Wortakrobatik in Coronazeiten | Teil 1/5

Von Dr. Bernd Lukoschik.

Wenn man die sprachlichen Neuschöpfungen in Coronazeiten aus der Perspektive des (Sprach-)Kunstliebhabers betrachtet, dann kann man angesichts der Kreativität der Medien und der Politik nur staunen – und sich daran erfreuen: „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ etwa oder „Teleskopierung“ oder „Alpha-Variante“ oder …
Sprache ist aber leider nicht nur ein Genussobjekt und Konsumgegenstand. Sprache schlägt vielmehr prägend auf uns Nutzer zurück. Und diese Prägung geschieht natürlich aus einer Absicht heraus, von wem auch immer, jede Prägung hat einen Prägenden.

Um diese Prägungen, die wir erleiden, zu durchschauen, muss man schon einmal genauer hinsehen, was solche Wortschöpfungen wie die genannten mit uns anstellen.

Teleskopierung

Dieser neue Fachbegriff der Impfstoffindustrie macht aus etwas Negativem etwas Positives, aus einem Mangel ein Qualitätsmerkmal.

Jedem ist klar, dass die neuen Impfstoffe nicht das übliche bewährte Entwicklungsverfahren durchlaufen haben können. Sie wurden nicht vorklinisch pharmakologisch und toxikologisch getestet, auch nicht in langen Feldversuchen an Tieren auf der Grundlage bewährter statistischer Methodik auf Nebenwirkungen und Langzeitfolgen hin untersucht. „Nicht“ ist dabei das entscheidende Beiwort aller experimentellen Verfahren im Zusammenhang mit dem Coronavirus: Es fehlt schlicht alles Wesentliche!

Und was tun nun die Interessenten, um dennoch ihr Produkt an den Mann, die Frau und das Kind zu bringen? Wie ein Teleskop bzw. Fernrohr schiebt man die Zeiten, die diese Testverfahren brauchen, ganz einfach zusammen, so wie man die Abschnitte eines Teleskops, wenn man es gerade nicht braucht, einfach zusammenschiebt, um es dann mit so wenig Raumaufwand wie möglich zu verstauen.

Beim Teleskop klappt das: Die einzelnen Abschnitte verändern sich nicht, sie sind halt nur raffinierterweise übereinandergelegt.

Dieser Eindruck – dass sich beim Teleskopieren am Fernrohr selbst gar nichts verändert hat – wird nun durch die Übertragung des Wortes „Teleskopieren“ auf die Testverfahren einfach mit übertragen und damit suggeriert: Die „Abschnitte“ des jahrelangen Gesamttestverfahrens, also des „Impffernrohrs“, sind völlig korrekt abgelaufen und haben durch das Zusammenschieben keinerlei Veränderung in ihrer Substanz erfahren.

Was aber ganz offensichtlich nicht der Fall ist. Denn Zeitdauer – und die lässt sich beim besten Willen nicht zusammenschieben – bildet ein wesentliches Element jeder Testung, vor allem wenn es um die Ermittlung von Folgen und Spätfolgen geht.

Und wie es doch so großartig ist, dass sich so leicht aus einem sperrigen Fernrohr ein kleines praktisch verstaubares Paketchen machen lässt, so erscheint es nun auch regelrecht als Qualitätsmerkmal und pharmazietechnischer Fortschritt, dass man auch die Impfstofftestungen so praktisch zusammengepackt hat.

Raffiniert, muss man schon sagen – traurig nur, dass im Verlauf der Dauerberieselung mit dem Wort nun tatsächlich alle Wortkonsumenten den gepfuschten Gehalt des Wortes schlucken und daran glauben, dass bei der Impfstoffentwicklung alles mit rechten Dingen zuggegangen sei.

Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates

Dieses Wortwunder dreht das, was beim Teleskopieren geschieht, um. Während beim Teleskopieren aus Negativem Positives wird, macht das Delegitimierungswortmonster aus Positivem etwas Negatives, aus einem Qualitätsmerkmal das Merkmal „Gesellschaftsgefahr“.

Positiv ist ja eigentlich jede kritische Einstellung, jede Haltung, die Dinge mit wissenschaftlichem und evidenzbasiertem Blick angeht. Seitens der Zulassungsbehörden ist nun mit ihrer Auflage, dass es sich bei den Zulassungen der Impfstoffe nur um „bedingte“ Zulassungen handelt, eingestanden, dass die vorhandenen Impfstoffe allen wesentlichen Anforderungen an solche nicht genügen: Erstens hat ein Impfstoff die langfristige Immunisierung gegen den Erreger zu garantieren, zweitens muss die Prävention gegen die Weitergabe des Erregers garantiert sein. Binsenanforderungen eigentlich!

Keiner der vorliegenden Impfstoffe genügt nachweislich, auch von den diversen CEOs der Impfstofffirmen eingestanden, diesen Anforderungen – dies einmal abgesehen von allen ebenfalls zugegebenen Unkenntnissen in Bezug auf Nebenwirkungen, Spät- und Langzeitfolgen.

Kurz: Wir wissen nichts! Und man kann noch nicht einmal guten Gewissens sagen: Wir wissen noch nichts.

Was tun nun die als „Delegitimierer“ Entlarvten? Sie sprechen genau das aus, was Politik und Industrie wissen sollten, wahrscheinlich sogar wissen:

Wir wissen nichts!

