Mit russischen Geldern finanziert
Im Austausch gegen Kredite übergibt Kiew der EU seine Rüstungsindustrie
Die EU will den geplanten 35-Milliarden-Kredit an die Ukraine, der aus den Einnahmen aus den in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerten zurückgezahlt werden soll, nutzen, um die Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie zu erlangen.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
Die EU-Kommission hat am 24. Oktober die Regulierung 2024/2773 angenommen, laut der sie sich mit dem Kredit über 35 Milliarden Euro an Kiew, der aus den Einnahmen der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte zurückgezahlt werden soll, die Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie sichern will. Die Kredite werden der Ukraine demnach nur gewährt, wenn alle Bedingungen erfüllt sind, die die EU-Kommission in einem Memorandum of Understandig (MoU) mit Kiew, das noch vorbereitet wird, festlegt.
Das Memorandum of Understanding
Formell wird der Kredit an die Ukraine für den Wiederaufbau des Landes gewährt, aber das Interessante steht im Kleingedruckten. In Artikel 12 der EU-Regulierung 2024/2773 steht:
„Zu den politischen Bedingungen des MoU gehört darüber hinaus die Verpflichtung, die Zusammenarbeit mit der Union bei der Sanierung, dem Wiederaufbau und der Modernisierung der ukrainischen Verteidigungsindustrie im Einklang mit den Zielen der Programme der Union zur Sanierung, dem Wiederaufbau und der Modernisierung der verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis der Ukraine und anderer einschlägiger Programme der Union zu fördern.“
Das bedeutet, dass die wichtigste Bedingung der EU dafür, dass Kiew die Kredite von der EU in Höhe von 35 Milliarden Euro erhält, ist, dass die Ukraine sich verpflichtet, der EU das Recht zu geben, nach Beendigung des Konflikts die ukrainische Rüstungsindustrie wieder aufzubauen und vor allem, dabei die Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie zu übernehmen.
Die EU will sich dieses Recht für bis zu 45 Jahre sichern, denn in Artikel 10 der EU-Regulierung steht, dass die Laufzeit der Kredite bis zu 45 Jahre dauern kann. Da die Ukraine de facto pleite ist, ist eine vorzeitige Ablösung der Kredite ausgeschlossen und die Laufzeit von 45 Jahren damit festgeschrieben.
Die faktische Übernahme der Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie durch die EU ist die einzige Bedingung des künftigen Memorandums, die in Artikel 12 der EU-Regulierung genannt wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass die EU-Kommission in das Memorandum keine weiteren Anforderungen an die Ukraine aufnehmen könnte, denn bisher war über das geplante Memorandum nur bekannt, dass es eine Verpflichtung zur Fortsetzung demokratischer Reformen, zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine und zum Schutz der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Minderheiten, beinhalten würde.
Angesichts der Lage in der Ukraine, wo mit Billigung und Unterstützung des Westens die Opposition verboten wurde, die Korruption blüht und die Minderheiten massiv unterdrückt werden, sind das natürlich reine Worthülsen – und nun ist auch klar, wovon damit abgelenkt werden sollte, nämlich von den eigentlichen Plänen der EU, zumindest die ukrainische Rüstungsindustrie zu übernehmen.
Das endgültige Memorandum könnte aber weitere Überraschungen enthalten, weshalb man auf den endgültigen Text gespannt sein darf.
Die EU-Kommission will die Kontrolle über die Rüstungsindustrie
Die Rückzahlung der Kredite an Kiew soll bekanntlich aus den enteigneten Erträgen der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte erfolgen. De facto sollen also die russischen Gelder dazu benutzt werden, der EU die Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie zu sichern.
Es geht der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen also darum, nach Beendigung des Konflikts die Kontrolle über die Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie zu übernehmen. Das fügt sich nahtlos in von der Leyens Strategie ein, dass die EU-Kommission die Kontrolle über die gesamte Rüstungsindustrie der EU übernehmen will.
Darüber habe ich bereits im März berichtet, denn damals hat von der Leyen ihre Pläne vorgestellt, den EU-Mitgliedsstaaten unter Umgehung der EU-Verträge die Kontrolle über ihre Rüstungsindustrien zu entziehen. Diese Pläne setzt von der Leyen auch konsequent um, denn in der neuen EU-Kommission gibt es mit dem Litauer Andrius Kubilius zum ersten Mal einen EU-Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt. Zu seinem Aufgabenbereich gehört laut der Seite der EU-Kommission
„die Entwicklung der Europäischen Verteidigungsunion und mehr Investitionen und industrielle Kapazitäten.“
Die russischen Vermögenswerte werden für 45 Jahre blockiert
In den Medien ist bei dem 35-Milliardenkredit an Kiew immer die Rede davon, es gehe um Makrofinanzhilfe für die Ukraine in Höhe von 35 Milliarden Euro. Der Kredit ist Teil des geplanten Kreditpakets der G7 in Höhe von insgesamt 45 Milliarden Euro (ca. 50 Milliarden Dollar), denn auch die USA, Kanada, Großbritannien und andere wollen Gelder beisteuern.
