufrüstung in Bildung und Gesellschaft, die Heroisierung von Militär und die Verbreitung nationalistischer Narrative.

·       Die Rolle von NATO, transatlantischen Netzwerken, Kolonialismus, Geheimdiensten und verdeckten Strukturen.

·       Die globale Präsenz von US-Militärbasen und die Rolle des US-Kapitalismus als Kriegstreiber.

·       Und nicht zuletzt: der Zustand und die Herausforderungen der Friedensbewegung selbst.

Bauer kritisiert, dass Benjamins Zitat – so wie am Eingang des Panzermuseums Münster – aus dem Zusammenhang gerissen und verfälscht wurde. Während Benjamin davor warnte, dass gerade die Kriegstreiber ständig vom Frieden reden, wird das Zitat heute genutzt, um Kriegsvorbereitung als Friedenssicherung zu legitimieren. Sprache wird so zur Verschleierung und Rechtfertigung von Gewalt missbraucht.

Friedensbeschwörungen verhindern keine Kriege

Bauer argumentiert, dass symbolische Handlungen wie Ostermärsche, Gedenktage oder Friedensgottesdienste wirkungslos bleiben, solange sie nicht die realen Machtverhältnisse und Strukturen des Militarismus adressieren. Der militärische Gewaltapparat sei hochorganisiert und technisch überlegen und werde von der Politik mit enormen Mitteln ausgestattet. Appelle an die Regierung oder ritualisierte Protestformen seien angesichts dieser Übermacht wirkungslos und teilweise sogar satirisch.

Bauer verweist auf seine früheren Arbeiten zur Militarisierung der Gesellschaft, insbesondere auf die Rolle der Medien und von Stiftungen wie Bertelsmann bei der ideologischen Vorbereitung und Rechtfertigung von Krieg und Interventionen. Bereits 2008 wurden in sicherheitspolitischen Leitlinien militärische Eingriffe auch gegen Pandemien gefordert – eine Entwicklung, die sich in der Corona-Krise fortgesetzt habe und von Teilen der Friedensbewegung nicht kritisch reflektiert worden sei.

Die Friedensbewegung und ihre Schwächen


Bauer kritisiert, dass die Friedensbewegung sich häufig in antifaschistische Rhetorik flüchtet und dabei Gefahr läuft, sich staatlichen und militärischen Narrativen zu unterwerfen. Er verweist auf die „Friedenswinter“-Bewegung 2014/15, deren Selbstverständnis eine Vermengung von Friedens- und Antifaschismus-Rhetorik darstellte, die letztlich die Kriegsbereitschaft kaschiert habe – ähnlich wie Joschka Fischers „Nie wieder Auschwitz“-Rhetorik zur Rechtfertigung des Jugoslawien-Krieges.

Bauer fordert, im Sinne Benjamins über die Ursachen, Strukturen und Mechanismen des Krieges zu sprechen, anstatt sich auf symbolische Friedensbekundungen zu beschränken. Nur durch eine schonungslose Analyse und das Offenlegen der realen Machtverhältnisse könne eine wirksame Friedensarbeit entstehen. Die Friedensbewegung müsse sich selbstkritisch mit ihren eigenen Schwächen und Vereinnahmungen auseinandersetzen und den Krieg in all seinen Facetten thematisieren, um nicht zum Feigenblatt für Militarismus und Kriegspolitik zu werden.

Diese Zusammenfassung hält die Intention des Originals bei, indem sie die zentrale Forderung nach einer ehrlichen, umfassenden Auseinandersetzung mit Krieg und Militarismus betont und die Kritik an oberflächlichen Friedensritualen sowie an der Instrumentalisierung von Sprache und Symbolen für kriegerische Zwecke herausarbeitet.