Dieses Eingeständnis stellt nur fest, wozu unsere Wissenschaften prinzipiell verurteilt sind: zur Selbsterkenntnis, dass sie immer nur an der Oberfläche kratzen und eigentlich immer nur von einer Theorie hin zur entgegengesetzten schwingen. So ist Wissenschaft nun mal! Es gibt keine sichere Erkenntnis!

Aber diese Grunderkenntnis, die die „Delegitimierer“ aussprechen, schlägt für sie zu einer verfassungsfeindlichen Abqualifizierung aus! Und was sie noch delegitimierender werden lässt: Sie halten es für unverantwortlich, dass das Nichtwissen in Sachen Impfstoff so locker flockig in Handeln umgesetzt wird.

Dabei zeugt doch gerade die Forderung der Delegitimierer, auf jeden Fall doch bitte möglichen Folgen ein höheres Gewicht in den politischen Abwägungen beizumessen, von staatsbürgerlicher und gesellschaftlicher Verantwortung. Die „Delegitimierer“ erweisen sich dadurch gerade als das Gegenteil dessen, was man ihnen vorwirft: Sie sprechen sich für verantwortliches staatliches Handeln aus, für ein Handeln, das den Staat erst als Staat legitimiert – wenn staatliches Handeln bedeutet, dass der staatliche Entscheider wirklich das Allgemeinwohl im Auge hat.

Der schlechte Witz der Wortschöpfung „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ besteht also darin: Das Wort macht aus dem Verfassungsfreund einen Verfassungsfeind, macht aus etwas Positivem also etwas Negatives.

Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- usw.

Die Leistung der bisherigen beiden Sprachbeispiele bestand zum einen darin, Negatives in Positives umzuwandeln, zum anderen, Positives als Negatives erscheinen zu lassen.

Die griechischen Wortbestandteile Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- usw. hingegen schaffen es, niederes Alltägliches in höhere Sphären zu erheben und damit zu adeln.

Dass man in den Sprachschöpfungsabteilungen der momentanen Leitwissenschaft, der Virologie, auf diese Vorsilben zurückgreift, kommt nicht von ungefähr. Die Inzidenzwerte gehen zurzeit rapide zurück. Die Geschwindigkeit, mit der die Mutanten und Varianten auftauchen, nimmt – wie von jedem erwartet – zu. Die Gefährlichkeit und die Ansteckungsgefahr der entdeckten Virenableger wachsen und wachsen – ebenfalls wie vorauszusehen.

Die Folge: Es wird für das Publikum langsam langweilig. Zumal wenn der eine oder andere Medienkonsument doch mal auf die Sterblichkeitskurven von Euromomo und des Statistischen Bundesamtes schaut und feststellt: Es ist alles so wie in den Vorjahren. Es besteht also die Gefahr, dass der Medienkonsument etwas lasch wird und vom Trimmpfad der neuen Normalität abweicht. Das darf auf keinen Fall so bleiben!

Alles weist also darauf hin, dass man sich etwas einfallen lassen muss, um das Volk wieder auf den Pfad der Tugend „neue Normalität“ zurückzuführen. Und da kommen nun die griechischen Vorsilben gerade recht.

Zu lange hat man sich mit den phantasielosen und unansehnlichen Buchstaben-und-Zahlen-Reihen H1N1 oder 0815 oder KW4711 für die Mutanten zufriedengegeben oder diese mit den Namen ihrer Herkunftsländer versehen: indische Mutante, brasilianische Mutante usw.

Demgegenüber machen griechische Wörter einfach mehr her. Sie bringen zum einen das Flair der Wissenschaftlichkeit mit sich. Nicht umsonst haben sie sehr zu dem Respekt beitragen, den zum Beispiel die Chemie genießt. Alpha-Buttersäure, Beta-Carotin, Gamma-Hydroxy-Carbonylverbindung usw.: Die Vorsilben machen aus ganz normalen Naturprodukten etwas ganz Besonderes, etwas Wissenschaftliches. Die Dinge bekommen Gewicht, bekommen gewissermaßen einen wissenschaftlichen Adelstitel. Selbst in den Sozialwissenschaften finden die Vorsilben eine entsprechende Verwendung des Adelns und Hochschätzens: Das Alphatier ist der aus der Masse herausragende Leithammel.

Zum anderen tragen die Vorsilben zur Gefährlichkeit des etikettierten Dings bei. In der Physik etwa gibt es die Alphateilchen, Betastrahlen, Gammastrahlen.

Diese physikalischen Dinge sind gefährlich. Die griechischen Wortbestandteile kleben an diesen gefährlichen Dingen, und sie werden im steten Wortgebrauch von der Gefährlichkeit der Strahlen kontaminiert und damit selbst gefährlich.

Es ist dann ein Leichtes, die griechischen Wortbestandteile und ihr heimliches Gefahrenpotenzial abzuspalten und in andere Wissenschaftsgebiete, etwa in die Virologie, auf andere Gegenstände zu übertragen. Und genau das ist ja jetzt den Mutanten zugestoßen.

Ausblick

Es ist also ein kluger Schachzug der Virologie, die Varianten und Mutanten mit Alpha, Beta usw. zu klassifizieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es u. a. dadurch gelingen wird, die Bevölkerung wieder zu dem zu machen, wozu man sie im Laufe des vergangenen Jahres erzogen hat: zu demütigen Untertanen und Objekten der Virologie.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: yu_photo / shutterstock

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