Die EU-Regulierung soll daher auch die Sorgen der G7 vertreiben, denn dort will niemand mit eigenem Geld für die Ukraine einstehen, weshalb die Rückzahlung aus den Einnahmen aus den in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerten eine zentrale Bedingung für das Kreditprogramm ist. Bisher hat die EU ihre Russland-Sanktionen alle 6 Monate verlängert, was auch für die Blockade der russischen Gelder gilt.
In den G7 ist daher die Sorge groß, dass die EU irgendwann keine einstimmige Verlängerung der Sanktionen mehr zustande bringt und dann die G7-Länder selbst für die Bedienung der Kredite aufkommen müssen. Dass die EU-Kommission in ihre Regulierung geschrieben hat, die Kredite würden eine Laufzeit von bis zu 45 Jahre haben, könnte also die Öffnung einer „Hintertür“ bedeuten, die die Blockade der russischen Vermögen in Höhe von etwa 220 Milliarden Euro für diesen Zeitraum festschreibt.
Die EU steckt die „Ukraine-Hilfe“ in die eigene Tasche…
Dass die EU-Kommission die Einnahmen aus den russischen Vermögenswerten keineswegs für die Ukraine verwendet, sondern in die eigene Tasche steckt, ist nicht neu, denn schon im Juli habe ich über die Enteignung der ersten russischen Gelder berichtet. Ursula von der Leyen schrieb damals auf X:
„Heute überweisen wir 1,5 Milliarden Euro an Erlösen aus stillgelegten russischen Vermögenswerten für die Verteidigung und den Wiederaufbau der Ukraine. Es gibt kein besseres Symbol und keine bessere Verwendung für das Geld des Kremls, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen.“
Das klang in den Ohren der Menschen vielleicht sehr edel, aber tatsächlich hat die Ukraine von dem Geld fast nichts gesehen, denn zur entsprechenden Presseerklärung der EU gab es auch ein Dokument mit den wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema, und darin schrieb die EU-Kommission:
„90 Prozent dieser Mittel gehen an die Europäische Friedensfaszilität und 10 Prozent an den Unterstützungsfonds für die Ukraine, die zur Finanzierung des militärischen Bedarfs bzw. des Wiederaufbaus verwendet werden.“
… oder besser gesagt, in die Rüstungsindustrie
Die Europäische Friedensfaszilität ist der Fonds, aus dem die EU ihre Mitgliedsländer entschädigt, wenn sie Waffen an Kiew liefern. Das Geld geht also nicht an die Ukraine, sondern an die westliche Rüstungsindustrie, weil die EU-Staaten von dem Geld neue Waffen bestellen, um die alten Waffen, die sie an Kiew geliefert haben, zu ersetzen. Die russischen Gelder fließen damit letztlich an die westlichen Rüstungskonzerne und nicht in den Wiederaufbau der Ukraine.
Und das scheint nun auch für die 35 Milliarden zu gelten, die die EU nun als Kredit an Kiew überweisen will. Wenn die EU die Kontrolle über die ukrainische Rüstungsindustrie übernehmen will, die bisher übrigens weitgehend in staatlicher Hand ist, bedeutet das nichts anderes, als dass die westlichen Rüstungskonzerne die bisher staatliche ukrainische Rüstungsindustrie übernehmen sollen. Und finanziert wird dieses Geschenk an die westlichen Konzerne aus den in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerten.
Die EU schaufelt sich ihr eigenes Grab
Es ist klar, dass die Finanzwelt bei diesem Vorgang genau hinschaut. Dass die EU willkürlich 220 Milliarden russischer Gelder eingefroren hat, hat für einige Unruhe auf den Finanzmärkten gesorgt, denn nun machen sich viele nicht-westliche Investoren Sorgen um ihre in der EU angelegten Gelder. Dabei geht es nicht nur um auf Banken liegende Gelder, sondern auch um Firmenbeteiligungen, Immobilien und so weiter.
