Strafe gegen X verschärft Streit um Meinungsfreiheit
Die EU hat die Plattform X wegen Verstößen gegen den Digital Services Act mit einer Strafe von 120 Millionen Euro belegt. Damit verschärft sich der Streit über die Grenzen von Kontrolle und Meinungsfreiheit im digitalen Raum.
Ein Kommentar von Claudia Töpper.
Die EU hat am Donnerstagabend, den 04.12.2025 gegenüber der Online-Plattform X eine Strafe von 120 Mio. Euro (140 Mio. US-Dollar) wegen des Verstoßes gegen den „Digital Service Act“ (DSA) verhängt. Der DSA gilt seit Februar 2024. Offiziell wurde er für einen besseren Schutz für Kinder auf Online-Plattformen eingeführt, da schneller illegale Inhalte gelöscht werden und Beschwerden von Nutzern besser aufgegriffen werden können.(1)
Die Höhe der Strafe setzt sich wie folgt zusammen: 45 Millionen Euro für die irreführende Gestaltung der Verifizierungshäkchen, 40 Millionen Euro Strafe für den fehlenden Datenzugang für Forscher sowie 35 Millionen Euro für die fehlende Transparenz bei Werbung.(2) Dies teilte die Europäische Kommission in ihrer Pressemitteilung am Freitag, den 05.12.2025 auf ihrer Internetseite mit.(3)
Elon Musk, der seit 2022 Eigentümer der Online-Plattform X ist, reagierte auf die Strafzahlungen damit, dass er den X-Account der Europäischen Kommission für Werbung sperren ließ.(4) Somit kann die Europäische Kommission auf X keine kostenpflichtigen Beiträge mehr bewerben. Dies hat die Einschränkung ihrer Reichweite auf X zur Folge.(5) Zusätzlich forderte Musk am Samstag, den 06.12.2025
„die Auflösung der EU und die Rückgabe der Souveränität an die einzelnen Länder, damit die Regierungen wieder besser die Bevölkerung vertreten können“.(6)
USA macht Klagen gegen EU und UK möglich
Der GRANITE-Act (Guaranteeing Rights Against Novel International Tyranny & Extortion), dessen Entwurf im November 2025 in Wyoming in den USA eingereicht wurde, würde Klagen gegen die EU und dem Vereinigten Königreich erlauben, wenn Plattformen und US-Bürger wegen freier Meinungsäußerung zu Strafen verurteilt werden. Dieser ist eine Reaktion auf den DSA der EU und dem „Online Safety Act“ aus Großbritannien und soll das „First Amendment“ der US-Verfassung schützen - sprich, die freie Meinungsäußerung.(7) Da diese Klagen vor den US-Gerichten verhandelt werden, drohen der EU und UK Schadensersatzklagen in Milliardenhöhe, denn dieser bricht die Souverän-Immunität ausländischer Staaten und sieht mindestens 10 Millionen US-Dollar pro Verstoß vor. Als Verstoß wird jegliche Anordnung zur Zensur gesehen, die Bußgelder und Löschungen enthält. Verklagt werden können Großbritannien, die EU sowie ihre Behörden.(8)
Reaktionen aus den USA, Deutschland, Österreich und anderen X-Nutzern
Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe, dass die EU die Plattform X zu Strafzahlungen verurteilen wird, wusste der Vize-US-Präsident, J. D. Vance offenbar schon bescheid. Dies lässt sich zumindest aus seinem X-Post am vergangenen Donnerstag vermuten:
„Es kursieren Gerüchte, die EU-Kommission werde X mit einer Geldstrafe in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar belegen, weil sie keine Zensur ausübe. Die EU sollte die Meinungsfreiheit unterstützen, anstatt amerikanische Unternehmen wegen Müll anzugreifen.“(9)
Der US-Außenminister, Marco Rubio sieht in der EU-Strafe „einen Angriff auf das amerikanische Volk.“(10) Wörtlich erklärte er auf der Plattform X:
„Die von der Europäischen Kommission verhängte Geldstrafe in Höhe von 140 Millionen Dollar ist nicht nur ein Angriff auf X, sondern ein Angriff ausländischer Regierungen auf alle amerikanischen Technologieplattformen und das amerikanische Volk. Die Zeiten, in denen Amerikaner im Internet zensiert wurden, sind vorbei.“(11)
Alice Weidel, Teil der Führungsspitze der größten deutschen Oppositionspartei AfD in Deutschland, äußerte sich am Samstag, den 06.12.2025 zu der Strafe von der EU wie folgt:
„Die Europäische Kommission befürwortet Zensur und die Kontrolle der Chataktivitäten ihrer Bürger. Sie will kritische Stimmen zum Schweigen bringen, indem sie die Meinungsfreiheit einschränkt. Darum geht es!“(12)
Der CDU-Politiker, Norbert Röttgen ließ gestern verlauten, dass „Die USA […] nicht mehr an der Seite von Europa [stehen].“(13) Zwar äußerte er dies im Zusammenhang mit der neuen US-Sicherheitsstrategie, die am vergangenen Donnerstag bekannt gegeben wurde. Laut Tagesschau.de werten einige Politiker diese als „deutliche[…] Abkehr von Europa“.(14) Jedoch kann dieser Satz durchaus auch auf die derzeitige Situation zwischen der EU und der Plattform X angewendet werden.