1945 endete der 2. Weltkrieg – zugleich begannen die Nürnberger Prozesse

Vor 80 Jahren begannen in Nürnberg die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs. Im November 2020 betonte der  US-amerikanische Völkerrechtler, Historiker, Autor und zwischen  2012 bis 2018 Unabhängiger Experte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung,  (21) Prof. Dr. de Zayas, dass diese Prozesse einen Meilenstein in der Entwicklung des internationalen Strafrechts darstellten und Vorläufer späterer Ad-hoc-Tribunale wie für Jugoslawien, Ruanda oder Sierra Leone waren. Dennoch wirft de Zayas die Frage auf, ob solche Tribunale wirklich objektiv und gerecht sind oder lediglich eine Fortsetzung politischer Machtkämpfe mit juristischen Mitteln darstellen. Insbesondere kritisiert er das Konzept der „Kollektivschuld“, das sich durchgesetzt habe und sowohl von Siegern als auch Besiegten akzeptiert werde. 

De Zayas kritisiert Ex-post-facto-Tribunale und plädiert für Prävention

De Zayas äußert Skepsis gegenüber der Fokussierung auf nachträgliche Straftribunale. Viel wichtiger sind für ihn die Prävention von Konflikten und die Förderung des Menschenrechts auf Frieden. Er glaubt nicht an die abschreckende Wirkung von Tribunalen, da Kriegsverbrecher selten mit einer späteren Anklage rechnen. Die Bestrafung nach dem Krieg diene oft nur dem Prinzip „Auge um Auge“, ohne wirkliche Gerechtigkeit für Opfer zu schaffen.

Die Idee, am Ende eines Krieges ein Gerichtsverfahren durchzuführen, ist eine speziell anglo-französische Erfindung, die in die Verträge von Versailles und Sèvres aufgenommen wurde. Doch am Ende des Zweiten Weltkriegs war Stalin kaum daran interessiert, Prozesse zu führen, und er schlug vor, 50 000 deutsche Politiker und Militärs zu töten und es dabei zu belassen. Churchill überzeugte ihn jedoch von den Vorteilen der Durchführung eines „richtigen" Strafprozesses, der im Londoner Abkommen vom 8. August 1945 festgeschrieben wurde, zwei Tage nach der atomaren Vernichtung von Hiroshima und einen Tag vor der Zerstörung von Nagasaki. In seinem Vortrag über die Nürnberger Prozesse an der Freien Universität Berlin  (22) beleuchtet de Zayas diese Anomalien und zitiert aus dem brillanten Eröffnungsstatement des amerikanischen Staatsanwalts Robert Jackson:

„Wir dürfen niemals vergessen, dass nach dem geltenden Mass, mit dem wir die Angeklagten heute messen, auch wir morgen von der Geschichte gemessen werden." (23) Und weiter: „Dieses Gesetz wird hier zwar zunächst auf deutsche Angreifer angewandt, es schliesst aber ein und verdammt, wenn es von Nutzen sein soll, notwendig den Angriff jeder anderen Nation, nicht ausgenommen die, die jetzt hier zu Gericht sitzen." (24)

Doch tatsächlich wurden Verbrechen der Alliierten nie verfolgt; das Tribunal lehnte die sogenannte „Tu-quoque“-Verteidigung (Du auch) ab. Während die Nationalsozialisten für Deportationen verurteilt wurden, fand gleichzeitig der größte erzwungene Bevölkerungstransfer der Geschichte statt: 14 Millionen Deutsche wurden aus Osteuropa vertrieben, Millionen kamen ums Leben oder wurden Opfer von Gewalt.

