Tagesdosis

Putin-Trump-Gipfel „Aus Europa nichts Neues“ | Von Thomas Röper

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Putin-Trump-Gipfel

Nach der Telefonkonferenz gilt „Aus Europa nichts Neues“

Die Telefonkonferenz, die Bundeskanzler Merz vor dem anstehenden Gipfel der Präsidenten Putin und Trump organisiert hat, hat keine Überraschungen ergeben. Die Europäer bleiben bei ihren Forderungen, die eine sinnlose Verlängerung des Krieges bedeuten.

Ein Kommentar von Thomas Röper.

Seit Russland und die USA angekündigt haben, dass diese Woche ein Gipfeltreffen ihrer Präsidenten Putin und Trump stattfinden wird, berichte ich darüber, wie die Europäer eine Einigung im Ukraine-Konflikt zu verhindern versuchen. Auch die Positionen, die die Europäer Trump für sein Treffen mit Putin auf den Weg geben wollen, habe ich mehrmals genannt.

Daran haben auch die Telefonkonferenzen nichts geändert, die Bundeskanzler Merz am Mittwoch mit den wichtigsten EU-Staats- und Regierungschefs, der EU-Kommissionspräsidentin, dem NATO-Generalsekretär und dem ukrainischen Machthaber Selensky abgehalten hat, nicht geändert. Bei einer der Konferenzen war auch Trump dabei, dem die Europäer ihre Forderungen vorgetragen haben.

Laut den vorliegenden Meldungen hat Trump dabei zugehört, aber auch erklärt, er stimme den Europäern nicht in allen Punkten zu. Das ist meine Formulierung, die europäischen Politiker haben es etwas anders formuliert. Merz zum Beispiel sagte vor der Presse, Trump kenne die Position der Europäer und teile sie „sehr weitgehend“.

Seiner Fraktion hat Merz laut Medienberichten eine lange SMS über die Ergebnisse der Gespräche geschrieben, in der das etwas anders klang, denn da soll Merz geschrieben haben, Trump kenne nun die Positionen der EU, die letztlich Bedingungen für einen Friedensprozess seien. Trump habe in dem Gespräch mit den EU-Staats- und Regierungschefs laut Merz signalisiert,

„dass er vieles teilt, dass er sich aber Spielräume erhalten will“.

Die Forderungen der Europäer enthalten keine Überraschungen und auch nichts Neues. Gehen wir sie anhand der fünf Bedingungen, die Merz nach den Gesprächen vor der Presse genannt hat, einmal durch.

Die Ukrainer müssen mit am Tisch sitzen

Die Forderung, die Ukrainer müssten bei Verhandlungen zwischen Russland und den USA mit am Tisch sitzen, ist so alt, wie das Mantra des Westens „nichts über die Ukraine ohne die Ukraine“. Nur hat die Ukraine bei all dem de facto kein eigenes Mitspracherecht, weil die Ukraine komplett von den Waffenlieferungen und Finanzspritzen aus dem Westen abhängt. Das bedeutet in der Praxis, dass niemand die Ukrainer nach ihrer Meinung fragen wird, denn in der Politik gilt, wer bezahlt, bestellt die Musik.

In der Praxis wird Selensky so lange gegen Russland kämpfen, bis sein Land den Krieg verloren hat oder bis der Westen die Unterstützung der Ukraine einstellt.

Da die Europäer die Unterstützung der Ukraine nun alleine stemmen müssen, nachdem Trump die US-Unterstützung faktisch eingestellt hat, bedeutet die Forderung der Europäer, bei Verhandlungen über die Ukraine müssten die Ukrainer am Tisch sitzen, daher in der Realität, dass die Europäer am Tisch sitzen wollen. Es geht dabei nicht um die Ukrainer.

Und die Europäer sind Russland gegenüber zu keinerlei Zugeständnissen bereit, sie an den Tisch zu holen, und das würde daher bedeuten, dass der Krieg einfach fortgesetzt wird.

Erst Waffenstillstand, dann Verhandlungen

Merz sagte, die Verhandlungen müssten in der „richtigen Reihenfolge“ erfolgen. Am Beginn müsse ein Waffenstillstand stehen.

Diese Forderung der Europäer hören wir, seit Trump ins Amt gekommen ist. Zuvor waren die Europäer gegen jede Art von Waffenstillstand und erst recht gegen Verhandlungen mit Russland. Erst als Trump unmittelbar nach seinem Amtsantritt einen Waffenstillstand gefordert hat, haben die Europäer sich dieser Forderung angeschlossen, um sofort hinzuzufügen, dass es erst nach Beginn eines Waffenstillstandes Verhandlungen mit Russland geben könne.

Und die Europäer haben auch sofort gesagt, dass sie die Ukraine im Falle eines Waffenstillstandes weiter bewaffnen wollen und dass sie in dem Fall sogar umgehend eigene Truppen in die Ukraine schicken wollen. Letzteres scheint inzwischen vom Tisch zu sein, nachdem die US-Regierung klar gemacht hat, dass ein Zusammenstoß europäischer Truppen mit russischen Truppen in der Ukraine kein Fall für die NATO sei und dass die USA dafür keine Sicherheitsgarantien geben.

Was die Europäer in dem Zusammenhang jedoch nie gesagt haben, ist, worüber sie nach Beginn eines Waffenstillstandes denn mit Russland verhandeln wollen.