Der deutsche Bundesdigitalminister von der CDU, Karsten Wildberger lobte die Entscheidung der EU-Kommission gegen X auf Grundlage des Digital Services Acts (DSA) als „wichtiges Signal“. Am Rande der Versammlung der Digitalminister in Brüssel fügte er hinzu, dass diese Entscheidung zeige,
„dass die EU den DSA entschlossen anwende und europäische Werte schütze“.(15)
Der Chefredakteur der österreichischen alternativen Nachrichten-Plattform, Stefan Magnet, äußerte sich besorgt. Der Fall ist ein klares Signal, dass es keine zensursicheren Sozialen Medien gibt. „Darum haben wir bei AUF1 unzensierbare Server und sind nicht von Parteien oder Konzernen abhängig, sondern nur von unseren freiwilligen Spendern.“(16)
Der Telegram-Gründer, Pavel Durov äußerte sich zur Strafe wie folgt:
„Die EU zielt ausschließlich auf Plattformen ab, die unbequeme oder abweichende Meinungen verbreiten (Telegram, X, TikTok, …). Plattformen, die Nutzer algorithmisch stumm schalten, bleiben weitgehend unberührt, obwohl sie weitaus schwerwiegendere Probleme mit illegalen Inhalten aufweisen.“(17)
Der X-Nutzer und schwedische Journalist, Peter Imanuelsen erklärte unter seinem Namen Peter Sweden auf X:
„Es ist ganz einfach. Die EU verhängte eine Geldstrafe von X € 120 Millionen, weil hier die Darstellung der Mainstream-Medien entlarvt wird.“(18)
Reaktion der EU zu den Vorwürfen
Laut der Zeitung Junge Freiheit betont die EU, dass die Strafzahlungen von X kein politisches Manöver seien, sondern eine Folge von klaren gesetzlichen Vorgaben. Die zeitgleiche Einstellung des DSA-Verfahrens gegen TikTok, nachdem die EU verbindliche Zusagen des Unternehmens erhielt, verstärkt in den USA jedoch den Eindruck, dass es eine selektive Behandlung amerikanischer Firmen zu geben scheint.(19)
Zum Hintergrund
Die Auseinandersetzung zwischen der EU und X hat bereits eine brisante Vorgeschichte.
Bereits am 12. Juli 2024 gab Margrethe Vestager, Stellvertretende Vizepräsidentin der Europäischen Kommission der EU für das digitale Zeitalter und Wettbewerbskommissarin auf X (ehemals Twitter) folgendes bekannt:
„Unserer Ansicht nach hält sich X nicht an den Digital Service Act (DSA) in dem wichtigen Bereich der Transparenz. Es täuscht die Nutzer, bietet kein angemessenes Anzeigenarchiv und blockiert den Zugriff auf Daten für Forscher. Es ist das erste Mal, dass wir vorläufige Feststellungen im Rahmen des Digital Service Acts vorlegen.“(20)
Elon Musk, antwortete ihr damals auf X, dass die Europäische Kommission ihm einen geheimen und illegalen Deal angeboten hatte. Dieser beinhaltete folgendes:
„Wenn wir Äußerungen zensieren, ohne darüber zu informieren, dann würden sie uns nicht bestrafen. Die anderen Plattformen akzeptierten diesen Deal. X nicht.“(21)
Kommentar
Dies zeigt, dass es der EU nicht etwa um den Schutz der Nutzer im Digitalen Raum geht oder um eine erhöhte Sicherheit auf Online-Plattformen, sondern einzig und allein um Kontrolle. Die Kontrolle über Narrative, die Kontrolle über Informationen, die Kontrolle über das Denken und die Wahrnehmung aller Nutzer.
Ob Elon Musk tatsächlich die Strafe akzeptieren und bezahlen wird oder die EU mit Hilfe des GRANITE-Acts verklagen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Die Möglichkeit ist jedoch hoch, dass sich die Entscheidung der EU rechen wird und Musk eher die EU verklagt, als zu zahlen. Solange diese Strafzahlungen auf der Grundlage des DSA „nur“ US-Konzerne betreffen, scheint zumindest noch die Möglichkeit zu bestehen, dass die Meinungsfreiheit weiter existiert. Sobald es jedoch Firmen betrifft, die innerhalb der EU ansässig sind, wird die Meinungsfreiheit verschwinden.