De Zayas empfindet es als eine historische Ironie, dass, während die Nazis wegen des Verbrechens der „Deportation" verurteilt wurden, weil sie Polen aus ihren Häusern in Westpreussen nach Mittelpolen verjagten und Franzosen aus Elsass-Lothringen vertrieben hatten, der grösste „erzwungene Bevölkerungstransfer" (25) der Geschichte im Gange war, ein Ergebnis der Beschlüsse der Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam. Rund 14 Millionen Deutschstämmige wurden brutal aus ihrer Heimat in Ostpreussen, Pommern, Schlesien, Ostbrandenburg, Böhmen, Mähren, Ungarn, Jugoslawien vertrieben – unter den deutschen Vertriebenen gab es schätzungsweise zwei Millionen Tote.
Die Vertreibungen waren laut de Zayas rein rassistisch, da das einzige Kriterium war, Deutscher zu sein – nicht einmal, ob man ein Nazi war. Auch deutsche Juden wurden ausgewiesen und total enteignet. Diese Vertreibungen schildert de Zayas in seinem Buch „Nemesis at Potsdam" (26). Es wird geschätzt, dass 600.000 deutsche Zivilisten in Hunderten von Städten und Dörfern bei Flächenbombardierungen durch anglo-amerikanische Flugzeuge starben; mindestens vier Millionen deutsche Frauen wurden von sowjetischen, französischen, amerikanischen und britischen Streitkräften vergewaltigt. Zwei Millionen Zivilisten wurden in Russland zur Zwangsarbeit verschleppt, was die Konferenz von Jalta als „Reparationen in Naturalien" deklarierte. Die Sowjets richteten 1940 auf Befehl von Kriegsmarschall Stalin mehrere Tausend polnische Offiziere in Katyn hin – all dies in völliger Straflosigkeit.

Im Lauf der Geschichte hat das Prinzip „Vae victis" – Wehe den Besiegten – verschiedene Formen angenommen. Vercingetorix, der Führer der Gallier, wurde von Julius Cäsar besiegt, nach Rom gebracht, eingekerkert, öffentlich gedemütigt und erwürgt. Viele Kriege wurden von enormen Massakern begleitet und mit ihnen beendet, Beispiel sind die Zerstörungsorgien von Dschingis Khan in China, Persien, Russland. Timur (Tamerlane) massakrierte Millionen in Indien, Persien, Syrien, Aserbaidschan. Die Briten massakrierten viele in Indien und China, besonders während und nach den Opium-Kriegen. 

Nürnberger Prinzipien und ihre selektive Anwendung

Die Vereinten Nationen übernahmen 1950 die Nürnberger Prinzipien ins Völkerrecht. Sie sind heute Teil der internationalen Rechtsdoktrin und werden in der Theorie gelehrt, in der Praxis aber selektiv angewendet – meist gegen besiegte Feinde oder gestürzte Machthaber. Die Prinzipien haben weder Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit noch Völkermord verhindert. Positiv bleibt immerhin, dass das Prinzip der individuellen Schuld (statt Kollektivschuld) etabliert wurde. 

Kultur der Straflosigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg 

De Zayas stellt fest, dass zahlreiche Staaten seit 1945 gegen die Nürnberger Prinzipien verstoßen haben, ohne Konsequenzen zu fürchten. Beispiele sind Chinas Einmarsch in Tibet, die sowjetischen Interventionen in Ungarn und der Tschechoslowakei, Israels Angriffe auf Nachbarstaaten und die Besetzung Palästinas, die türkische Besetzung Nordzyperns, Massaker an Kurden, der Angriff auf Bergkarabach durch Aserbaidschan, der Völkermord in Biafra, Verbrechen in Sri Lanka und Indien sowie zahlreiche US-Kriege/"Interventionen" (Vietnam, Grenada, Panama, Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, Ukraine). All diese Taten blieben weitgehend ungesühnt, was laut de Zayas eine Kultur der Gewalt und Straflosigkeit gefördert habe. Er bedauert, dass die Nürnberger Prinzipien die Begehung von Verbrechen der Aggression, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und Völkermord seit 1950 nicht verhindert habe. Trotzdem kann de Zayas Nürnberg etwas Positives abgewinnen:

„als ethische Entwicklung des Völkerrechts, dass es nach dem Nürnberger Prozess eine persönliche Haftung für Verbrechen geben sollte, eben keine Kollektivschuld, sondern eine individuelle Schuld von Menschen wie Goering, Frank und Keitel – in unseren Tagen für Menschen wie George W. Bush, Tony Blair, Donald Rumsfeld, Nicholas Sarkozy (wegen Libyen!).“ (27)

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und seine Grenzen

Mit dem Römer Statut und der Gründung des IStGH verbanden viele die Hoffnung auf eine konsequente Umsetzung der Nürnberger Prinzipien. De Zayas war jedoch stets skeptisch und sieht den IStGH als Werkzeug der Mächtigen gegen die Schwachen. Bisher wurden fast ausschließlich Afrikaner angeklagt, während westliche Politiker und Militärs für ihre Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen nicht belangt wurden. Auch aktuelle Verbrechen – etwa an den Jesiden, im Jemen, in Kaschmir oder Palästina – werden nicht verfolgt. Glaubwürdigkeit könne der IStGH nur erlangen, wenn er alle Staaten und deren Verantwortliche gleichbehandelt.