Was die EU-Kommission hier tut, wird dem Euro als internationale Reservewährung und den EU-Staaten als Finanzplätze schwersten Schaden zufügen, weil sie das Vertrauen in den Euro zerstört.
Die USA dürften sich freuen
Natürlich habe ich die Meldung über die EU-Regulierung 2024/2773 nicht in westlichen Medien gefunden, sondern in einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur TASS, die ich zunächst als Kurzmeldung veröffentlichen wollte. Da mir das, was in der Meldung stand, aber allzu dreist vorkam, wollte ich die Angaben vor der Veröffentlichung selbst überprüfen.
Das kostete mich eine Stunde Arbeit, bis ich die EU-Regulierung in dem Wust der Veröffentlichungen der EU-Kommission gefunden und gelesen hatte, aber wie üblich hat die TASS vollkommen korrekt berichtet und zitiert.
In der TASS-Meldung gab es einen interessanten Absatz, der lautet:
„Es geht also darum, die Kontrolle über die Investitionen in den militärisch-industriellen Komplex der Ukraine nach Beendigung des Konflikts an die EU zu übertragen. Diese Verpflichtung bietet den EU-Ländern höchstwahrscheinlich die Garantie, dass dieser Industriesektor nicht unter die Kontrolle anderer westlicher Akteure, vor allem der USA, fällt.“
Die TASS sieht darin also Hinweise auf Konkurrenz zwischen der EU und den USA beim Kampf um die Kontrolle und Verteilung der Sahnestücke der Reste der ukrainischen Wirtschaft nach dem Konflikt. Das ist nicht ausgeschlossen, aber da von der Leyen immer strikt im Interesse der USA handelt, halte ich es für wahrscheinlicher, dass von der Leyen kein Problem damit hat, die US-Rüstungskonzerne bei dem Programm zum Zuge kommen zu lassen.
Für von der Leyen ist es nur wichtig, dass die Gewinne der Rüstungskonzerne steigen. Mit der Übernahme der Kontrolle über die europäische Rüstungsindustrie will von der Leyen, so stand es im März in der Presseerklärung der EU-Kommission, dass „die Mitgliedstaaten (für Rüstung) mehr, besser, gemeinsam und in Europa investieren“. Es geht also um eine Bündelung der europäischen Rüstungsausgaben in Brüssel und darum, dass die EU-Kommission die Entscheidungen treffen will, wie die Gelder investiert werden.
Die 3-Billionen-Euro-Frage
Da die NATO-Staaten sich verpflichtet haben, 2 oder mehr Prozent ihres BIP pro Jahr ins Militär zu stecken, geht es um sehr viel Geld. Das BIP der EU beträgt etwa 17 Billionen Euro jährlich, zwei Prozent davon wären mindestens 340 Milliarden Euro für Rüstung. Und zwar jedes Jahr!
Natürlich geht nicht das ganze Geld an die Rüstungskonzerne, denn davon müssen auch Kasernen in Schuss gehalten und Soldaten bezahlt werden, aber unterm Strich dürfte es darum gehen, dass von der Leyen die Kontrolle über die Waffenkäufe der EU-Staaten übernehmen will, und dabei reden wir sicher über Billionen Euro pro Jahr.
Wer sich daran erinnert, wie von der Leyen als Bundesverteidigungsministerin bei der Berateraffäre hunderte Millionen ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibungen an die Industrie verschenkt hat, und wie sie allein bei den Bestellungen für die „Impfstoffe“ gegen Covid 70 Milliarden Euro wieder ohne jede Ausschreibung an Pfizer überwiesen hat, der versteht, worum es gehen dürfte: Von der Leyen will in gewohnter Manier Gelder an die Industrie verschenken, dieses Mal soll sich die Rüstungsindustrie freuen dürfen. Wir sollten also nicht überrascht sein, wenn es ab 2025 Meldungen geben sollte, dass von der Leyen wieder ohne Ausschreibungen Gelder überwiesen hat, wobei die Summen nun sogar noch weiter wachsen dürften.
Aber vielleicht gibt es darüber ja auch keine Meldungen, weil die EU-Kommission die Zensur weiter verschärft und Medien und soziale Netzwerke anweist, noch strenger gegen angebliche Desinformation vorzugehen, wobei bekanntlich die EU-Kommission festlegt, was die Wahrheit und was Desinformation ist.
Und natürlich sind Meldungen über Korruption oder durch die EU-Kommission rechtswidrig an die Industrie verteilte Gelder Desinformation…
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 28. Oktober 2024 bei anti-spiegel.ru
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Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock
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