Bereits im vergangenen Jahr, im November 2024, hatte es die EU schon einmal versucht, eine Online-Plattform dazu zu zwingen, Nutzerdaten für die EU freizugeben unter dem Vorwand, kriminelle Machenschaften schneller zu erkennen und unterbinden zu können. Dies hatte die dreitätige Verhaftung des Telegram-Gründers, Pavlov Durov in Paris zur Folge.(22) Gebrochen haben sie ihn damals nicht, wobei auch seitdem häufiger auf Telegram gelöscht wird, vor allem auf der Telegramversion aus dem Applestore und dem Playstore von Google. Zu seinem 41. Geburtstag veröffentliche Durov einen Telegram-Post bezüglich der Bedrohung der Meinungsfreiheit:
„Ich werde 41, aber mir ist nicht nach Feiern zumute. Unserer Generation läuft die Zeit davon, das freie Internet zu retten […]. Was einst das Versprechen des freien Informationsaustauschs war, wird nun zum ultimativen Instrument der Kontrolle umgedeutet. Einst freie Länder führen dystopische Maßnahmen ein, wie etwa digitale Ausweise (Großbritannien), Online-Altersüberprüfungen (Australien) und die Massenüberwachung privater Nachrichten (EU). Deutschland verfolgt jeden, der es wagt, Beamte im Internet zu kritisieren. […] Frankreich ermittelt strafrechtlich gegen führende Köpfe der Technologiebranche, die sich für Freiheit und Privatsphäre einsetzen. Eine düstere, dystopische Welt rückt schnell näher – während wir schlafen. Unsere Generation riskiert, als die letzte in die Geschichte einzugehen, die Freiheiten besaß – und zuließ, dass sie uns genommen wurden. Uns wurde eine Lüge aufgetischt. Wir [haben] uns auf einen Weg der Selbstzerstörung begeben – moralisch, intellektuell, wirtschaftlich und letztlich auch biologisch. […] Mir läuft die Zeit davon. Uns läuft die Zeit davon.“(23)
Wenn wir nicht endlich handeln und uns gemeinsam gegen den Zwang erheben, werden wir alles verlieren, was uns Ausmacht und Schützt: Tradition, Privatsphäre, Souveränität, den freien Markt und die freie Meinungsäußerung. Wer das Buch oder den Film 1984 von George Orwell gelesen oder gesehen hat, der weiß, dass dies nicht alles ist, was wir im Begriff sind zu verlieren. Wir verlieren Sicherheit, Anonymität und Freiheit. Die Freiheit Lieben zu dürfen, wen wir wollen. Die Freiheit mit dem Partner eine Familie gründen zu können, den wir lieben. Uns wird eine Welt aufgezwungen, in der niemand dem anderen trauen und glauben kann und darf, denn alles wird dem höheren Ziel gewidmet. Alles. Selbst die Unantastbarkeit der Familie, Ehe, Liebe und Intimität.
Quellen und Anmerkungen
(1) https://www.zeit.de/politik/ausland/2025-12/europaeische-union-kommission-x-strafe-gxe; https://tkp.at/2025/12/05/120-millionen-eu-strafe-fuer-x/; https://www.dsc.bund.de/DSC/DE/2DSA/start.html; https://gesetz-digitale-dienste.de/dsa/; https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eu-vs-elon-musk
(2) https://www.welt.de/politik/ausland/article6932c067f4bf598c0697ad86/elon-musk-eu-kommission-verhaengt-millionenstrafe-gegen-x-trotz-warnung-aus-washington.html; https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eu-vs-elon-musk
(3) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_2934
(6) https://x.com/elonmusk/status/1997279325876367719
(7) https://prestonbyrne.com/2025/10/18/the-granite-act-how-congress-can-strike-back-against-foreign-censors/; https://prestonbyrne.com/2025/11/19/the-full-text-of-the-wyoming-granite-act/; https://transition-news.org/usa-setzen-mit-granite-act-zum-gegenschlag-gegen-eu-und-gb-zensur-an
(8) https://transition-news.org/usa-setzen-mit-granite-act-zum-gegenschlag-gegen-eu-und-gb-zensur-an
(9) https://x.com/JDVance/status/1996701953372704921
(11) https://x.com/SecRubio/status/1996974377003319667
(12) https://x.com/Alice_Weidel/status/1996988378563129383
(13) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/us-sicherheitsstrategie-reaktionen-100.html
(14) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/us-sicherheitsstrategie-reaktionen-100.html
(16) https://t.me/auf1tv/16996; https://t.me/stefanmagnet/6524
(17) https://x.com/durov/status/1997108046259191918
(18) https://x.com/PeterSweden7/status/1996954284437512699
(19) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_2940; https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2025/rubio-wirft-eu-nach-strafe-gegen-x-angriff-auf-das-amerikanische-volk-vor/
(20) https://x.com/vestager/status/1811723602288374086
(21) https://x.com/elonmusk/status/1811783320839008381
(22) https://www.zdfheute.de/politik/ausland/frankreich-festnahme-durow-telegram-100.html
(23) https://x.com/durov/status/1976420399970701543
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Dank an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bild 1: Ein Porträt, das Elon Musk, aufgenommen am 10. Juli 2025
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Bild 2: Europafahnen auf der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel
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