Voraussetzungen für eine gerechte internationale Strafverfolgung

Für eine universelle Anwendung des Völkerrechts bedarf es laut de Zayas mehr als Verträge oder Gerichte: Entscheidend seien der politische Wille der Regierungen, die Ehrlichkeit der Politiker, eine gebildete und engagierte Zivilgesellschaft sowie verantwortungsbewusste Medien. Trotz Protesten und Aufklärung durch Intellektuelle wie Noam Chomsky oder Jeffrey Sachs bleibt die Stimme der Zivilgesellschaft oft folgenlos. Die Grundregel „Macht geht vor Recht“ gilt weiterhin, wie schon Thukydides im Melianischen Dialog feststellte: „Die Starken tun, was sie wollen, und die Schwachen leiden, was sie müssen.“

Fazit und Ausblick

De Zayas zieht das ernüchternde Fazit, dass sich die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg und den Nürnberger Prozessen in Bezug auf die Durchsetzung des Völkerrechts kaum weiterentwickelt hat. Die Hoffnung auf eine gerechte, auf Regeln basierende internationale Ordnung bleibt bestehen, doch solange Machtinteressen dominieren, bleibt sie unerfüllt. Die Trommeln des Krieges werden nur dann verstummen, wenn echte Prävention, Gleichbehandlung und der Wille zur Aufarbeitung aller Verbrechen – unabhängig von der politischen Machtstellung der Täter – zur Norm werden.
Das Interview kritisiert die selektive Anwendung des internationalen Strafrechts und fordert eine konsequente, universelle Durchsetzung der Gerechtigkeit. Es plädiert für Prävention statt nachträglicher Bestrafung, individuelle Verantwortung statt Kollektivschuld und eine Stärkung der Zivilgesellschaft, um die „Trommeln des Krieges“ wirklich zum Schweigen zu bringen.

US-Außenministerium im Disput mit dem deutschen Außenministerium (Außenamt)

Nach der Wahl von Friedrich Merz am 6. Mai 2025 im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler werden die Trommeln vermutlich noch lauter schlagen. Wenige Tage zuvor hatte die Verkündung des Außen-Amtes, die AfD sei „gesichert rechtsextrem", einen Disput zwischen US-Außenminister Marco Rubio und dem Auswärtigen Amt in Berlin ausgelöst; Rubio äußerte sich spöttisch, insbesondere wegen der Behauptung des AM, das Bundesamt für Verfassungsschutz sei unabhängig, obwohl es dem Bundesinnenministerium unterstellt ist und damit Weisungen von dort unterliegt, im konkreten Fall also jenen der noch im Amt befindlichen Innenministerin Nancy Faeser. (28) Der stellvertretende US-Außenminister, promovierte Jurist und Experte für Lateinamerika, Christopher Landau, bemühte in seiner Antwort zur Überraschung die gemeinsame Geschichte. Landaus Vater war US-Botschafter in Paraguay, Chile und Venezuela und in der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump US-Botschafter in Mexiko; er gilt als einer der engsten außenpolitischen Berater von Donald Trump. Landaus Vater musste nach dem Anschluss 1938 aus seiner Geburtsstadt Wien fliehen; er wurde amerikanischer Bürger und kämpfte stolz in der US-Armee für die Befreiung Europas. So fiel die Antwort Landaus sehr persönlich aus:

„Wenn ich für mich selbst spreche, können Worte nicht einmal ansatzweise den Zorn und den Groll ausdrücken, den ich empfinde, wenn ein offizielles Konto der DEUTSCHEN Regierung vorgibt, den US-Außenminister über die Notwendigkeit zu belehren, die politische Opposition auszuspionieren und zu zensieren. Und nein, Deutschland, du kannst dich nicht hinter selbstgefälligen Hinweisen darauf, was du von "deiner" Geschichte gelernt hast, verstecken. Wie du dich vielleicht erinnerst, ist es auch "unsere" Geschichte, weil wir eine ziemlich wichtige Rolle dabei spielten, gerade dieses Kapitel deiner Geschichte zu beenden. Und es ist auch "meine" Geschichte, da mein eigener Vater nicht wegen ZU VIEL freier Rede geflohen war; er floh, weil jene, die daran glaubten, ihre politischen Gegner auszuspionieren und zu zensieren, die Macht hatten. Du magst dich entscheiden, deine eigenen Bürger als "Rechtsextreme" zu brandmarken und sie zum Schweigen zu bringen oder zu inhaftieren, weil sie, beispielsweise, gegen offene Grenzen sind. Aber bitte erspare uns das Moralisieren.“ (29)

Die Antwort des AA steht noch aus.

Ob Vizeaußenminister Landau die dunklen Seiten der USA hinreichend kennt?

Österreich-Ungarn hatte nach dem Terroranschlag einige Terroristen gefangen nehmen und deren Spur nach Belgrad verfolgen können. Es folgte ein Ultimatum, in dem die Beteiligung von österreichisch-ungarischen Ermittlungsbeamten an der Untersuchung gefordert wurde. Das wurde entschieden abgelehnt, und Österreich-Ungarn erklärte daraufhin nach 30 Tagen Serbien den Krieg. Im Vergleich dazu hatten die USA nicht einen einzigen Täter aus Afghanistan vorzuweisen, die USA stellten Afghanistan kein Ultimatum, erklärten auch nicht den Krieg, sondern griffen nur 27 Tage nach 9/11 Afghanistan an. Nach 21 Jahren Krieg mussten die USA Afghanistan fluchtartig verlassen und hinterließen nur verbrannte Erde. In diesem geschichtlichen Vergleich kommen die USA, die sich seit 1776 als eine beispielhafte Demokratie sehen, nicht sonderlich gut weg.  

Es scheint zwar ausgeschlossen, dass Landau diese Zusammenhänge bekannt sind, doch seine persönliche Geschichte lässt auf eine menschenfreundlichere Politik hoffen.

Anmerkungen und Quellen

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)

1)http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=2297&language=german

2)„supplies necessary to prevent starvation or widespread disease or such civil unrest as would endanger the occupying forces“

3)Nachkriegs-Semester: Studium in Kriegs- und Nachkriegszeit, S. 85

4)Directive to the United States Military Governor for Germany (Clay). Enthält Anweisung an Clay zur Anwendung der Direktive JCS 1779/1. Office of the Historian, Bureau of Public Affairs, US-Außenministerium; Robert A. Selig: America’s Long Road to the Federal Republic of Germany (West). In: German Life, Juni/Juli 1998 (PDF; 131 kB)

5)Antoine Prost/Jay Winter, Penser la Grande Guerre. Un essai d'historiographie, Paris 2004, S. 33.

6)Briefwechsel Stalins mit Churchill, Attlee, Roosevelt und Truman 1941–1945, Berlin 1961, S. 254. – In seinem Buch The Gathering Storm, Boston 1948, S. VII, kommt Churchill auf den Begriff zurück.

7)Vgl. Gerhard Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung. Aus: Politik und Zeitgeschichte. B 29-302004

8)Parallel zur deutschen Kapitulation hatte Churchill den Kriegsplan für die Operation »Das Undenkbare« (Unthinkable) in Auftrag gegeben. Der ausgearbeitete Plan zur militärischen Unterwerfung der Sowjetunion wurde am 22. Mai vom Chief of Staff, Generalleutnant Sir Hastings Lionel Ismay übergeben und am 8. Juni 1945 ergänzt. Als Termin für den Angriff wurde der 1. Juli 1945 festgelegt (siehe 34/2).