Kein Wunder, denn die Europäer wollen nicht verhandeln. Sie wollen den Waffenstillstand nutzen, um den ukrainischen Streitkräften eine Atempause zu gönnen, damit die ihre Reihen auffüllen, ihre Verteidigungsstellungen befestigen und neue Waffen bekommen können.

Da stellt sich sofort die Frage, warum Russland einem Waffenstillstand zustimmen sollte, der nur der Ukraine nützt, während ernsthafte Verhandlungen offensichtlich gar nicht vorgesehen sind.

In wohl allen Kriegen der Weltgeschichte, die am Verhandlungstisch und nicht mit einer totalen Niederlage einer Seite geendet haben, war die Reihenfolge daher auch immer umgekehrt: Während die Kämpfe laufen, treffen sich Verhandlungsdelegationen, ein Waffenstillstand ist immer das Ergebnis von Verhandlungen, nicht der Beginn von Verhandlungen.

Daher ist die europäische Forderung, erst einen Waffenstillstand zu schließen und dann zu verhandeln, vollkommen realitätsfern und wohl nur für die dumme Öffentlichkeit gedacht, der man ja schlecht „Wir wollen Krieg und sonst nichts, bis Russland besiegt ist!“ ins Gesicht sagen kann, denn dass Russland in diesem Konflikt noch besiegt werden kann, glaubt niemand mehr ernsthaft.

Indem die Europäer einen bedingungslosen Waffenstillstand zu für Russland inakzeptablen Bedingungen fordern, wollen sie eine Einigung verhindern.

Die Gebietsfrage

Merz sagte weiter, sollte die Ukraine zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit sein, müsse die Kontaktlinie Ausgangspunkt für Gespräche sein.

Diese Aussage wurde von Optimisten so gedeutet, dass die Europäer (und auch Selensky, der das ähnlich formulierte) plötzlich zu territorialen Zugeständnissen bereit seien, was ja ein großer Schritt in Richtung Frieden wäre. Aber das stimmt nicht, denn es folgte sofort die Einschränkung, dass weder die Europäer noch Selensky diese Gebiete politisch oder juristisch als russisch anerkennen würden.

Die Europäer wollten – wie schon bei Trumps Forderung nach einem Waffenstillstand, den die Europäer nie wollten – nur vermeiden, Trump offen zu widersprechen, der ja am Wochenende gesagt hat, die Ukraine müsse bei der Gebietsfrage Zugeständnisse machen.

Tatsächlich bedeutet die Formulierung der Europäer nur, dass man versteht, dass die Ukraine die Gebiete nicht zurückerobern kann. Daher scheinen die Europäer, um Trump entgegenzukommen, zu einem Einfrieren der Krieges an der Kontaktlinie bereit zu sein. Aber eine Anerkennung der Gebiete als russisch lehnen sie strikt ab.

Darauf wird Russland sich jedoch nicht einlassen, denn Russland will eine endgültige Lösung und kein Einfrieren des Konfliktes, der nach einigen Jahren, wenn die Ukraine wieder hochgerüstet ist und sich stark genug für einen Rückeroberungsversuch fühlt, erneut ausbrechen würde.

Auch hier stellen die Europäer also Forderungen, die für Russland inakzeptabel sind, was wieder zeigt, dass ihr Ziel die Fortsetzung des Krieges ist.

Sicherheitsgarantien für die Ukraine

Außerdem sagte Merz, Verhandlungen müssten robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine umfassen. Mit Sicherheitsgarantien meinten die Europäer bisher entweder eine NATO-Beitritt der Ukraine oder die Stationierung großer westlicher Truppenkontingente in der Ukraine. Und natürlich Waffenlieferungen.

Da ein NATO-Beitritt der Ukraine und auch die Stationierung westlicher Truppen in der Ukraine der Hauptgrund waren, warum Russland im Februar 2022 keinen anderen Weg mehr gesehen hat, als militärisch einzugreifen, wird sich Russland jetzt, da es den Krieg militärisch gewinnt, erst recht nicht darauf einlassen.

Daher ist auch diese Forderung der Europäer der Versuch, eine Verhandlungslösung zu verhindern.

Russland ist übrigens nicht gegen Sicherheitsgarantien für die Ukraine, denen hat Russland schon während der Verhandlungen vom März/April 2022 zugestimmt. Die Frage ist, wie diese Sicherheitsgarantien ausgestaltet werden. Gegen Sicherheitsgarantien hat Russland nichts einzuwenden, nur dürfen sie eben weder den Beitritt der Ukraine zu einem Militärbündnis noch die Stationierung ausländischer Truppen in der Ukraine beinhalten.

Hier wäre viel Raum für erfolgreiche Verhandlungen, aber das verhindern die Europäer, indem sie beim NATO-Beitritt und bei der Stationierung von Truppen in der Ukraine bleiben.

„Transatlantische Strategie“

Als letzten Punkt forderte Merz, Verhandlungen müssten Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein. Was er genau damit meinte, bleibt wohl sein Geheimnis. Vermutlich sollte das eine Forderung an Trump sein, die Europäer nicht hängen zu lassen. Und natürlich ist die Formulierung auch wieder eine verklausulierte Forderung nach einem NATO-Beitritt der Ukraine.

Anmerkungen

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. 

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Dieser Beitrag erschien am 14. August 2025 auf dem Blog anti-spiegel.

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Bild: künstliches Bild von Putin und Trump

Bildquelle: Shutterstock AI / shutterstock


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