9)Liste der Gründungsmitglieder und -vorstände (nicht vollständig)

(New York Times of April 24, 1948, New Group Backs Federated Europe--Public Officials and Educators Form Committee to Support "Free" Bloc Abroad:

J. William Fulbright, Anwalt

William C. Bullitt, Diplomat

Herbert Hoover, ehemaliger US-Präsident

Robert Moses, Sekretär des früheren Kriegsministers Robert P. Patterson

Alice Roosevelt Longworth, Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt

Norman Thomas, Politiker, ehemaliger Vorstand des America First Committee

Burton K. Wheeler, Politiker, Mitbegründer des America First Committee

William J. Donovan, Leiter des Office of Strategic Services

Robert Ignatius GannonJesuit und Präsident der Fordham University

Allen Welsh Dulles, Anwalt, europäischer OSS-Repräsentant, später CIA-Direktor

10)Sie ergänzt Absatz 17 a von JCS 1779/1 (SWNCC 327/4) und ersetzt WX 85965 vom November 1945 in der jeweils gültigen Fassung (SWNCC 204/2) sowie WX 99226 vom März 1946 in der jeweils gültigen Fassung (SWNCC 204/5). Absatz 2 legt die grundlegenden politischen Leitlinien der US-Regierung zur externen Restitution fest

11)https://archive.org/details/betweentwoagesam00brze_0/page/n17/mode/2up

12)https://www.researchgate.net/publication/281298815_The_History_of_'Transhumanism

13)https://archive.org/details/NewBottlesForNewWine/page/n15/mode/2up

14)[https://archive.org/details/huxley-unesco-its-purpose-and-philosophy/mode/2up

15)Der undatierte Zettel mit eigenhändiger Notiz des serbischen Ministerpräsidenten Nikola Pašic wurde wahrscheinlich zwischen 2. und 13. Juni 1914 niedergeschrieben. Die serbische Kleinstadt Priboy grenzt im Westen an Bosnien und Herzegowina, Tuzla liegt im Nordosten, Trnovo im Osten und die Hauptstadt Sarajewo im Südosten Bosniens und der Herzegowina

16)Roderich Goos: „Das Wiener Kabinett und die Entstehung des Weltkrieges; mit Ermächtigung des Leiters des deutsch-österreichischen Staatsamtes für Äusseres auf

17)https://www.spiegel.de/politik/ausland/serbien-enthuellt-denkmal-fuer-gavrilo-princip-in-belgrad-a-1041093.html

18)Kolko, Daniel: Tagesspiegel, 8. Mai 1999

19)Abdruck des Briefes „Die amerikanische Neuordnung Europas“ in Effenberger, Wolfgang/Wimmer, Willy: Wiederkehr der Hasardeure – Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute, Höhr-Grenzhausen 2014, S. 547f.

20) Rudolph Bauer „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“, http://nrhz.de/flyer//beitrag.php?id=29464

21)https://www.ohchr.org/en/special-procedures/ie-international-order

22)Der Vortrag wurde 1996 von Professor Alexander Demandt, «Macht und Recht, Grosse Prozesse der Geschichte» (Beck’sche Reihe, München, 1996, S. 311–340) herausgebracht

23)IMT, Bd. 2, S. 118; https://www.youtube.com/watch?v=OU-d9esunwc; https://www.roberthjackson.org/speech-and-writing/opening-statement-before-the-international-military-tribunal/

24)IMT, Bd. 2, S. 182

25)https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2020/nr-2829-15-dezember-2020/die-trommeln-des-krieges-zum-schweigen-bringen.html

26)Routledge, mit einem Vorwort von Eisenhowers politischem Berater, Botschafter Robert Murphy; deutsche Fassung «Die Nemesis von Potsdam» erschien 2005 bei Herbig in München

27)https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2020/nr-2829-15-dezember-2020/die-trommeln-des-krieges-zum-schweigen-bringen.html

28)https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2025/das-auswaertige-amt-weist-rubio-zurecht/

29)https://dert.online/international/244173-stellvertretender-us-aussenminister-deutschland-erspar/

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Wiki Commons / shutterstock


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